Mr. Fred: So wollen die Ex-Deutschland-Chefs von Rakuten den Hundefutter-Markt umkrempeln
Die junge Marke hat bereits sieben Millionen Euro in die eigene Produktion investiert
- Von der Rundreise in die Gründung
- US-Startups als Vorbilder für die ersten Produkte von Mr. Fred
- Ein Rückschlag und die große Chance
- Millionen-Investment in die eigene Produktion
- Marketing für natürliches Hundefutter
- Millionen-Umsatz und Finanzierungsrunde vor Augen
Nachdem Tobias Kobier und Beate Rank ihre E-Commerce-Plattform Tradoria 2011 an den japanischen Konzern Rakuten verkauft hatten und jeweils für kurze Zeit als Deutschland-Chefs aktiv waren, wollten sie eigentlich komplett aussteigen. So viel sei verraten: Das hat nur so mittelgut geklappt. Erst bauten sie ein Immobilien-Business in den USA auf – und weil die eigene Hündin gesundheitliche Probleme hatte, entstand einige Jahre später dann die Idee für eine Hundefutter-Marke. Sieben Millionen Euro haben sie bis heute in den Aufbau von Mr. Fred investiert, pro Monat machen sie bereits sechsstellige Umsätze. OMR hat Tobias Kobier verraten, was ihre DTC-Brand von anderen unterscheidet, welche wichtige Rolle Tetrapak-Verpackungen spielen und wie Marketing für natürliche Tiernahrung funktioniert.
„Ich war bis Anfang 2012 Deutschland-Chef, Beate hat das im Anschluss noch bis 2013 fortgeführt. Als sie dann in die Europa-Zentrale hätte gehen müssen, hat auch sie gekündigt“, erzählt Tobias Kobier gegenüber OMR. 2007 hatte er gemeinsam mit Beate Rank die vor allem auf kleinere Händler fokussierte E-Commerce-Plattform Tradoria gegründet. Nach Investments von DuMont Venture, dem European Founders Fund der Samwer-Brüder und Seventure Partners aus Frankreich ging das das Unternehmen 2011 für einen zweistelligen Millionenbetrag an Rakuten. 4.400 Anbieter sollen zu dem Zeitpunkt knapp acht Millionen Artikel auf der Seite angeboten haben.
Nachdem sich beide von ihrer Gründung verabschiedet hatten – schon Anfang 2012 ging die Marke Tradoria komplett in Rakuten auf – war der klare Plan, auszusteigen. „Das haben wir am Anfang auch gemacht und ein Ferienhaus in Florida in den USA gebaut“, erinnert sich Kobier. „Die Auszeit war auch wirklich wichtig, immerhin waren wir auch schon vor Tradoria sieben Jahre im Agentur-Business unterwegs.“ So richtig lange hält die Pause dann aber dennoch nicht an. Denn beide hätten recht schnell wieder gemerkt, dass sie Unternehmer seien. Aus dem Bau von Ferienhäusern wird in der Folge ein Business. „Mit Palladio Homes haben wir in vier Jahren knapp 30 Ferienhäuser in Florida gebaut“, so Tobias Kobier.
Von der Rundreise in die Gründung
Auch vom Immobilien-Business haben Kobier und Rank irgendwann aber genug und lassen es auslaufen, ohne neue Aufträge anzunehmen. Nach der Erfüllung eines Traums, einer Wohnwagen-Tour durch über 40 Bundesstaaten in den USA, ziehen sie in den New Yorker Stadtteil Manhattan. Und ihre schwarze Labrador-Hündin Jeannie sorgt dann dafür, dass direkt die nächste Geschäftsidee entsteht.
„Sie hat auf Empfehlung des Züchters am Anfang vor allem Trockenfutter bekommen“, erzählt Tobias Kobier. Das habe sie offenbar krank gemacht. „Die Nierenwerte waren schlecht, das Fell war trocken. Der Tierarzt hat dann Spezialfutter empfohlen.“ Nach der Umstellung hätten sich die alten Probleme zwar verbessert, dafür seien mit Entzündungen an den Augen und Ohren direkt neue hinzugekommen. Die Folge: Kobier und Rank setzen sich intensiv mit industriellem Hundefutter auseinander und fangen an, selber für ihre 30 Kilogramm schwere Hündin zu kochen. „Es ging ihr ziemlich schnell wieder richtig gut. Auch wenn das bei dem Gewicht mit einem recht großen Aufwand verbunden war“, so Tobias Kobier.
