Die heißeste Brand der Generation Instagram? So nutzt Balenciaga Memebaiting im Marketing

So führt Demna Gvasalia die Luxusmarke zur Umsatzmilliarde

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Inhalt
  1. Renaissance einer 80 Jahre alten Marke
  2. Hat Balenciaga Gucci als angesagteste Marke vom Thron gestoßen?
  3. Eine der wenigen Luxusmarken, die mit Kleidung Geld verdient
  4. Erfolgreiche Rebellion gegen Branchenstandards
  5. Kanye West gießt Benzin ins Feuer
  6. Die Branche kopiert sich selbst
  7. „Memebaiting“ zur Aufmerksamkeitsmaximierung?
  8. Dreist oder Geniestreich?
  9. Marketing mit den Kopien billiger Taschen
  10. Memebait-Schuhe verkaufen sich hervorragend
  11. Absetzen durch Hässlichkeit
  12. „Lass mich mich besonders fühlen“
  13. High-Profile-Influencer sorgen für den letzten Push

Seit dem vergangenen Jahr gilt die altehrwürdige Marke Balenciaga in der Luxusbranche plötzlich als „heißeste Brand der Welt“ – und ist erstmals auf dem Weg zur Umsatzmilliarde. Das liegt vor allem an Chefdesigner Demna Gvasalia (ebenfalls Gründer des Labels Vetements), der offensichtlich sehr gut verstanden hat, wie die Aufmerksamkeitsökonomie im digitalen Zeitalter funktioniert. OMR zeigt das Ausmaß des aktuellen Siegeszuges von Balenciaga und erklärt, wie geschickt Demna Gvasalia Marken über die digitalen Kanäle in die Köpfe bringt.

„Scheiß auf Dolce & Gabbana, ja. Gib mir, gib mir Balenciaga, ja“ – Wenn jemand nach dem Hören der Single von UFO361 (passenderweise „Balenciaga“ betitelt, 4,6 Millionen Views auf Youtube) noch nicht verstanden haben sollte, welche Marke der Kreuzberger Rapper präferiert, dann kann dies höchstens an dessen digital verfremdeter Stimme liegen. Sein Faible für Balenciaga drückt Ufuk Bayraktar, so der bürgerliche Name des Musikers, nicht nur musikalisch aus. In seinen Instagram Stories hat er zuletzt sein Auto präsentiert: einen Mercedes-Benz, der über und über mit Balenciaga-Logos versehen ist.

Renaissance einer 80 Jahre alten Marke

Zwei Monate nach UFO361 hat im April auch der aus Puerto Rico stammende und in Südamerika sehr beliebte Rapper Ozuna einen Track namens „Balenciaga“ veröffentlicht, der bis dato bei Youtube 58 Millionen Views verzeichnet. Dass sich Rapper Luxusmarken als Symbol ihres wirtschaftlichen Erfolgs zu Eigen machen, ist nichts Neues. Dass aber gleich zwei Künstler in unterschiedlichen Teilen der Welt dies in solch prominenter Form tun, indem sie die Marke in den Song-Titel übernehmen, ist zumindest bemerkenswert.

Balenciaga, bereits 1937 von dem spanischen Modedesigner Cristóbal Balenciaga begründet, erlebt nach vielen Jahren der Stagnation derzeit zweifellos eine ungeahnte Renaissance. Dass die Aufmerksamkeit für die Brand nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zunimmt, lässt sich in der digitalen Welt sehr gut an diversen Kennzahlen ablesen. So ist die Zahl der Suchanfragen zum Unternehmen laut Google Trends innerhalb der vergangenen zwei Jahre so stark angestiegen, dass diese beispielsweise auch jene zu Dolce & Gabbana deutlich überholt hat.

 

Hat Balenciaga Gucci als angesagteste Marke vom Thron gestoßen?

Parallel dazu ist laut Schätzungen des Statistik-Tools SimilarWeb die Zahl der Visits auf Balenciaga.com von etwa 750.000 auf mehr als zwei Millionen monatlich angestiegen. Und laut Lyst.com soll Balenciaga im dritten Quartal 2017 sogar Gucci als angesagteste Luxusmodemarke überrundet haben. Der Online-Luxusmarktplatz (nach eigenen Aussagen 65 Millionen Unique User jährlich) wertet regelmäßig aus, welche Marken und welche Artikel die Nutzer am häufigsten auf der Plattform suchen. Auch in Q4 2017 und Q1 2018 belegte Balenciaga hier den ersten Platz.

