Sunday Natural: Haben die Berliner das perfekte Businessmodell erfunden?

CMO Robert Bosch erklärt, wie der Supplement-Anbieter vom Hidden Champion zum Unicorn in einem Milliardenmarkt geworden ist

Philipp Westermeyer im Gespräch mit Robert Bosch von Sunday Natural. Foto: OMR
Inhalt
  1. Strategien zur Kundenbindung
  2. Zwei Millionen Kund*innen bis Ende 2024
  3. Supplements sind ein Zehn-Milliarden-Markt
  4. Überraschende Expansion nach Vietnam
  5. Keine Pläne für Brick and Mortar

Kaum jemand hatte Sunday Natural auf dem Zettel – bis das Berliner Supplement-Startup Anfang 2024 den Verkauf an den luxemburgischen Investor CVC (u.a. Mehrheitseigentümer von Douglas und Tipico) verkündete. Geschätzter Firmenwert des 2013 gegründeten Anbieters von Nahrungsergänzungsmitteln damals: 800 Millionen Euro. Beim OMR Festival hatte Robert Bosch, der den Deal als CEO begleitet hat, schon einen knappen Abriss der Erfolgsstory gegeben. Im OMR Podcast sprechen er und Philipp Westermeyer nun ausführlich über Sunday Natural. Wie Trends wie Veganismus und Longevity das Wachstum der Firma beflügeln, wie viel Geld sich mit Supplements verdienen lässt und warum Sunday Natural nicht über Amazon verkauft.

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ist ein Sumpf. Es wimmelt von Glücksrittern, die Produkte fragwürdiger Provenienz über digitale Vertriebswege an überforderte Kund*innen bringen. Genau das war die große Chance für Sunday Natural. Der Gründer Jörg Schweikart, ein früherer Medienmanager, war auf der Suche nach maximal reinen Supplements – und beschaffte sich am Ende selbst die Rohstoffe und mischte sie zusammen. "True Clean Label" nennt Sunday Natural das Prinzip maximaler Reinheit und sämtliche Inhaltsstoffe auf dem Etikett anzugeben und die Produkte in Glasbehältern auszuliefern.

Ungewöhnlich ist auch die große Bandbreite des Sortiments. Sunday Natural biete aktuell 1.000 unterschiedliche Produkte und Produktvarianten an. Robert Bosch, der 2019 zum Unternehmen stieß und nach einer Zeit als Interims-CEO wieder das Marketing des Supplement-Startups verantwortet, erklärt das so: Sunday Natural wolle der "Toolbox Provider" für ein glücklicheres und gesünderes Leben sein.

Strategien zur Kundenbindung

Darum müsse man nicht nur Wirkstoffe für unterschiedlichste Bedürfnisse anbieten, sondern auch diverse Dosierungen. Beispielsweise, um Kund*innen bedienen zu können, die zunächst einen bestimmten Mikronährstoff hochdosiert boostern und anschließend in geringerer Dosierung dauerhaft nehmen wollen.

Der Toolbox-Ansatz von Sunday Natural, jede*m ein passgenaues Produkt anbieten zu können, sei zudem Voraussetzung, über Google-Ads-Kampagnen hochwertige Leads einzusammeln zu können, so Robert Bosch. Das lohne sich wiederum, weil einmal gewonnene Kund*innen in der Regel immer wieder kaufen. "Wie oft wechselst du deine Zahnpastamarke?", fragt Bosch im Podcast. "Die kaufst du einmal. Und wenn du dich mit der wohlfühlst, bleibst du bei der."

Zwei Millionen Kund*innen bis Ende 2024

Bis Ende 2024 will Sunday Natural zwei Millionen Kund*innen in Deutschland haben, so Bosch im OMR Podcast. Die meisten von denen legten zwei bis vier Produkte in ihren Warenkorb. Jedes kostet zwischen 15 und 25 Euro und beinhaltet eine Monatsdosis des Supplements. Die von Philipp Westermeyer hochgerechneten 250 Millionen Euro Jahresumsatz bei 75 Millionen Ertrag nennt Bosch zwar "ein bisschen zu optimistisch", widerspricht aber nicht, dass Sunday Natural ein sehr erträgliches Geschäftsmodell verfolge.   

