Dieser Youtuber macht mehr Views mit Kreuzfahrt-Videos als große Reedereien
Matthias Morr verdient sein Geld als “Schiffstester”
- Bessere Performance als der offizielle Kanal “TUI Cruises – Mein Schiff”
- Youtube statt Radio – So wurde Matthias Morr zum Schiffstester
Wer Kreuzfahrten liebt, wird Matthias Morr beneiden. Der Hamburger ist einen Großteil des Jahres weltweit auf den größten Dampfern unterwegs. Eindrücke und Kritiken von seinen Reisen dokumentiert er seit 2007 auf seinem Youtube-Channel “Schiffstester” – mit 12,5 Millionen Views und rund 18.000 Abonnenten hängt er damit auch offizielle Kanäle wie von Tui Cruises locker ab. OMR hat mit ihm über sein Geschäftsmodell gesprochen und erklärt, wie er schon dank weniger SEO-Kniffe der Konkurrenz voraus ist.
“Mein Ziel ist es natürlich schon, zu den relevanten Keywords an erster Stelle zu stehen. Und ich glaube, dass mir das vor allem dank einer relativ hohen Watchtime gelingt”, sagt Matthias Morr im Gespräch mit OMR. Im Schnitt seien das bei den langen Videos des “Schiffstesters” ungefähr 15 bis 18 Minuten, für den gesamten Kanal liege der Schnitt bei sechs Minuten. “Damit die Leute so lange zuschauen, muss das Video nicht nur informieren, sondern vor allem auch unterhalten.” Zwar nutzt auch Morr einige klassische SEO-Hebel bei seinen Videos über Kreuzfahrtschiffe – wie Haupt-Keywords im Titel und passende Video-Tags – verzichtet gleichzeitig aber auch auf aufwendige Thumbnails als Eyecatcher oder lange Beschreibungen unter den Clips.
Bessere Performance als der offizielle Kanal “TUI Cruises – Mein Schiff”
Trotzdem hat sein Kanal, “Schiffstester Matthias Morr”, Erfolg. Insgesamt 12,5 Millionen Mal wurden seine Videos seit dem Start vor neun Jahren schon angesehen, über 18.000 Menschen haben seinen Channel abonniert, über 23.000 folgen seiner Facebook-Seite. Das mit Abstand erfolgreichste Video-Format: Rundgänge, in denen Morr ein gesamtes Schiff einmal komplett abläuft und Besonderheiten erklärt. Das kann, wie im Fall der AIDAprima, dann auch schon mal fast zwei Stunden dauern; das entsprechende Video vom April 2016 kommt bis heute auf knapp 350.000 Views und rankt zum Keyword “aidaprima” an erster Stelle. Der offizielle Kanal von Aida Kreuzfahrten landet mit einem kurzen Clip zur Taufe des Schiffes (107.000 Views) auf dem vierten Platz.
Im Vergleich zu den großen “Youtube-Stars”, Viral-Seiten oder Hip-Hop-Kanälen mögen die Reichweiten-Zahlen von Matthias Morrs Projekt vielleicht etwas gering erscheinen. In seiner Nische, dem Kreuzfahrt-Markt, ist er aber als Influencer ganz vorne dabei. Das macht auch der Vergleich zum offiziellen Kanal “TUI Cruises – Mein Schiff” deutlich. Beide Channels haben seit Start 2008 rund 500 Videos veröffentlicht; mit 5.000 Abonnenten und sieben Millionen Aufrufen bleibt Tui Cruises aber deutlich hinter dem “Schiffstester” zurück.
Die Reichweite und Bekanntheit von Matthias Morr in der Nische hat zur Folge, dass er inzwischen auf Schiffen regelmäßig erkannt wird. “Teilweise kommen dann Leute auf mich zu und sagen, dass sie nur wegen mir diese Reise machen”, so Morr. Außerdem sind aus Hobby und Leidenschaft inzwischen ein Vollzeit-Job geworden.
Youtube statt Radio – So wurde Matthias Morr zum Schiffstester
Die Idee zu einem Youtube-Kanal rund um Kreuzfahrten entstand dabei recht zufällig, als er noch als Journalist für den NDR-Hörfunk arbeitete. Matthias Morr erinnert sich: “2008 bekam die Redaktion das Angebot, ein internationales Kreuzfahrtschiff zu besichtigen. Als ich das aus heutiger Sicht grässliche Video hochgeladen hatte, merkte ich an den Views, dass offenbar großes Interesse am Thema besteht, ” In den Folgejahren arbeitet Morr zwar weiter als freier Journalist und Video-Produzent, ist parallel aber schon auf Kreuzfahrten unterwegs, dokumentiert Schiffstaufen in Hamburg und lädt den Content bei Youtube hoch. Seit Anfang 2015 ist er hauptberuflicher Schiffstester.
“Das Portal kreuzfahrten.de kam auf mich zu, um mit mir zusammenzuarbeiten. Seitdem ist das mein einziger Sponsor”, sagt Matthias Morr. Er bekäme für das Sponsoring ein festes Honorar, für Buchungen über seine Homepage schiffstester.de erhalte er eine kleine Provision. “Der Deal macht weit über die Hälfte meiner Einnahmen aus, der Rest verteilt sich auf kleinere Posten wie Affiliate-Umsätze.”
Wie lange Matthias Morr noch als “Schiffstester” sein Geld verdient, kann er heute noch nicht absehen. “Klar, im Moment ist es wirklich super. Aber man unterschätzt das vielleicht von außen – rund 60 Nächte war ich im letzten Jahr auf Schiffen unterwegs. Dazu kommt etwa die gleiche Zeit für die Produktion”, sagt er. “Und irgendwann habe ich das Thema vielleicht auch mal satt.” Bis es soweit ist, bleibt der Schiffstester aber mit ganzer Leidenschaft an Bord – und experimentiert mit neuen Monetarisierungs-Möglichkeiten. So könne er sich vorstellen, in Zukunft kostenpflichtige Inhalte auf Amazon Video Direct anzubieten.