Wie sieht der perfekte Marketer der Zukunft aus?

Martin Gardt31.10.2016

Diese Infografik zeigt, wie Kreativität ins Marketing zurückkehrt

Marketing Kreativität
Marketing Kreativität

Lange Zeit drehte sich im Marketing alles um Kreativität. Dann kam Online Marketing und damit die Konzentration auf Performance Marketing – die Branche suchte verstärkt nach Analysten und Programmierern. Iskender Dirik, Geschäftsführer beim VC Bauer Ventures Partners, stellt jetzt die These auf, dass Kreativität eine Renaissance auch im digitalen Marketing erlebt. Im Interview erzählt er, wie der perfekte Marketer in den nächsten Jahren aussehen dürfte. Aus seinen Thesen haben wir außerdem eine spannende Infografik gebaut, die die Rolle von Kreativität im Marketing zeigt.

Online Marketing Rockstars: Wie wichtig ist Kreativität in der heutigen Online-Marketing-Szene, schließlich dreht sich vieles um Data und Automatisierung? Iskender Dirik: Sehr wichtig – und die Bedeutung der Kreativität wird weiter zunehmen. Vor der digitalen Revolution war Marketing eine sehr stark kreativ getriebene Disziplin. Dann kam das Adwords-Zeitalter: Daten und Performance eroberten die Marketing-Welt. Viele Unternehmen konnten durch Vorsprünge in der datengetriebenen Marketingwelt echte Wettbewerbsvorteile erzielen. Inzwischen wird data-driven Marketing aber immer weniger zu einem Merkmal, mit dem man im Wettbewerb hervorstechen kann — und zunehmend zur Commodity.

Durch Werbemarktplätze erhalten alle großen wie kleinen Unternehmen Zugang zu den selben Werbekanälen und ausgefeilte Automatisierungs-Software ist inzwischen kein Privileg mehr für große Unternehmen. Data-driven Marketing wird damit zunehmend demokratisiert. Eine der Folgen: Es braucht (wieder) Kreativität, um aus der Masse an Produkten und Anbietern hervorzustechen. Es wird auch immer schwieriger, den Kampf um den Kunden durch USPs zu gewinnen, die rein auf Feature-Differenzierungen basieren. Unternehmen können echte USPs für sich schaffen, in dem Sie durch Kreativität aus der Masse hervorstehen und „outstandig“ sind.

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Wie sollte denn der „perfekte“ Marketer in den nächsten Jahren aussehen? Der perfekte Marketing-Head der Zukunft ist für mich erst einmal ein Generalist, der ganzheitlich denkt, Marketing nicht als Silo betrachtet und die für ihn relevanten, vielfältigen Abhängigkeiten versteht: Vom Zusammenspiel verschiedener Marketing-Kanäle bis hin zum Produkt selbst. Er hat primär eine Digital-DNA und ein sehr gutes Verständnis von Technologie. Er ist überzeugt davon, dass Technologie die Basis seines Tuns sein muss und kann auf Augenhöhe mit Techies sprechen. D.h. nicht, dass er coden können muss — er sollte aber in der Lage sein, die wichtigsten Technologien und Prozesse auf einer „good-enough“ Ebene zu verstehen und schlussendlich alle Marketing-relevanten Technologie-Prozesse im Unternehmen zu orchestrieren. Er muss zwingend wissen, wie Daten gewinnbringend eingesetzt werden können.

Bis hierhin habe ich das Skillset des „perfekten“ Marketing-Heads skizziert, das für mich zukünftig ein absolutes Must-Have ist. Die Kür kommt aber erst danach: die Kreativität. Der perfekte Marketer ist für mich ein kreativer Analytiker: Er ist in der Lage, kreative Ideen und Innovationen auf allen für das Marketing relevanten Ebenen zu entwickeln oder zumindest Impulse zu geben, die kreative Prozesse im Unternehmen anstoßen. Kurzum: der perfekte Marketer der Zukunft versteht es, Wettbewerbsvorteile durch Daten und Kreativität zugleich zu schaffen.

Was läuft derzeit falsch in der Branche? Wie können Startups, Brands und Marketer in der Zukunft zu den Gewinnern gehören? Das Adwords-Zeitalter hat das Marketing auf eine ganz neue, analytische Ebene gehoben. Es hat für die meisten Unternehmen lange gedauert (und tut es weiterhin), sich an die Anforderungen dieser neuen data-driven Welt anzupassen. Für mich ist dabei bei vielen, gerade auch Startups, die Kreativität auf der Strecke geblieben.

Iskender Dirik

Iskender Dirik

Und Kreativität heißt nicht nur, sich tolle Werbekampagnen auszudenken. Es ist viel mehr. Wir sollten uns mehr darauf besinnen, was uns das BWL Grundstudium zur Definition des Marketingmixes gelehrt hat. Er besteht aus den 4P: Product, Price, Place, Promotion. „Product“ steht am Anfang! Das vergessen und missachten heutzutage viele. Kern des Marketings ist ein ausgezeichnetes Produkt. Doch werden Produkte auch online immer austauschbarer – und genau hier liegt noch viel Spielraum für Kreativität und das Erzeugen von „Wow“ Effekten. Und was uns die Marketingtheorie auch lehrt: Zur Produktpolitik gehört auch „Service“. Leider vergessen das die meisten Unternehmen. Und dabei schlummert so viel Potenzial in diesem Aspekt: der Wettbewerb wird digital immer größer, es wird immer schwieriger echte USPs zu generieren.

Gleichzeitig ist es aber noch so leicht, echte USPs durch einen hervorragenden Service zu schaffen. Weil einfach noch sehr wenige Unternehmen verstanden haben, was ein hervorragender Kundenservice ist und wie erfolgsentscheidend er ist. Ich habe bei Amazon schon mehrere Elektroartikel nach Ablauf ihrer Garantie- und Gewährleistungsfrist zurück geschickt und habe dabei ein Rücksendeettikett teilweise 5 Minuten nach meiner Email-Anfrage erhalten. Alleine das ist für mich ein ausreichender Grund, Elektrogeräte nur noch bei Amazon zu kaufen. Ich rate jedem Startup, sich mehr Gedanken zu machen, wie sie durch ihren Kundenservice USPs aufbauen können. Und auch hier ist genügend Platz für Kreativität!

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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