Die meist unterschätzten Seiten der Welt

(Bild: possan / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)
Inhalt
  1. Welche Seiten haben 12 Millionen Unique User am Tag und keine Adsense-Anzeigen?
  2. Dreiviertel der Deutschen nutzen Teletext
  3. Oldschool Pixel-Werbung
  4. Teletext trifft auf Internet

Welche Seiten haben 12 Millionen Unique User am Tag und keine Adsense-Anzeigen?

(Bild: possan / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

(Bild: possan / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

Zwölf Millionen Unique User täglich, also am Tag locker mehr Reichweite als Spiegel Online im Monat – bei dieser Zahl müssten alle Wagniskapitalgeber und Heftig.co-Hype-Beobachter normalerweise durchdrehen. Diese Reichweite wird allerdings nicht online erreicht, sondern auf einem schon seit den 80er Jahren etablierten Kanal – dem Teletext.

Dreiviertel der Deutschen nutzen Teletext

Laut dpa-Tochter news aktuell waren im vergangenen Jahr insgesamt 60 Millionen verschiedene Besucher auf den überschaubaren Teletext-Seiten der verschiedenen Fernsehsender des Landes unterwegs. Zur Verdeutlichung: Das sind dreiviertel aller Bundesbürger. Auch wenn die Zahl der täglichen Nutzer seit 2010 von 16 Millionen täglichen Nutzern auf zwölf Millionen im vergangenen Jahr zurückging, erreicht der Kanal noch immer extrem viele Menschen – genug Potenzial, um das AGOF-Ranking der größten Websites zu pulverisieren.

Der Videotext der ARD ist mit einem Marktanteil von 18 Prozent der beliebteste Teletext in Deutschland. Auch wenn die 44 Millionen Unique Visitors im letzten Jahr mehr als die Hälfte aller Deutschen ausmachen, dürfte der Großteil der Nutzung der älteren Generation zuzuschreiben sein, denn das Durchschnittsalter der ARD-Zuschauer liegt bei 60 Jahren. Von den insgesamt zwölf Millionen Teletext-Besuchern sind über zwei Millionen täglich bei der ARD unterwegs. Dabei werden hauptsächlich aktuelle Nachrichten, Sportberichte und Programminfos abgefragt.

Teletext-Marktanteile 2013 (Quelle: Statista)

Teletext-Marktanteile 2013 (Quelle: Statista)

Die durchschnittliche Verweildauer der ARD-Videotext-Besucher könnte einige überraschen – sie beträgt nach eigenen Angaben 4:30 Minuten. Zum Vergleich: Laut SimilarWeb* liegt die Verweildauer auf Spiegel.de bei 5:21 Minuten.

Oldschool Pixel-Werbung

Wer eine Werbeanzeige in der pixeligen, sechsfarbigen Oldschool-Optik schalten will, kann dies nur auf den Teletexten der Privatsender machen – seit 2001 ist dies bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr gestattet. Beworben werden hauptsächlich gebührenpflichtige Telefon-Hotlines, Gewinnspiele und Erotik-Angebote. Warum eigentlich? Wir würden uns über kenntnisreiche Kommentare freuen.

Sat.1-Teletext

Sat.1-Teletext

Werbung beim Teletext von Sat.1, welcher bei einem Marktanteil von acht Prozent täglich eine knappe Million Unique Visitors erreicht und damit der reichweitenstärkste der ProSiebenSat.1-Gruppe ist, kann beim Vermarkter SevenOne Media gebucht werden. Die Berechnung erfolgt nach Dauer und Frequenz sowie nach Anzahl der Zellen und Zeichen. Eine siebentägige prominent platzierte Werbung auf der Startseite des Teletextes, die mittig und in der Frequenz 1/12 erscheint, kostet 7.840 Euro – das ist der unverhandelte Brutto-Festpreis. Will man seine Werbebotschaft in der rechten Ecke einer Themenübersichtsseite platzieren, bezahlt man 525 Euro.

Teletext trifft auf Internet

Eine Teletext-Seite kann 40 Zeichen und 24 Zeilen in sechs verschiedenen Farben darstellen – so war es 1980 und so ist es noch heute. Die Verknappung einer Nachricht stellte die Teletext-Redaktionen damals vor neue Herausforderungen, doch die technisch bedingte Beschränktheit war erfolgreich. Mittlerweile erinnert die begrenzte Zeichenanzahl an Tweets bei Twitter. Die Anknüpfung ans Internet sucht der ARD-Teletext übrigens mit „Teletwitter“ auf Seite 777, wo aktuelle Tweets von Zuschauern zu laufenden Sendungen wie etwa dem Twitter-Liebling Tatort oder parallel zu Fußballspielen gezeigt werden.

So paradox es auch wirken mag, viele Teletexte sind auch online abrufbar – die pixeligen Infoboxen können mit einem Fernbedienungs-ähnlichen Modul gesteuert werden. Das Erste erklärt das Verhältnis zwischen Computer und Teletext übrigens so: „Am stärksten nutzen die Zuschauer Videotext am Abend, also, wenn der Computer schon runtergefahren ist.“ Oder anders formuliert: Der Teletext ist der Second-Screen für die Generation 50 plus.

Wenn wir ein B2C-Startup wären und etwas Gängiges verkaufen wollten, wäre Teletext auf jeden Fall eine Option. Könnte funktionieren. Vergesst Click to call und so – einfach Teletext-Werbung und Hotline schalten.

*Update vom 16.11.14: SimilarWeb verwendet für die Erstellung von Statistiken offenbar Daten, die das Unternehmen sowie Dritte ohne die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer über Browser-Erweiterungen erhoben hat.

CM
Autor*In
Chantal Mahlen
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