Neben SEA und SEO setzt Sunday Natural auch auf Influencer-Marketing. Dabei fokussiere man sich aber – analog zur Breite des Portfolios – auf Nano-Influencer*innen, so Bosch. Wichtiger sei aber das Netzwerk aus 5.000 Ärzt*innen und Therapeut*innen, mit denen das Unternehmen allein in Deutschland kooperiere. "Wir sind die Lovebrand für Ärzte, Therapeuten, Heilpraktiker", sagt Bosch. Und mit einigen von ihnen entwickle man auch eigene Produkte, die dann direkt auf die Zielgruppe der Medfluencer*innen abgestimmt seien, wie beispielsweise Supplements für Menschen mit spezifischen Schilddrüsen-Problemen. 

Supplements sind ein Zehn-Milliarden-Markt

Nachdem die beiden Gründer Jörg Schweikart und Jan Gottschau das Wachstum des Unternehmens lange aus dem Cashflow finanziert haben, entschieden sie, einen Investor mit an Bord zu holen, um Sunday Natural auf das nächste Level zu heben. "Wir wollen internationalisieren", sagt Bosch.

Allein in Europa sei der Markt für Supplements zehn Milliarden Euro groß, so Bosch. Bislang mache das Startup 70 Prozent seines Umsatzes in Deutschland. Neben der DACH-Region sind die Berliner bereits in Frankreich, Italien und Polen aktiv. Auf der Liste stehen Spanien, Großbritannien und die skandinavischen Länder.  

Überraschende Expansion nach Vietnam

Dem Zufall verdankt Sunday Natural dagegen, dass das Unternehmen bereits in einem asiatischen Land Fuß fassen konnte und dort sogar im niedergelassenen Handel präsent ist. Nachdem es in Vietnam Studien gegeben habe, die auf einen wachstumsfördernden Effekt bestimmter Vitamine hingewiesen haben, habe man eine spürbare Nachfrage von dort bemerkt, so Bosch. Seine These: Auch wenn man nicht der einzige Anbieter dieser Wirkstoffe sei, so vertrauten vietnamesische Eltern wohl auf Sunday Natural, da es sich um eine deutsche Firma handele. 

Das Startup reduzierte zunächst die maximale Bestellmenge im Shop. "Dann gab es Leute, die das per Rollkoffer nach Vietnam grau-exportiert haben", sagt Bosch. Also habe man begonnen, diese Produkte offiziell in dem Land anzubieten. Bislang mehr als zwei Millionen Units seien im Direktvertrieb und über die Shops einer Kette für Babybedarf bereits verkauft worden.

Keine Pläne für Brick and Mortar

Auf den europäischen Märkten sei es jedoch nicht geplant, in den niedergelassenen Handel einzusteigen, so Bosch. Denn die Berliner legen Wert auf einen direkten Kontakt zu den Kund*innen – sei es unmittelbar im eigenen Shop oder über den Umweg der kooperierenden Ärzt*innen und Therapeut*innen. Aus dem gleichen Grund verkaufe Sunday Natural anders als quasi jeder Mitbewerber seine Supplements auch nicht über Amazon.  

Warum Sunday Natural inzwischen auch Kaffee aus Pilzen anbietet, wie viele Pillen Robert Bosch selbst täglich schluckt und wie es dazu kam, dass US-Schauspieler Mark Wahlberg schon Produkte von Sunday Natural probiert hat – das verrät der CMO des Berliner Supplement-Anbieters in der aktuellen Episode des OMR Podcasts.

Das sind die Themen des OMR Podcasts mit Robert Bosch:

  • (00:00:00) "True Clean"-Idee und Gründung von Sunday Natural
  • (00:06:00) Bestverkaufte Produkte und der Supplement-Trend
  • (00:09:33) SEO und SEA bei Sunday Natural
  • (00:12:49) Durchschnittlicher Warenkorb und Margen
  • (00:17:45) Unternehmensgröße und Umsatz von Sunday Natural
  • (00:18:41) Einstieg des Investors CVC und Expansionspläne
  • (00:24:04) D2C vs. lokaler Handel und Mitbewerber
  • (00:27:14) Warum Sunday Natural über 1000 Produkte anbietet
  • (00:30:38) Wie Sunday Natural das Thema CRM bespielt
  • (00:34:24) Die hohe Zahl an Produktlaunches
  • (00:37:48) Wo Robert Bosch Sunday Natural in zehn Jahren sieht

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D2CStartupE-CommerceSEA
Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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