OpenAI, Perplexity, Google AI Overviews: So sieht die Werbe-Zukunft bei den wichtigsten KI-Suchmaschinen aus

Martin Gardt10.12.2024

Wir zeigen, wie Ads in KI-Suchen integriert werden könnten – und welche Chancen das für Werbetreibende bietet

KI verändert im Marketing derzeit vieles – natürlich auch im Bereich Search. KI-Emporkömmlinge wie ChatGPT und Perplexity wollen Google angreifen. Der Marktführer reagiert mit eigenen KI-Search-Funktionen. Das Problem für Werbetreibende? Wie funktionieren Ads, wenn Nutzende Antworten auf ihre Such-Anfragen von einer Art Chatbot bekommen? Wir haben uns angesehen, wie Google, Perplexity und ChatGPT Werbung integrieren und welche Chancen sich für dich ergeben.

Search als Marketing-Kanal heißt in der aktuellen Realität vor allem: Google. Junge Unternehmen wie Perplexity und OpenAI sehen aber eine Chance, Marktanteile zu klauen – dank KI-Funktionen, die Suchergebnisse besser machen sollen. Der Platzhirsch reagiert derzeit mit eigenen KI-Funktionen auf die Bedrohung. Prominentestes Beispiel: AI Overviews (in Deutschland "KI-Übersichten") liefern über den klassischen Suchergebnissen einen Infokasten mit einer KI-generierten Zusammenfassung (Kollege Roland hatte die Funktion hier genauer analysiert). So wandelt sich auch die klassische Google-Suche Schritt für Schritt zur KI-Suche.

Ein Wettbewerber ist direkt mit dieser Stoßrichtung gestartet: Perplexity geht 2022 als komplett KI-gestützte Suche an den Start und verzeichnet z.B. im September 2024 340 Millionen Suchanfragen. Der Marktanteil der Suchmaschine soll aber trotzdem bei nur etwa 0,5 Prozent liegen. Etwas höher ist der Search-Marktanteil von ChatGPT offenbar jetzt schon. Laut SEO-Legende Rand Fishkin dürfte der jetzt schon bei über vier Prozent liegen. OpenAI hatte ja Ende Oktober 2024 überhaupt erst seine Suchfunktion angekündigt. Auch wenn die Neulinge auf dem Search-Markt also noch nicht wirklich an Googles Thron sägen, macht es für Werbetreibende Sinn, sich die verschiedenen Ad-Formate im KI-Kontext genau anzusehen. Denn Akteure wie Google, Perplexity und OpenAI werden beeinflussen, wie sich Search als Marketing-Kanal entwickelt. Also schauen wir mal auf die verschiedenen Search-Ad-Formate. die es jetzt schon in den KI-Suchen gibt.

Erste Ads in AI Overviews

Im Sommer, auf der Google Marketing Live 2024, zeigt das Unternehmen KI-gestützte Funktionen rund um die Erstellung von Ads – aber auch wie KI die Ausspielung von Anzeigen in der Google-Suche verändert. So sind zum ersten Mal beispielhaft Ads in den bereits angesprochenen AI Overviews zu sehen. Diese tauchen in vielen Beispielen im Shopping-Ads-Stil unter der ersten Antwort und ersten Links zur Suchanfrage auf. "Die Platzierung ist an sich nicht anders als teilweise jetzt auch. Es gibt ja das Featured Snippet (direkte Antwort auf deine Google-Suche). Ob das jetzt ein Zitat ist oder ein KI-Text, ist visuell erstmal egal", sagt SEA-Experte Carlo Siebert gegenüber OMR. "Ich gehe auch davon aus, dass Google schon aktiv steuert, wo es das aussteuert, um seine Ads nicht zu stark zu kanibalisieren."

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So sehen erste Shopping-Ads in AI Overviews aus (Quelle: Google)

Tatsächlich dürfte Google steuern, bei welchen Fragen Ads in AI Overviews ausgepielt werden. Bisher passiert das sowieso ausschließlich in den USA und nur auf Mobilgeräten. Mit dem weiteren Ausrollen der AI Overviews (die Funktion soll bald in über 100 Ländern für mehr als eine Milliarde Menschen verfügbar sein), dürften auch immer mehr Unternehmen ihre Ads hier sehen. Denn die können bisher nicht steuern, dass sie explizit in AI Overviews werben wollen. Wer Shopping-Ads oder AI-gestützte Search-Ads schaltet oder auf Performance Max setzt, hat die Chance, mit seinen Anzeigen in AI Overviews aufzutauchen.

