Ein Kissen für die Badewanne: Wie das Startup Badesofa jetzt auch die USA erschließen will

Torben Lux3.3.2023

Die Gründerinnen Annika Götz und Natalie Steger setzen mit ihrem D2C-Nischenprodukt bereits Millionen um

Badesofa

An ungewöhnlichen Produkten hat es der D2C-Branche noch nie gemangelt; Anfang 2020 haben Annika Goetz und Natalie Steger sie um eine zusätzliche Variante erweitert: Unter der Marke Badesofa verkaufen sie Kissen für die Badewanne. Zwei Jahre nach Launch machen sie bereits einen Umsatz im siebenstelligen Bereich, sind von Anfang an profitabel. Und obwohl auch sie aktuell wirtschaftlichen Gegenwind spüren, expandiert das Startup jetzt in die USA. Im Gespräch mit OMR verraten sie, weshalb sie Übersee dem europäischen Ausland vorziehen und welche Marketing-Kanäle sich für ein Badewannen-Kissen am besten eignen.

Am Anfang geht es eigentlich nur darum, ein persönliches Problem zu lösen: Badewannen sind immer ungemütlich, richtige Entspannung kommt nur schwer auf bei harten Rändern. Es müsste ein Kissen geben, das man einfach mit ins Schaumbad nehmen kann. So ähnlich dürften die Gedankengänge bei den Freundinnen Annika Götz und Natalie Steger 2019 ausgesehen haben. Dank beruflicher Erfahrungen in der Produktentwicklung innerhalb der Textilbranche legen sie einfach mal los. Am Küchentisch entstehen erste Entwürfe. Und weil der Prototyp im Bekanntenkreis dann auf großes Interesse stößt, starten Götz und Steger eine erste kleine Serienproduktion in einem Kölner Hinterhof.

Der Launch eines eigenen auf Shopify aufgesetzten Online-Shops folgt wenige Monate später. Zu einem Zeitpunkt, der den gesamten Online-Handel beflügelt. „Wir sind 2020 mit Corona gestartet“, erklärt Natalie Steger. „Das war für uns in der Rückschau wirklich eine Glückssituation. Weil die Leute zu Hause waren und das Produkt den Zeitgeist getroffen zu haben scheint.“

Corona, Magazine und die Höhle der Löwen

Das spiegelt sich dann auch schnell in viel Presse wieder; eine Reichweite, die sich das junge Startup in Mediabudget umgerechnet nie hätte leisten können. „Wir hatten das Glück, dass wir gerade am Anfang viele redaktionelle Erwähnungen in Magazinen wie Bunte und Gala bekommen haben,“ so Gründerin Steger. Da erreicht Badesofa mit seinem Kissen – später folgen Kissen für die Sauna – nicht nur eine für das junge Unternehmen extrem spannende Zielgruppe, sondern steigert auch allgemein die Bekanntheit der Marke. Sicher kein Nachteil, wenn man sich beim größten Gründungs-Format im deutschen Fernsehen bewerben will.

Das Haupt-Produkt von Badesofa: ein Kissen für die Badewanne.

Mitte 2021 treten die Gründerinnen Annika Götz und Natalie Steger mit Badesofa in der neunten Staffel von „Die Höhe der Löwen“ bei Vox auf. Ralf Dümmel steigt ein, erhält den Zuschlag für 150.000 Euro für 15 Prozent am Unternehmen. Auch wenn der Deal nach der Ausstrahlung offenbar doch nicht zustande gekommen ist: Der PR-Effekt ist enorm und DHDL-Startups fast schon eine eigene Kategorie innerhalb der deutschen Gründerszene. Und statt Dümmel stieg dann laut Handelsregister die ies Capital GmbH aus Köln ein. 20 Prozent der Anteile hält Martin Steger, ein „Anteilseigner aus dem Familienkreis“.

Die ersten großen Herausforderungen für Badesofa

Das Momentum und den zwischenzeitlichen PR-Buzz um Marke und Produkt will Badesofa nutzen – und das gelingt auch bis Anfang 2022. „Im vergangenen Jahr hat sich dann natürlich einiges geändert“, sagt Annika Götz. „Der Krieg in der Ukraine, steigende Energiekosten, eine allgemeine Verunsicherung und keine Corona-Maßnahmen mehr. Seitdem fällt es uns auch nicht mehr so leicht wie vorher zu wachsen, und wir müssen deutlich mehr in Marketing investieren, um den Vorjahresumsatz zu erreichen.“

Mitten in dieser Phase und einem in der gesamten D2C-Branche spürbaren Abschwung geht Badesofa dennoch den nächsten Schritt. Seit November vergangenen Jahres verkauft das Startup seine Produkte auch in die USA. „Wir haben uns natürlich gefragt, mit welchen Maßnahmen wir weiterhin wachsen können. Wir sind noch so jung und wollen weiter skalieren. Und eine Option war die Expansion in weitere Länder“, erklärt Annika Götz. Aber warum gleich die USA und nicht das europäische Ausland? „Durch viele Gespräch, eigene Reisen und Feldforschung haben wir früh ein großes Potenzial in den USA identifiziert“, so Götz. Das Land habe eine ähnliche Badekultur wie Deutschland und eine hohe Verbreitung von Badewannen.

