Wacken-Gründer Holger Hübner: "Festivals in Deutschland sind viel zu günstig"

W:O:A ist vom Festival zur Brand geworden. Im OMR Podcast spricht Holger Hübner über Entstehung, Weiterentwicklung und Potenzial der Marke Wacken

Inhalt
  1. Warum Festivals in Deutschland zu billig sind
  2. Wacken-Publikum wird älter – und solventer
  3. Sponsoren müssen Mehrwert fürs W:O:A-Publikum liefern

Ende Juli startet Deutschlands wohl außergewöhnlichstes Musikfestival. Für ein paar Tage wird ein Acker in Schleswig-Holstein zum "Holy Ground" für 85.000 Heavy-Metal-Fans. Was vor mehr als 40 Jahren als Kneipenwitz begann, ist heute ein Business mit zweistelligem Millionenumsatz, Spin-Off-Events und eigener Themen-Kreuzfahrt. Im OMR Podcast erzählt Wacken-Mitgründer Holger Hübner irre Anekdoten aus den Anfangsjahren, berichtet vom rasanten Wachstum seit den 90ern, von existenziellen Krisen und seinen Plänen für die Zukunft des W.O.A. 

Die Bier-Pipeline – wohl nichts bringt so sehr auf den Punkt, wie anders das Wacken Open Air (von Veranstaltern und Fans gerne W:O:A abgekürzt) als andere Festivals ist. Als die Ausrichter vor einigen Jahren unterirdische Leitungen für Bier (aber auch Strom und Daten) verlegt haben, schafften sie es damit bis in die "New York Times". Die bedeutendste Tageszeitung der Welt machte die Bier-Pipeline zur "guten Nachricht des Tages" und mehrte ein kleines bisschen dem Fame des Festivals, das inzwischen Fans aus  90 Ländern ins norddeutsche Nirgendwo lockt.

Die Geschichte von Wacken ist oft erzählt worden. Nicht zuletzt der Film "Full Metal Village" aus dem Jahr 2006 hat den ganzen Irrsinn, der da einmal im Jahr auf dem Acker des Dorfes Wacken stattfindet, bis in die Mainstream getragen. Selbst keine Ahnung von Heavy Metal hat, weiß doch, dass Wacken irgendwie Kult und Teil der Popkultur geworden ist. Und im OMR Podcast widerspricht Hübner nicht dem alten Witz, Deutschland stünde still, wenn bei Wacken mal ein Unglück passiert, weil IT-Admins bekanntermaßen alle Metal hören und darum das Festivalgelände gewissermaßen zu kritischer Infrastruktur machen. 

Warum Festivals in Deutschland zu billig sind

So ganz scheint das nicht zu stimmen, wie im vergangenen Jahr zu erleben war. Da machte Dauerregen das Gelände nahezu unpassierbar. Ein IT-Blackout blieb zwar aus, aber die Wacken-Macher*innen mussten 20.000 noch nicht angereiste Fans bitten, zuhause zu bleiben. Der Wirtschaftliche Schaden war immens. Und natürlich folgte ein Shitstorm – aber auch viel Verständnis. Und der Umstand, dass wenige Stunden nach dem Vorverkaufsstart für Wacken 2024 kein Ticket mehr zu kriegen war, zeigt, dass die Zugkraft des Events ungebrochen ist.    

Sensibler reagieren die Besucher*innen ohnehin auf teurere Ticketprise. Bereits 2023 kosteten die Festival-Pässe 60 Euro mehr. Im Jahr 2024 kamen noch einmal 34 Euro oben drauf auf nunmehr 333 Euro. Dennoch sagt Hübner: "Festivals in Deutschland sind viel zu günstig." In Großbritannien und Skandinavien würden Tickets, aber auch Getränke und Essen vor Ort deutlich mehr kosten. Zum Problem würde das deutsche Preisniveau, weil Gagen für Bands seit der Covid-Pandemie deutlich angezogen hätten, während die Nachfrage eher zurückgegangen sei.

Wacken-Publikum wird älter – und solventer

Zumindest von letzterem blieb das W:O:A verschont. Doch die ganz großen Namen wie AC/DC oder Metallica seien mit Gagen von einer Million Euro oder mehr nicht zu finanzieren. Müssen Sie vielleicht auch nicht. "Wir waren nie ein Headliner-Festival", sagt Hübner, sondern immer "gute Mittelklasse". Zudem spiele die Zeit für sie. "Rammstein" habe damals unbedingt in Wacken spielen wollen und sei ihnen beim Honorar entgegen gekommen. Angekündigt wurde die Band trotzdem erst, nachdem das Festival bereits ausverkauft war.

Ein weiterer Faktor, der den Wacken-Machern in die Karten spielt ist Zeit. Denn irgendwann würde vielleicht auch mal Metallica bezahlbar. Das perfekte Publikum für Band, die seit Jahrzehnten im Geschäft sind, hat Wacken auf jeden Fall. Wobei das zugleich ein Problem ist: Metal hat seinen Zenit überschritten. Sowohl Bands als auch das Publikum wachsen nur langsam nach. Die W:O:A-Macher versuchen das zu adressieren, indem sie eine junge Audience mit speziellen Angeboten wie Gaming locken. 

Sponsoren müssen Mehrwert fürs W:O:A-Publikum liefern

Zugleich bietet die reifer gewordene Kundschaft auch geschäftliches Potenzial. "Die Alten sagen, wir haben kein Bock im Matsch rumzuliegen", so Hübner. Für sie bietet Wacken inzwischen "Glamping" an. Das heißt hier nicht Pool und Himmelbett, aber doch eine komfortablere Unterkunft und kurze Wege zu den Bühnen. 

Außerdem spricht Hübner im OMR Podcast über die Gründe, warum sich die Wacken-Macher entschieden haben, 2019 Anteile an den US-Festival-Aggregator Superstruct zu verkaufen, der sich wiederum seit Kurzem mehrheitlich im Besitz des Finanzinvestors KKR befindet – der Deal wurde nach der Aufnahme publik. Der Wacken-Gründer erklärt, welche Ansprüche er an Sponsoren des Festivals stellt. Und welche Nebengeschäfte er sich unter der Festival-Marke über das Kreuzfahrgeschäft hinaus vorstellt. 

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Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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