Die Entwicklung der monatlichen Visits auf balenciaga.com laut SimilarWeb (im Juli 2015 änderte das Unternehmen seine Erhebungsmethode)

Die jüngsten Geschäftszahlen des Luxusgüterkonzerns Kering, Eigentümer sowohl von Balenciaga als auch Gucci, spiegeln diese Entwicklung im Ansatz wider. So soll Balenciaga laut Kering im zweiten Halbjahr 2017 hinsichtlich Umsatz die schnellstwachsende Kering-Marke gewesen sein – noch vor Gucci. Aktuell spielt Gucci in puncto Umsatz und Ergebnis jedoch noch in einer anderen Liga: So hat die italienische Modefirma nach Angaben von Kering im vergangenen Geschäftsjahr den Umsatz von 4,4 auf 6,2 Milliarden und das operative Ergebnis von 1,3 auf 2,1 Milliarden US-Dollar Umsatz spektakulär steigern können. Die Umsätze von Balenciaga sind demgegenüber noch deutlich niedriger, steigen aber schnell.  Wie Kering-CEO François-Henri Pinault in diesem Februar bei der Präsentation der Bilanz des Jahres 2017 sagte, werde Balenciaga die nächste Brand sein, die die Marke von einer Milliarde US-Dollar Umsatz knacke – wenn vielleicht auch noch nicht in diesem Jahr.

Eine der wenigen Luxusmarken, die mit Kleidung Geld verdient

Laut Pinaults Bilanz-Präsentation soll das Wachstum von Balenciaga durch die Bereiche Ready-to-wear und Schuhe getrieben gewesen sein. Vor allen Dingen die steigenden Umsätze im Bereich Ready-to-wear sind beachtenswert. Denn wie vor einem Jahr eine Analyse von Exane BNP Paribas offenlegte, erzielen die meisten Luxusmarken mit der von ihnen angebotenen Kleidung nicht nur keine Gewinne, sondern verbuchen mit dieser sogar Verluste. Weil die Brands vor allem mit Parfüms, Handtaschen, Schuhen und Accessoires Geld verdienen, sind Modeschauen und Kleidung für sie im Grunde reine Marketingkanäle.

Demna Gvasalia

Dass dies, wenn man Kering glauben darf, bei Balenciaga anders ist, dürfte vor allen Dingen an Demnia Gvasalia liegen. Der Deutsch-Georgier ist seit dem Oktober 2015 Kreativdirektor von Balenciaga. Davor hatte Gvasalia nach einem Modestudium im belgischen Antwerpen zunächst für die Luxusmarken Maison Margiela und Louis Vuitton designt. 2014 brachte er gemeinsam mit seinem Bruder Guram sowie fünf Freunden das vielbeachtete Label Vetements (Französisch für Kleidung) auf den Markt. Die Vetements-Macher wollen sich gegen ein Modesystem wenden, das sich selbst zerstöre, so Gvasalia gegenüber Style.com. Mit Modeschauen ein Traumbild zu erzeugen, um am Ende nur ein Parfüm oder eine Handtasche in einem Duty Free Store zu verkaufen, halte er weder für intelligent noch Kosten-effizient, so der Designer in einem weiteren Interview. „Wir verkaufen keinen Modetraum, wir verkaufen eine Realität.“

Erfolgreiche Rebellion gegen Branchenstandards

Anders als die etablierten Labels, veranstaltet Vetements deswegen anfangs nicht vier, sondern nur zwei Modeschauen im Jahr, und zwar zu einem früheren Zeitpunkt als der Wettbewerb. Daraus entstehen laut einer lesenswerten Analyse des Beratungsunternehmens Loose Threads gleich mehrere Vorteile. Da die Händler nach Darstellung Gvasalias in diesem Zeitraum 80 Prozent ihrer Budgets allokieren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Vetements in ihr Sortiment übernehmen.

Und weil Vetements‘ Zyklen länger sind, hängt die Kleidung des Labels im Vergleich zu anderen Marken des überhitzten Modezirkus‘ länger in den Läden. Dieser Umstand animiert nach Ansicht von Loose Threads die Händler dazu, eine aktivere Rolle im Verkauf der Stücke einzunehmen. Gleichzeitig senkt es die Wahrscheinlichkeit, dass die Marke in Schlussverkäufen verramscht wird, und steigert so für beide Seiten die Marge. Mit einer bewussten künstlichen Verknappung  gegenüber den Läden feuern die Vetements-Macher das exklusive Image ihrer Marke an: „Wir liefern immer weniger aus als Nachfrage besteht, damit wir immer ausverkauft sind“, so Guram Gvasalia. Im Laufe des Jahres 2014 gewinnt Vetements mit dieser Strategie zunächst 27 und dann 84 exklusive Luxusboutiquen als Handelspartner (heute sollen es mehr als 200 sein). Im September 2014 berichtet erstmals Vogue über die neueste Vetements-Kollektion.

