- Neue Nutzer für Mobile Apps zu gewinnen, kostet Spiele-Publisher viel Geld und ist das A und O der ganzen Branche. Rund um Nutzer-Akquise hat sich eine ganze Industrie mit Superstars wie Hitfox angesiedelt. Ein Service aus den USA schlüsselt jetzt auf, wie viel bezahlt wird
- Analyse-Tool für die neue Konkurrenz
- So viel zahlen Goodgame Studios & Co.
- Ein neues Business ist entstanden
Neue Nutzer für Mobile Apps zu gewinnen, kostet Spiele-Publisher viel Geld und ist das A und O der ganzen Branche. Rund um Nutzer-Akquise hat sich eine ganze Industrie mit Superstars wie Hitfox angesiedelt. Ein Service aus den USA schlüsselt jetzt auf, wie viel bezahlt wird
Für App-Entwickler ist der Konkurrenzkampf so groß wie nie. Gleichzeitig explodieren die Umsätze. Vor allem mobile Games sind ab einer gewissen Nutzerzahl extrem profitabel. Gartner schätzt, dass der Umsatz mit Apps in diesem Jahr auf 45 Milliarden US-Dollar steigen wird, allein 25 Milliarden davon sollen mit Mobile Games gemacht werden. Mit den Einnahmen steigen aber natürlich auch die Kosten für die Nutzer-Akquise – und die Unsicherheit, welche Marketing-Maßnahmen funktionieren. Profi-Publisher wissen recht gut, was sie pro Kunde ausgeben können. Dennoch fragen sich natürlich alle, wo der Wettbewerb akquiriert, welche Kanäle noch passen könnten und wie das Preisgefüge im Markt ist. Am besten ließen sich diese Fragen beantworten, wenn die Top-Player der Branche wie Goodgame Studios und Innogames aus Deutschland oder internationale Entwickler wie Machine Zone (Game of War), Supercell (Clash of Clans) und King.com (Candy Crush) etwas mehr über ihre Nutzer-Akquise verraten würden. Tun sie aber nicht. CPIs (Cost per Install) sind das bestgehütete Geheimnis der Szene. Das will nun das US-Start-up Appscotch ändern und Daten über die Marketing-Aktivitäten großer Mobile-Games-Publisher liefern. Wir haben uns das mal angeschaut.Letzte Woche erst startete der neue Service Appscotch in den USA. CEO Andrey Kazakov ist mit seinem Team aus Russland nach San Francisco gezogen und will die „Black Box“ bezahlte Nutzer-Akquise transparent machen. Das dürfte aber nicht so einfach werden. Die Kosten für neue Nutzer halten die Mobile Publisher streng geheim. Auch wir haben verschiedene deutsche Unternehmen befragt und keine genauen Angaben zu den CPIs erhalten. Die Geheimniskrämerei ist jedoch nachvollziehbar, denn die Daten erlauben tiefe Einblicke in die Profitabilität der Apps und wie gut das Marketing funktioniert. CEO Kazakov erklärt, dass viele Entwickler mit Deals und Lizenzvereinbarungen den CPI drücken können, andere sind in Nischen erfolgreich oder gut in Social. Diese bräuchten oft gar keine neuen Nutzer einkaufen. Viele verlieren bei der großen Anzahl der Werbekanäle die Übersicht, hier kann Appscotch helfen: „Mit unserem Produkt kannst du den Marktwert von Nutzern und die Konkurrenz bestimmen“, so Kazakov.
Analyse-Tool für die neue Konkurrenz
Das Tool von Appscotch soll jetzt also entscheidende Daten liefern: CPIs, Publisher, Werbekampagnen und -netzwerke. Alles aufgeschlüsselt für jede bekannte kostenlose Spiele-App. Denn hier wird das große Geld ausgegeben. Der Dienst läuft derzeit in einer Beta-Phase. Geld verdienen will das Start-up zum Beispiel mit dem „Unlimited Plan“, einem kostenpflichten Upgrade mit mehr Funktionen. Wer das Geld ausgibt, kann die Performance der App eines Konkurrenten ganz genau tracken. Aber wie kommt Appscotch an die Informationen? CEO Andrey Kazakov erklärt: „Die großen Publisher sagen gar nichts, aber kleine aufstrebende Konkurrenten erzählen uns gern, was sie ausgeben.“ Im Gegenzug bekämen diese kleinen Partner kostenlos Zugang zum Datenpool von Appscotch. Aus CPIs der kleinen Publisher, Auftragsvolumina und weiteren Daten erstellt das Start-up eine Hochrechnung auf die CPIs der Big Player. Die Abweichung soll bei nicht mehr als zehn Prozent liegen.
Das Ganze ist also ganz und gar nicht perfekt, aber das Team füge ständig neue Daten ein, so Kazakov. Für die Zielgruppe dürfte der Datenschatz sehr wertvoll sein. App-Entwickler – vor allem ohne Marketing-Erfahrung – wissen nicht, über welche Kanäle sie welche Beträge investieren sollten. Da reichen die Näherungswerte von Appscotch im Zweifel zur Orientierung aus. Das Tool zeigt außerdem einzelne Kampagnen mit den eingesetzten Bannern und Videoclips, sowie die Anzahl von Impressions der Werbemittel – gute Anhaltspunkte für die Planung der eigenen Marketing-Strategie.So viel zahlen Goodgame Studios & Co.
