Growth Hacking mit Referral-Programmen: So haben diese Unternehmen Millionen von Nutzern gewonnen

Referral-Programme featured
Inhalt
  1. Mit Empfehlungsmarketing erweitern Tesla, Uber, Paypal & Co. ihren Kundenstamm und Reichweite
  2. Tesla – Egozentrischer Gründer, cleveres Referral-Programm
  3. Airbnb – Noch erfolgreicher mit der Version 2.0
  4. Uber – Was tun, wenn man Fahrer und Mitfahrer braucht?
  5. Paypal – Das 70-Millionen-Dollar-Programm
  6. World of Warcraft – Erfolgreichstes Online-Rollenspiel aller Zeiten rekrutiert

Mit Empfehlungsmarketing erweitern Tesla, Uber, Paypal & Co. ihren Kundenstamm und Reichweite

550_referral Wie schaffen es junge Unternehmen eigentlich immer wieder, in kürzester Zeit vom unbekannten Startup zum weltweit agierenden Konzern mit Milliardenbewertung heranzuwachsen? Eine sehr beliebte und häufig sehr erfolgreiche Strategie für diese Entwicklung sind clevere Referral-Programme. Was ein effektives Empfehlungsmarketing leisten und wie lukrativ es für alle Seiten sein kann, beweisen zahlreiche Beispiele aus jüngster Vergangenheit. Wir stellen fünf Cases vor.

Klar: Referral-Programme bilden nicht die einzige Säule von Erfolg und schnellem Wachstum. Und trotzdem sorgen einzelne Kampagnen immer mal wieder für den entscheidenden Kick im Aufschwung (oder die Kehrtwende im Abschwung). Dabei ist das Grundprinzip extrem einfach. Ein Unternehmen schafft Anreize für Bestandskunden, das Produkt und die Marke zu empfehlen. Das können Rabatte, Gutschriften, Bargeld usw. sein. Diese Gutschrift wird fällig, wenn durch die Empfehlung ein Neukunde gewonnen wird (der, um das Ganze noch effektiver zu machen, natürlich ebenfalls von Rabatten etc. profitiert).

Tesla – Egozentrischer Gründer, cleveres Referral-Programm

(Foto: @hunterwalk, Twitter)

(Foto: @hunterwalk, Twitter)

Der Elektroauto-Hersteller Tesla ist eigentlich eine Geschichte für sich. 2003 unter anderem von Elon Musk gegründet, stand das Unternehmen 2008 kurz vor der Pleite. Heute ist es laut Forbes „The World’s Most Innovative Company“, machte 2014 einen Umsatz von rund 3,2 Milliarden Dollar und steht mit neuen Modellen wie aktuell dem Modell X in den Schlagzeilen. Um den bisher noch überschaubaren Verkauf der teuren Luxuskarossen anzukurbeln (im ersten Quartal 2015 soll erstmals eine fünfstellige Auslieferungszahl erreicht worden sein), greift auch der angeblich innovativste Konzern der Welt mit einem eigenen Referral Programm auf Empfehlungsmarketing und Mundpropaganda zurück (Word of Mouth).

Bis zum 31. Oktober können Neukunden bei der Bestellung vom Model S den Referral-Link eines bestehenden Besitzers verwenden – für beide Seiten gibt es dann einen Rabatt in Höhe von 1.000 US-Dollar. Um dem Programm den Start zu erleichtern und für Reichweite zu sorgen, hat der Elektro-Autokonzern das Referral-Programm als Wettbewerb aufgebaut. Derjenige, über dessen Referral-Link als erstes zehn Tesla Model S gekauft werden, erhält das neue Model X (Founder Series) geschenkt. Weltweit der allererste (schon zwei Wochen nach Start des Programms) war der Norweger Bjørn Nyland, der die Reichweite seines Youtube-Accounts geschickt ausgenutzt hat.

Ein weiterer Benefit aus dem Referral-Programm sind zwei Karten für die Eröffnung von Teslas Gigafactory bei fünf vermittelten Käufen. Die Kampagne, die als Experiment gestartet war, scheint sich neben öffentlichkeitswirksamer Berichterstattung auch mit Blick auf die Verkaufszahlen zu lohnen. Elon Musk erklärte bei der jüngsten Quartals-Telefonkonferenz, dass sich die Akquisitionskosten für einen Neukunden sonst auch auf rund 1.000 Dollar belaufen würden. In einer angeblichen Mail an Tesla-Besitzer schrieb er daraufhin, dass das Experiment Referral-Programm funktioniert und das bis dahin bestehende Limit von maximal zehn Käufen pro Link aufgehoben würde. Einen besonders außergewöhnlichen Versuch, möglichst viele Neukunden zu akquirieren und so vielleicht das Model X zu gewinnen, konnten übrigens Autofahrer in San Francisco beobachten. Eine riesige Werbetafel an einer Straße warb mit besagten 1.000 Dollar Rabatt beim Tesla-Kauf. Die in riesigen Buchstaben angegebene URL myteslareferral.com ist dabei natürlich eine Affiliate-Seite. Sie gehört Nicholas Nye, CEO vom IT-Unternehmen Janus Networks.

