Heftig.co: Riesige Reichweite, aber ernüchternde Einnahmen?
- Wir haben nachgerechnet: Verdienen die Heftig-Macher derzeit höchstens vierstellig?
- Noch niedrigere Einnahmen wegen Fokus auf Mobile-Vermarktung?
- Eigene Inhalte führen zu höheren Kosten
Wir haben nachgerechnet: Verdienen die Heftig-Macher derzeit höchstens vierstellig?
Nachdem sie an die Öffentlichkeit gegangen sind, wollen die Macher von Heftig nun „ihr Angebot professionalisieren und Mitarbeiter einstellen“ – aber ist dazu langfristig das wirtschaftliche Potenzial vorhanden? Wir haben uns unter Online-Marketing-Experten umgehört, um schätzen zu können, wie viel Michael Glöß und Peter Schilling bisher monatlich mit ihrem Portal verdient haben könnten. Selbst bei wohlwollender Berechnung sind die Zahlen erstaunlich niedrig. Die Höhe der Einnahmen einer Website lassen sich anhand von zwei Faktoren berechnen: Die Zahl der monatlichen Seitenabrufe sowie der eTKP – der effektive Tausender-Kontakt-Preis, der besagt, wie hoch die Werbeeinahmen der Seitenbetreiber pro 1.000 Seitenabrufe sind.Zu den Besuchszahlen von Heftig ließen sich im Web zuletzt zwei Angaben finden: Der Statistikdienst SimilarWeb* schätzt die Zahl der Visits von Heftig.co im zurückliegenden April auf 9,2 Millionen. Die Betreiber selbst bezifferten noch bis vorgestern auf ihrer Seite für den gleichen Zeitraum die Zahl der Besuche auf 27,6 Millionen.
Noch niedrigere Einnahmen wegen Fokus auf Mobile-Vermarktung?
Die mögliche Höhe des eTKP lässt sich deutlich schwerer einschätzen. Eine genauere Analyse der Seite lässt jedoch einige Rückschlüsse zu. Zum einen findet sich aktuell auf Heftig.co keine Premium-Vermarktung. Die Betreiber verkaufen bisher die Werbeplätze auf der Seite nicht selbst, sondern lassen sich durch Google Adsense vermarkten. Googles Werbeprogramm vergütet jedoch nur auf Cost-per-Click-Basis – klickt kein Besucher auf die Werbung, nehmen die Seitenbetreiber nichts ein. Anders als Traffic von Google ist jener, der über Facebook und andere Social-Media-Plattformen auf eine Seite gespült wird, nicht vorqualifiziert. Es ist also im Vorhinein schwer einzuschätzen, wer vor dem Bildschirm sitzt, wenn eine Anzeige ausgespielt wird. Die Klickraten der Banner dürften also deutlich niedriger sein als auf etwa auf einer Website, die auf bestimmte Suchbegriffe hin optimiert ist. Zum anderen sind die Heftig-Macher mit der Werbung auf ihrer Seite bisher sehr zurückhaltend: Banner finden sich hauptsächlich auf der Mobile-Version der Seite. Im mobilen Internet sind die Werbepreise noch einmal deutlich niedriger.
Wir haben verschiedene Experten aus der Online-Marketing-Branche befragt (darunter auch ein Betreiber eines General-Interest-Humorportals) – die Schätzungen zum eTKP von Heftig rangierten zwischen drei und fünfzehn Cent. Treffen diese Schätzungen zu, verdienen die Heftig-Macher also deutlich weniger als einen halben Euro pro Tausend Seitenabrufe.
Wir haben zwei Szenarien durchgerechnet, einmal den (aus Sicht von Heftig) Worst und einmal den Best Case. Zunächst der Schlimmstfall:
9,2 Millionen Visits
Jeder Besucher ruft im Durchschnitt 1,5 Seiten auf (laut SimilarWeb)
– ergibt 13,8 Millionen Page Impressions
13.800 x 0,03 Euro eTKP
= 414 Euro Werbeeinahmen
Selbt der Best Case ist eher ernüchternd:
27,6 Millionen Visits
Jeder Besucher ruft im Durchschnitt 1,65 Seiten auf (laut Alexa)
– ergibt 45,5 Millionen Page Impressions
45.500 x 0,15 Euro eTKP
= 6825 Euro Werbeeinahmen
Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass bei Heftig.co nicht bei allen Seitenabrufen Werbung eingeblendet wird. Zudem sind die Kosten für Server und Domain sowie potenzielle Traffic-Kosten (wie sie beispielsweise durch Anzeigen bei Facebook entstehen könnten) noch nicht mit abgezogen.
Eigene Inhalte führen zu höheren Kosten
Ist also die Hoffnung der Macher, aus der riesigen Reichweite von Heftig in annähernd gleichem Maße Profit schlagen zu können, unberechtigt? Das ist schwer zu sagen. Eine Umstellung auf eine – aggressive – Eigenvermarktung könnte die Werbeeinnahmen sicherlich deutlich steigern. Mit Video-Advertising aus eigener Hand beispielsweise ließen sich deutlich höhere TKPs erzielen. Aggressivere Werbevermarktung könnte aber auf der Gegenseite das Nutzerwachstum ausbremsen. Und wenn die Macher wirklich wie angekündigt künftig Inhalte selbst produzieren wollen, werden ihre Kosten steigen.
Ebenfalls denkbar wäre ein Deal mit einem größeren Vermarktungshaus, das mit der hohen Reichweite von Heftig das eigene Portfolio aufhübschen möchte, ohne wirklich viel Geld damit verdienen zu wollen. Unbestätigten Gerüchten zufolge garantiert der Online-Vermarkter des größten deutschsprachigen Promiportals dessen Betreibern eine monatlichen Mindestumsatz von 250.000 Euro. Dieser Umsatz werde zwar nicht durch die Vermarktung erreicht – durch die hohe Reichweite des Portals rücke der Vermarkter jedoch im Reichweiten-Ranking der IVW nach oben.
Eine weitere Alternative für die Heftig-Macher könnte ein kompletter Verkauf sein – erste Verlage sollen schon Kontakt aufgenommen haben. Von der US-Website Viralnova, die den Heftig-Machern in vielerlei Hinsicht als Vorbild gedient haben dürfte, war Anfang des Jahres bekannt geworden, dass ihr Erfinder Scott DeLong einen Käufer sucht. Die Seite verzeichne mehr als 100 Millionen Visits pro Monat und erziele angeblich sechsstellige Umsätze im Monat, hieß es in einer Mail, die Business Insider öffentlich machte. „100% of revenue is from Google Adsense. Direct ad sales would dramatically increase revenues.“ Doch bis dato ist von einem erfolgreichen Deal nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
Anmerkung: Weil viel über die rechtliche Seite des Heftig-Modells diskutiert wird, haben wir für unseren Artikel ein urheberrechtlich geschütztes Bild verwendet, um selbst einmal Erfahrungen zu sammeln, was in solch einem Fall passieren kann. Die Lithographie des Bildes „The Expert“ von Carl Barks wurde übrigens 2010 von Heritage Auctions versteigert.
*Update vom 16.11.14: SimilarWeb verwendet für die Erstellung von Statistiken offenbar Daten, die das Unternehmen sowie Dritte ohne die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer über Browser-Erweiterungen erhoben hat.