Vom Discounter zum Datenriesen: Rolf Schumann macht die Schwarz-Gruppe zum Tech-Player

Florian Rinke17.9.2025

Im OMR Podcast spricht der Co-CEO von Schwarz Digits über die Strategie bei Lidl, Kaufland und Co.

Rolf Schumann und Philipp Westermeyer trafen sich in Neckarsulm zur Aufnahme.
Rolf Schumann und Philipp Westermeyer trafen sich in Neckarsulm zur Aufnahme. Foto: OMR
Inhalt
  1. Mehr als 100 Millionen App-Nutzende
  2. "In Europa gehören die Daten den Menschen"

Es ist das wohl ambitionierteste Digitalisierungsprojekt Deutschlands: Rund um Heilbronn baut die Schwarz-Gruppe eigene digitale Infrastruktur, um sich unabhängiger von den großen US-Tech-Konzernen zu machen. Von Cloud über Cybersicherheit bis Messenger reichen die Ambitionen. Im OMR Podcast verrät der Co-CEO der Tochterfirma Schwarz Digits, wieso das Unternehmen seinen Fokus so stark auf Digitalthemen lenkt – und warum ein Kundenprogramm per App in ihrem Fall der beste Start ins Digital-Wettrennen war.

Zugegeben, die Sache mit der Kundenkarte klingt erstmal nicht nach dem großen Angriff auf Amazon, Microsoft und Co. – zumindest nicht im ersten Moment. Aber für Rolf Schumann ist sie ein Gamechanger, weil sie der Ausgangspunkt für etwas viel Größeres war. Und was hätte er auch sagen sollen, als es um seinen Wechsel von SAP zur Schwarz-Gruppe ging? Dass er neben Lidl und Kaufland gemeinsam mit seinem künftigen Co-CEO Christian Müller eine neue Digitalsparte aufbauen will, die eine eigene Cloud baut als Konkurrenz zu Amazon, die in Cybersicherheit investiert und in KI-Startups und am Ende sogar einen eigenen Messenger aufbaut, damit es eine europäische WhatsApp-Alternative gibt? Vielleicht wäre das Gespräch mit Schwarz-CEO Gerd Chrzanowski an dieser Stelle schnell beendet gewesen. Also kam erstmal die Lidl Plus App.

Rolf Schumann hat sich schon früh mit Technologie beschäftigt. Mit zehn Jahren baut er seinen ersten Computer zusammen, einen Sinclair ZX81. Der Hauptspeicher hatte damals ein Volumen von einem Kilobyte. Der Sinclair wird irgendwann von anderen Modellen abgelöst, Schumann bringt sich das Programmieren bei, arbeitet schon neben der Schule in einem Rechenzentrum bei Siemens. "Ich war ein bisschen der IT-Nerd", sagt der heutige Top-Manager über seine Anfänge. Über Siemens und SAP landet er schließlich bei der Schwarz-Gruppe, für die er die Digitaleinheit Schwarz Digits aufbaut.

Mehr als 100 Millionen App-Nutzende

Als Rolf Schumann 2019 beim Handelsriesen anheuert, beginnen sein Co-CEO Christian Müller und er damit, das Unternehmen Schritt für Schritt zu digitalisieren. Die Lidl Plus App und die Kaufland Card sind die ersten Schritte, mit denen die Schwarz-Digitalisierer das Unternehmen stärken will. "Am Anfang hieß es, wir brauchen keine Loyalty-Programme im Discount. Bei uns ist der Preis die Loyalty", erinnert sich Rolf Schumann: "Und heute sehen wir, wie Marktbegleiter da versuchen nachziehen." Mehr als 100 Millionen Kund*innen nutzen laut dem Co-CEO von Schwarz Digits die Loyalty-Programme, allein die Lidl Plus App werde mehr als 450 Millionen Mal im Monat geöffnet.

Nach den ersten Erfolgen zündet das Duo die nächste Stufe des Digitalisierungsprogramms. Der Leitgedanke, macht Rolf Schumann im OMR Podcast deutlich, sei dabei die Enkelfähigkeit des Unternehmens. Die Schwarz-Gruppe ist nicht börsennotiert, sie gehört noch immer Dieter Schwarz, dem reichsten Deutschen. Entsprechend muss man sich nicht dem Diktat von Quartalsberichten und Aktienkurs-Performance unterwerfen, sondern kann eher langfristig ausgerichtete Entscheidungen treffen – und sei es, eine eigene Cloud aufzubauen, um unabhängiger von den Tech-Riesen aus den USA zu werden.

"In Europa gehören die Daten den Menschen"

"Wir werden nie unseren Kern vergessen, wir sind ein Handelsunternehmen", sagt Rolf Schumann. Aber um diesen Kern zu schützen und zu stärken, muss sich die Schwarz-Gruppe aus seiner Sicht eben unabhängiger machen von anderen Playern. Mit Stackit baut Schwarz-Digits inzwischen eine eigene Cloud-Infrastruktur auf, die man auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellt. Die Daten werden ausschließlich in Europa verarbeitet. Mit Wire betreibt das Unternehmen auch einen eigenen Messenger, dazu kommen Investments in Cybersicherheit (XM Cyber) und Künstliche Intelligenz. Für Schlagzeilen sorgte das Unternehmen vor einiger Zeit beispielsweise mit einem Investment in die damalige deutsche KI-Hoffnung Aleph Alpha.

Rolf Schumann ist überzeugt, dass es nicht nur für die Schwarz-Gruppe wichtig ist, unahängiger agieren zu können. "Im amerikanischen Mindset gehören die Daten den Unternehmen, im chinesischen Mindset gehören sie dem Staat – aber in Europa gehören sie eben noch dem einzelnen Menschen, der diese Daten generiert. Daher muss man sich überlegen, welche Technologien es braucht, um dieses Versprechen auch einzulösen."

Im OMR Podcast erzählt Rolf Schumann außerdem, welche Chancen er für Deutschland und Europa beim Thema Künstliche Intelligenz sieht, warum die Schwarz-Gruppe trotz aller digitaler Souveränitätsbemühungen mit Google kooperiert, und warum er trotzdem auch das digitale Fitness-Armband von Woop benutzt.

OMR PodcastDieter SchwarzLidlAleph AlphaCloud
Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

Alle Artikel von Florian Rinke

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!