New York Notizen, Tag 8: Postkarten-Hustler, deutscher Aufbauhelfer und Bookazine-Hype

Das passierte an Tag 8 von "Philipp allein in New York":

Oliver Kray Mypostcard Philipp Westermeyer New York OMR
Philipp Westermeyer mit Mypostcard-Gründer Oliver Kray (links) unterwegs in New York.
Inhalt
  1. Von Facebooks Dachterrasse zum German Accelerator
  2. Über den Erfolg von Wework und einen Bookazine-Hidden-Champion
  3. New York: Stadt der Zufälle, Wendungen und Inspiration

Chef ist immer noch im Big Apple unterwegs und berichtet von seinen Eindrücken und Treffen mit spannenden Leuten. Heute Tag 8 mit einem Ex-Sprayer, der mittlerweile Postkarten macht, Facebook, dem German Accelerator und einem Bookazine-Hidden-Champion.

Falls nicht sowieso schon passiert: Hier könnt Ihr Philipps Planung vor dem Ausflug, Tag 1, Tag 2, Tag 3 und Tag 4 nachlesen. Es lohnt sich. 

Mein achter Tag in New York begann mit Oli Kray, einem ehemaligen Berliner Graffiti-Mann, der über Umwege in die Startup-Welt gefunden hat und jetzt in Berlin und NY Mypostcard aufbaut. Am Rande des Frühstücks (Cafe Select, kann ich empfehlen) haben wir zur Mypostcard-Story einen Podcast aufgenommen, der demnächst auf der gewohnten OMR-Frequenz zu hören sein wird. In Kürze: Oli ist über den German Accelerator nach NY gekommen, um seine Firma in den USA zu erweitern. Er sieht nicht unbedingt aus wie jemand, der früher Züge bemalt und nachts in Depots rumgehangen hat (weiße Hose, Loafer). Aber wenn man ihn reden hört, weiß man, dass es stimmt. 

Oliver Kray Mypostcard New York Philipp Westermeyer OMR

Mypostcard-Gründer Oliver Kray mit dem Fortbewegungsmittel seiner Wahl für New York: einem E-Scooter.

Heutzutage versucht er, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, via App oder mobiler Website Fotos hochzuladen und dann als echte Postkarte versenden zu lassen. Der Service kommt mir mit meiner Postkarte-erwartenden 90-jährigen Oma sehr gelegen. Oli sagt, er würde nie wieder ein Startup mit so kleinen Durchschnitts-Warenkörben (zwei Euro) gründen – aber er kämpft sich durch und hat es durch sehr geschicktes App-Marketing zu über fünf Millionen Euro Umsatz gebracht. Seine größten Kanäle sind App Store Optimization, „Adwords hacken“ wie er sagt (also massiv auf Longtail-Keywords gehen) und Kooperationen (zum Beispiel mit Ferrero). Mehr dazu dann bald im Podcast. Oli ist ein Hustler, der mit allem kämpft, was er hat. Um in NY besser rumzukommen, hat er sich einen E-Roller geholt. Am Wochenende ist er gestürzt, die Bremse ist kaputt – aber egal, es muss weiter gehen.

Von Facebooks Dachterrasse zum German Accelerator

Nach dem Frühstück habe ich mich auf den Weg zum Facebook-Büro in NY (über 3.000 Mitarbeiter) gemacht. Vor dem Termin verschickt Facebook schon reichlich E-Mails mit Anmeldebestätigung usw. Das Büro ist dann sehr schick und wie so häufig in NY nicht weit weg vom Union Square. Kristin Reagan hat mir die Dachterrasse gezeigt und wir haben natürlich über OMR 2019 gesprochen. Facebook ist für uns ein großer Partner und Kristin schaut sich auf der ganzen Welt Events an, es gab also reichlich Gesprächsstoff. Als ich bei Facebook raus kam war es Mittag und 33 Grad in NY. Ich bin dann langsam vom klimatisierten Sneaker-Laden zum WLAN-Cafe (Datenvolumen aufgebraucht) und langsam wieder runter nach Tribeca gegangen.

Philipp Westermeyer Kristin Facebook New York OMR

Philipp und Kristin im New Yorker Facebook-Office.

An der Grenze von Tribeca und Soho arbeitet Christian Busch. Christian leitet den German Accelerator in NY, also die mit öffentlichen Geldern finanzierte Anlaufstelle für deutsche Firmen auf dem Weg in die USA (siehe den Fall von Oli oben). Er ist seit fast 20 Jahren in der Stadt (wie ich auch mal bei Bertelsmann angefangen, das verbindet), war davor an der WHU und hat in NY schon zahlreiche Jobs gemacht: von Gründer über M&A bis Berater. Auf jeden Fall hat er was „Deutsche in NY“ anbelangt ein Wahnsinns-Netzwerk. 

Über den Erfolg von Wework und einen Bookazine-Hidden-Champion

Neben dem Job beim Accelerator (fünf Mitarbeiter) hat er gerade mit einem Geschäftspartner einen Immobilien-Deal im achtstelligen Bereich in Chelsea abgeschlossen und verdient sein Geld mit Brick und Mortar (Ziegel und Mörtel, also ein nicht virtuelles Geschäft). In diesem Zusammenhang haben wir über unsere Faszination und ein bisschen auch unser Unverständnis gegenüber dem Konzept von Wework gesprochen (Coworking Space, also Arbeitsplatz-Vermietung), das in NY unfassbar gut funktionieren muss. Mit „Digital“ hat die Firma nichts zu tun, außer einigen Insassen – aber es eröffnen weiterhin wortwörtlich überall Büros in der Stadt.

Philipp Westermeyer Christian Busch German Accelerator New York OMR

Philipp Westermeyer mit Christian Busch (rechts), CEO des German Accelerator in New York.

Zum Abendessen hab ich dann zum Blind-Date Sebastian Raatz getroffen. Der Mann ist ein absoluter Hidden Champion (danke fürs Matchmaking Stefan Mölling). Sebastian lebt seit zehn Jahren in NY und hat hier bis vor 18 Monaten für den Bauer Verlag das US-Verlagsgeschäft mitgesteuert. Dann ist er ausgestiegen und hat sich mit einem Freund selbstständig gemacht. Die Idee: Ein Verlag für Bookazines, also hochpreisige Magazine ab acht US-Dollar, ohne konkrete Marke, die einmalig zu aktuell gefragten Themen aufgelegt werden (von Hanf oder Fußball-Weltmeisterschaft über Waffen bis zu Selbstversorgung). Die Themenfindung für die Bookazines nennt er „Moneyball for Magazines“, also auf Basis von Daten wie Einschaltquoten, Suchvolumen usw. zu ermitteln, welche Themen als Bookazine passen könnten. Der besondere Clou: Dank seiner Bauer-Zeit hat Sebastian hervorragende Connection zu allen relevanten Presse-Distributoren in den USA wie beispielsweise Walmart und anderen großen Supermarktketten.

New York: Stadt der Zufälle, Wendungen und Inspiration

Seine Bookazines liegen also heute schon in über 40.000 Geschäften in den USA aus. Das Resultat: Die Kollegen schaffen mit einer sehr schlanken Organisation und ständig neuen Themen-Magazinen einen Umsatz, den man aus dem deutschen Startup-Kosmos eher von Firmen wie Outfittery oder Lesara kennt. Fremdkapital hat er keins. Wahnsinn. Einfach eine der wenigen Wachstumsfelder im Pressebereich gesehen, Wertschöpfungskette perfekt gelesen und stark umgesetzt. Sebastian ist Mitte 30, sieht aus wie ein Mann aus Norddeutschland, ist aber perfekt amerikanisiert. Amerikanerin geheiratet, Akzent abgelegt und kennt sich besser mit den New York Giants („Der Quarterback Eli Manning wohnt bei uns in der Straße.“) aus als mit der deutschen Nationalmannschaft. 

Wir sind noch kurz durch Hell’s Kitchen spaziert, er ist dann ganz entspannt in den Bus nach New Jersey (Wir haben vergessen, ein Foto zu machen. Mist…). Auf dem Weg nach Hause war ich mal wieder fasziniert von dem Gedanken, was man alles aus seinem Leben machen kann und was es für Zufälle und Wendungen gibt. Ich hatte passend zu NY kürzlich in einem Buchladen die Biografie von Diane von Fürstenberg durchgeblättert und die ist auch voll mit relativ unwahrscheinlichen Momenten. Solche Momente, von denen man hier in NY einfach mehr ab- und mitbekommt als woanders – ob man will oder nicht. Vermutlich ist es das, was Besucher der Stadt mit Inspiration meinen.

Falls nicht sowieso schon passiert: Hier könnt Ihr Philipps Planung vor dem Ausflug, Tag 1, Tag 2, Tag 3 und Tag 4 nachlesen. Es lohnt sich.

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