Airbnb – Noch erfolgreicher mit der Version 2.0

Airbnb2 Wenn man Referral-Programme betrachtet, kommt man an diesem Player nicht vorbei: Als der Marktplatz für Urlaubsunterkünfte 2008 startet, steht Airbnb vor dem alten Henne-Ei-Problem: Vermietet niemand seine Wohnung, kommen keine Mieter. Sind keine Mieter auf der Plattform, wird niemand seine Wohnung vermieten. Also startet Airbnb 2011 ein Referral-Programm, das bestehenden Nutzern Reisegutscheine von bis zu 100 US-Dollar pro Empfehlung einbringt. 25 US-Dollar gibt es, wenn der Bekannte eine Unterkunft bucht, sogar 75 US-Dollar, wenn er seine Wohnung vermietet. Beim Testlauf bringen 2.161 existierende Nutzer 2.107 neue Mitglieder – nahezu eine Neuanmeldung pro Nutzer. Trotz der folgenden Explosion der Nutzerzahlen und 1,5 Millionen Wohnungsinseraten auf der ganzen Welt setzt Airbnb auch heute noch auf ein Referral-Programm. Jetzt bekommen eingeladene Freunde selbst ebenfalls Geld: 18 Euro gibt es bei einer Neuanmeldung. Geht es auf eine Reise, erhält der Empfehler auch 18 Euro und 71 Euro, wenn sich der Freund als Gastgeber anmeldet.

Die Kurve zeigt die Zahl der Neuanmeldungen durch Referrals bei Airbnb. Am besten funktioniert die Empfehlung per E-Mail. (Quelle: Airbnb)

Die Kurve zeigt die Zahl der Neuanmeldungen durch Referrals bei Airbnb. Am besten funktioniert die Empfehlung per E-Mail. (Quelle: Airbnb)

In einem 50-Minuten-Video erklärt das Growth-Team von Airbnb, warum Empfehlungen für die Plattform so gut funktionieren. Referrals seien eine der wenigen Maßnahmen, die auch Nicht-Nutzer betreffen und beeinflussen können. Dabei verlasse sich Airbnb auf die bereits angemeldeten Nutzer: Wer eine tolle Erfahrung auf einer Reise gemacht hat, erzähle die Geschichte seinen Freunden sowieso besser, als es Airbnb je könnte. Die Aufgabe des Growth-Teams sei es dann nur noch, das Erlebnis der Empfehlung so einfach wie möglich zu machen. Gmail- und Yahoo Mail-Kontakte lassen sich einfach einbinden und das Teilen über Facebook und den passenden Messenger ist ebenfalls mit einem Klick möglich. Airbnb hat sich mit dem zweiten Empfehlungsprogramm vor allem auf den asiatischen Markt konzentriert. In Südkorea kommen kurz nach dem Start 30 Prozent der Buchungen über Referrals. Laut Airbnb steige die Zahl erster Buchungen in Asien im Jahresvergleich um 900 Prozent – dank Empfehlungen. Witzige Anekdote: In China hat der Social-Media-Promi Anthony seinen zwei Millionen Followern bei Sina Weibo (Facebook-Twitter-Hybrid) einen Referral-Code von Airbnb gepostet. Danach gab es tausende Anmeldungen und hunderte Buchungen von seinen Fans.

Uber – Was tun, wenn man Fahrer und Mitfahrer braucht?

545_Uber Genau wie Airbnb richtet sich der Fahrdienst Uber an zwei Arten von Nutzern: Fahrer und Mitfahrer. Fehlt eine der beiden Gruppen, funktioniert das System nicht. Kein Wunder also, dass sich Uber am Vorbild Airbnb orientiert. Um neue Nutzer auf die Plattform zu lotsen, setzt Uber deshalb auf ein zweiseitiges Empfehlungsprogramm. Für Mitfahrer ist das relativ einfach: Angemeldete Nutzer geben ihren persönlichen Aktionscode weiter. Der Freund, der sich mit dem Code anmeldet, bekommt zehn Euro Startguthaben. Fährt er dann mit Uber, bekommt auch der schon vorher angemeldete zehn Euro. Das eigentliche Problem von Uber war aber schon immer, genug Fahrer an den vielen Standorten zur Verfügung zu haben. Deshalb gibt es ein zweites Referral-Programm nur für sie.

