- Der Suchmaschinengigant wird zum Fußballexperten
- Google-Grafik nimmt gesamten Bildschirm ein
- Wikipedia-Traffic leidet unter Knowledge-Graph
Der Suchmaschinengigant wird zum Fußballexperten
Nicht nur für die meisten Fußballfans bedeutet die Weltmeisterschaft ein vierwöchiger Ausnahmezustand, auch die Werbebranche spielt zeitweise verrückt. Werbetreibende verteilen überdurchschnittlich hohe Budgets und Publisher hoffen auf saftige Einnahmen. Besonders Anbieter aus dem Themengebiet Sport wie Kicker, Sportal & Co. winkt eine fruchtbare Zeit – sollte man meinen. Wenn Nutzer bei Google nach den aktuellen Ergebnissen suchen, liefert ihnen die Suchmaschine immer häufiger gleich die gesuchten Informationen – und saugt den Publishern so wichtigen Traffic ab. Suchbegriffe wie „wm 2014„, „wm spielplan“ oder sogar „brasilien“ liefern dem User direkt einen Infokasten mit den für das jeweilige Datum angesetzte Partien. Mit wenigen Klicks lässt sich der gesamte Spielplan der Weltmeisterschaft einsehen – ohne die Trefferseite von Google verlassen zu müssen. Auch die Suche nach dem Namen eines Spielers wie Neymar führt zu einer direkt bei Google eingebundenen Statistik. Dass die Daten in diesem Fall von der offiziellen Website der FIFA kommen, wird durch einen kleinen Link am unteren Ende des Kastens kenntlich gemacht. Klar ist aber auch, dass User, die lediglich auf die Schnelle die nächsten Partien in Erfahrungen bringen wollen, nicht auf die Seite der FIFA gehen werden – geschweige denn auf Ergebnisse der generischen Suche klicken. Der Traffic bleibt bei Google.
Google-Grafik nimmt gesamten Bildschirm ein
Doch das ist noch nicht Alles. Noch krasser wird es beim Suchbegriff „kroatien„. Nach der Eingabe erscheint eine den gesamten Bildschirm (getestet auf einem 27-Zoll iMac, Auflösung: 2560 x 1440) einnehmende Infografik zum Eröffnungsspiel. Torschüsse, Ballbesitz, gelbe Karten – alle relevanten Statistiken erhält man auf einem Blick. Sogar die nächsten Spiele der gesuchten Mannschaft werden angezeigt und auch die aktuelle Tabelle lässt sich einsehen. Dass die Daten natürlich wieder von der FIFA kommen, erfährt man im Zweifel gar nicht. Der Hinweis dazu versteckt sich im nicht sofort sichtbaren Bereich (below the fold). Generische Suchergebnisse sind ebenfalls erst durch Scrollen zu sehen.
Google selbst bestreitet immer wieder gerne, eigenen Content zu produzieren oder das in der Zukunft tun zu wollen. Man versteht sich weiterhin als Technologie-Dienstleister. Doch wie passt das mit genannten Beispielen zusammen? Selbst wenn die Daten und Inhalte von der FIFA kommen, bleiben andere Websites und Werbeträger auf der Strecke. Der Traffic wird nicht weitergeleitet. Das betrifft nicht nur den Sportbereich. Der Konzern aus Mountain View ist längst nicht mehr nur eine Suchmaschine. Egal ob Wetter, Währungskurse oder sogar Nährwertangaben von Lebensmitteln, viele Infos lassen sich bereits direkt nach Eingabe im Suchfeld finden, ohne auf eine Google-externe Seite klicken zu müssen. Noch über der Anzeige der generischen Ergebnisse erscheint so zum Beispiel bei Eingabe vom Suchbegriff „Wetter“ eine Grafik mit detaillierten Angaben zum Klima des aktuellen Standorts.Wikipedia-Traffic leidet unter Knowledge-Graph
Da Google in Deutschland einen Marktanteil von über 90 Prozent besitzt, kann das enorme Auswirkungen auf die Klickzahlen der Publisher haben. Das bekam auch schon Wikipedia zu spüren. Nach der Einführung des Google Knowledge Graph soll der Traffic der Online-Enzyklopädie stark abgenommen haben. Die wichtigsten Fakten zu zahlreichen Suchanfragen werden seitdem direkt rechts oberhalb der Trefferliste angezeigt.
Dabei kann der Internetkonzern auch anders. Das beweist er mit der eigens für die Weltmeisterschaft angelegten Trendseite. Hier werden die Daten von allen Suchanfragen zum Turnier ausgewertet und optisch aufbereitet. Weil das Unternehmen diese Informationen aber nicht innerhalb der Suchmaschinenergebnisse listet, macht Google damit anderen Sport-Websites keine Konkurrenz, sondern liefert zusätzliche, teilweise kuriose Statistiken. So lautet die bei Google am häufigsten gestellte Frage der Deutschen im Vorfeld des Spiels gegen Portugal am kommenden Montag: „Was ist Abseits?“
Vielen Dank an Philipp Klöckner, durch den wir auf das Phänomen aufmerksam geworden sind!