Kanye West gießt Benzin ins Feuer

Im März 2015 besucht schließlich Kanye West mit einem übergroßen Kapuzenpulli von Vetements zwei Modeschauen während der Pariser Fashion Week. Für den HipHop-Superstar dürfte Vetements den optimalen Markenfit darstellen: eine Highfashion-Brand, die jung und extrem exklusiv ist, sich in ihrer Eigendarstellung als Zerstörer überkommener Branchenstandards versteht, dadurch nicht selten unverstanden ist und einen gewissen Outsider-Status innehat. Die Promotion durch West katapultiert Vetements in neue Sphären der Bekanntheit. „Die Zusammenarbeit mit dem Handel stellte die Zündung dar; Kanye goss Benzin auf das so entstandene Feuer“, schreibt Loose Threads.

 

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Und Vetements sorgt für weiteren Brennstoff. In den folgenden Monaten generieren die Markenmacher mit einer in der Modewelt so noch nicht gesehenen Strategie immer wieder öffentliche Aufmerksamkeit für Vetements. So wird Gvasalia nachgesagt, das Meme in die Mode gebracht zu haben. Bei Internet Memes machen sich Nutzer ein Motiv zu eigen und interpretieren dieses neu, indem sie es beispielsweise mit einem neuen begleitenden Text (einer „Caption“) versehen.

Die Branche kopiert sich selbst

Bereits der von Kanye in Paris getragene Vetements-Hoodie ist im Grunde eine solche Neuaneignung: Das Vetements-Logo sieht darauf auf aus wie von einer Metal-Band und die Oversized-Optik lässt West wie einen jener schüchternen Teenager wirken, die sich in ihrer Kleidung eher zu verstecken scheinen. Weil er und seine Begleitung, die isländische Sängerin Lorde, wie ein Goth-Pärchen aussehen, wird aus den beiden selbst eine Art Meme – „Goth Prom“ (hier eine Google-Suche mit diversen Ergebnissen dazu).

Vetements treibt hier das Meta-Spiel sogar auf die Spitze, indem sich das Label popkulturelle Phänomene oder andere Marken selbst aneignet. So bringt das Label beispielsweise Hoodies mit einem Logo im Look des Athleisure-Herstellers Champion auf den Markt – zum Preis von 800 US-Dollar. Auch von der Skater-Marke „Thrasher“ soll sich Vetements bereits früh das Logo angeeignet haben.

„Memebaiting“ zur Aufmerksamkeitsmaximierung?

Weltweit die größte Aufmerksamkeit dürfte das Label jedoch mit seinen Kleidungsstücken erzielt haben, die wie die Arbeitskleidung von DHL-Lieferanten aussehen, versehen mit dem entsprechenden Logo. Das DHL-T-Shirt in der Vetements-Variante kostet 245 Euro. Das sorgt natürlich für kontroverse Diskussionen. Weil Vetements den Redakteuren das Headline-Schreiben leicht macht, berichten Hunderte von Medien über das Stück. Wegen der Vielzahl von Reaktionen schreibt der Guardian von „der größten Story des Jahres 2016 in der Modebranche“. Später bringt Vetements gemeinsam mit DHL eine gesamte Kollektion heraus.

 

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In der Folge fällt in der Modebranche im Zusammenhang mit Vetements der Begriff „Memebaiting“. Dabei legt der „Baiter“ bewusst einen Köder aus, damit andere sich seine Inhalte oder sein Produkt ebenfalls aneignen – und so möglicherweise weiter verbreiten. Ein 23-Jähriger kopiert gar in einer ironischen Geste Vetements und verkauft über das Netz Kleidung mit dem Aufdruck „Vetememes“.

Dreist oder Geniestreich?

