Deutschlands Weltraum-Hoffnung: Wie Daniel Metzler mit Isar Aerospace einen SpaceX-Konkurrenten baut
Der erste Flug dauerte nur 30 Sekunden – und schrieb dennoch Geschichte. Nun soll der nächste Schritt folgen.
Eigentlich wollte die Studierenden-Gruppe "nur" Raketentriebwerke entwickeln, am Ende wurde daraus ein Unternehmen, das Deutschland einen eigenen Zugang zum Weltraum ermöglichen könnte: Isar Aerospace. Im OMR Podcast spricht Gründer Daniel Metzler über den 30-sekündigen Flug der ersten Rakete im Frühjahr, das frühe Interesse von SpaceX am Forschungsteam und den Einfluss des Ukraine-Kriegs auf die Nachfrage nach Flügen in den Weltraum.
Vielleicht wäre alles ganz anders gelaufen, wenn es diesen Wettbewerb von SpaceX nicht gegeben hätte. Vielleicht würde Daniel Metzler dann nicht bei der Digitalkonferenz Bits & Pretzels erzählen, wie er mit dem deutschen Startup Isar Aerospace den nächsten Flug Richtung Weltraum plant. 30 Sekunden dauerte die Flugzeit beim ersten Start der Spectre-Rakete im Frühjahr von Norwegen aus. Es war das erste Mal in der Raumfahrt-Geschichte, dass eine Weltraumrakete von europäischem Boden aus startete. Aber wenn diese ganze Geschichte mit den USA anders gelaufen wäre, hätte es wohl auch diesen Meilenstein nicht gegeben. Dann wäre Daniel Metzler jetzt nicht der CEO der deutschen Weltraum-Hoffnung, sondern Mitarbeiter bei Airbus, SpaceX oder einem anderen Raumfahrt-Unternehmen.
2018 gründet Daniel Metzler Isar Aerospace als Spin-off der TU München gemeinsam mit Josef Fleischmann und Markus Brandl. Metzler war zuvor an die Universität extra wegen der Stärken im Bereich Luft- und Raumfahrtforschung gewechselt, die sich auch in einer sehr praxisorientierten, großen Studierenden-Initiative mit der Abkürzung WARR widerspiegeln, bei der auch Metzler Mitglied wird. Das Team entwickelt Raketentriebwerke, an denen es sogar Interesse aus der Industrie gibt. Es nimmt auch an Wettkämpfen mit wie einer Hyperloop-Challenge des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX. Die Teams müssen dabei eine Art Kapsel entwickeln, die durch eine Vakuumröhre geschossen werden kann. Auf einer Teststrecke werden anschließend Rennen gefahren – die Metzlers Co-Gründer Josef Fleischmann gewinnt. Daniel Metzler erzählt, dass es damals Versuche gegeben habe von SpaceX, das ganze Team direkt anzuwerben. Doch dann habe man von einem hochrangigen SpaceX-Mitarbeiter einen Tipp bekommen: "Er hat gesagt: Baut doch das europäische SpaceX auf. Und in unserer jugendlichen Naivität haben wir ,Ja' gesagt", sagt Daniel Metzler.
100.000 Teile für eine Rakete
Sieben Jahre und viele Millionen Euro Wagniskapital später ist daraus die Spectre geworden, eine rund 30 Meter hohe Rakete, die künftig Satelliten und Co. in den Weltraum bringen könnte – zumindest dann, wenn sie auch so weit fliegt. Bei einem ersten Test im Frühjahr 2025 hat bereits der Start geklappt, bevor das Zusammenspiel der rund 100.000 Teile mit der Software abrupt endete. Bis Ende des Jahres soll es einen weiteren Versuch geben, den Orbit zu erreichen. Gelänge dies, würde Deutschland über eine weltweit extrem seltene Fähigkeit verfügen: den eigenen Zugang zum Weltraum.
Obwohl die Technik noch nicht perfekt funktioniert, ist das Interesse an der Zusammenarbeit mit Isar Aerospace laut Gründer Daniel Metzler bereits riesig. Bis 2028 seien alle Starts bereits ausverkauft, aktuell verhandele man bereits über die geplanten Flüge in den Jahren 2029 und 2030. "Wir könnten jeden Start zehn Mal verkaufen", sagt er bei der Live-Aufnahme des OMR Podcasts. Das große Interesse an einer noch nicht vollständig flugfähigen Rakete liegt dabei auch am Mangel an Alternativen. "Es gibt für den nächsten vier bis fünf Jahren keinen einzigen freien Raketenstart auf der gesamten Erde."
In München entsteht eine Serienproduktion
Isar Aerospace, das gerade in München eine rund 40.000 Quadratmeter große Fabrik für die Serienproduktion baut, wird damit zu einem Hoffnungsträger für einen ganzen europäischen Kontinent, der sich in Zeiten globaler Spannungen unabhängiger von bisherigen Partnern wie den USA ausstellen muss. Laut Daniel Metzler schlägt sich die geopolitische Lage auch in den Auftragsbüchern nieder: "Die Anfragen bis Januar diesen Jahres waren ungefähr 85 Prozent kommerziell. Der Rest entfiel auf den Bereich Defense oder Dual Use", sagt er. Doch das habe sich seitdem drastisch geändert: "Mittlerweile sind über die Hälfte aller Anfragen aus dem Defense-Use-Case-Bereich."
Im OMR Podcast erzählt Daniel Metzler außerdem, wie er gelernt hat, größer zu denken, wie schwer es war, Geldgeber zu finden und zu überzeugen – und wie man eine rund 30 Meter lange Rakete aus München nach Norwegen zur Startrampe bringt.