Vom Metzger zum Milliarden-Umsatz: So baute Clemens Tönnies sein Fleisch-Imperium

Florian Rinke1.12.2025

Der Unternehmer gründete mit 15 Jahren mit seinem Bruder einen Schlachtbetrieb – und baute daraus einen Big Player der Industrie

Clemens Tönnies und Philipp Westermeyer in der Premium-Food-Group-Zentrale in Rheda-Wiedenbrück.
Clemens Tönnies und Philipp Westermeyer (v.l.) in der Premium-Food-Group-Zentrale in Rheda-Wiedenbrück. Im Hintergrund der firmeneigene Fußballplatz – mit Rasenheizung. Foto: OMR
Inhalt
  1. Ein global Player der Fleischindustrie
  2. Schalke 04 wird seine Leidenschaft

Sein Unternehmen, die Premium Food Group, schlachtet 13 Millionen Schweine pro Jahr und zählt damit zu den größten Playern in Europa. Angefangen als Metzger, hat Clemens Tönnies nach dem Tod seines Bruders aus einem mittelständischen Schlachtbetrieb einen multinationalen Fleisch-Riesen mit Milliarden-Umsätzen gemacht – und dabei die Verwertung der Tiere perfektioniert: Schnitzel kommen auf den Teller, Blut wird zu Futter für die Lachszucht und aus der Darmschleimhaut ein Medizinprodukt. Im OMR Podcast spricht Clemens Tönnies über seinen Aufstieg, seine Zeit als Aufsichtsratschef bei Schalke 04, aber auch über die große Kritik an seiner Person.

Es gab einen kurzen Moment, da hätte das Leben von Clemens Tönnies einen gänzlich anderen Weg nehmen können. Doch dann klatschte es. Er habe in seinem Leben nur eine Ohrfeige von seinem Vater bekommen, sagt Clemens Tönnies: "Er war todgut." Doch mit Vierzehneinhalb habe er seinem Vater gesagt, dass er lieber Radio- und Fernsehmechaniker werden wolle statt Metzger. "Und dann kriegte ich links eine Ohrfeige und rechts eine Ohrfeige. Was willst du werden? Fleischer, Papa. Und die Entscheidung war dann auch goldrichtig".

Clemens Tönnies, heute einer der größten Fleisch-Produzenten Europas, ist in einer Metzger-Familie groß geworden. Seine Eltern hatten einen kleinen Betrieb, pro Woche wurden sieben Schweine verarbeitet. Das Geschäft reichte zum Leben, aber eine große Zukunft hatte es nicht. Davon waren zumindest die beiden Brüder Bernd und Clemens überzeugt, die lieber selbst gründeten als den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Denn sie sahen ja auch, was da draußen am Markt passierte, damals in den 1970er Jahren. Immer mehr Supermärkte und Discounter, immer mehr SB-Theken mit Salami, Leberwurst und Co. Wer braucht da noch Metzger, wenn er alles bei Aldi, Lidl und Co. bekommt?

Ein global Player der Fleischindustrie

"Die Idee war, der sich bildenden arbeitsteiligen Wurstindustrie die Rohstoffe zu liefern, und zwar verarbeitungsfertig", sagt Clemens Tönnies. Das Unternehmen sollte eine Marktlücke füllen. Um es zu gründen, brauchte Clemens Tönnies aber erstmal die Unterschrift seiner Eltern – er war damals erst 15 Jahre alt. Anfangs nutzen die beiden Brüder den elterlichen Betrieb, doch schnell bauen sie eine eigene Produktion auf. "Wir waren mit die ersten, die eine Kühlung in die Produktion gebaut haben", sagt Clemens Tönnies. Anfangs zerlegen die Brüder die Schweine nur und beliefern damit wiederum Wurst-Produzenten und Co., später erweitern sie das Geschäft. Er gemeinsam, dann nur noch Clemens Tönnies. Denn Bernd Tönnies stirbt Mitte der 1990er Jahre nach schwerer Krankheit. Er ist gerade mal 42 Jahre alt – und bis dahin das Gesicht des Unternehmens. Plötzlich lastet die Verantwortung auf seinem vier Jahre jüngeren Bruder Clemens. Und dieser hält dem Druck stand.

Aus dem Unternehmen ist ein Konzern mit fast acht Milliarden Euro Umsatz geworden. Zur Premium Food Group, wie man sich heute nennt, gehören Marken wie Gutfried, Böklunder oder Tillmann's. Und natürlich die Produktion. Rund 13 Millionen Schweine werden pro Jahr geschlachtet und verarbeitet. Das Unternehmen ist zu einem globalen Player geworden – mit weltweiten Absatzmärkten: "Füßchen nach China, Rippchen nach Nordamerika, Bäuche nach Korea, Rücken nach Australien oder nach Kanada, Schinkenteile nach Chile." Das gesamte Schwein werde verarbeitet, Darminhalt inklusive. Schnitzel kommen auf den Teller, Blut wird zu Futter für die Lachszucht, aus der Darmschleimhaut wird Heparin gewonnen, das in der Medizin zum Einsatz kommt – und die Magen- und Darminhalte gehen in die Biogasanlage zur Stromgewinnung. "Und das Substrat, was da raus kommt, wird dann über Generatoren zu Blumenerde, so dass wir alles gewinnen", sagt Clemens Tönnies.

Schalke 04 wird seine Leidenschaft

Parallel zu seiner Rolle in der Fleischwirtschaft engagiert sich Tönnies intensiv im Fußball. Von 2001 bis 2020 ist er Aufsichtsratschef beim FC Schalke 04. Sein verstorbener Bruder war lange Präsident des Vereins – und hatte ihn einst gebeten, sich um Schalke zu kümmern, wenn er nicht mehr sei. Die Tönnies-Ära ist geprägt von großen Erfolgen, von spektakulären Transfers (Raul), aufstrebenden Nachwuchsspielern (Manuel Neuer, Mesut Özil, Benedikt Höwedes) und großen Deals (Gazprom). Dass man sogar mal mit Oliver Kahn über einen Job als Manager verhandelt, gerät in so einer Aufzählung fast schon zur Randnotiz.

Umso unrühmlicher ist das Ende. Während der Corona-Pandemie kam es zu einem massiven Ausbruch mit hunderten Infizierten im Werk in Rheda-Wiedenbrück, bei dem auch die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie in den Fokus gerieten. Tönnies trat 2020 von allen Ämtern bei Schalke 04 zurück, um sich voll auf die Bewältigung der Unternehmenskrise zu konzentrieren. Es ist ein Abschied, der ihn geschmerzt hat, vielleicht sogar noch immer schmerzt. Dem Verein fühlt er sich jedenfalls noch immer verbunden: "Ich drücke dem Verein beide Daumen und leide mit."

Im OMR Podcast spricht Clemens Tönnies über diese Zeit, aber auch über seine einstige Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Er verrät außerdem, wie er zum Thema Fleischalternativen steht – und welches Fleisch er selbst am liebsten isst.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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