US-Startups als Vorbilder für die ersten Produkte von Mr. Fred
Weil es zu dem Zeitpunkt bereits einige Startups in den USA gibt, die Hundefutter aus frischen und gesunden Zutaten bei niedrigen Temperaturen kochen und teilweise millionenschwere Finanzierungsrunden abschließen, wird beiden bewusst, welches Potenzial dieser Markt hat. „In Deutschland gab es das Konzept zu dem Zeitpunkt so noch nicht“, sagt Kobier. „Also haben wir uns entschlossen, das zu ändern – und Mr. Fred gegründet.“
Ab 2018 kopiert das Duo dafür das in den USA bereits bekannte Konzept. Gemeinsam mit einer Tierärztin und Expertin für Tiernahrung entwickeln sie Rezepte, verpacken die Zutaten in Lebensmittelqualität in Vakuumbeutel und kochen sie dann schonend bei niedrigen Temperaturen. „Das kam bei den ersten Kunden zwar sehr gut an, hatte gleichzeitig aber zu viele Nachteile“, erklärt Tobias Kobier. Vor allem die notwendige permanente Kühlkette, die auch im Versand aufrechterhalten werden muss, stellt das Team vor Herausforderungen. „Isolierkartons und Expressversand sind zudem sehr teuer. Und am Ende war das Futter auch nur maximal zehn Tage haltbar.“
Ein Rückschlag und die große Chance
Und noch etwas dürfte den Fortschritt von Mr. Fred in Deutschland zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt erleichtert haben: Tobias Kobier und Beate Rank leben immer noch in den USA. „Es war eigentlich nicht der Plan, zurück nach Deutschland zu gehen. Wir hatten gerade unsere Green Cards erhalten“, so Kobier. Der gemeinsame Freund Jürgen Weisenburger, ebenfalls Geschäftsführer und Gesellschafter der F&F Peetfood GmbH hinter Mr. Fred, habe währenddessen die Geschicke von Deutschland aus geleitet. „Wir haben aber gemerkt haben, dass wir mit der beschriebenen Methode einfach schnell an Grenzen stoßen und kaum skalieren können“, erklärt Kobier. „Deshalb haben wir versucht, noch einmal neu zu denken und nach einer Lösung gesucht, wie wir das Futter ohne Kühlung haltbar machen können.“
Nachdem Dosen ausgeschlossen werden – unter anderem weil der Energieaufwand zu hoch sei – stößt das Team von Mr. Fred auf Tetrapak-Verpackungen als mögliche Option. Die einzigen drei Abfüller in Europa (England, Schweden, Spanien) seien allerdings nicht in Frage gekommen. „Die waren entweder komplett ausgelastet, produzieren nur für ihre Eigenmarken oder hatten qualitativ keinen allzu guten Ruf“, erklärt Tobias Kobier. Also sprechen er und Beate Rank direkt mit Tetrapak, fahren zum Gründungsort Lund in Schweden und experimentieren dort mit ihren Rezepten und der Verpackung. „Das Ergebnis war: Tetrapak passt perfekt. Wir würden aber nicht drum herum kommen, eine eigene Produktion aufzubauen.“
Millionen-Investment in die eigene Produktion
Fast zeitgleich ergibt sich eine Chance für das junge Unternehmen. In Bamberg, der Heimstadt von Tobias Kobier und Beate Rank, hatte eine alte Großmetzgerei ihre Produktionsstätte aufgegeben. „Das war genau das, was man braucht, um im Lebensmittelbereich skalieren zu können und kam genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Kobier. Das Startup entschließt sich, die Halle zu übernehmen und plant im Anschluss acht Monate lang mit der Unterstützung von Tetrapak die Produktion. Sieben Millionen Euro habe man bis heute investiert. „Am 1. November 2020 war dann der Start unserer eigenen Tetrapak-Produktion“, so Tobias Kobier.
