Fortnite überholt: Das Roblox-Spiel eines 16-Jährigen ist aktuell der größte Gaming-Hype
Wie "Grow a Garden" 16,4 Millionen Spieler gleichzeitig auf die Plattform zog
- Bis zu zwei Drittel von Roblox spielt "Grow a Garden"
- Anreize, um immer wieder ins Spiel zurückzukehren
- 1,3 Millionen Tiktok-Clips zu "Grow a Garden"
- Sechsstellige Umsätze im Monat mit Roblox-Spielen
- Mehr als ein Drittel der "Grow a Garden"-Zocker*innen sind Kinder
- Verbergen sich auch Bots hinter den hohen Zahlen?
- Steht schon bald der nächste Rekord an?
Sähen, ernten und verkaufen, um mit den Einnahmen neue Samen, Nutztiere oder andere Gegenstände zu kaufen und so einen immer prächtigeren Garten heranzuziehen: Das Prinzip des Roblox-Spiels "Grow a Garden" ist einfach und auch nicht neu. Doch durch einige simple psychologische Tricks ist das ursprünglich von einem Teenager entwickelte Spiel zum „Farmville der Generation Alpha“ avanciert und hat gerade sogar einen Rekord von Fortnite gebrochen. OMR zeigt, was dahinter steckt.
"Der Bizzy-Bär hat eine brandneue Werkbank aufgebaut, an der du Materialien verwenden und ganz einfach die Belohnungen herstellen kannst, auf die du es abgesehen hast – und noch vieles mehr!" Wer diesen Satz nicht versteht, ist vielleicht kein Teenager mehr – oder zumindest kein heavy user der Spiel-Plattform Roblox (hier unser Explainer von 2019 zu Roblox). Denn genau auf der wurde vor Kurzem ein virtuelles Event mit genau diesem Satz beschrieben. Das Ziel: möglichst viele Menschen gleichzeitig ins Spiel "Grow a Garden" zu ziehen. Der Anreiz: "Entdecke das Working-Bee-Event – und schalte neue Samen, Haustiere, Features, die Erweiterung des Bienen-Events und vieles mehr frei!" Wer sich anmeldete, erhielt außerde, ein skurriles kostenloses Haustier: eine "Gekochte Eule".
Bis zu zwei Drittel von Roblox spielt "Grow a Garden"
Millionen Menschen haben sich davon anlocken lassen: Laut Tracking-Plattformen, die sich auf offizielle Roblox-Daten beziehen, waren während des "Working Bees"-Events zeitweise 16,4 Millionen Spieler*innen gleichzeitig aktiv – nicht nur ein neuer Rekord für Roblox, die gesamte Gaming-Welt. Der vorherige Rekordhalter Fortnite hatte im vergangenen November bei einem In-Game-Konzert mit Eminem und Snoop Dogg 14,3 Millionen Spieler*innen gleichzeitig angezogen.
Mit Blick auf "Grow a Garden" vielleicht noch beeindruckender: Während des Events spielte fast zwei Drittel der gesamten Roblox-Community (insgesamt 25 Millionen Nutzer*innen) ausschließlich das Gartenpflege-Spiel. Seit dem 25. März ist das Spiel auf Roblox verfügbar; in dieser Zeit hat es laut Roblox 8,5 Milliarden "Visits" angesammelt. Abseits der Peaks durch die Events liegt die Zahl der gleichzeitig aktiven Spieler*innen von "Grow a Garden" in der Regel zwischen einer und 2,5 Millionen. Auch mit diesen Zahlen liegt das Spiel aktuell vor "Fortnite".
Anreize, um immer wieder ins Spiel zurückzukehren
In der Gaming-Community sorgt der Hype um "Grow a Garden" auch für Kopfschütteln. Vor allem etablierte Gamer kritisieren das Spiel als zu simpel, eintönig und unoriginell. Einige machen sich sogar einen Spaß daraus, in Videos öffentlich darüber herzuziehen.
Doch gerade die Einfachheit des Spiels hat möglicherweise zum Erfolg beigetragen haben: Der Einstieg ist unkompliziert, Spieler*innen erleben schnell Erfolgserlebnisse. Außerdem profitiert "Grow a Garden" von seinem "Grow offline"-Prinzip: Während die Spieler*innen nicht im Spiel sind, wächst ihr Garten weiter – und liefert so einen psychologischen Anreiz, ins Spiel zurückzukehren, um die Entwicklung zu begutachten.
1,3 Millionen Tiktok-Clips zu "Grow a Garden"
Ein weiterer Erfolgsfaktor dürfte das regelmäßige Bereitstellen neuer Inhalte sein. Jeden Tag gibt es drei neue "Daily Quests" in "Grow a Garden", etwa Samen pflanzen, Früchte ernten oder eine bestimmte Summe der In-Game-Währung verdienen. Hinzu kommen regelmäßige Spezial-Events wie "Working Bees", die mit exklusiven Tieren und Pflanzen locken.
