Das nächste Scayle? About You bündelt das Promi-Marken-Biz in der Einheit "Laybels"
Der Mode-Händler will künftig mit acht bis zwölf Creator*innen im Jahr deren Modemarkenpotenzial ausloten
- Wird Laybels das neue Scayle?
- 120 Marken und eine geölte Maschinerie
- Von GNTM zu About You
- Lena Gercke wollte mehr als ein Gesicht sein
- Artikel-Mix als Erfolgsrezept
- Acht bis zwölf Partnerschaften pro Jahr
- Zalando setzt eher auf klassische Kooperationen
- Hat Laybels die Formel für kostengünstiges Wachstum?
Der Modehändler About You baut gemeinsam mit Influencern und Promis wie Nationaltorhüter Kevin Trapp oder Sängerin Lena Meyer-Landrut eigene Marken auf. Entstanden ist die Idee vor Jahren durch eine Kooperation mit Unternehmerin Lena Gercke. Nun soll der Erfolg unter dem Dach der Einheit "Laybels" fließbandartig wiederholt werden: Acht bis zwölf Kooperationen sind pro Jahr geplant. Wir erklären, wie das Playbook funktioniert – und wo die Tücken liegen.
Es sind Namen, die jede Hollywood-Party aufwerten würden: Bella Hadid, Katy Perry, Emma Roberts, Millie Bobby Brown oder Kendall Jenner. Doch wenn Tarek Müller über die Kooperationen mit den Künstlerinnen spricht, klingt er eher verhalten. "Hätten wir gewusst, was auf uns zukommt krisentechnisch, hätten wir den einen oder anderen Vertrag nicht unterschrieben", sagte der Gründer und CEO des Online-Modehändlers About You zuletzt im OMR Podcast.
Es ist noch gar nicht so lange her, da boomte das Geschäft von About You genauso wie der E-Commerce insgesamt boomte. So viele Top-Stars aus dieser Preisklasse – das sollte dabei helfen, den Modehändler schnell nach dem Start in einem Land wie den USA bekannt zu machen. Dumm nur, dass die US-Expansion vorerst abgeblasen wurde, weil Zinswende und Inflation dazwischen kamen.
Wird Laybels das neue Scayle?
Abbruch statt Aufbruch – ganz so ist es dann aber doch nicht. Denn auch wenn man bei About You inzwischen speziell auch im Marketing einen drastischen Sparkurs fährt und bei solchen großen Kooperationen eher auf der Bremse steht, glaubt man intern weiterhin stark an die Chancen in diesem Bereich und baut diesen unter dem Dach des Bereichs "Laybels" sogar weiter aus.
Öffentlich war im Zusammenhang mit About You zuletzt häufig von Scayle die Rede, jener Geschäftseinheit, in der About You die eigene Tech-Infrastruktur an andere lizensiert. Unternehmen wie Deichmann können über Scayle zum Beispiel ihren Online-Shop betreiben. About You ist in diesem Fall eher Dienstleister. Ähnlich soll es auch bei der anderen "AY"-Einheit laufen: Laybels. Anders als Scayle ist Laybels nicht in eine eigene GmbH ausgegründet worden – perspektivisch ist dies aber durchaus denkbar.
120 Marken und eine geölte Maschinerie
"Wir bauen gemeinsam mit Creatorn und anderen Celebrities Marken auf", beschreibt Julian Jansen von About You die Idee hinter Laybels. Jedes Jahr boarde man dazu acht bis zwölf neue Influencer und Celebrities an. Das bedeutet: Gemeinsam mit den Prominenten entwickelt About You individuelle Kollektionen, die unter der Marke der Person dann auf den Markt gebracht werden. "A lot less" heißt so eine Marke zum Beispiel, entwickelt mit Musikerin Lena Meyer-Landrut. Andere, wie Fußball-Nationalspieler Kevin Trapp, vermarkten die Mode-Kollektion einfach unter eigenem Namen.
