Warum die Henkel-Familie für den Zusammenhalt sogar auf eine eigene Zeitschrift setzt

Florian Rinke5.11.2023

Die Chefaufseherin Simone Bagel-Trah über ihren Aufstieg beim Dax-Konzern

Henkel-Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah und Philipp Westermeyer
Henkel-Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah und OMR-Gründer Philipp Westermeyer trafen sich in der Düsseldorfer Henkel-Zentrale zur Podcast-Aufnahme. Foto: Rikkert Aussems

Es gibt nur wenige Dax-Konzerne in Deutschland, bei denen die Spanne der Themen für einen Aufsichtsratschef bzw. -chefin so groß ist. Mit Marken wie Persil, Pritt oder Schwarzkopf ist Henkel extrem stark im Konsumgütergeschäft, gleichzeitig machen die Düsseldorfer Milliardenumsätze mit Industrieklebstoffen, die ebenso in Autos wie Smartphones Verwendung finden. Im OMR Podcast verrät Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah, wieso sie diese Vielfalt sinnvoll findet und wie die Henkel-Erb*innen mit Events und eigener Zeitschrift ihren Zusammenhalt stärken.

Um die Evolution des Waschmittels zu verstehen, muss man sich im Grunde nur die Themen anschauen, mit denen sich die Familie Henkel befasst. Als Fritz Henkel seine ersten Waschmittel auf den Markt brachte, waren diese teilweise so aggressiv, dass sie sogar Löcher in die Kleidung machten. Doch Henkel gab nicht auf, entwickelte weiter und erschuf ab 1907 mit Persil eine der bekanntesten deutschen Marken. Heute führt seine Ururenkelin den inzwischen an der Börse rund 30 Milliarden Euro schweren Konzern als Aufsichtsratschefin. Doch wenn Simone Bagel-Trah über Waschmittel spricht, dann geht es längst nicht mehr nur um die Reinheit der Kleidung, sondern beispielsweise auch um stinkende Waschmaschinen.

Im Grunde wasche jedes Waschmittel irgendwie sauber, sagt Simone Bagel-Trah. Dennoch gibt es Möglichkeiten, sich von anderen Anbietern zu differenzieren. Henkel habe inzwischen eine Innovation auf den Markt gebracht, durch die Waschmaschinen beim Waschen sauberer gehalten werden. Denn oft entstünden beim Waschen Gerüchte durch mikrobiologische Ablagerungen, sagt Simone Bagel-Trah. Henkel setzt daher auf Enzyme. "Das Bereitstellen von besonderen Enzymen, die ganz speziell diese oder jene Flecken weg knabbern, ist jedes Mal ein Mehrwert", sagt Simone Bagel-Trah und man hört der promovierten Biologin an, dass sie nicht nur Werbebotschaften der hauseigenen Marketingabteilung wiedergibt.

Erste Frau an der Spitze eines Dax-Aufsichtsrats

Seit rund 14 Jahren steht sie nun schon an der Spitze des Düsseldorfer Großkonzerns, dessen Produkte in Deutschland fast jeder kennt. Mit Marken wie Persil, Pritt oder Schwarzkopf ist Henkel sehr stark im Konsumgütergeschäft. Gleichzeitig macht das Unternehmen rund die Hälfte des Jahresumsatzes von etwa 22 Milliarden Euro mit Industrieklebstoffen und Co. im Bereich Adhesive Technologies. Henkel-Produkte stecken nicht nur in Pulver- oder Flüssigform in vielen Waschmaschinen, sondern eben auch in Form von Klebstoffen in Autos oder Smartphones.

Als Simone Bagel-Trah den Posten der Chefaufseherin bei diesem so breit aufgestellten Konzern übernimmt, ist das für die deutsche Wirtschaftspresse eine Sensation. Sie ist damals mit 40 Jahren nicht nur die jüngste Person an der Spitze eines deutschen Aufsichtsrats, sie ist auch die erste Frau. Das Missverhältnis Mann/Frau ist heute nicht mehr ganz so eklatant wie damals, dennoch wünscht sich auch Simone Bagel-Trah, dass noch mehr passiert – auch bei den Rahmenbedingungen: "Es reicht nicht, wenn ein Unternehmen sagt, wir fördern jetzt Frauen in Führungspositionen, die Gesellschaft aber dann vielleicht keine Kindergärten bereitstellt, damit eine Frau – denn nach wie vor ist es eben oft das Rollenmodell – sich die Zeit nehmen kann, zu sagen: Ich geh jetzt arbeiten und mein Kind ist trotzdem gut versorgt."

Henkel-Familie: Mehr als 200 Erb*innen, ein Ziel

Die heute 54-Jährige ist jedoch nicht nur für das Wohl des Unternehmens zuständig, sie kümmert sich gleichzeitig um den Zusammenhalt der Familie Henkel. Denn dort gibt es inzwischen verschiedene Familienstämme und rund 200 Nachfahr*innen mit teilweise ganz eigenen Interessen. Dass sich dennoch alle darauf geeinigt haben, bis mindestens 2033 bei Henkel mit einer Stimme bei aktienrechtlichen Abstimmungen zu sprechen, ist auch das Verdienst von Simone Bagel-Trah und einem kleinen Führungszirkel innerhalb der Henkel-Familie. Dafür trifft man sich regelmäßig, hat eine Art familieninternes Intranet und gibt sogar eine eigene Zeitschrift für die Familie heraus.

"Diese Family Governance muss natürlich auch mitwachsen, weil wir ständig größer werden, weil die Familie auch internationaler wird", sagt Simone Bagel-Trah im OMR Podcast: "Nicht jeder ist in Deutschland geboren und auch nicht jeder spricht in seiner ersten Sprache Deutsch und das dann. Dennoch ist mein Anspruch, möglichst alle irgendwie zu erreichen."

Im OMR Podcast verrät Simone Bagel-Trah außerdem, wieso sie sich Sorgen um den Standort Deutschland macht, wie sich Familienunternehmer untereinander austauschen und ob sie noch Kontakt zu Ex-Henkel- und inzwischen auch Ex-Adidas-CEO Kaspar Rorsted hat.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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