Wir haben uns mal mit den Daten von Appscotch beschäftigt und zeigen, wie viel die Publisher für neue Nutzer ausgeben. Besonders spannend: die deutschen Top-Entwickler. „Empire: Four Kingdoms“ heißt der Top-Titel von Goodgame Studios. Das Strategie-Spiel für iOS und Android ist kostenlos, Geld sammeln die Entwickler über In-App-Käufe – so wie auch die umsatzstärksten Spiele Clash of Clans oder Candy Crush. Jeder Nutzer ist also potenziell viel Geld wert. Empire: Four Kingdoms zählt mittlerweile 47 Millionen Spieler und war 2014 die weltweit umsatzstärkste App aus Deutschland. Die Daten von Appscotch zeigen, dass Goodgame Studios vor allem auf die Werbeplattformen Vungle (etwa 87 Prozent der Nutzer-Impressions kommen über Vungle-Kampagnen) und AdColony (knapp 12 Prozent) setzt. Beide sind auf 15-Sekunden-Werbevideos in kostenlosen Apps spezialisiert. Pro Installation zahlt Goodgame Studios laut Appscotch knapp sechs US-Dollar. Publisher, die dem Spiel die meisten neuen Nutzer bringen, sind zum Beispiel die kostenlose Variante von „Fruit Ninja“, das Billardspiel „8 Ball Pool“ und „Dumb Ways To Die“, ein witziges Sicherheits-Lernspiel der Melbourner Metro (das ist wirklich eine Kampagne der Transportgesellschaft dort). Zum besseren Verständnis: Diese genannten Publisher arbeiten also z.B. aktiv mit Vungle oder Adcolony zusammen und werden darüber an Firmen wie Goodgames vermittelt.
Etwas weniger zahlt angeblich Konkurrent Innogames für neue User seines Spiels „Forge of Empires“. Laut eigenen Angaben hat das Spiel gerade einen Gesamtumsatz von 100 Millionen Euro geknackt – bei Entwicklungskosten von einer Million. 25 Millionen Spieler sollen aktiv dabei sein. Pro neuer Installation zahlt Innogames laut Appscotch etwa drei US-Dollar an andere App-Entwickler. Auch Innogames spielt die meisten Kampagnen über AdColony (knapp 84 Prozent Nutzer-Impressionen) und Vungle (knapp 10 Prozent). Wie passend übrigens, dass die Werbe-Kampagnen am besten in der App „Billionaire“ funktionieren. Wie niedrig oder hoch die CPIs der deutschen Entwickler sind, zeigt sich am Vergleich mit anderen sehr erfolgreichen Apps. Machine Zone lässt sich neue Nutzer für das derzeit umsatzstärkste Mobile Game in den USA „Game of War – Fire Age“ um die 20 US-Dollar kosten. Das ist für die Entwickler aber kein großes Problem: Laut der Analyseseite Thinkgaming setzt das Spiel pro Tag allein mit iOS-Nutzern in den USA über 1,3 Millionen US-Dollar um. Die CPI von Supercells „Clash of Clans“ liegt laut Appscotch zwischen vier und acht US-Dollar, „Candy Crush Saga“-Nutzer kosten etwa drei US-Dollar.Ein neues Business ist entstanden
Wo große Entwickler viel Geld ausgeben, können andere, kleinere Entwickler verdienen. Appscotch schlüsselt auch auf Publisher-Seite auf, wer für die meisten Ad-Impressions sorgt. Ganz vorn dabei ist das angesprochene Billard-Spiel „8 Ball Pool“ von Miniclip.com, in dem insgesamt 104 Kampagnen ausgespielt werden. Einige Spiele wie das angesprochene „Billionaire“ sind gleichzeitig Advertiser und Publisher. So spielen sich die kostenlosen Spiele neue Nutzer hin und her und begründen im Vorbeigehen ein eigenes Business, dass Appscotch jetzt transparenter machen will.
Neue Ad-Netzwerke wie Vungle, Applovin, AdColony und InMobi bestimmen heute den Verkauf neuer Nutzer. AdColony, nach eigenen Angaben das größte Netzwerk für Werbevideos in Apps, wurde Mitte letzen Jahres für 350 Millionen US-Dollar von Opera (die machen den Browser) gekauft. Der große Konkurrent in Sachen mobiler Werbevideos Vungle sammelte bisher über 25 Millionen US-Dollar Investments ein – unter anderem von AOL Ventures und Google Ventures. Die Retargeting-Experten von Applovin wurden kürzlich von Forbes zur Nummer 8 der vielversprechendsten US-Companys gewählt – das Unternehmen hat Ende 2014 auch das deutsche Werbenetzwerk Moboqo gekauft.