ProsiebenSat.1-Chef setzt nach Verlust der NFL-Rechte auf Eishockey
Im OMR Podcast verrät Rainer Beaujean die Strategie für die Transformation des Medienkonzerns
- Rainer Beaujean hat früher T-Online geleitet
- ProsiebenSat.1 soll jeden Abend „Talk in Town“ sein
- Die Themen des OMR Podcasts mit Rainer Beaujean im Überblick
Seit Januar leitet Rainer Beaujean den Medienkonzern ProsiebenSat.1. Der Manager muss den Wandel vom Fernsehkonzern zum breit aufgestellten Digitalunternehmen weiter vorantreiben. Im OMR Podcast verrät der Manager, warum er stärker auf eigene Formate, Live-Sendungen und Sport setzt – und weniger auf Harry Potter.
Es sind Quoten, von denen man als Verantwortlicher bei einem Fernsehsender eigentlich nur träumt: 47 Prozent, 58 Prozent, 60 Prozent. Allein in den vergangenen drei Jahren konnte Prosieben seine Marktanteile während der Sendezeit des Super Bowls deutlich ausbauen. Umso schmerzhafter dürfte es für den Konzern sein, dass er die Rechte an der Übertragung der Spiele der amerikanischen Football-Liga NFL nun ausgerechnet an den Konkurrenten RTL verloren hat.
Doch Rainer Beaujean hat schon eine genaue Vorstellung davon, wie er den Wegfall der Football-Spiele kompensieren will. „Eishockey wird das nächste große Thema sein. Ein superschneller Sport, super attraktiv“, sagt der ProsiebenSat.1-Vorstandschef im Gespräch mit Philipp Westermeyer im OMR Podcast. Das Medienunternehmen hat sich kürzlich die Senderechte für die US-Eishockeyliga NHL gesichert. Und Beaujean ist optimistisch, dass man den Erfolg beim Football wiederholen kann – mit harter Arbeit: „Das ist für uns natürlich ein Entwicklungspfad, den wir da gehen müssen. Wir müssen die Zielgruppe bekommen, wir müssen die Leute bekommen, das geht nicht von heute auf morgen.“
Rainer Beaujean hat früher T-Online geleitet
Mit rund 4,5 Milliarden Euro Umsatz zählt ProsiebenSat.1 zu den größten Medienkonzernen Europas. Rainer Beaujean hat dort am 1. Januar 2022 den Vorstandsvorsitz übernommen, nachdem er zuvor bereits Finanzvorstand war. Nach Thomas Ebeling und Max Conze führt damit erneut ein Manager die Geschäfte, der zuvor auch in anderen Branchen als den Medien Erfahrungen gesammelt hat. Denn Beaujean hatte seine Karriere zwar bei der Telekom begonnen, wo er unter anderem das Geschäft von T-Online leitete. Anschließend wechselte er jedoch in die Industrie und arbeitete unter anderem für einen Kranhersteller und den Düsseldorfer Verpackungsspezialisten Gerresheimer.
Das Angebot, zu ProsiebenSat.1 zu wechseln, war laut Beaujean seinerzeit finanziell nicht das attraktivste – aber das spannendste. Denn der Konzern steckt genau wie die ganze Branche in einem tiefgreifenden Umbruch. Einerseits hat ProsiebenSat.1 in den vergangenen Jahren in viele Digitalunternehmen investiert und muss diese nun weiterentwickeln oder gewinnbringend verkaufen (hier lest Ihr, wieso der Ukraine-Krieg aktuell der Beteiligung Verivox zusetzt). Andererseits wird das lineare Fernsehen, das noch immer große Reichweiten und viel Umsatz bringt, künftig weniger wichtig werden. Dafür müssen sich die Sender ihren Platz in der digitalen Welt gegen neue Konkurrenten wie Youtube und Co. erkämpfen. Beaujean setzt dazu auf die eigene, werbefinanzierte Plattform Joyn.
ProsiebenSat.1 soll jeden Abend „Talk in Town“ sein
US-Serien und -Filme, die lange Zeit große Teile des Programms dominiert haben, sind aus seiner Sicht zwar weiterhin wichtig – aber nicht mehr in dem lange Zeit üblichen Umfang: „Bei einem Harry-Potter-Film kann ich abends immer schon ungefähr sagen, wie die Quote am nächsten Tag ist“, sagt Rainer Beaujean. „Dann weiß ich, da kommen circa neun Prozent raus. Ich sage gar nicht, dass das schlecht ist. Ich sage nur: Da haben wir natürlich keinen Unterschied zu all den anderen Plattformen. Was uns gelingen muss idealerweise, ist dass wir jeden Abend Talk in Town sind.“
Beaujean setzt daher auf eigene Formate, Live-Sendungen und Sport, aber auch wieder verstärkt auf Nachrichten und Infotainment. Bekannte Gesichter wie die Moderatoren Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheid sollen die Marke Prosieben ebenso prägen wie die journalistischen Neuverpflichtungen Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel, die ähnlich wie Jörg Pilawa bei Sat. 1 vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum bayerischen Medienkonzern gewechselt sind.
Im OMR Podcast verrät Rainer Beaujean außerdem, welche Pläne er mit den Digitalunternehmen Parship & Co. hat, warum das Modell Media for Equity weiterhin attraktiv ist – und warum er Netflix nicht als direkten Konkurrenten sieht.
Die Themen des OMR Podcasts mit Rainer Beaujean im Überblick
- Vom T-Online-Chefposten in die Industrie – und zurück in die Medien (00:02:30)
- Warum Rainer Beaujean zu ProsiebenSat.1 gewechselt ist (00:14:00)
- Deshalb ist das Netflix-Modell für ProsiebenSat.1 nicht relevant (00:31:00)
- Wie der Smart-TV die Werbung verändert (00:45:00)
- Urban Sports Club, Parship und Co. – so läuft das Beteiligungsgeschäft von ProsiebenSat.1 (00:52:00)
- Ist die ProsiebenSat.1-Aktie aktuell unterbewertet? (01:05:00)
- Mit der NHL will ProsiebenSat.1 den Football-Erfolg beim Eishockey wiederholen (01:14:30)
- Gedankenspiele über eine Fusion mit RTL oder eine Übernahme durch Berlusconi (01:17:00)