"Das heißt , dass man manuell gar nicht mehr auf alle Anwendungsfälle die Keywords oder Zielgruppen bestimmen kann. Da werden wir uns darauf verlassen müssen, dass Google hier ernsthaftes Interesse hat, ein gutes Matching zwischen Angebot und Anfrage vorzunehmen", erklärt Siebert. KI könnte in Zukunft also noch stärker bei der Gestaltung und der Ausspielung von Ads auf Google das Kommando übernehmen – bis zu dem Punkt, dass Nutzende nur noch Creatives, Ziele und Budget-Vorstellungen abliefern. Google ist sich offenbar bewusst, dass viele Werbetreibende trotz aller KI-Unterstützung die Kontrolle behalten wollen und hat deshalb vor Kurzem für sein Kampagnen-Format Performance Max mehr Kontrollmechanismen angekündigt.

Perplexity setzt auf ein ganz neues Format...

Bei Perplexity lässt sich ein anderer Ansatz beobachten. Das Unternehmen kann es sich aber auch leisten, neu über Ads in einer Suche nachzudenken, während Google bestehende Produkte möglichst integrieren will. Bei Perplexity sind Ads derzeit in Form von "Sponsored Follow-Up Questions" verfügbar. Wer also eine Suchanfrage stellt, bekommt von Perplexity neben einer Antwort auch ein Feld mit "ähnlichen Suchanfragen" angezeigt. Und hier können dann verkaufte Suchanfragen, die sich explizit auf ein Produkt beziehen, auftauchen. Die Funktion ist derzeit nur in den USA verfügbar.

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Perplexity versucht es mit Ads in "ähnlichen Suchen" (Quelle: Perplexity)

Wie das in der echten Welt aussieht, zeigt Perplexity mit einem Beispiel. Auf eine Anfrage mit Kontext Jobsuche präsentiert die Plattform eine Werbung für die Jobplattform Indeed als ähnliche Suchanfrage an. Wer klickt, bekommt laut Pexplexity eine von der KI erstellte Antwort gezeigt. Unternehmen hätten keine Einfluss auf das gezeigte Material und würden auch keine persönlichen Informationen der Nutzenden bekommen. Perplexity verkauft also bisher offenbar einfach Reichweite an erste Partner wie Indeed, Whole Foods, Universal McCann und PMG. "Wir haben uns bewusst für das Format entschieden, weil es Werbung so integriert, dass die Antworten weiterhin nützlich, akkurat und objektiv sind", schreibt Perplexity selbst in der Ankündigung im November 2024.

... und auf Shopping-Funktionen

Näher an der Google-Idee für KI-Suchmaschinen-Ads ist Perplexitys zweiter Ansatz. Das Unternehmen kündigt Mitte November seinen "Shopping-Assistenten" an. Dieser ist für Pro-Nutzende in den USA verfügbar und macht Perplexity zu einer Art Amazon-Konkurrent. Denn die KI-Suchmaschine liefert auf Suchanfragen mit Produkt-Fokus wie etwa "Zeige Over-Ear-Kopfhörer, die bequem sind und nicht an den Ohren drücken" eine direkte Kaufmöglichkeit – ohne dass Nutzende die Webseite der Händler besuchen müssen. Es ist sogar möglich, Kreditkarten-Infos und Adressen bei Perplexity zu hinterlegen, um One-Click-Checkouts zu nutzen.

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So will Perplexity Nutzende beim Shopping unterstützen – ohne dass sie die Seiten von Händlern und Brands besuchen (Quelle: Perplexity)

Die Shopping-Funktion an sich, ist derzeit noch kein Werbeprodukt – die Suchergebnisse seien nicht von der Funktion beeinflusst und Werbeplätze seien bisher nicht vorgesehen. Da Google Shopping eines der erfolgreichsten Ad-Produkte von Google ist, kann sich das aber jederzeit ändern. Trotzdem können Händler in den USA bereits profitieren. Die können ihre Infos bei Perplexity hinterlegen und haben so eine bessere Chance bei Produktempfehlungen aufzutauchen. Affiliate-Provision werde laut Perplexity aber nicht fällig. Offenbar will das Unternehmen seine Shopping-Funktion erst etablieren und in einem zweiten Schritt über Ads, Affiliate-Provisionen oder beides monetarisieren.

