Millionenschwerer Affiliate-Deal: Bauer kauft Foxydeal

Wurde für den Preisvergleichsdienst eine achtstellige Summe gezahlt?

foxydeal
Inhalt
  1. 14 Länder, mehr als 5.000 (Affiliate-) Partner
  2. 800 Prozent Wachstum nach dem Start
  3. Bauer beweist eine gute Nase
  4. Reichweitenaufbau in der Grauzone
  5. „Bloatware“ als eigener Industriezweig
  6. Branchenkodex verbietet „Drive-by-Installationen“
  7. Google greift durch

Relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit hat zu Anfang des Jahres eine Tochter des Hamburger Bauer-Verlags eine Mehrheit an der Kölner R&E Media GmbH übernommen, Betreiber des Preisvergleichs- und Gutscheindienstes Foxydeal. Der Deal dürfte eine der höchstdotierten Übernahmen der vergangenen Jahre im Affiliate Marketing-Bereich sein. Online Marketing Rockstars erklärt den Deal, das Geschäftsmodell und die Hintergründe des beachtlichen Wachstums von Foxydeal.

Mathias Rochus

Mathias Rochus

Auf den 4. Januar 2016 datiert die jüngste, im Handelsregister verfügbare Liste der Gesellschafter der R&E Media GmbH, die die Bauer-Tochter Bauer Xcel Media KG mit 51 Prozent als Mehrheitseignerin ausweist. Bauer dürfte die Anteile von Sundowner Ventures erworben haben, dem Beteiligungsvehikel von R&E-Media-Gründer Mathias Rochus, sowie einen Minderheitsanteil (knapp 10 Prozent) von dem zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Mitgründer Tobias Eibich. Öffentlich kommuniziert worden ist der Deal damals nicht. Zum Kaufpreis gibt es dementsprechend keine Informationen. Branchenexperten halten eine achtstellige Summe für denkbar.

14 Länder, mehr als 5.000 (Affiliate-) Partner

R&E Media betreibt den als Browser-Erweiterung verfügbaren Dienst Foxydeal – eine „allround solution for smart online shopping“, wie es auf der Unternehmensseite heißt. Wenn die Nutzer Foxydeal auf ihrem Rechner installiert und im Browser aktiviert haben, werden sie beim Besuch von Online-Shops oder anderen kostenpflichtigen Plattformen darüber informiert, falls das jeweilige Produkt in anderen Shops zu einem günstigeren Preis erhältlich ist, sowie ob für den jeweiligen Shop Rabatt-Gutscheine verfügbar sind. Klickt ein Nutzer auf eine entsprechende Empfehlung und kauft etwas im jeweiligen Shop, erhalten die Foxydeal-Betreiber eine Provision. Nach Unternehmensangaben ist Foxydeal in 14 Ländern aktiv und greift auf die Preisdaten von mehr als 5.000 Shops zu.

Hinter Foxydeal steht der 32-jährige Mathias Rochus, der schon lange in der Affiliate-Marketing-Szene unterwegs ist – 2015 zählt ihn Branchenexperte Markus Kellermann zu den 100 Top-Influencern des Segments. Rochus bringt bereits 2007 die Seite dergutscheinblog.de ins Netz, später kommt coupons24.com dazu. 2009 gründet er mit Tobias Eibich die R&E Media GmbH und entwickelt mit ihm zunächst ein Tool für den Markenschutz in der Suchmaschinenwerbung (heute nicht mehr erhältlich). Im Jahr 2012 beginnt R&E Media mit der Entwicklung von Foxydeal, wie eine archivierte Version von Foxydeal.de besagt. Mitgründer Eibich verlässt etwa in diesem Zeitraum offenbar das Unternehmen. Im Jahr 2013 ist augenscheinlich eine erste Version von Foxydeal zum Download verfügbar. Die Features und der Look erinnern stark an jene des 2009 gegründeten britischen Dienstes Invisible Hand, dessen Betreiberunternehmen im Jahr 2013 für eine unbekannte Summe von Skimlinks übernommen wurde.