Neu ist die Idee nicht, die Reichweite von Influencern und Prominenten zu nutzen, um neue Produkte zu lancieren nicht. Auch About You arbeitet seit Jahren für solche Projekte mit Promis zusammen. Doch was als eine Art Experiment begann, ist inzwischen zu einer geölten Maschinerie ausgebaut worden. Rund 100 Mitarbeitende von About You arbeiten inzwischen für den Bereich Laybels, 120 Marken dieser Art gibt es aktuell bei About You, 41 davon werden noch aktiv gemanagt.
Von GNTM zu About You
Angefangen hat dabei alles mit einer Idee. Julian Jansen, der Laybels heute verantwortet, war damals noch Redaktionsleiter bei der Fernsehsendung "Germanys Next Top-Model" (GNTM). Jansen sieht, wie die Kandidatinnen aus der Sendung innerhalb kürzester Zeit große Reichweiten bei Facebook aufbauen. Kann man die nicht irgendwie monetarisieren? "Damals habe ich gedacht, dass man den Kandidatinnen eigentlich eigene Fashion-Shops geben müsste, die sie von ihren Facebook Accounts aus verlinken", sagt Julian Jansen.
2014 gründet Jansen gemeinsam mit einem Freund "You&Idol". Die beiden kommen mit Tarek Müller in Kontakt – und schlüpfen mit ihrer Idee dann unter das Dach des damals gerade im Aufbau begriffenen About You. Es ist, im Prinzip, das Fundament auf dem heute Laybels aufgebaut wird, wobei sich das Konzept seitdem grundlegend verändert hat. Und das hat viel mit der Gewinnerin der ersten Staffel von "Germanys Next Top-Model" zu tun.
Lena Gercke wollte mehr als ein Gesicht sein
"Lena Gercke war damals die erste, die gerne eine eigene Modemarke aufbauen wollte", sagt Julian Jansen. Sie habe nicht nur das Gesicht von irgendeiner Linie sein wollen, hat die Unternehmerin ihren Widerwillen gegen eine reine Kooperation mal im OMR Podcast beschrieben. "Das war der Startschuss für unsere Personal Brands", sagt Julian Jansen. Inzwischen gibt es LeGer, wie die Marke heißt, nicht nur bei About You, sondern beispielsweise auch bei Konkurrent Zalando.
Es ist ein Playbook, das man auch bei anderen Influencern und Prominenten anwenden will: "In den ersten Jahren setzen wir auf die Exklusivität bei About You, danach bieten wir einige Personal Brands auch bei weiteren Online- und Offline-Modehändlern an, um strategisch mit der Marke zu wachsen", sagt Julian Jansen. Im Februar haben die Hamburger nun auch gemeinsam mit Modedesigner Guido Maria Kretschmer eine GmbH gegründet – die Guido Maria Kretschmer Ajour GmbH. Kretschmer hält daran die Mehrheit, About You ist mit 19,9 Prozent beteiligt, während das Verhältnis bei LeGer noch 60/40 ist.
Artikel-Mix als Erfolgsrezept
Bei den Kollektionen arbeiten die Influencer und Prominenten eng mit den About-You-Expert*innen zusammen, denn natürlich sollen die Kollektionen die Person und ihre Ideen widerspiegeln, sich am Ende aber auch verkaufen. "Wir setzen bei den Produkten der Personal Brands auf einen Mix aus Artikeln", sagt Julian Jansen. Ein Teil entsteht dabei aus einer Tool-Box; Standard-Produkte wie T-Shirts oder Pullover, bei denen sich alle sicher sein können, dass sie auch zu 100 Prozent verkauft werden können.