OpenAI holt Werbeprofis

Der große KI-Marktführer OpenAI (ChatGPT nutzen 250 Millionen Menschen jede Woche) ist da noch nicht ganz soweit. Die Pläne dürften sich aber mit der Perplexity-Strategie decken. Am 31. Oktober 2024 hat das Unternehmen schließlich seine Suchfunktion innerhalb von ChatGPT präsentiert – für zahlende Nutzende. Bisher ist hier kein Werbeprodukt integriert. Aber Sarah Friar, Chief Financial Officer bei OpenAI, hat jetzt in einem Interview mit der Financial Times Ads in ChatGPT angedeutet – nur um kurz danach wieder etwas zurückzurudern. Derzeit laufen wohl noch Überlegungen, wie genau eine Werbestrategie aussehen kann. OpenAI stellt aber gerade im großen Stil Advertising-Spezialist*innen von Meta, Google und anderen Silicon-Valley-Giganten ein.

Wichtigste Personalie ist dabei wohl Chief Product Officer Kevin Weil. Der hatte in seiner Rolle als VP of Produkt bei Instagram und später für den gesamten Facebook-Konzern die Integration von Ads in die verschiedenen Produkte verantwortet. "Er weiß, wie die Implementierung von Ads funktioniert", sagt Sarah Friar über ihren Kollegen. Seit Mai ist außerdem Shivakumar Venkataraman als Vice President bei OpenAI an Bord. Er hatte zuvor das Search-Advertising-Team bei Google geführt. OpenAI macht derzeit vier Milliarden US-Dollar Jahresumsatz, verbrennt aber durch hohe Kosten – etwa für Server – derzeit über fünf Milliarden US-Dollar jährlich. Außerdem baut CEO Sam Altman das Unternehmen gerade zu einem For Profit um, braucht also Erlösquellen, um Geldgeber*innen zu überzeugen. Ein funktionierendes Ad-Business dürfte da ein wichtiger Meilenstein sein.

Das Zeitalter der KI-Shopping-Suche

Wenn OpenAI den Trends in den USA folgt, dürfte auch bei der ChatGPT-Suche der Blick Richtung Shopping gehen. Verschiedene Player – neben Perplexity – versuchen hier gerade die KI-Produkt-Suche als eigenständige Applikation zu etablieren. Startups wie Encore, Daydream, Onton und Remark bauen an Shopping-Agenten, die genau verstehen sollen, nach welcher Art Produkt die Nutzenden suchen.

Jetzt hat auch Amazon nachgezogen und seinen KI-Assistenten Rufus in der Amazon-App gestartet – auch bereits in Deutschland. Der klassische Chatbot soll auf Grundlage von Bewertungen und dem eigenen Katalog die richtigen Produkte für jede Suchanfrage empfehlen. Laut Amazon habe Rufus bereits Millionen Menschen dabei geholfen, die richtigen Produkte zu finden. Für Werbetreibende auf Amazon ist Rufus allerdings eine Black Box. Auf welcher Grundlage Rufus genau Produkte empfiehlt, ist nicht öffentlich. Und eine Werbe-Integration gibt es derzeit auch nicht. Wer sein Listing optimiert hat und in der Amazon-Suche gut platziert ist, sollte aber auch bei Rufus gute Chancen haben.

Und auch Google hat neben AI Overviews auch KI in seine Shopping-Funktion integriert. Die funktioniert wie man es von AI Overviews im Shopping-Tab vermuten würde. Über den typischen Shopping-Suchergebnissen zeigt Google mit KI generierte Empfehlungen an, die zur Suchanfrage passen. Auch hier dürfte in Zukunft Werbeinventar entstehen.

Das Versprechen dieser KI-Shopping-Agenten ist eigentlich eine Gefahr für Werbetreibende und Händler. Wenn Nutzende wie bei Perplexity direkt über die Suche Produkte kaufen können – ohne die Webseite der Händler zu besuchen, dann sieht es um deren First-Party-Daten und Upsell-Potenzial ganz düster aus. Deswegen ist es auch denkbar, dass Unternehmen sich in einem ersten Schritt eher wehren, als auch noch mit Perplexity & Co. zusammenzuarbeiten. Das Problem: KI-Player wie Anthropic arbeiten bereits an KI-Agenten, die einfach auf Webseiten agieren, wie menschliche Nutzende auch. Diese könnten dann so Käufe tätigen, dass für Webseitenbetreibende gar nicht mehr sichtbar wird, dass eine KI ihre Finger im Spiel hat.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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