Von null auf 15 Millionen Gewinn in nur zwei Jahren – Kann das wirklich sein?

Torben Lux22.8.2014
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Inhalt
  1. Das Berliner Startup Hitfox überraschte 2013 mit einem unglaublichen Ergebnis. Wir wollten mehr wissen.
  2. Ein holpriger Start und Zweifel am zukunftsfähigen Geschäftsmodell
  3. Von einer Rabatt-Plattform zum Inkubator
  4. Weitere Neugründungen und Akquisitionen – Rückkäufe von Investoren-Anteilen
  5. Wie verdient HitFox Geld? Und wo kommen die 15 Millionen Euro Gewinn her?
  6. Große Pläne für 2014 mit drei Startups im Stealthmodus

Das Berliner Startup Hitfox überraschte 2013 mit einem unglaublichen Ergebnis. Wir wollten mehr wissen.

Montage: OnlineMarketingRockstars.de

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Die Pressemitteilung, in der das bis dato unprofitable Unternehmen HitFox für das Jahr 2013 einen Gewinn von 15 Millionen Euro ausgewiesen hatte, überraschte die Szene. Kritiker munkelten, dass hier ein Teil der Investitionssumme von PrimeVentures in Höhe von ebenfalls 15 Millionen Euro für solche eher buchhalterischen Zahlen gesorgt hätte. HitFox bestreitet das, verweist auf inzwischen mehrere profitable Unternehmen im Advertising-Bereich und steckt sich auch für die Zukunft hohe Ziele. Mit neuen Startups in neuen Branchen. Als HitFox im Sommer 2011 an den Start ging, hatte das Geschäftsmodell noch nicht viel mit der heutigen Inkubatoren-Tätigkeit zu tun. Es sollte zu einer Plattform für Gaming-Deals werden, zu einem Groupon für Gamer. Gründer und CEO Jan Beckers, nach den Gründungen von unter anderem absolventa, madvertise und Sponsorpay alles andere als unerfahren, holte sich mit Tim Koschella (Lecturio) und Ruben Haas (build.UP) als Mitgründer Verstärkung an Board. Ob es das Geschäftsmodell war, was überzeugte, oder viel mehr der Ruf von Beckers als erfolgreicher Gründer den Ausschlag gegeben hatte – für die erste Finanzierungsrunde konnte ein mittlerer siebenstelliger Betrag von HV Holtzbrinck Ventures, Basso Plattner Ventures, Tengelmann Kite Ventures und wenig später auch von Heiko Hubertz und Digital Pioneers N.V. eingesammelt werden.

Ein holpriger Start und Zweifel am zukunftsfähigen Geschäftsmodell

Passend zur Gamescom 2011 sollte ein echtes Schnäppchen – eine Play Station 3 Slim mit 32 GB und Move Starter Kit – für Aufsehen sorgen und die Werbetrommel rühren. Die Zahl der rabattierten Bestellungen war dann aber offensichtlich zu groß, um alle Kunden zufrieden stellen zu können. Erste Kritik kam auf und zahlreiche enttäuschte Interessenten ließen ihrem Frust in Foren freien Lauf. Als ein paar Monate später wieder ein super Deal, dieses mal für die Diablo 3 Collectors Edition, nach hinten losging und die hohe Nachfrage nicht ansatzweise erfüllt werden konnte, konnte man erahnen, dass das Geschäftsmodell in der Form keine große Zukunft vor sich hatte. Oliver Kanders, Sprecher der HitFox Group, blickt entspannt auf die Trial-and-Error-Phase zurück: „Wir haben schnell gemerkt, dass der Markt der Rabatt-Plattformen für Spiele auf physischer Basis relativ begrenztes Potenzial hat. Also wurde die ursprüngliche Idee über Bord geworfen, Flexibilität bewiesen und das Geschäftsmodell geändert. Unser Anspruch war immerhin, das nächste große Ding zu bauen.“

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HitFox Gründer und CEO Jan Beckers