Bei Balenciaga setzt Demna Gvasalia die Strategie des Memebaiting noch auf einem höheren Niveau fort. Den größten Erfolg erzielt er sicherlich mit einer Kopie der Ikea-Tasche Frakta – jenes unförmigen, blauen Kunststoffbeutels, den das schwedische Möbelhaus für 50 Cent verkauft. Die Lederversion von Balenciaga schlägt mit über 2.000 Euro zu Buche. Gvasalias Idee schlägt eine Lawine an Reaktionen los, die von Empörung bis Belustigung reichen.Ein Thread bei der Social Community Reddit erhält 28.000 Upvotes und mehr als 2.000 Kommentare. Ikea reagiert auf die Balenciaga-Kopie mit einer augenzwinkernden Gegenkampagne. Es dürfte kaum einen Nutzer geben, dem die Geschichte im April 2017 nicht irgendwann einmal in die Feeds seiner Social-Media-Profile gespült worden ist.

 

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Im Hinblick auf Memebaiting ist Gvasalia mit dem Ikea-Coup sein Meisterstück gelungen: Weltweit begeistern sich User ironisch darüber, mit der Ikea-Tasche das Original eines Haute-Couture-Artikels zu besitzen. Manche kreieren aus dem blauen Kunststoffmaterial neue Artikel, die sie über ihre Social-Media-Profile posten: Bustiers, Sneaker, Gesichtsmasken und Tanga-Slips beispielsweise. Aus Marketing-Sicht zeigt sich hier exemplarisch, wie sich mit Memebaiting eine enorme Aufmerksamkeit generieren lässt. Dass Gvasalia auf eine solche Entwicklung bewusst abgezielt haben könnte, deutet ein Text von ihm bei Business of Fashion an. Er habe die Ikea-Tasche wegen ihres Preises und ihrer Größe während seines Studiums selbst genutzt, schreibt er dort. Etwas eigentlich so Günstiges als Luxusartikel auf den Markt zu bringen, habe er teilweise als ironische Geste gemeint. „Aber es ist auch authentisch, und deswegen ist das ganze Internet damit voll. Die Menschen können sich dazu in Verbindung setzen.“

Marketing mit den Kopien billiger Taschen

Mit dieser Ambivalenz zwischen Ironie und Authentizität vergrößert Gvasalia zudem die Zielgruppe seiner Produkte. Je nach Gusto kann der Käufer die Stücke als „ironisch“ oder „authentisch“ feiern – oder als ultimative Form der Dekadenz. Für eine bestimmte Klientel mag eine Marke vielleicht besonders attraktiv werden, wenn diese es ihr „ermöglicht“, für Symbole der „Unterklasse“, teilweise vielleicht sogar des Prekariats, unverhältnismäßig hohe Summen auszugeben – und so ihren sozialen Status nach außen zu tragen.

Das Ikea-Muster wendet Gvasalia auf diverse weitere Stücke an, die Balenciaga unter seiner Ägide auf den Markt bringt. So verkauft Balenciaga eine Tasche, die wie eine günstige thailändische Einkaufstasche aussieht. Eine, die an  jene Monstren aus durchsichtigen Plastik, in denen Senioren ihre Bettdecken aufbewahren, erinnert. Eine Ledertasche, die wie eine kostenlose Papier-Einkaufstasche aus einer Balenciaga-Boutique anmutet. Eine Tasche, die den Look einer Edeka-Einkaufstüte kopiert.

Memebait-Schuhe verkaufen sich hervorragend

Als Gvasalia mit Balenciaga im vergangenen Sommer Platform-Crocs auf den Markt bringt, stellt sogar die Viral-Community 9Gag öffentlich die Frage, ob Balenciaga mit Absicht zum Meme verkommen möchte. Und der angesehene Sneaker- und Streetwear-Blog Highsnobiety fordert in einem Meinungsstück auf: „Let’s Stop Pretending Balenciaga’s Meme-Bait Is Cool„.

is Balenciaga trying to become a meme on purpose?

Posted by 9GAG on Monday, October 2, 2017

Gvasalia dürfte das wenig jucken: Offenkundig kann Balenciaga aus der Strategie des Memebaiting einen enormen wirtschaftlichen Vorteil ziehen. Auch, weil es dem Unternehmen gelingt, den Effekt ebenfalls für Produkte zu nutzen, die sich wirklich massenhaft verkaufen: Schuhe. Als Balenciaga im November 2016 den Speed Trainer in den Markt bringt, schreibt ein Sneaker-Blog: „Das ist eine Socke mit einer Sohle für 500 US-Dollar.“ Ein Reddit-Nutzer postet seine selbst gebastelte, deutlich günstigere Version, die aus einer Socke und ein paar Taschentüchern besteht. Doch ein knappes Jahr später vermeldet Quartz: Die Speed Trainer sind „die hottest Sneakers in Fashion„. Bei Lyst zählten die Speed Trainer in den zurückliegenden drei Quartalen zu den zehn meist gesuchten Produkten.

