Naketano-Gründer Sascha Peljhan: Trotz Millionen-Gewinn die Lust verloren

Mit ihren Hoodies mit Kordeln und Lederapplikationen verdienen die Gründer der Marke Naketano Millionen. Dann ziehen sie überraschend die Reißleine.

Im OMR Podcast spricht Sascha Peljhan mit Philipp Westermeyer über die Gründe für das Naketano-Aus. Foto: OMR
Im OMR Podcast spricht Sascha Peljhan mit Philipp Westermeyer über die Gründe für das Naketano-Aus. Foto: OMR
Inhalt
  1. Vom Mini-Stand auf der Modemesse zum Riesenerfolg
  2. "Einfach keine Lust mehr"

Als Naketano 2018 das Aus verkündet, glauben einige Menschen in der Modebranche an einen Marketing-Gag. Die Signature-Hoodies mit Kordel und Kunstleder-Emblem sind damals ein Verkaufsschlager, sowohl online als auch im stationären Handel. Die Modemarke ist nach Jahren des Aufbaus auf ihrem Höhepunkt. Warum sollte jemand ein Business aufgeben, das Millionen-Gewinne abwirft? Aber die beiden Gründer meinen es ernst und hinterlassen nicht nur viele Fragezeichen, sondern auch eine schmerzhafte Lücke für Händler und Online-Stores wie About You. Sechs Jahre später verrät Sascha Peljhan im OMR Podcast, warum er und sein Geschäftspartner damals einen Schlussstrich zogen, und vor allem – warum ein Verkauf für sie nicht infrage kam.

So richtig bewusst, welche Wellen seine Marke schlägt, wird Sascha Peljhan im Urlaub an der Küste. Dort, wo er in den Jahren zuvor jede Menge Paare in Jack-Wolfskin-Kleidung beobachtet hatte, laufen plötzlich lauter Menschen in Hoodies mit Kordeln rum. "Dann siehst du schon, dass es erfolgreich ist", erinnert er sich. "Aber trotzdem kann man das nicht greifen, welche Größe das nachher irgendwie hatte." Zahlen aus der Hochzeit von Naketano machen diese Größe greifbarer – zumindest auf dem Papier: 240 Millionen Euro Händlerumsatz habe man zum Schluss gemacht, sagt Sascha Peljhan. Außerdem ist das Unternehmen hochprofitabel: Laut Geschäftsbericht für das Jahr 2017 stehen bei der Naketano GmbH unterm Strich damals 33,7 Millionen Euro Jahresüberschuss. Und doch entscheiden sich die beiden Gründer, Sascha Peljhan und Jozo Lonac, Anfang 2018 zu einem radikalen Schritt: Dieses Jahr noch, dann ist Schluss.

"Wir waren auf die Resonanz, die dann kam, gar nicht eingestellt. Handelsblatt, Bild-Zeitung und alle standen ja bei uns vor der Tür und wollten Interviews haben", sagt Sascha Peljhan. Nicht nur die Medien, auch die Fans der Marke und Branchen-Expert*innen rätseln, was hinter der Entscheidung steckt. Einige vermuten dahinter sogar eine reine Marketingaktion oder Pläne für einen großen Neustart. Aber sie tappen im Dunkeln, denn die beiden Geschäftspartner meiden die Öffentlichkeit. Sie wollen sich nicht erklären, sondern nur noch die Geschäfte ordentlich zu Ende bringen. "Wir haben noch mal zwei Kollektionen ausgeliefert und eigentlich war die Idee, dass wir die Restbestände dann bis Mitte 2019 über unseren Onlineshop verkaufen. Da wurden wir dann aber so überrannt, dass die im Lager gar nicht mehr hinterhergekommen sind."