Erste Schritte in den USA

Vorher hatten die Gründerinnen es aber auch schon in anderen Ländern probiert und mit Performance Marketing in Europa gestartet. „Wir haben Ads auf französisch übersetzt und mit den englischen Varianten die Niederlande, Belgien und Skandinavien getargetet“, sagt Natalie Steger. „Vor allem Skandinavien war aber definitiv kein Erfolg. Und auch Frankreich hat nicht so gut funktioniert.“ Der DACH-Raum ist bis heute der stärkste Markt; Niederlande, Belgien Luxemburg sollen ebenfalls gut performen.

Den Start in den USA geht Badesofa ähnlich wie den in Deutschland vor mehr als zwei Jahren an. Parallel verkauft das Start sowohl über den eigenen Online-Shop, als auch über Amazon. Ganz pragmatisch haben wir in einem ersten Schritt unseren Shop auch für Bestellungen aus den USA zugänglich gemacht und mit Shopify Markets zum Beispiel Zahlungen mit US-Dollar ermöglicht“, erklärt Annika Götz.

Die Gründerinnen von Badesofa: Natalie Steger (links) und Annika Götz.

Das Fulfillment läuft weiterhin von Deutschland aus, produziert wird bei einem Familienbetrieb in Polen. „Wir haben direkt Agenturen für Performance Marketing und Amazon ins Boot geholt, außerdem eine PR-Agentur, die sich um Influencer Marketing kümmert“, so Götz. „Anfangs war das vor allem ein Vorfühlen – um zu schauen, wie die Story und wir dort ankommen. Und natürlich schalten wir auch Google Ads und probieren uns bei Pinterest aus. Wir versuchen schon, alle Kanäle direkt anzuwerfen, wenn auch mit einem sehr kleinen Budget.“

Luxusprobleme und prominente Fans

Eine Erkenntnis, von der vermutlich jeder Online-Händler im Normalfall träumt, stellt Badesofa vor Herausforderungen: Die Warenkörbe sind höher als erwartet. Und das sorge für höhere Lieferkosten als im Vorfeld kalkuliert. „Wir sind vom europäischen Markt ausgegangen“, erklärt Natalie Steger. „Und unser stärkstes Produkt ist hier das kleinste Rückenkissen. In den USA wird aber zum Beispiel gerne das große Kissen im Set mit einem Fußkissen gekauft.“

Anfangs hätten sich die Gründerinnen erst einmal über die großen Warenkörbe gefreut. „Letztendlich hat uns das aber eigentlich nicht so gut getan“, gibt Steger zu. Dennoch sei es extrem hilfreich, einen Markt einfach mal testen zu können, ohne direkt eine Niederlassung zu gründen. „Jetzt haben wir einen guten Eindruck, welche Produkte in den USA gut ankommen und in welchen Bundesstaaten wir gut verkaufen“, sagt sie. Und mindestens einen prominente Fan gebe es auch schon: Über Instagram habe sich Rumer Willis, die Tochter von Bruce Willis, gemeldet. „Das ist natürlich schön, wenn man merkt, wo der Markteintritt überall bereits angekommen ist. In den USA ist auf jeden Fall Musik drin“, sind die Gründerinnen überzeugt.

Wie es für Badesofa weitergehen soll

Trotz der für das junge Unternehmen überraschend hohen Konsumfreudigkeit und den damit verbundenen Herausforderungen in den USA soll der Markt in den kommenden Monaten weiter bearbeitet werden. Langfristig sei auch eine Produktion vor Ort denkbar, einen guten Kontakt gebe es bereits. Und auch ein kleines Team soll dort aufgebaut werden. Bisher wickeln das gesamte Geschäft die 14 Mitarbeitenden in Köln ab. Bei all den anstehenden Aufgaben dürfte das Förderprogramm des German Accelerators zumindest eine Stütze sein: „Da hatten wir uns parallel zum Launch in den USA drum gekümmert. Das hilft gerade bei einem kleinem Team, wie wir es sind, schon sehr“, stellt Annika Götz fest.

Zusätzlich zu den zwei Hauptprodukten, einem Kissen für die Badewanne und einem für die Sauna, könne sich das Startup auch eine Erweiterung der Produktpalette vorstellen. „Ein Sommer-Produkt, das unsere Kernkompetenz mitbringt“, so Götz. „Wir sind seit Tag 1 profitabel und sind so aufgestellt, dass wir weiterhin profitabel wachsen“, ergänzt Natalie Steger. Einen Umsatz im „guten siebenstelligen Bereich“ erwirtschafte das junge Unternehmen derzeit, bei einer zweistelligen Gewinnmarge. Rund 20 Prozent des Umsatzes fließen ins Marketing, vor allem Instagram und Facebook, aber auch Google, Pinterest und Influencer Marketing. Ein großer Teil des Umsatzes werde übrigens im vierten Quartal generiert. „Es gibt einen kontinuierlichen Umsatz, der ok ist. Was aber wirklich sehr gut funktioniert, ist die Geschenke-Zeit im vierten Quartal. Das ist unsere Hauptsaison“, erklärt Natalie Götz. „Jetzt wollen wir den Rest des Jahres stabiler aufstellen.“

BadesofaGerman AcceleratorInternationalisierungShopify
Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

Alle Artikel von Torben Lux

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel