Mit Bill Gates & Peter Thiel als Investoren: ResearchGate will 100 Millionen Euro umsetzen

Martin Gardt2.10.2022

ResearchGate-Gründer Ijad Madisch erzählt im OMR Podcast, wie er das Spotify der Wissenschaft aufbaut

Ijad Madisch von ResearchGate
Philipp Westermeyer (l.) zu Besuch im ResearchGate-Office bei Ijad Madisch

Die wenigsten wissen, wie die Welt der Wissenschaft und Forschung eigentlich funktioniert. Offenbar sind die Strukturen aber einigermaßen verkrustet. Forschende teilen ihre Erkenntnisse in alteingesessenen Publikationen, Austausch findet nur wenig statt. Diesen Missstand erkennt Ijad Madisch schon 2008 und baut ein Konzept für ein Social Network für Wissenschaftler*innen. Nach Investitionen von Bill Gates, Peter Thiels Founders Fund, Benchmark und weiteren prominenten Namen, ist seine Plattform ResearchGate jetzt auf dem Weg zu 100 Millionen Euro Umsatz.

Ijad Madisch ist Arzt und Virologe, forschte an der Harvard Medical School. Er weiß also ganz genau, was im Wissenschaftsbetrieb nicht optimal läuft. „Am Ende des Tages teilst du als Forscher nur die positiven Ergebnisse. Mindestens 90 Prozent der Dinge funktionieren nicht. Die Daten sind wertvoll, aber werden nicht geteilt“, sagt er im OMR Podcast. „Dieses Teilen von missglückten Experimenten ist der Schlüssel, viel schneller wissenschaftliche Durchbrüche möglich zu machen.“ 2008 baut er mit Sören Hofmayer das Konzept einer Plattform, die für mehr Austausch unter Forschenden sorgen soll. Später kommt als Co-Gründer der Informatiker Horst Fickenscher an Bord. Zu der Zeit entstehen gerade Facebook & Co. – ResearchGate bekommt also den Stempel: „Das Facebook oder Linkedin für Wissenschaftler*innen“.

Wachstum in der Nische

„Wir haben eine Plattform gebaut, auf der Forscher direkt mit anderen Forschern in Kontakt treten“, erzählt Madisch. Auf ResearchGate können diese sich Inhalte schicken. Das Netzwerk sorge dafür, dass die Arbeiten von Forschenden von mehr Menschen gelesen werden – daraus ergeben sich Chancen. „Wir entwickeln uns immer mehr zu einer Art Spotify für Wissenschaftler“, so der Gründer. Die Plattform bilde das auch für die großen Wissenschaftsverlage ab und biete so Zugriff auf unzählige Forschungsergebnisse. „Wir haben jetzt die größte Datenbank an wissenschaftlichen Informationen, die die Welt je gesehen hat. Wir sind größer als alle Bibliotheken dieser Welt zusammen“, so der ResearchGate-Gründer. 23 Millionen Forschende nutzen die Plattform mittlerweile, der Umsatz lag 2021 bei 20 Millionen Euro und soll dieses Jahr zwischen 30 und 50 Prozent wachsen. „In den nächsten Jahren knacken wir 100 Millionen Euro Umsatz“, sagt Madisch.

Dabei habe das Wachstum erst in den vergangenen anderthalb Jahren angezogen. „Wir waren sieben bis acht Jahre produktfokussiert“, erzählt der Gründer. „Wir haben nur am Produkt gebaut, am Netzwerk, dann haben wir angefangen, zu monetarisieren.“ Das sei durchaus geplant gewesen – und habe mit den Tipps von Matt Cohler zu tun gehabt. Der ist Co-Gründer von Linkedin und einer der ersten Facebook-Mitarbeiter – und ist seit 2012 als enger Berater dabei. „Er hat mir gesagt: Wenn du eine exponentielle Kurve hast, ist der Anfang langsam. Aber der muss eine extrem hohe Qualität haben“, sagt Madisch. „Von denen musst du Feedback holen und sie aktiv halten. Dann wird der Kern stark und das Netzwerk daraus entstehen.“ Bis vor einem Jahr habe ResearchGate deshalb nicht einmal eine Marketing-Abteilung gehabt. Heute ist das Unternehmen profitabel. 80 Prozent des Umsatzes komme über Werbung – etwa für Mikroskope und andere Produkte für Wissenschaftler*innen. Der Rest ergebe sich aus Recruiting-Leistungen für Universitäten und Forschungs-Unternehmen.

Bill Gates und Peter Thiel überzeugt

Aber wie konnte Ijad Madisch mit seiner Nischen-Plattform die größten Investoren der Welt überzeugen? Neben Bill Gates, Peter Thiels Founders Fund und Benchmark (früh in Uber, Dropbox, Twitter, Facebook, Ebay investiert) sind auch Accel Partners, Ashton Kutcher und Seriengründer Michael Birch investiert. Am Ende habe Madisch Gates, Thiel und alle anderen immer mit seiner Vision überzeugen können: „Ich will eine offene Wissenschaftswelt etablieren. Wissenschaft wird datengetrieben werden“, sagt er. Das sei ein Game-Changer für die Forschung, die immer noch im Web 0.0 und 1.0 festhänge. „Wir werden jetzt zur zentralen Instanz für die Verteilung von wissenschaftlichen Inhalten. In den nächsten zwei Jahren werden wir ein Wachstum sehen, das es so in der Wissenschafts-Welt noch nicht gegeben hat.“

Hört jetzt in diese herausragende OMR-Podcast-Folge mit Ijad Madisch rein und erfahrt, wie genau seine Gespräche mit Bill Gates und Peter Thiel abgelaufen sind, welche Growth Hacks die Plattform zu Millionen Nutzenden geführt hat und warum ein großer Wissenschaftsverlag das Unternehmen auf mehrere Hundert Millionen US-Dollar verklagt.

Die Themen des OMR Podcasts mit Ijad Madisch im Überblick

  • Die Idee zu ResearchGate und ein Start mit einem unbezahlbaren Berater (00:02:00)
  • So funktioniert das Wachstum von ResearchGate (00:16:00)
  • Das Geschäftsmodell und das Investment von Bill Gates (00:25:00)
  • Die Marketing-Hacks von ResearchGate (00:42:30)
  • So wird ResearchGate zum Spotify der Wissenschaft (00:48:00)
  • Was treibt Ijad Madisch? Nebenbei ist er Leistungssportler (00:57:00)
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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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