Vom Mini-Stand auf der Modemesse zum Riesenerfolg

Mit einem Erfolg in dieser Größenordnung hatten Peljhan und sein Kompagnon bei weitem nicht gerechnet, als sie das Label 2004 gründeten. Kennengelernt haben sich die beiden bei dem Streetwear-Label Mazine in Mülheim. Peljhan kümmert sich dort nach seiner Ausbildung in der Steuerberatung um die Finanzen, Lonac um Produktion und Vertrieb. Beide sind bereit für den nächsten Karriereschritt. "Wir fanden die Branche ganz interessant und haben gesagt: Komm, lass uns was zusammen machen", sagt Sascha Peljhan. Zwei Jahre später bringen sie ihre erste kleine Naketano-Damenkollektion raus und melden sich ambitioniert für die größte Modemesse in Las Vegas an. Als junge Marke bekommen sie einen Stand, der gerade mal sechs Quadratmeter groß ist und beobachten von dort aus, wie an anderen Ständen die Hölle los ist, während sich für das kleine Label aus Essen kaum jemand interessiert. "Wir haben sogar außerhalb von Las Vegas gewohnt, damit wir das alles bezahlen konnten, und sind dann am Ende mit einem Auftrag nach Hause gefahren. Und der war auch noch gegen eine Anzeige in einem New Yorker Magazin getauscht."

In den Jahren danach müssen sich die Unternehmer irgendwann keine Gedanken mehr über mangelnde Aufträge machen. Naketano wächst über den Handel und wird immer größer. Im Frontlineshop-Katalog, bei Sportscheck oder im Online-Skateshop Titus sind die Sweatshirts, Hoodies und T-Shirts gefragt, ebenso bei Peek & Cloppenburg oder Olymp und Hades. Das Geschäft über Zalando wird für die Marke besonders wichtig, weil die Plattform den Produkten Sichtbarkeit verleiht. Später beenden die Naketano-Macher die Zusammenarbeit. Schon damals zeigt sich, dass sie nicht vor unkonventionellen Entscheidungen zurückschrecken: "Wir haben uns 2013 von Zalando getrennt, da haben die 26 Prozent des Umsatzes gemacht und wir haben einfach gesagt: Wir haben keine Lust, in dieser Form zusammenzuarbeiten. Das macht ja normalerweise keiner", sagt Sascha Peljhan. Aber für die beiden Geschäftspartner hat eines Priorität, erklärt er: "Für uns war einfach der größte Wunsch Unabhängigkeit, dass man frei entscheiden kann, mit wem man arbeitet und wie man arbeitet." Zalando-Konkurrent About You hingegen profitiert bis zum Schluss, denn die Produkte verkaufen sich über den Online-Händler sehr gut.

"Einfach keine Lust mehr"

In Essen hat Naketano zu diesem Zeitpunkt 65 Mitarbeitende, in der Türkei arbeiten laut Peljhan rund 1000 Leute in zwei Produktionsstätten an den Produkten, auch in China gibt es später zwei Produktionsstandorte. "Wir sind ab 2010 oder 2011 um 90 Prozent pro Jahr gewachsen. Alle mussten irgendwie gucken, wie sie hinterherkommen", sagt er, "auch unser Logistiker: Da sind wir 2007 mit sechs Paletten hingezogen und am Ende hatten wir 48.000 Quadratmeter Lager." Und irgendwann, als die Marke auf dem Höhepunkt zu sein scheint, ziehen die Naketano-Macher die Reißleine.

Denn je größer die Marke wird, desto mehr Themen gibt es, auf die die beiden Gründer so gar keine Lust haben: "Wir haben das 15 Jahre gemacht und du hast ja jede Saison die gleichen Probleme." Als Beispiele dafür nennt Peljhan Probleme mit Produkt-Plagiaten, Handelsvertreter*innen oder die Fluktuation von Mitarbeitenden. "Du hast einfach Themen, mit denen du dich nicht beschäftigen willst." Die beiden wollen raus und denken über verschiedene Varianten nach, wie es für ihre Marke weitergehen könnte. Auch ein Verkauf steht im Raum, an Interesse mangelt es bei dem Ausnahmeerfolg, den sie mit ihrer Marke aufgebaut haben, natürlich nicht. Trotzdem entscheiden sich die beiden klar dagegen.

Im OMR Podcast erzählt Sascha Peljhan, welche Gründe gegen den Verkauf sprachen, warum Naketano jetzt ein Comeback in kleinerem Umfang feiert und weshalb er Menschen, die ihm Businessideen für die Modebranche pitchen, in der Regel davon abrät. Außerdem sprechen Philipp Westermeyer und der Unternehmer über Fußball, denn Sascha Peljhan hat zuletzt sein Ehrenamt als Finanzvorstand beim Drittligisten Rot-Weiss Essen aufgegeben, und über das Immobiliengeschäft, auf das sich Peljahn heutzutage fokussiert.

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Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Vor ihrem Wechsel arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet.

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