Bestehende Fahrer bekommen bis zu 500 US-Dollar für die Empfehlung von weiteren erfahrenen Fahrern. Zusätzlich gibt es fünf Dollar, wenn ein Fahrer einen Passagier dazu bringt, seinen Empfehlungscode bei der ersten Uber-Fahrt zu verwenden. Gleichzeitig bekommt der Mitfahrer bis zu 20 US-Dollar Preiserlass bei dieser ersten Fahrt. Das Zusammenspiel von Fahrer und Mitfahrer nützt in diesem Fall beiden, gleichzeitig schafft Uber Anreize für Fahrten und nicht nur für Neuanmeldungen. Dank persönlicher Promotion-Codes ist das Teilen besonders einfach. Fahrer können sich sogar eine Art digitaler Visitenkarte mit dem eigenen Code erstellen und an Bekannte verteilen. Der Amerikaner Blake Jared betrieb das so clever, dass er ein Uber-Guthaben von 50.000 US-Dollar ansammelte – nach einigen Freifahrten wurde Jareds Account aber eingefroren.

Paypal – Das 70-Millionen-Dollar-Programm

545_Paypal Das Referral-Programm von Paypal überlebt wohl nur eine Payment-Plattform. Als das Ganze Anfang der 2000er losgeht, sind Referrals kaum bekannt – deshalb gilt Paypal als einer der Vorreiter. Innerhalb des ersten Monats verzeichnet das Startup damals 100.000 Anmeldungen – indem es Geld verschenkt. Der ehemalige CEO Elon Musk erklärt in einem Video, wie Paypal 20 US-Dollar an jeden Neuanmelder zahlte und noch einmal 20 Dollar für Empfehlungen an Freunde. Das Programm kostete laut seiner Aussage insgesamt 60 bis 70 Millionen US-Dollar. Später werden die Boni auf zehn US-Dollar pro Aktion und dann auf fünf US-Dollar reduziert. 2003 beendet Paypal das Referral-Programm endgültig. Laut Investor Peter Thiel brachte die Aktion sieben bis zehn Prozent Nutzerwachstum pro Tag und insgesamt 100 Millionen Nutzer.

Nutzergewinnung sei laut Thiel zu Beginn oberste Priorität gewesen, Marketing habe sich aber als zu teuer und ineffektiv erwiesen. Business-Development-Deals mit großen Banken seien zur gleichen Zeit in Bürokratie versunken. Bei einem Eis habe das Paypal-Team entschieden, dass man Menschen einfach Geld geben müsse. Virales Growth Hacking in seiner einfachsten Form. All das hätte Paypal aber nicht so erfolgreich gemacht, wenn es ein eBay-Bezahldienst geblieben wäre. Neue Händler kamen aber ebenfalls über ein eigenes Referral-Programm an Bord, das erst 2012 eingestellt wurde. Wer den Dienst an Online-Shops usw. empfahl, konnte ein halbes Jahr an den Paypal-Zahlungen, die an diesen Shop gingen, mitverdienen.

World of Warcraft – Erfolgreichstes Online-Rollenspiel aller Zeiten rekrutiert

WOW Screenshot Wer World of Warcraft nicht kennt: Das Ende 2004 vom Entwicklerstudio Blizzard herausgegebene Online-Rollenspiel (MMORPG) ist nicht nur irgendein Spiel, sondern mit über zehn Milliarden Dollar Umsatz das kommerziell erfolgreichste PC-Game aller Zeiten. Um an der Fantasy-Welt mit Orks, Elfen & Co. in Azeroth teilhaben zu können, müssen Spieler pro Monat je nach Abo-Modell 10,99 Euro bis 12,99 Euro zahlen. Aller Rekorde zum Trotz muss auch WoW Einiges dafür tun, um die Abonnenten-Zahlen zu halten. Während es Ende 2010 noch zwölf Millionen aktive, zahlende Nutzer waren, sind es mit Stand August 2015 „nur“ noch 5,6 Millionen.

Als kleine Gegenmaßnahme gibt es auch in der virtuellen „Welt der Kriegskunst“ ein Referral-Programm. Aktive Spieler können Freunde direkt aus dem Spiel heraus anwerben und verschiedene Vorteile erhalten. Beide Spieler erhalten in jedem Fall In-Game-Funktionen, die es sonst nicht gibt und einen schnelleren Stufenaufstieg ermöglichen. Kauft der neue Spieler die Vollversion von World of Warcraft und einen Monat Spielzeit, erhält der Werber einen Gratis-Monat. Bezahlt der neue Spieler auch noch den zweiten Monat, bekommt der Werber ein Reit- oder Haustier im Spiel.

Growth Hacking
TL&MG
Autor*In
Torben Lux & Martin Gardt
Alle Artikel von Torben Lux & Martin Gardt

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