800 Prozent Wachstum nach dem Start

Offenbar ist Foxydeal bereits relativ schnell nach dem Start erfolgreich: Das Affiliate-Marketing-Netzwerk Affilinet, über das Foxydeal Produkt- und Preisdaten von Partner-Shops erhält, schreibt in einer offiziellen Case Study, dass Foxydeal seine Publisher-Vergütungen innerhalb eines halben Jahres nach dem Launch habe verachtfachen können. In einem Firmenprofil auf der Website der u.a. von Axel Springer veranstalteten Noah Conference gibt Foxydeal an, die Zahl der Endnutzer von 400.000 im Jahr 2013 über acht Millionen im Jahr 2014 auf zuletzt 20 Millionen gesteigert zu haben. In einer aktuellen Stellenausschreibung schreibt das Unternehmen von 9 Millionen Visits pro Monat. Für das Jahr 2014 weist R&E Media einen Jahresüberschuss von 330.000 Euro aus.

In einem von Tim Schumacher (Sedo, Eyeo) veröffentlichten Ranking von Kölner Startups kommentiert der Serienunternehmer das Unternehmen: „Foxydeal ist ein gutes Beispiel für ein Unternehmen mit einem tollen Team, dass still, aber sehr erfolgreich seinen Job, eine bemerkenswerte Firma aufzubauen, erledigt, anstatt Zeit auf Networking und Start-up-Bullshit zu verschwenden. Aus diesen Gründen kennen sie auch nur Insider, aber sie verdienen absolut ihre hohe Platzierung!“

Bauer beweist eine gute Nase

Offensichtlich hat der Bauer Verlag einen Hidden Champion der deutschen Digitalbranche frühzeitig identifiziert und sich die Mehrheit gesichert. Nicht einfach im deutschen Markt, in dem unabhängige, wachsende und profitable Digitalfirmen selten sind. Passend erscheint auch, dass  Bauer ebenfalls sehr international ausgerichtet ist. Seit Anfang des Jahres gehört R&E Media zu Bauer Xcel Media, der Gesellschaft, in der das Hamburger Medienunternehmen seine globalen Digitalaktivitäten bündelt. Nach eigenen Angaben erreicht Bauer Xcel monatlich weltweit 150 Millionen Nutzer.

Wie ist es Foxydeal gelungen, solch einen Erfolg zu erzielen? Woher bekommen die Macher User und Traffic? Der Markt für Preisvergleichsdienste ist hart und umkämpft; Wettbewerber, die vornehmlich eine Website betreiben, müssen hohe Summen in die Nutzergewinnung investieren. Dienste wie Idealo, Preisvergleich.de und Guenstiger.de geben beispielsweise sehr viel Geld für Adwords-Anzeigen bei Google aus.

Foxydeal hat offenbar mit bezahlten Einträgen auf Seiten von Medien wie dem Focus, dem Handelsblatt, NTV und der Aachener Zeitung versucht, die eigenen Google-Rankings zu verbessern. Doch generell dürfte R&E Media über Google nur wenig Traffic abgreifen können. Zwar bietet das Unternehmen mittlerweile direkt auf den eigenen nationalen Websites auch einen Preisvergleich an – aber die Wettbewerber sind zu groß, zu etabliert und zu stark in der Suchmaschinenoptimierung, um sie ohne relevante Finanzierung kurzfristig in deren Kernbereichen zu bezwingen.

Wichtigstes Asset von Foxydeal dürfte deswegen bislang die Browser-Erweiterungen gewesen sein. Die hat R&E Media auf den dafür gängigen Plattformen zum Download bereit gestellt: den Chrome Web Store sowie im Add-on-Bereich des Mozilla Firefox. Alleine damit dürfte jedoch nur schwer Reichweite aufzubauen sein. Zum einen gibt es Massen von Browser-Erweiterungen, zum anderen dürften nur technisch versierte Nutzer aktiv nach solchen suchen.

Reichweitenaufbau in der Grauzone

Offenbar haben die Foxydeal-Macher (wie andere Anbieter von Browser-Erweiterungen auch) zumindest in ihrer Anfangszeit einen eher speziellen Weg gewählt, um an Nutzer zu kommen und Reichweite aufzubauen. Wer nach Foxydeal bei Google sucht, findet diverse Foreneinträge, in den Nutzer erklären, dass plötzlich Foxydeal auf ihrem Rechner installiert gewesen sei und sie sich nicht erklären könnten, wie es dazu gekommen sei. Hinzu kommen Seiten, die erklären, wie man die Browser-Erweiterung entfernen kann. Auch Google Trends weist beim Suchbegriff „foxydeal“ die Anfragen „foxydeal entfernen“ und „foxydeal deinstallieren“ als verwandt aus.

