Warum dieser Ex-Gutschein-Affiliate heute in einer ukrainischen Telenovela mitspielt

Martin Gardt20.10.2017

Axel Hesse hat mit Gutscheinpony viel Geld verdient. Was treibt er heute in Kiew?

Axel Hesse
Axel Hesse
Inhalt
  1. In der Hochphase der Gutschein-Affiliates mit dabei
  2. Gutscheinpony: Ein Streit bringt das Aus für Axel Hesse
  3. Schon immer Rampensau
  4. Schrauben an der Personal Brand im Ausland
  5. Neues Projekt: Livestreaming aus der Ukraine

Axel Hesse war eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Affiliate-Marketings, zeigte offensiv sein Luxusleben und war „Secret Millionaire“ für RTL. Aber was ist seit dem erzwungenen Ausstieg bei seinem Affiliate-Unternehmen Gutscheinpony aus ihm geworden, warum trägt Axel Hesse statt akkurater Frisur heute Rauschebart und was macht er plötzlich als Schauspieler in einer ukrainischen Telenovela?

„Ich muss nicht zwingend in Kalifornien leben. In der Ukraine gibt es auf jedes Problem direkt einen Lösungsansatz. Das liebe ich“, sagt Axel Hesse zu OMR. Er lebt mittlerweile in der ukrainischen Hauptstadt Kiew und versucht dort mit seiner Livestreaming-App Vyda in einem umkämpften Business Fuß zu fassen.

In der Hochphase der Gutschein-Affiliates mit dabei

Bekannt wird Axel Hesse in der deutschen Unternehmer-Szene ab 2009 durch Gutscheinpony. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Markus Lichtenheldt hatte er die Affiliate-Plattform Ende 2008 gegründet. „Der Name sollte zu meinem Charakter passen und zeigen, dass das Produkt den Leuten Freude bereitet“, sagt er. Das Prinzip: Der Kunde findet auf der Gutschein-Plattform einen Rabatt und gelangt darüber auf die Seite des Online-Shops. Bei Zustandekommen einer Bestellung gibt’s eine Provision für das Gutschein-Portal.

Ob solche Plattformen wirklich neue Kunden bringen, oder zumindest für Conversions sorgen, die ohne sie nicht stattgefunden hätten, wird in der Branche immer wieder kritisch diskutiert. Zumindest in der Anfangsphase funktionierte das Geschäftsmodell wohl sehr erfolgreich. „Das war eine Gelddruckmaschine“, sagt Hesse zu OMR. „2013 lagen wir bei 150 Millionen Euro Außenumsatz und 4,5 Millionen intern.“

Gutscheinpony: Ein Streit bringt das Aus für Axel Hesse

Das Jahr 2013 bedeutet dann aber einen Wendepunkt für den gebürtigen Hamburger. Bis dahin hatte er Gutscheinpony vor allem auch durch seine etwas andere Art, Auftritte in TV-Shows und ein Videoformat bei Gründerszene immer bekannter gemacht. „Es hat jeder immer mit mir auch die Firma assoziiert. Und das überwiegend positiv“, sagt er. Bis heute ist nicht ganz klar, warum Hesse 2013 als Geschäftsführer von Gutscheinpony abgesetzt wird. Er selbst spricht damals von „Enteignung“, und dass sich im Investorenkreis Pärchen gebildet hätten.

Im Gespräch mit OMR legt er noch einen drauf: „Wir haben die Firma verloren, indem Menschen Urkunden gefälscht haben und damit zum zwielichtigen Notar ihres Vertrauens gegangen sind. Die haben uns dann von den Konten ausgeschlossen.“ Er habe seine positive Art auf andere Menschen projiziert und sei enttäuscht worden. Heute ist Juergen von Schwerin Chef der MenschDanke GmbH, die noch zu Hesses Zeiten aus dem Zusammenschluss von Gutscheinpony und dem Affiliate-Portal Schnäppchenfuchs entstanden war.

Schon immer Rampensau

2013 ist insgesamt ein ereignisreiches Jahr für Axel Hesse. Er verliert nicht nur seinen Geschäftsführer-Posten sondern zeigt in einer Fotoserie bei Gründerszene offensiv sein Luxusleben und tritt in der RTL-Show „Secret Millionaire“ auf. „Das war teilweise plumper Quatsch, aber das hat Gutscheinpony extrem Traffic gebracht“, sagt Hesse zu OMR. Vor allem die RTL-Sendung hätte für Traffic-Explosionen gesorgt, die mit den Ergebnissen heutiger Startup-Auftritte bei „Die Höhle der Löwen“ vergleichbar seien.

