Wie „Klein aber“ aus Marken Youtube-Creator mit Millionen Views macht

Martin Gardt15.6.2020

Mit einem Case für Ebay Kleinanzeigen zeigt "Klein aber", wie das funktioniert

Die Gründer von Klein aber
Die "Klein aber"-Gründer Yannick Markworth, Hannah Kaiser und Simon Kaiser (v.l.)
Inhalt
  1. In die Welt der Community eintauchen
  2. Die Brand als Creator
  3. Ads aus den organischen Inhalten
  4. Die entscheidenden Kennzahlen

Youtube ist für viele Brands immer noch eine rätselhafte Plattform. Viele Unternehmen stecken viel Geld in Werbeanzeigen, gut laufende organische Kanäle bekommen aber nur die wenigsten hin. Das will die Hamburger Youtube-Agentur „Klein aber“ ändern. Mit der „Ebay Kleinanzeigen WG“ hat das Team mehr als 365.000 Abonnenten und über 122 Millionen Views generiert. Uns haben die Gründer erzählt, wie Brands zu Youtube-Creatorn werden können, welche Erfolgszahlen wirklich auf der Plattform zählen und wie organisches Wachstum auf Youtube überhaupt noch möglich ist.

„Yannik und ich hatten eine Filmproduktion, Hannah ist ausgebildete Moderatorin. Also haben wir gesagt: Lasst uns doch zusammentun und was auf Youtube probieren“, sagt Simon Kaiser gegenüber OMR. Gemeinsam mit seiner Frau Hannah Kaiser und Yannik Markworth führt er bis heute das Unternehmen „Klein aber“. „Wir haben uns gefragt: Was mögen wir gern? Die Antwort: Essen! Also sind wir Anfang 2014 mit unserem Kochkanal ‘Klein aber lecker’ gestartet.“ So entsteht das erste Youtube-Format der drei Freunde. Nach einem Jahr hat der Kanal nicht mehr als 1.000 Abonnenten. „Im ersten Jahr haben wir alle möglichen Fehler gemacht, aber auch viel gelernt“, erzählt Simon.

Kurze Zeit später geht ein erfolgreicherer neuer Kanal an den Start und wenig später fragen die ersten Brands nach Video-Unterstützung. So entsteht eine Mischung aus Content-Netzwerk mit eigenen Formaten und Youtube-Agentur mit Brand-Kanälen. Aus „Klein aber“ wird ein Unternehmen mit 40 Leuten und einem siebenstelligen Jahresumsatz – vor allem dank einer speziellen Herangehensweise, Youtube-Kanäle für Marken zu bespielen.

In die Welt der Community eintauchen

Mit einem Blick auf Co-Gründerin Hannah Kaiser lässt sich das Prinzip von „Klein aber“ wohl am besten erklären. Im Mai 2015 startet sie zusätzlich zum erwähnten Kochkanal ein weiteres Format: „Eines der Learnings aus dem ersten Jahr: Wir wollten persönlicher werden. Das kommt einfach besser auf Youtube an. Im Mai 2015 ging dann ‘Klein aber Hannah’ an den Start. Der hatte nach einem Jahr 100.000 Abonnenten“, sagt Hannah Kaiser. Der Kanal erinnert an andere Youtuber wie Bibisbeautypalace oder Dagi Bee – in den Videos spricht Hannah über ihre Beziehung, Germanys Next Topmodel oder Werbeideale. Immer wieder tauchen auch andere Youtuber in den Videos auf. So schafft es „Klein aber Hannah“ auf heute über 320.000 Abonnenten.

Das Erfolgsprinzip des eigenen Kanals überträgt das Team in der Folge auf seine Brand-Kanäle. „Der wichtigste Faktor, um heute noch auf Youtube organisch zu wachsen, ist, Teil der Creator-Community zu werden“, sagt Simon Kaiser. „Youtube ist ein einziger Remix. Creator zitieren sich gegenseitig, besprechen verschiedene Themen in mehreren Videos. Auch Marken können solche Trends aufgreifen und sich positionieren.“ Das hätten viele Unternehmen aber bis heute nicht verstanden, so Kaiser: „Viele produzieren einfach Videos, laden sie auf die Plattform und packen Werbebudget dahinter. Das funktioniert auf Youtube nicht.“

Die Brand als Creator

Wie es anders geht, will „Klein aber“ vor allem mit seinem Erfolgskanal „Ebay-Kleinanzeigen-WG“ beweisen. „Wir haben bei einem Casting um deren Youtube-Format gewonnen und dadurch 2017 20 Leute eingestellt“, sagt Gründer Simon Kaiser. Die Idee: In einer Art Soap treffen drei Youtuber (darunter Hannah Kaiser) aufeinander, erleben typische WG-Irrungen und -Wirrungen und etablieren immer wieder, dass sie zum Beispiel ein Fahrrad nicht neu kaufen müssen, sondern das auf Ebay Kleinanzeigen shoppen. „Wir treten gemeinsam mit der Brand wie andere Youtuber auf: Die WG ist ein Set, in dem ich ein Zimmer habe. In dem Zimmer mache ich dann auch die ‘Klein aber Hannah’-Videos“, so Hannah Kaiser. „Bei der Community verschwimmen dann Realität und Fiktion auch gern mal. Nach einer Lovestory wurden ich und meine Co-Youtube-WG-Bewohner auch schonmal richtig emotional angesprochen.“