Die Vermutung liegt nahe, dass die betroffenen Nutzer Foxydeal im Huckepack mit anderen Browser-Erweiterungen oder anderer Software installiert haben, ohne vom Anbieter des eigentlich von ihnen gesuchten Tools darüber informiert worden zu sein. So könnte einem Nutzer, der eine bestimmte Art von Software (ein DVD-Brennprogramm oder ähnliches) über Google gesucht und dann auf einem Download-Portal heruntergeladen hat, Foxydeal mit „untergejubelt“ worden sein.

Foxydeals Screen

Die Browser-Erweiterung von Foxydeals.

Generell müssen so genannte „Software Bundles“ nicht zwangsläufig dubios sein: Entwickler können damit Geld verdienen (und damit Entwicklungs- und andere Kosten decken), indem sie ihr Produkt mit anderen bündeln, und die Bundle-Partner ihnen für diese Vertriebsunterstützung Geld zahlen. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die User darüber informiert werden, dass ihnen gleich mehrere Programme installiert werden. Im nutzerfreundlichsten Fall bleibt den Usern die Entscheidung überlassen, ob sie die anderen Bundle-Bestandteile mit installieren wollen.

„Bloatware“ als eigener Industriezweig

Offenbar agieren aber nur wenige im Markt so transparent. Über die Jahre hinweg scheint eine eigene kleine Subindustrie von Entwicklern entstanden zu sein, die in einer rechtlichen Grauzone mit „Adware“, „Crapware“ oder „Bloatware“ („Blähware“) Geld verdienen. Massen von Foreneinträgen zeigen, dass Nutzer häufig Probleme haben, unerwünscht installierte Software wieder zu entfernen. Wurde eine Browser-Erweiterung beispielsweise mit einer anderen im Bundle installiert, die Nutzer jedoch nicht wissen, mit welcher, ist es schwer, das untergejubelte Programm loszuwerden – möchte man nicht alle Browser-Erweiterungen löschen.

Foxydeal ist beispielsweise eine Zeit lang mit der Browser-Erweiterung Proxtube mit installiert worden. Mit dem Service können die Nutzer Youtube über einen so genannten Proxy-Server aufrufen, auf diese Weise verschleiern, dass sie die Videoplattform aus Deutschland ansurfen und damit hierzulande gesperrte Videos anschauen. Im Jahr 2012 beginnen die Entwickler, bei ihren Nutzern gleichzeitig Foxydeal mit zu installieren – ohne diese darüber zu informieren. Im November schlägt den Proxtube-Entwicklern deswegen von Nutzerseite viel Empörung entgegen; diverse Online-Medien greifen die Ereignisse auf. Nur einen Tag später kündigen die Proxtube-Macher Änderungen an; zunächst soll es eine Deaktivier-Funktion geben. Heute müssen Nutzer des Firefox-Add-ons die Installation von Foxydeal explizit erlauben; für Chrome ist das Plug-in nicht mehr unter dem Namen Proxtube verfügbar. Im neuen Add-on namens Proxflow ist Foxydeal nicht mehr integriert.

Foreneinträge deuten darauf hin, dass Foxydeal zumindest eine Zeit lang auch mit den Add-ons „Free Driver Scout“ und „Okayfreedom“ unangekündigt huckepack installiert worden sein muss. Beim Add-on Adbeaver (Geld verdienen durch Werbung anschauen) wird Foxydeal zumindest in der Firefox-Version auch heute noch mit installiert. In der Beschreibung des Add-ons wird Foxydeal namentlich nicht erwähnt; dafür werden die Nutzer immerhin darüber informiert, dass ihnen nach der Installation Preisvergleichsinformationen und Gutscheine eingeblendet werden.