In welche Richtung das neue Geschäftsmodell gehen sollte, zeichnete sich schon im Februar 2012 mit dem Kauf von Chili Entertainment inklusive dem Spiele-Werbenetzwerk ad2games ab. Der Einstieg ins Performance-Advertising sicherte HitFox durch die Übernahme direkt große Kunden wie Bigpoint, gamigo, Gameforge, Innogames und Upjers. Im Juli, nur wenige Monate später, wurde dann die Umwandlung zum Inkubator vollzogen. Ab sofort firmierte der nach eigenen Angaben „weltweit erste vertikale Inkubator für Game-Distribution-Geschäftsmodelle„ unter HitFox Game Ventures mit dem Ziel, eigene Startups mit mindestens sechsstelligen Seed-Finanzierungen aufzubauen.

Von einer Rabatt-Plattform zum Inkubator

Die ersten Neugründungen ließen nicht lange auf sich warten. Knapp einen Monat später entstanden mit AppLift, einem auf Mobile Games spezialisierten Affiliate-Netzwerk, und AppDiscovery, einer Übersicht für Mobile Games, die ersten Eigengewächse mit einer siebenstelligen Investitionssumme. Beide Startups wurden von ehemaligen Hitfox-Mitarbeiter/innen gegründet; ein Vorgehen, was auch zukünftig beibehalten werden sollte.

Bis heute kamen seit dem Start als Inkubator noch einige Neugründungen und Käufe hinzu. 2014 wurde Datamonk, eine Mobile Targeting- und Analyse-Plattform für eine unbekannte Summe übernommen. Eine Million Euro wurden zudem in das eigene Startup apploop investiert, eine performance-basierte Mobile-Werbeplattform, die auch abseits des Gaming-Bereichs App-Installs generieren soll. Erst vor wenigen Wochen kam dann mit PubNative eine weitere Neugründung hinzu: eine von AppLift durch eine siebenstellige Summe angeschobene auf „native Werbung fokussierte Mobile Publisher Plattform“.

Weitere Neugründungen und Akquisitionen – Rückkäufe von Investoren-Anteilen

Ähnlich dynamisch wie die Entwicklungen in der Unternehmensstruktur sind auch die Veränderungen der Investoren von HitFox. Schon Mitte 2013 kaufte Jan Beckers die Anteile von den Erstinvestoren Hasso Plattner Ventures, Tengelmann und Kite Ventures (je unter 5 Prozent) zurück. Damit gehörte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt zu 85 Prozent dem Management und Teilen der Belegschaft. Die restlichen 15 Prozent teilten sich Team-Europe-Gründer Lukasz Gadowski, Bigpoint-Gründer Heiko Hubertz über seine Investmentgesellschaft Digital Pioniers und Holtzbrinck Ventures. Wenige Wochen später gab es mit Prime Ventures jedoch wieder einen neuen Investor. In zwei Runden flossen insgesamt 15 Millionen Euro zum Großteil an AppLift, teilweise aber auch direkt an die HitFox Group. Als im März 2014 dann zeitgleich ein Gewinn von 15 Millionen Euro für das Jahr 2013 und der Rückkauf aller Team Europe-Anteile verkündet wurde, staunte man nicht schlecht. Waren die identischen Summen des Prime-Venture-Invests und des ausgewiesenen Gewinns nur Zufall? Immerhin steht für Jahr 2011 noch ein ordentlicher nicht gedeckter Fehlbetrag von knapp 900.000 Euro in den Büchern; 2012 wurde sogar ein Bilanzverlust von fast 3 Millionen Euro ausgewiesen.

Screenshot: Bundesanzeiger, HitFox GmbH

Wie verdient HitFox Geld? Und wo kommen die 15 Millionen Euro Gewinn her?