Absetzen durch Hässlichkeit

Das Spiel wiederholt sich wenig später, als Balenciaga den Triple S vorstellt: ein äußerst klobiges Sneaker-Modell mit drei Sohlen. Erneut greifen Medien die Verwunderung der Nutzer über das Design auf. Manche Nutzer erinnert der Triple S an Schuhe, die ihr Vater in den 90er Jahren bei Walmart gekauft hat. Ein Video des Sneakerblogs Hypebeast mit dem Titel „What People Actually Think of the Balenciaga Triple S Trainer“ hat mehr als eine Million Views bei Youtube. Und doch sind die Schuhe vielerorts schnell ausverkauft; nach subjektivem Gefühl ist ganz Instagram damit zugepflastert. Laut High Snobiety sollen die Triple S 2017 den Luxus-Sneaker-Markt dominiert haben.

Möglicherweise profitiert Balenciaga hier von einem weiteren Effekt: Anders als die Looks von Gvasalias Vorgänger Alexander Wang, die meist eher elegant und in gedeckten Farben gehalten sind, fallen viele der neuen Entwürfe durch kräftigere Farben und ungewöhnliche Schnitte und Designs auf. Für Käufer, die sich von Luxusmarken soziales Prestige erwarten, dürfte es essenziell sein, dass die Luxusartikel als solche zu erkennen sind (etwa mit einem Logo) und direkt ins Auge fallen. Erst so wird das, was der Soziologe Pierre Bourdieu den „Distinktionsgewinn“ nennt, möglich.

„Lass mich mich besonders fühlen“

Die Luxusbranche habe sich „unglücklicherweise“ verändert, so Demna Gvasalia gegenüber der Financial Times. Der Schwerpunkt habe sich von Qualität und Handwerkskunst auf die Einzigartigkeit des Produktes verlagert. „Die jüngere Generation sucht eher nach etwas, das herausragt und sie sich besonders fühlen lässt, als nach etwas, das  eine besondere Fertigung aufweist, so wie das bei einigen althergebrachten Marken ist.“

Die Entwicklung der Verwendung des Hashtags #balenciaga auf Instagram – die Daten für den Mai sind aktuell noch nicht vollständig (Quelle: InfluencerDB)

Anders als viele Mitbewerber aus der Luxus-Branche, die mit einer alternden Zielgruppe kämpfen, gelingt es Balenciaga offenkundig, die junge Generation zu erreichen. 65 Prozent der Käufer seien Millenials, so CEO Cédric Charbit gegenüber der FT. Die dürfte Balenciaga vor allem auch über Instagram erreichen. Mit der Einstellung von Gvasalia schnellte die Verwendung des Hashtags #balenciaga auf Instagram in die Höhe. Das zeigt eine exklusive Auswertung des Instagram-Analytics-Tools InfluencerDB für OMR. Gab es im September 2017 noch rund 3.000 Instagram-Posts zum Hashtag #balenciaga, so stieg diese Zahl innerhalb von acht Monaten auf 14.000.

Die fünf  meist gelikten Posts, die den Balenciaga-Instagram-Account vertaggt haben, stammen von Kylie Jenner und Kim Kardashian (Quelle: InfluencerDB)

High-Profile-Influencer sorgen für den letzten Push

Prominente Influencer wie Kim Kardashian (bekanntermaßen verheiratet mit Gvasalia-Fan-der-ersten-Stunde Kanye West) und Kylie Jenner sorgen für eine massive hochqualitive Aufmerksamkeit. Laut InfluencerDB-Analyse hat Balenciaga in den vergangenen vier Monaten regelmäßig wöchentlich Posts mit einem Gesamt-Media-Gegenwert von mehr als einer Million US-Dollar verzeichnet.

Die Entwicklung der Audience des Instagram-Accounts von Balenciaga (Quelle: InfluencerDB)

Durch die Verjüngung der Zielgruppe habe sich auch das Pricing von Balenciaga verändert, so CEO Charbit gegenüber der Financial Times. „Das ist vielleicht nicht die Generation, die 3.000 US-Dollar in eine Jacke investiert. Aber möglicherweise kaufen sie ein T-Shirt für 450 US-Dollar.“ Das nächste Balenciaga-Produkt, das auf diese Zielgruppe abzielt, steht kurz vor dem Launch: ein bislang unbenannter Sneaker, dessen Design an jenes von Wander-Turnschuhen erinnert.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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