Axel Hesse 2013

So inszenierte sich Axel Hesse noch 2013.

Für ihn habe seine offensive Art und die Inszenierung als Gesicht seiner Unternehmen immer ganz gut funktioniert. Warum man in Deutschland trotzdem eine Weile nichts mehr von Axel Hesse gehört hat? In den letzten vier Jahren hat er seinen Lebensmittelpunkt in die ukrainische Hauptstadt Kiew verlegt. Auch sein Stil hat sich gewandelt. War er früher oft mit gegelten Haaren und rosa Hemden zu sehen, wirkt er heute mit seinem langen Bart eher wie ein älterer Hipster.

Schrauben an der Personal Brand im Ausland

Offenbar gut angekommen ist sein Look bei den Produzenten der wohl erfolgreichsten Telenovela der Ukraine: „Kiev Day and Night“. Die Sendung ist das Lizenz-Format von „Berlin Tag & Nacht“, einer erfolgreichen Trash-Soap auf RTL II. „Ich kenne einen der Hauptdarsteller, und der hat mich mit der Produzentin in Verbindung gebracht“, sagt Hesse. „Schauspielern macht mir aktuell viel Spaß und die Show bringt ja Aufmerksamkeit und die ist neben Euro, Dollar und Yen eben eine globale Währung, die immer wertvoller wird – aber auch immer schwerer zu bekommen.“ Er spiele einen ausländischen Gründer, der in Kiew seine große Liebe sucht. „Ich habe ja kein schauspielerisches Talent, sondern mache in der Show einfach das, was ich mein ganzes Leben schon gemacht habe. Und das interessiert die Leute: Warum kommt jemand aus Deutschland in ein Land, aus dem eigentlich alle weg wollen?“

Axel Hesse

Mittlerweile platziert sich Axel Hesse lieber als hipper Business-Typ.

Axel Hesse spielt also sozusagen sich selbst und will jetzt intensiv Russisch lernen. Das soll dann dabei helfen, seine Personal Brand auch in der Ukraine und Polen zu pushen: „Ich werde jetzt wieder mit Youtube anfangen – für die Ukraine, Polen und Deutschland habe ich schon ein paar Formate im Kopf. Und Instagram ist bei mir im Fokus.“ Er platziert sich vermehrt als Speaker, Motivator und Business Coach. Derzeit mache vor allem sein Gastdozenten-Job an der Technischen Universität von Kiew viel Spaß.

Neues Projekt: Livestreaming aus der Ukraine

Sein eigentliches Projekt, das er derzeit wieder mit seinem langjährigen Geschäftspartner Markus Lichtenheldt umsetzt, ist die Livestreaming-App Vyda. „Das war ein langer Findungsprozess“, sagt Hesse. Zuerst habe er mit Cluelist eine App entwickelt, die Nutzern zeigen sollte, welche Events in der Umgebung derzeit anstehen. Später sollten die Nutzer darüber auch Gästelisten-Plätze im Stile von Open Table für Restaurants buchen können. „Das hat mit Großraum-Diskos auch funktioniert, aber viele Club-Betreiber sind nicht besonders professionell aufgestellt.“ Daraus sein dann aber die Livestreaming-Idee entstanden: „Wie wäre es, wenn du schon vor dem Losgehen schauen könntest, was im Club so los ist?“

Das derzeit geplante Consumer-Produkt der mittlerweile Vyda genannten App ist zeitgleiches Livestreaming zu verschiedenen Plattformen wie Facebook, Youtube, Younow, Periscope & Co. Laut Hesse kommt die App auf insgesamt 780.000 Downloads und ist in 19 Sprachen verfügbar. „Der Fokus liegt aber ganz klar auf B2B“, sagt Hesse. Versicherungen zum Beispiel sollen Livestreaming dafür einsetzen, um Betrug aufzuklären und Schadensregulierung vorzunehmen, ohne vor Ort sein zu müssen. Auch im HR-Bereich wolle er Livestreaming pushen: „Wer unsere Technologie nutzt, kann extrem viel sparen.“ Allerdings findet sich Axel Hesse mit Vyda in einem extrem umkämpften Markt wieder, auf dem sich große Player wie Facebook, Google, Microsoft und viele andere tummeln.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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