Horst Rahe erfand die AIDA – vom Aufstieg der Kreuzfahrten profitierte er aber nicht

Florian Rinke10.9.2025

Im OMR Podcast spricht der Geschäftsführende Gesellschafter der Deutschen Seereederei über seine bewegte Karriere.

Unternehmer Horst Rahe (rechts) besuchte OMR-Gründer Philipp Westermeyer im Hamburger Studio
Unternehmer Horst Rahe (rechts) besuchte OMR-Gründer Philipp Westermeyer im Hamburger Studio. Foto: OMR
Inhalt
  1. 2500 DM Gehalt und einen Opel Kadett
  2. AIDA bietet Kreuzfahrten für Jedermann

Über Umwege ist Horst Rahe in der Schifffahrt gelandet – und hat mit der Deutschen Seereederei erst einen Traditionsbetrieb der DDR übernommen und dann versucht zu sanieren. Seine Idee: Kreuzfahrten für Jedermann. Mit der Aida hat Rahe den heutigen deutschen Marktführer im Kreuzfahrt-Bereich aufgebaut. Doch vom späteren Erfolg konnte er nicht profitieren. Im OMR Podcast erzählt er, wie es dazu kam.

Wenn man den Namen Deutsche Seereederei hört, sollte man meinen, man wüsste, womit das Unternehmen sein Geld verdient. Aber zu Horst Rahes Firmenreich gehören keine Schiffe. Zumindest nicht mehr. Der 86-Jährige setzt auf Hotels, auf Immobilienprojekte – und auf ein Zukunftslabor, in dem er gerade an einer neuen Idee tüftelt, die laut eigener Aussage das Potenzial hat, ein Unicorn zu werden.

Horst Rahe hat sich nach oben gekämpft – ohne dabei zu vergessen, dass es auch mal anders war. Im OMR Podcast erzählt der heute 86-Jährige von den Jahren nach dem Krieg. Als er 1946 eingeschult wird, sind die Fensteröffnungen mit Pappen abgedeckt. Es war so kalt, dass Horst Rahe damals über den Maschsee in Hannover mit Schlittschuhen zur Schule fahren konnte. "Im Winter musste jeder ein Brikett morgens mitbringen, sonst fiel der Unterricht aus", sagt er. Sein Vater war Ingenieur, damit gehörte die Familie Rahe eigentlich zum Mittelstand. Aber was heißt das schon im Nachkriegsdeutschland? "Damals ging es uns ja allen schlecht."

2500 DM Gehalt und einen Opel Kadett

Um Geld zu verdienen, arbeitete er schon zu Schulzeiten bei Bosch in der Frühschicht. Später reinigte er Silos im Hafen, verdiente sich Geld als Barkeeper dazu und als Obstpflücker in Schweden. Weil den Eltern das Geld fehlte, musste Horst Rahe das Studium selbst finanzieren, er schaffte den Abschluss zum Diplom-Kaufmann nach acht Semestern, und begann seine Karriere in der Wirtschaft. Als in dem Immobilienunternehmen, wo er anschließend arbeitete, ein neuer Finanzchef gesucht wurde und ein Bewerber 5000 DM und einen Mercedes als Dienstwagen verlangte, bot er seinem Chef an, den Job für die Hälfte zu erledigen – "und einen Opel Kadett".

Ins Risiko zu gehen, Chancen zu sehen und zu ergreifen; das zieht sich wie ein roter Faden durch das Berufsleben von Horst Rahe. Schnell steigt er in der Immobilienfirma auf, beginnt dann mit dem Vertrieb von Finanzprodukten, bevor er schließlich nach dem Ende der DDR gemeinsam mit einem Partner den einstigen Traditionsbetrieb Deutsche Seereederei übernimmt. Das Staatsunternehmen soll, wie so viele andere ostdeutsche Betriebe, privatisiert werden – und Horst Rahe schlägt zu. Neben einem harten Sanierungskurs entwickelt er neue Konzepte für das marode Unternehmen. Eins davon ist der Einstieg ins Kreuzfahrtgeschäft, das Rahe mit einem modernen Schiff für Jedermann zugänglich machen will. Der Name des Projekts: Aida.

AIDA bietet Kreuzfahrten für Jedermann

Bis dahin waren Kreuzfahrten ein Privileg der wohlhabenden Schichten. Salopp gesagt: Beim Abendessen wurde Smoking getragen, auf dem Oberdeck konnte man Tontaubenschießen und jedem livrierten Bediensteten steckte man ein Trinkgeld zu. Horst Rahe änderte das. Angeblich ließ er sogar vor dem Bau der Aida Umfragen durchführen, in denen die Menschen gefragt wurden, ob sie lieber Wiener Würstchen vom Kellner serviert bekommen wollen oder sich einen Hummer am Buffet selbst holen? Angeblich waren solche Umfragen die Basis für das Konzept des “schlanken Luxus”. 

Doch als die erste Aida 1996 startet, sieht zunächst alles nach einem Fehlstart aus. Das Schiff ist nur zu 20 Prozent ausgelastet. Was tun? Horst Rahe entscheidet sich für eine Kooperation mit der Boulevard-Zeitung Bild. Bei einer Telefonaktion wurden vergünstigte Tickets angeboten. "Und da haben wir innerhalb von diesen drei, vier Stunden das Chip vollgekriegt", sagt Horst Rahe.

Ein langanhaltender Erfolg wird die Aida für ihn trotzdem nicht. Denn Rahe muss die Deutsche Seereederei entschulden, weil damals viele Sparten nicht gut liefen. Als verkauft er die AIDA an den Konkurrenten Norwegian Cruise Line verkauft. Der Kaufpreis von 325 Millionen Mark hat die Baukosten und die angelaufenen Verluste gedeckt, immerhin. Für mehr fehlte der Deutschen Seereederei damals der finanzielle Atem. Heute eilt die Aida, die inzwischen zum US-Konzern Carnival gehört, von Rekordjahr zu Rekordjahr. Horst Rahe hat sich hingegen anderen Projekten zugewendet – und die haben viel mit einer App zu tun, in die der 86-Jährige bereits 15 Millionen Euro investiert hat.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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