20 Prozent der Produkte für eine Kollektion dürften allerdings auch wirklich speziell sein, sagt Julian Jansen: "Die Fake-Lammfell-Jacke für 500 Euro verkauft sich dann vielleicht nicht am besten in der Kollektion, hilft aber am Ende dabei, die Marke aufzubauen." Von Schuhen bis Jacken sind generell zwar alle Produkte möglich. Doch natürlich wissen sie bei About You auch, wie eine Kollektion zusammengesetzt sein muss, um am Ende auch profitabel zu sein. Heißt zum Beispiel: Unterwäsche und Bikinis kann man zwar auf den Markt bringen, die Kategorien gelten jedoch auch als sehr retourenlastig.
Acht bis zwölf Partnerschaften pro Jahr
Jede Kooperation ist dabei zunächst als eine Art Experiment angelegt. Acht bis zwölf Partnerschaften startet About You jedes Jahr, an den Netto-Umsätzen der Marken werden die Influencer und Prominenten dabei mit sechs bis acht Prozent beteiligt. Doch wie bei einem Startup-Investor werden nicht alle Firmen im Portfolio am Ende auch zum Hit. Wenn bereits in der ersten Saison nicht ausreichend Umsätze erzielt werden – die Rede ist von etwa 300.000 bis 600.000 Euro netto, also nach Retouren –, rückt die zweite Saison in weite Ferne. Etwa jede zweite neue Marke wird am Ende auch wieder eingestellt, heißt es.
Es ist das große Problem beim Thema Social Commerce: Die Idee, große Reichweiten zu nutzen, um damit Marken aufzubauen, klingt so einfach wie genial – bei einer Firma wie der Social Chain AG wurde daraus ja sogar am Ende eine große Börsenstory gestrickt. In der Realität ist die Umsetzung aber doch extrem schwierig, wie nicht zuletzt die Pleite der Firma der fernsehbekannten Unternehmer Georg Kofler und Ralph Dümmel ("Die Höhle der Löwen") gezeigt hat.
Zalando setzt eher auf klassische Kooperationen
Bei Konkurrent Zalando setzt man daher auch weiter auf eher klassische Kooperationen mit Influencern und Creatorn – und auf eine Idee namens "Get the Look", die ein wenig an die "You&Idol"-Anfänge bei About You erinnert: Creator präsentieren den Nutzer*innen eigene Looks und Stile mit Artikeln aus dem Zalando-Sortiment, die diese dann direkt kaufen können. "Fast 20 Prozent der Kund*innen, die den Get-the-Look-Bereich nutzen, besuchen uns mindestens zwei Mal pro Woche und sehen sich eine zweistellige Anzahl an Outfits an", sagt ein Zalando-Sprecher.
Dass About You das Thema Laybels dennoch intensiv vorantreibt, hat einen einfachen Grund: Die Influencer und Prominenten sorgen aufgrund des eigenen Interesses am Erfolg der Marke nicht nur für quasi kostenlose Werbung über ihre Kanäle. Jede Kooperation bringt auch zuverlässig Neukund*innen, die vorher noch nicht bei About You gekauft haben. Neue Marken gleich neue Märkte – das soll die Erfolgsformel werden, um das Wachstum des Gesamtunternehmens mit voranzutreiben.
Hat Laybels die Formel für kostengünstiges Wachstum?
Denn sowohl die Zahl der Neukund*innen als auch die Umsätze sind zuletzt zwischen März und August deutlich schwächer gewachsen als verglichen mit früheren Jahren. About You ist nach Jahren des rasanten Wachstums – genau wie die gesamte E-Commerce-Branche – in die Krise geschlittert. Speziell die Marketingausgaben hat das Unternehmen daher zuletzt nahezu halbiert. Zwischen März und August hat About You nur noch rund 91 Millionen Euro für Marketing ausgegeben, im Vorjahreszeitraum waren es noch 173,1 Millionen Euro. Laybels dürfte auch der Versuch sein, mit begrenzten Mitteln viel zu erreichen.
Dass große Namen dabei nicht zwangsläufig Erfolg garantieren, kann man aktuell allerdings auf der Seite von About You sehen: Die Kollektion von US-Superstar Kendall Jenner wird dort gerade mit Rabatten abverkauft.