Hat Funke 20 Millionen Euro oder mehr für Heftig gezahlt?
Online Marketing Rockstars mit exklusiven Insights zum Deal
- Auf jeden Fall achtstelliger Preis
- Ist ein Earn-out-Element dabei?
- Erfolgreiche Vertikalisierung und Internationalisierung
- In Deutschland alleine auf weiter Flur
- Guter Deal für Funke?
- Facebook-Abhängigkeit bleibt gefährlich
- Mehrwert durch Know-how für Lokal-Boulevard-Portale?
- Keine Einigung mit Onefootball
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Die Funke Mediengruppe übernimmt die Mehrheit an der Media Partisans GmbH, Betreiber von heftig.co und weiteren Viralseiten. Der Kaufpreis wurde nicht bekannt gegeben. Online Marketing Rockstars hat deswegen bei mehreren M&A-erfahrenen Digitalexperten nachgefragt und exklusive Informationen und Einschätzungen erhalten. Viel ist es nicht, was Funke zur Mehrheitsübernahme der Media Partisans an harten Fakten hat verlauten lassen: Weder der Kaufpreis, noch die genaue Anteilsgröße werden in der offiziellen Pressemitteilung genannt. Auch im Handelsregister ist die neue Gesellschafterstruktur noch nicht nachlesbar.
„Ich schätze, dass der Kaufpreis zwischen 20 und 30 Millionen Euro gelegen hat“, so einer der befragten Deal-erfahrenen Branchenexperten, der anonym bleiben möchte, gegenüber Online Marketing Rockstars. Der Fachmann leitet sich diese Summe folgendermaßen her: „In der Regel nehmen Corporate-Finance-Berater Aufträge ab einer Provisionshöhe von einer Million Euro an.“ Für die Abwicklung der Übernahme von Media Partisans zeichnet die M&A-Beratung GP Bullhound verantwortlich. „Auf keinen Fall wird ein Unternehmen wie GP Bullhound unter 500.000 Euro aktiv; das ist nicht deren Geschäftsmodell“, so die Quelle.
Auf jeden Fall achtstelliger Preis
Bei der Vergütung von Corporate-Finance-Dienstleistern sei eine Vergütung zwischen drei und fünf Prozent marktüblich. Aus diesen beiden Datenpunkten lässt sich ein potenzieller Preis zwischen zehn und 30 Millionen Euro ableiten.
Andere von Online Marketing Rockstars befragte M&A-Experten äußerten Skepsis angesichts der Vermutung, dass der Preis eher am oberen Ende dieser Skala angesiedelt sein könnte. Unbestätigten Gerüchten zufolge seien es die Media-Partisans-Gründer Michael Glöß und Peter Schilling gewesen, die den Kaufpreis nicht öffentlich hätten kommunizieren wollen. Eine solche Entscheidung spreche häufig dafür, dass der Preis aus Verkäufersicht niedriger als erhofft gewesen sei.
Ist ein Earn-out-Element dabei?
Geht man davon aus, dass bei einem kleineren Deal-Volumen der M&A-Berater vermutlich eher einen Prozentsatz am oberen Ende des genannten Korridors gefordert hat, erscheint auch eine Rechnung wie diese denkbar: 20 Millionen Euro Kaufpreis, fünf Prozent Provision, ergibt eine Million Euro für den Corporate-Finance-Dienstleister. Möglich ist auch, dass ein Teil des Kaufpreises von der Erreichung gewisser Ziele abhängig gemacht worden ist; beispielsweise 15 Millionen Euro sofort gezahlt werden und im Erfolgsfall fünf Millionen Euro „Earn out“ hinzukommen. Die Einnahmen des Deal-Maklers berechnen sich dann auf Basis der gesamten Summe. „Ob ein Earn out dabei ist oder nicht, ist dem M&A-Berater egal“, so unser VC-Experte.
Eine weitere von Online Marketing Rockstars befragte Funke-nahe Quelle hält einen Preis zwischen 20 und 30 Millionen Euro für durchaus realistisch. Das entspricht auch einer Einschätzung, die VC-Experte Thomas Preuss (aktuell für die Deutsche Telekom tätig), befragt zu den Exit-Chancen von heftig.co, im Sommer 2014 gegenüber Online Marketing Rockstars abgegeben hat: „Möglicherweise könnten die Gründer solcher Projekte im Exit-Fall damit einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag erreichen. Mit weiterhin starkem Wachstum und einer Differenzierung in weitere Verticals wäre vielleicht ein Erlös im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich erzielbar, aber das halte ich in Europa derzeit für kaum vorstellbar.“
Erfolgreiche Vertikalisierung und Internationalisierung
Die heftig-Macher hatten nach den US-Vorbildern Upworthy und Viralnova zuerst eine immense Reichweite mit Clickbait-Artikeln auf Facebook aufgebaut. Innerhalb der vergangenen Jahre haben sie dann mehrere thematische Verticals (wie Lifehacks, Tiere und Kochen) mit entsprechenden Unterseiten eingerichtet und diese auch in diverse Länder expandiert. Auf der New Platform Advertising Conference hat Media-Partisans-Mitgründer Peter Schilling im Interview mit Online-Marketing-Rockstars-Mitgründer Philipp Westermeyer detailliert erklärt, wie er und sein Geschäftspartner die Reichweite von Heftig aufgebaut haben:
Zuletzt hatte das mittlerweile angeblich 63 Mitarbeiter zählende Unternehmen recht erfolgreich auf den Video-Trend bei Facebook aufgesetzt und nach dem Vorbild von Buzzfeeds Tasty und dem australischen Tastemade mittels Kochvideos sehr schnell hohe Reichweiten und View-Zahlen generiert. Die im April gelaunchte deutsche Kochseite „Leckerschmecker“ liegt aktuell bei 910.000 Facebook Fans; die englischsprachige Variante „Scrumdiddlyumptious“ bei 375.000.