Wie genau sich der Gewinn zusammensetzt, möchte PR-Mann Kanders nicht verraten. Man wolle dem Wettbewerb keine Transparenz liefern: „Die 15 Millionen Euro waren nicht zu 100 Prozent, aber zu einem großen Teil reiner Cash-Gewinn. Im Advertising-Bereich sind alle unsere Unternehmen profitabel. Den größten Anteil leistet aber auf jeden Fall AppLift.“ Am Beispiel von Immortalis, einem Mobile-Game von Aeria Games, erklärt er den Verlauf einer Werbekampagne. Die Ziele im Markt seien dabei immer ähnlich: Gaming-Apps wollen im ersten Schritt Installs generieren und diese durch eine optimierte Customer-Lifetime-Value möglichst lange und aktiv halten. Aktiv heißt hier natürlich: möglichst viel Geld in Form von In-App-Käufen ausgeben.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden am Anfang KPIs definiert, die über das reine Installieren des Spiels hinausgehen und vor allem In-Game-Events beschreiben. Das können zum Beispiel das Erreichen bestimmter Level sein oder auch lediglich die Erstellung eines Charakters. Um durchgehend zu optimieren, werden von jedem neuen Spieler die unterschiedlichsten Daten getrackt. Dazu gehören nicht nur Klassiker wie Herkunftsland und Betriebssystem, sondern auch zahlreiche andere, nicht genannte Komponenten. Mit Hilfe dieser Daten kann im Laufe einer Kampagne beispielsweise analysiert werden, welche In-App-Werbung die meisten Installs liefert. Und natürlich werde durchgehend mit den Kunden Rücksprache gehalten. Die Abrechnung erfolge grundsätzlich per CpI (Cost per Install).

Von der HitFox-Homepage. An offenen Stellen mangelt es nicht.

Das klingt irgendwie alles nicht nach dem revolutionärem Geschäftsmodell, mit dem man aus der Verlustzone plötzlich 15 Millionen Euro Gewinn einfahren kann. Und das gewünschte „nächste große Ding“ wird es vermutlich auch nicht werden. „Unser Algorithmus ist anders. Er lernt“, versucht Oliver Kanders den Erfolg zu erklären. „Ob er besser ist, müssen andere beurteilen. Wir freuen uns jedenfalls sehr, dass unserer Kunden zufrieden sind.“

Aktuell habe HitFox über das gesamte Portfolio etwa 5.000 B2B-Marktpartner als Publisher, Advertiser und Customer. Darunter viele große Namen wie, neben den bereits genannten, EA, ProSiebenSat.1, zynga und WeChat. Auch King.com gehört dazu und soll einer der wichtigsten Kunden sein. Deren Zugpferd „Candy Crush“ schwächelt allerdings deutlich und sorgte dafür, dass die Aktie, wie es das Handelsblatt kürzlich bezeichnete, an der Börse zermalmt wurde.

Große Pläne für 2014 mit drei Startups im Stealthmodus

Erste feste Zahlen oder Schätzungen für das laufende Geschäftsjahr sind zwar noch nicht veröffentlicht worden, Pläne dafür umso mehr. Drei Startups befinden sich seit einigen Monaten im Stealthmodus, sind operativ tätig und sollen in Summe bereits Umsätze generieren. Zwei davon befinden sich im langfristigen Wachstumsmarkt Big Data, eines in der Fintech-Branche (Finanzdienstleistungen). „Nach dem Internet ist Big Data der nächste große Paradigmenwechsel. Das ist ein riesiger, spannender Markt. Wir haben glaube ich die richtige DNA dafür, weil wir gezeigt haben, dass wir Technologie-Plattformen aufbauen können. Und wirklich starke Konkurrenz gibt es auch noch nicht“, sagt Oliver Kanders. Alle drei Unternehmen sollen noch Ende diesen Jahres live gehen.

Auch wenn all das in sich logisch klingt, fällt es immer noch ein wenig schwer, den überraschenden Gewinn in Höhe von 15 Millionen Euro nachvollziehen zu können. Gründer Jan Beckers hat offenbar ein Auge für gute Investments. Er hat es zum Beispiel dem Vernehmen nach auch geschafft, vor dem IPO in Facebook und LinkedIn zu investieren. Man weiß nicht, ob er solche Investments auch über HitFox abwickelt und der hohe Gewinn eventuell auch auf solche Sondereffekte zurückzuziehen ist. Die HitFox-Story bleibt auf jeden Fall spannend und ein wenig geheimnisvoll. Wir würden uns freuen, wenn eine 15 Millionen-Euro-Maschine unserer Branche bereichern würde und drücken die Daumen.

Startup
Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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