In der gesamten DACH-Region sei das Unternehmen aktuell der einzige Hersteller von Tierfutter in Tetrapak-Verpackungen – und sei deshalb auch mit Anfragen von allen großen Tierfutter-Playern überrannt worden. „Das Private-Label-Geschäft kommt für uns aber nicht in Frage“, erklärt Kobier. „Die Margen sind sehr niedrig und wir würden damit auch unseren USP weggeben.“
Marketing für natürliches Hundefutter
Um die verschiedenen Produkte und Sorten – es gibt zum Beispiel Gerichte mit Huhn, Rind oder Pute für ausgewachsene und speziell junge Hunde – zu vermarkten, setzt das Startup vor allem auf Facebook und Instagram Ads. Google Ads hingegen hätten gar nicht funktioniert. „Das Suchvolumen ist einfach zu gering. Die Leute suchen nur, wenn Ihr Hund Probleme hat oder krank ist“, stellt Tobias Kobier fest. Ein weiterer Kanal mit einer guten Performance für Neukundengewinnung seien Partnerschaften mit Micro-Influencern.
Dabei verschiebe sich schon jetzt, weniger als ein Jahr nach dem Start der eigenen Produktion, der Fokus mehr und mehr in Richtung Retention. „Es soll einfach immer stärker um die Kunden und deren Betreuung gehen“, so Kobier. „Für E-Mail-Strecken nutzen wir zum Beispiel Klaviyo, bald soll noch Whatsapp als Kanal folgen. Und um das übersichtlich in einem Dashboard zu bündeln, kommt bei uns Trengo zum Einsatz.“ Um die Kundenbindung zu verbessern, setze das junge Unternehmen derzeit stark auf im eigenen Online-Magazin „The Daily Dog“ veröffentlichten Content. „Kürzlich haben wir außerdem eine größere Videoproduktion gemacht, die mehrere Tage gedauert hat“, berichtet Kobier. „Was wie funktioniert, hängt aber natürlich auch stark vom Kanal ab. Deshalb testen wir auch den für Social Media typischen Welpen-Content.“
Millionen-Umsatz und Finanzierungsrunde vor Augen
10.000 Kunden, die mindestens einmal wiederbestellt haben, könne die F&F Peetfood GmbH bisher vorweisen. „Damit machen wir aktuell einen sechsstelligen Umsatz im Monat“, sagt Tobias Kobier. Im laufenden Jahr will das Unternehmen so die erste Umsatzmillion knacken. Bei voller Auslastung könne die Produktionsstätte bis zu 25 Millionen Euro Umsatz im Jahr generieren. Das dürfte zwar im kommenden Jahr noch nicht erreicht werden, trotzdem hat das Startup für die nächsten Monate viel vor.
„Wir werden gemeinsam mit einer Agentur im ersten Quartal intensiv mit PR starten. Und auch die Internationalisierung werden wir dann angehen“, kündigt Tobias Kobier an. Bisher sei Mr. Fred vor allem in Deutschland und zu einem kleinen Teil auch in Österreich aktiv. Zusätzlich stehe auch der Launch der Katzenfuttermarke „Ms. Felia“ bald an. Dass die Produkte demnächst auch im Handel erhältlich sein werden, sei dagegen eher unwahrscheinlich. „Wir haben einige Monate daran gearbeitet, auch im stationären Handel gelistet zu werden“, erklärt Kobier. „Das gestaltet sich aber vor allem im Fachhandel als sehr schwierig. Aber auch die für uns spannenden Lieferdienste Gorillas und Flink sind nur schwer zu knacken.“
Unabhängig von diesen Bemühungen und einem Pop-Up-Store-Konzept, das ebenfalls im nächsten Jahr starten soll, fokussiere sich das Unternehmen aber weiterhin auf das DTC-Geschäft – und das vor allem im eigenen Shop. „Wir sind zwar auch auf Amazon präsent, aber nur mit mäßigem Erfolg“, stellt Tobias Kobier fest. Um all die Pläne auch umsetzen zu können, will das Unternehmen Anfangs des Jahres außerdem eine erste größere Finanzierungsrunde abschließen; Anfang des Jahres hatte bereits AKM3-Gründer und Online-Marketing-Experte Andre Alpar als Business Angel in das bis dahin komplett eigenfinanzierte Unternehmen investiert.