Diese Herangehensweise bringt dem „Ebay-Kleinanzeigen-WG“-Kanal bis heute 365.000 Abonnenten. Abonnenten und Views der Videos (meist über 400.000 pro Clip) seien größtenteils organisch gewachsen; die über 122 Millionen Gesamt-Views zu 61 Prozent organisch. Die Zielgruppe sind vor allem junge Nutzer, die Ebay Kleinanzeigen stärker auf dem Zettel haben sollen – dementsprechend ist der Content vielleicht etwas zu hibbelig und trashig für ü30-Zuschauer. „Wir optimieren bei der Ebay-Kleinanzeigen-WG stark darauf, dass die Nutzer immer direkt das nächste Video schauen möchten – so ein bisschen wie Netflix“, sagt Simon Kaiser. Und wie bei „Klein aber Hannah“ tauchen auch hier immer wieder andere Youtuber als Gäste auf – und bringen so eine neue Zielgruppe mit. Mittlerweile profitieren sie aber auch von den Auftritten: „Zu Beginn ist der Ebay-Kleinanzeigen-Kanal durch die beteiligten Youtuber gewachsen. Jetzt bringt er manchmal Creatorn, die zu Gast sind, viele neue Abonnenten“, sagt Hannah Kaiser.

Das Prinzip der Ebay-Kleinanzeigen-WG versucht „Klein aber“ mittlerweile mit anderen Kanälen zu skalieren. Das Team produziert für Sony das Video-Magazin „Inside Playstation“ (270.000 Abonnenten) und für Vorwerk „Einfach Thermomix“ (92.700 Abonnenten), einen Kanal rund um die Küchenmaschine mit Rezepten und Tipps. Auch hier taucht Hannah Kaiser in vielen Videos auf. „Wir versuchen unsere Brand-Kanäle auf organisches Wachstum auszurichten. Der für PlayStation ist zu einem Großteil organisch gewachsen, der Thermomix-Kanal komplett ohne Ads“, sagt Simon Kaiser. Beide Formate passen von ihrer Machart her genau in die Youtube-Welt: Das Playstation-Magazin als Gamer-Kanal und für Thermomix eine Kochshow mit gleichbleibenden Protagonisten. Neben den genannten Brands hat „Klein aber“ auch schon für Zalando, Rewe, das ZDF, Vattenfall und Dr. Oetker Kanäle erstellt und betreut.

Ads aus den organischen Inhalten

Wenn wir von „größtenteils“ organischen Views für die Brand-Kanäle sprechen, heißt das natürlich auch, dass Marken wie Ebay Kleinanzeigen für ihre Kanäle auch Ads schalten. Auch hier setzt „Klein aber“ voll darauf, dass der Content auch als Werbung gut ankommt. „Wir schalten ganze Folgen aus der WG als Ads. Wir haben gemerkt, dass die Episoden, die organisch gut funktionieren, auch als Werbung gut laufen“, so Gründer Simon Kaiser. „Wenn wir Videos aus der Ebay-Kleinanzeigen-WG als Werbung bei Youtube schalten, führt das bei den Zuschauern oft zu einem ‚Binge-Effekt‘, sodass sie sich auch weitere Videos der Reihe ansehen.“ Deshalb führten die Video-Ads oftmals nicht nur zu weiteren Views, sondern auch immer neuen Abonnenten für das Ebay-Kleinanzeigen-Format.

Besonders bei Pre-Roll-Ads auf Youtube entscheiden die ersten fünf Sekunden, ob Nutzer sich die Werbung länger anschauen oder sie überspringen, um zu ihrem gewünschten Clip zu kommen. Trotzdem ändere das „Klein aber“-Team deshalb nichts bei der Erstellung der Videos, die ja gleichzeitig als Anzeige laufen. Auch organisch seien schließlich die ersten Sekunden entscheidend, ob ein Zuschauer dran bleibt. Und auch so wolle das Team immer neue Nutzer abholen. „Für uns gilt als eine Grundlage von Youtube: Jede Folge sollte für eine komplett neue Zielgruppe gemacht sein und auch für jemanden funktionieren, der das Format noch nie gesehen hat.“

Die entscheidenden Kennzahlen

Aber worauf sollten Marken denn nun wirklich schauen, wenn sie ihren Youtube-Erfolg messen wollen? „Viele Brands fragen nach Aufrufen, Abonnenten und Klicks. Es ist okay, auf solche Zahlen zu schauen, aber es ist wichtiger, einen Schritt tiefer zu gehen. Aus unserer Sicht ist ‚Time with Brand‘ die wertvollste KPI“, sagt Simon Kaiser. Und diese Zeit, die Nutzer mit der Marke verbringen, sei nie größer, als wenn Marken es schaffen würden, zu Creatorn im Youtube-Kosmos zu werden. „Communitys bilden sich um gemeinsame Wertvorstellungen. Auch Marken müssen klar Position auf Youtube beziehen und können so viele Leute ansprechen“, so der „Klein aber“-Gründer. „Ein weiterer Faktor ist natürlich die Analyse von Daten. Wann steigen die Leute aus, welcher Thumbnail liefert die beste Click-Through-Rate?“

Insgesamt brauche es aber einfach Zeit, um seine Brand in der Creator-Welt zu etablieren. „Du musst mit der Zielgruppe gemeinsam das Format entwickeln und auch auf Fragen und Wünsche der Community eingehen“, sagt Kaiser. Er glaube fest daran, dass die Kombination aus einem organisch funktionierendem Format aus dem heraus die Marke dann Ads schalten könne, am besten für Youtube geeignet sei. Deshalb werde man in Zukunft noch viel mehr solcher Brand-Accounts sehen. „Klein aber“ hofft, die meisten davon selbst ins Leben zu rufen.

YoutubeYoutube Marketing
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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