Branchenkodex verbietet „Drive-by-Installationen“

Bemerkenswertes Detail: Im Dezember 2013 unterzeichnet R&E Media den „Code of Conduct Affiliate Marketing“ des Bundesverbands Digitale Wirtschaft, in dem die „software-gestützte Traffic-Generierung“ zwar „als valides Publisher-Modell“ bezeichnet wird, in dem es aber auch heißt: „Der Publisher akzeptiert aber keine softwaregestützten Modelle, bei denen der Endnutzer die Installation derselben nicht selbst bestimmen (keine Drive-by-Installation) und auch nicht wieder selbst deinstallieren kann bzw. die undokumentierte Funktionalitäten enthalten.“

Foxydeal ist aber längst nicht der einzige Vertreter im Markt, der alle gänigen Methoden zur Traffic-Steigerung ausgereizt hat. Im vergangenen Jahr hat beispielsweise das aus Israel stammende Start-up Superfish, dessen Funktionalitäten mit Foxydeal vergleichbar sind, viel mediale Aufmerksamkeit erhalten, nachdem Notebook-Hersteller Lenovo die Adware auf seinen Geräten vorinstalliert hatte. Schon zuvor hatte Online Marketing Rockstars darüber berichtet, wie das Unternehmen seine Software Nutzern unbemerkt unterjubelt. Nach dem Medienskandal hat sich Superfish umbenannt und will sich neu ausrichten.

Wer ein wenig herumgooglet, stößt auf diverse andere Unternehmen, die mit ähnlichen Methoden arbeiten. Dienste wie Deal Finder und Ciuvo haben der Vermutung nach ebenfalls Nutzer über „Drive-by-Installationen“ gewonnen.

R&E-Media-Gründer Mathias Rochus vermarktet dieses Prinzip derzeit ganz offen. Die Website Installshare.com, die laut dem Impressum ebenfalls von R&E Media betrieben wird, will Entwicklern die Möglichkeit geben, mit Downloads Geld zu verdienen, indem sie ihre Software im Bundle mit anderer zum Download anbieten. Laut Video und Beschreibung auf der Website soll das Ganze komplett transparent ablaufen und die Nutzer darüber entscheiden können, welche Software sie installieren und welche nicht. Zu den Publishing-Partnern gehören laut Website die Browser-Erweiterung VMLoad sowie die Download-Seite Soft-ware.net. Traffic dürfte Installshare vor allem über die organischen Google-Ergebnisse erhalten: Beim Suchbegriff „monetize downloads“ rangiert die Website auf dem 4. Platz.

Google greift durch

Die „Crap-“ und „Adware“-Subbranche hingegen hat im vergangenen Jahr einen Schlag erhalten: Im Frühjahr 2015 begann Google, härter gegen die so genannte „Ad Injection“ durchzugreifen, also Software, die (meist ohne, dass die Nutzer es merken) Werbung im Browser „injiziert“, teilweise indem sie unerlaubt die Werbung der Website-Betreiber austauscht. Im Rahmen der Offensive seien 192 betrügerische oder irreführende Erweiterungen aus dem Chrome Web Store entfernt worden, wie Google in einem Blog-Eintrag schreibt.

Chrome ist mittlerweile weltweit der am meisten verbreitete Browser. Offenbar hat Google Monate danach rigide durchgegriffen. Im Juli postete beispielsweise Foxydeal-Vertriebspartner Proxtube auf Facebook, dass Google nicht mehr erlaube, Gutschein- und Preisvergleiche anzuzeigen. Die Entwickler benannten danach ihr Tool in Proxflow um und riefen die Nutzer dazu auf, ein zusätzliches Add-on mit dem Namen Proxprice zu installieren.

Auch die Foxydeal-Macher reagieren auf Beschwerden der Nutzer. „Ich kann Deine Einwände bezüglich der Installation über andere Programme verstehen und wir von FoxyDeal haben aus den Reaktionen unserer User in der Vergangenheit auch viel gelernt“, schreibt eine Mitarbeiterin von R&E-Media in einem Online-Forum anlässlich des Beitrags eines Nutzers, der Probleme hat, die Software von seinem Rechner zu entfernen. Nutzer, die Probleme mit der Deinstallation hätten, könnten sich jederzeit per E-Mail an den Foxydeal-Support wenden.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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