Diese konstant pulsierende Content-Pipeline dürfte mit ein Grund dafür sein, dass „Grow a Garden“ auch auf den digitalen Plattformen boomt. Auf Tiktok lassen sich bereits 1,3 Millionen Videos mit dem Hashtag #growagarden finden. Einige der Clips verzeichnen hohe siebenstellige Aufrufzahlen. Auf YouTube finden sich ebenfalls bereits 366.000 Videos und Shorts. Dass der Erfolg eines Spiels so stark auf Kurzvideos basiert, ist vergleichsweise. Bisher dominierten Streams auf Twitch und längere Videos auf YouTube die Gaming-Szene.
Sechsstellige Umsätze im Monat mit Roblox-Spielen
Nun scheint eine neue Generation zu übernehmen. "Grow a Garden" soll mehreren übereinstimmenden Medienberichten zufolge vom erst 16-jährigen Adrian entwickelt worden sein, der auf Roblox unter dem Pseudonym „BMWLux“ agiert (sein Nachname ist nicht öffentlich bekannt). Doch sein Erfolg ist nicht unumstritten: Mehrere Entwickler werfen ihm vor, konkurrierende Spiele durch mutmaßlich unberechtigte Urheberrechtsbeschwerden gesperrt und anschließend selbst kopiert zu haben.
Inzwischen arbeitet Adrian nicht mehr allein an "Grow a Garden": Die neuseeländische Firma Splitting Point, die angeblich 20 Entwickler*innen beschäftigt, hat sich früh an den Spiel beteiligt, als es noch "nur" 2.000 gleichzeitige Spieler*innen hatte. Hinter Splitting Point steht der 27-jährige Janzen "Jandel" Madsen, der bereits mehrere erfolgreiche Roblox-Titel im Portfolio hat und laut einem Business-Insider-Artikel von 2023 bereits zu diesem Zeitpunkt monatlich sechsstellige Umsätze mit der Plattform erwirtschaftet haben will.
Mehr als ein Drittel der "Grow a Garden"-Zocker*innen sind Kinder
Wie viel Geld "Grow a Garden" bisher eingebracht hat, wollte Madsen gegenüber US-Medien nicht offenlegen. Doch der Markt ist heiß: Die Embracer Group kaufte bereits 2022 das Roblox-Spiel "Welcome to Bloxburg" für kolportierte 100 Millionen US-Dollar. Anfang dieses Jahres wurde das noch beliebtere Spiel "Brookhaven" verkauft – mutmaßlich für einen noch höheren Betrag.
Roblox-Spiele wie "Grow a Garden" finanzieren sich primär darüber, dass all jene, die weniger Geduld und Zeit haben, virtuelle Gegenstände einfach kaufen. Bezahlt wird mit In-Game-Währungen, die jedoch mit echtem Geld erworben werden müssen. Eltern sollten daher in den kommenden Wochen im Blick behalten, was ihr Nachwuchs so am Rechner und Handy treibt und wofür er Geld ausgibt: Etwa 35 Prozent der Spieler*innen von "Grow a Garden" sind unter 13 Jahren alt, so Madsen gegenüber der New York Times.
Verbergen sich auch Bots hinter den hohen Zahlen?
Kritiker werfen dem Spiel weiterhin fragwürdige Praktiken vor. So wurden auch Vorwürfe laut, dass sich hinter den hohen Spieler*innenzahlen Bots verbergen. Analysten der Firma TD Cowen sollen daher kurzzeitig sogar den Verkauf von Roblox-Aktien empfohlen, später aber zurück gerudert haben: Der Traffic sei nicht fake. Vielleicht ist die Gemengelage bei "Grow a Garden" ja ähnlich wie bei dem vor einigen Jahren gehypten NFT-Game Axie Infinity: Das wurde von einer großen Zahl philippinischer User gespielt, die die von ihnen "hochgezüchteten" virtuellen NFT-Monster gewinnbringend weiterverkaufen wollten.
Auch rund um "Grow a Garden" ist eine kleine Subökonomie auf Ebay, dem Facebook Marketplace und diversen weiteren Plattformen entstanden. Teilweise werden dort einzelne In-Game-Artikel für niedrige dreistellige US-Dollar-Summen verkauft. Das ist deswegen ein wenig pikant, weil ein solcher Weiterverkauf von virtuellen Gegenständen laut Roblox AGB eigentlich verboten ist. Doch Möglicherweise stört sich Roblox nicht daran, weil "Grow a Garden" der Plattform eine enorme Nutzungsintensität und Aufmerksamkeit beschert. Als sich Janzen Mandel vor Kurzem bei X öffentlich über den aufgestellten Rekord gefreut hat, hat der offizielle Roblox-Account seinen Beitrag retweetet – mit drei Klatsch-Emojis.
Steht schon bald der nächste Rekord an?
Trotz der Kontroversen bleibt der Hype bestehen – und könnte schon bald erneut einen Höhepunkt erreichen: Das nächste große Event "Summer Season" startet in wenigen Tagen und verspricht, das bisher "größte Update" zu werden.