In Deutschland alleine auf weiter Flur
Laut Funke-Pressemeldung verzeichnen die Media Partisans über alle Facebook-Seiten hinweg 30 Millionen Fans und pro Quartal 3,1 Milliarden Videoviews. Die Websites werden monatlich von 73 Millionen Unique Usern aus zehn Sprachräumen besucht.
Die Qualität und Art der Aufbereitung der Inhalte von heftig.co ist immer wieder kritisiert worden. Unbestreitbar ist aber auch: Während in Nordamerika innerhalb der vergangenen Jahre mit Milliarden bewertete neue Medienunternehmen wie Buzzfeed, Vice und Vox Media entstanden sind, ist in Deutschland Media Partisans das vielleicht einzige jüngere und verlagsunabhängige „klassische Web-Publishing-Projekt“ von einer wirklich relevanten Größe.
Guter Deal für Funke?
Der erste Kontakt der heftig-Macher zu Funke soll bereits vor zwei Jahren stattgefunden haben. Vergleicht man die Mehrheitsübernahme bei heftig durch Funke mit anderen Exits von Viral-Publishern auf internationaler Ebene, deutet sich an, dass Funke – sollten die Vermutungen der von uns befragten Experten stimmen – im Vergleich möglicherweise einen guten Deal gemacht hat. So wurde das US-Portal Viralnova im Sommer 2015 für 100 Millionen US-Dollar verkauft – zu diesem Zeitpunkt 89,4 Millionen Euro. Viralnova soll damals 100 Millionen Unique User im Monat erreicht haben.
Im Januar 2015 soll beim Verkauf von Elitedaily (40 Millionen Unique User) ein Preis von 50 Millionen US-Dollar erzielt worden sein. Geht man also grob von einem Preis von einem Euro pro Unique User (in Zeiten von „Distributed Content“ eine sicherlich nicht ganz unproblematische Messgröße) aus, wäre ein Preis von 20 Millionen Euro für die Reichweite von 73 Millionen Unique Usern von Media Partisans vergleichsweise günstig.
Facebook-Abhängigkeit bleibt gefährlich
Klar ist aber auch: Zum einen ist der Viral-Publishing-Markt mittlerweile in einer anderen Phase als noch 2015. Alleine mit Clickbait-Links auf Artikel auf externen Websites lässt sich heute deutlich schwerer Reichweite aufbauen und Traffic generieren; beim Thema Video auf Facebook direkt ist noch überhaupt nicht klar, wie gut sich dies in Zukunft wird monetarisieren lassen. Und die hohe Abhängigkeit von Facebook bleibt gefährlich.
Vergleicht man die Übernahme von Media Partisans durch Funke mit der von Chefkoch durch Gruner+Jahr im Jahr 2007, ist der von den Potsdamer Gründern erzielte Verkaufspreis möglicherweise doch gar nicht so schlecht: Gruner soll für das ebenfalls stark Plattform-abhängige Kochportal (das vor allem von Google-Traffic lebt) damals mehr als acht Millionen Euro gezahlt haben. Heute dürfte es allerdings deutlich mehr wert sein.
Mehrwert durch Know-how für Lokal-Boulevard-Portale?
Möglicherweise will Funke mit der Mehrheitsübernahme nicht nur die Media-Partisans-Websites ins eigene Portfolio integrieren (und damit dessen Digitalanteil erhöhen), sondern das Know-how der Macher Schilling und Glöß auch bei anderen internen Projekten im Bereich „Online-Boulevard“ (nichts anderes ist Clickbaiting ja im Grunde) einbringen. In der Pressemeldung zum Deal verweist die Mediengruppe auf die in den vergangenen Monaten gestarteten Newsportale Berlinlive.de, News38.de und Thueringen24.de. Alle drei verfügen über ein sehr ähnliches Layout; offensichtlich steht das gleiche Content Management System dahinter.
Wie das Wissen der heftig-Macher beim Aufbau der neuen Lokal-Boulevard-Portale nutzen könnte, deutet ein neuer, noch nicht offiziell gelaunchter Bereich des zu Funke gehörenden Ruhrpott-Portals derwesten.de an. Die Headlines der dort als „meistgelesene“ deklarierten Artikel erinnern bereits ein wenig an heftig.co: „Gruselig: Wir zeigen dir das schnellste und erschreckendste Halloween-Rezept“, „Diese 9 Life Hacks für die Uni Essen musst du kennen“ und „Heute kannst Du wahrscheinlich nicht zum See fahren – und Cro ist schuld!“
Keine Einigung mit Onefootball
Erst einmal nichts wird es unterdes wohl mit Funke und Onefootball. Gerüchten zufolge soll die Essener Mediengruppe auch mit dem Berliner Fußball-News-Startup über eine Übernahme verhandelt haben – beide Seiten seien sich jedoch über den Preis nicht einig geworden.