Avatar Marketing: Wie Promis jetzt mit ihren digitalen Abbildern Geld verdienen wollen

The Weeknd, Justin Bieber und Scooter Braun kooperieren mit und beteiligen sich an Avatar-Startups

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Die digitale Avatar von Abel Makkonen Tesfaye, alias "The Weeknd" bei der "Weeknd Experience" auf Tiktok im August
Inhalt
  1. Zwei Millionen Menschen schauen einem Avatar zu
  2. Top-Stars der Musikbranche investieren in Wave
  3. Bezahltes Influencer-Posting vergessen? Einfach den Cartoon schicken…
  4. Geld verdienen mit dem digitalen Gucci-Jäckchen
  5. Tanz mit dem Hologram auf Instagram
  6. Das Metaversum klopft an

Wie können Musiker noch Geld verdienen, wenn durch Corona-bedingt abgesagte Touren ein enorm wichtiges finanzielles Standbein wegfällt? Viele Stars experimentieren aktuell mit der Erstellung und Vermarktung von Avataren: digitale Abbilder, die entweder interaktive Shows performen oder über die sich digitales Merchandise an Fans verkaufen lassen. Eine ganze Reihe von Startups versucht, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. OMR zeigt Beispiele und listet auf, welche prominenten Investoren Geld in Avatar-Startups gesteckt haben.

Eigentlich hatte der kanadische Popstar The Weeknd für das Jahr 2020 einen Triumphzug durch die Metropolen der Welt geplant. Im März ist sein Album After Hours erschienen, das u.a. sein Hit-Single „Blinding Lights“ (aktuell 328 Millionen Aufrufe bei Youtube) enthält. Doch die Album-Tour musste der Musiker wegen der Corona-Pandemie gezwungenermaßen auf 2021 verschieben.

Zwei Millionen Menschen schauen einem Avatar zu

Offenbar wollte sich Abel Makkonen Tesfaye, wie „The Weeknd“ mit bürgerlichem Namen heißt, nicht gänzlich davon abhalten lassen, seinen Anhängern ein besonderes Erlebnis zu bieten. Am 7. August 2020 lud er diese gemeinsam mit Tiktok zu „The Weeknd Experience“: einem Livestream, in dem sein digitaler Avatar innerhalb der Social-Video-App in einer „halluzinatorischen Mixed-Reality-Traum-Welt“ (so die Pressemeldung) mehrere seiner Hits performte, die durch eine lose Storyline miteinander verbunden wurden.

An entscheidenden Momenten konnten die Zuschauenden mittels Kommentaren das Geschehen mit beeinflussen. Außerdem konnten sie eine „Weeknd x Tiktok“-Capsule-Collection kaufen: limitiertes Merchandise, dessen Verkaufserlöse der „Equal Justice Initiative zugute kamen, die sich für ein gerechteres Straf- und Gefängnissystem in den USA einsetzt. 350.00 US-Dollar sollen auf diese Weise zustande gekommen sein, vermeldete Tiktok wenige Tage später. Außerdem sollen zwei Millionen Unique User während der 20-minütigen Performance eingeschaltet haben mit 275.000 gleichzeitigen Zuschauern in der Spitze.

Top-Stars der Musikbranche investieren in Wave

Wie bei einer regulären Tour soll der Avatar von The Weeknd weiterziehen; als nächste sei ein Event auf Youtube geplant, schreibt Advertisinge Age (Paywall). Für die technische Umsetzung der „Weeknd Experience“ zeichnete das Unternehmen Wave mit Sitz in Los Angeles verantwortlich, das sich auf digitale Konzerte spezialisiert hat. „Wave-Konzerte vereinen das beste aus Live-Musik, Gaming und Broadcast-Technologie“, schreibt das Startup auf seiner Website.

Im Oktober vermeldete die US-Ausgabe des Rolling Stone, dass nicht nur The Weeknd, sondern auch Sänger Justin Bieber, der südamerikanische Popstar J Balvin und die Plattfirma Top Dawg Entertainment (u.a. Kendrick Lamar) in Wave investiert hätten. Im Juni hatte das Startup bereits eine 30 Millionen US-Dollar schwere Funding-Runde vermeldet, an der sich u.a. Musikmanager Scooter Braun (Entdecker von Justin Bieber und Manager von Ariana Grande), US-Baseball-Star Alex Rodriguez (Ehemann von Jennifer Lopez) und Twitch-Mitgründer Kevin Lin beteiligt haben sollen. Insgesamt soll Wave laut Crunchbase bislang 42,5 Millionen US-Dollar eingesammelt haben.

Bezahltes Influencer-Posting vergessen? Einfach den Cartoon schicken…

Wave ist nur eines von einer ganzen Reihe von Startups, die Promis dabei helfen wollen, mit ihren digitalen Abbildern Geld zu verdienen. Der Gedanke hinter ihrem Geschäftsmodell dürfte stets derselbe sein: Die Zeit der jeweiligen Prominenten ist eine endliche Ressource. Wenn sich diese Einschränkung bei der Monetarisierung der Reichweite eines Stars aushebeln lässt, dürfte das ganz neue Einkommenspotenziale eröffnen. Und ganz pragmatisch gesehen können Avatare möglicherweise auch bei all jenen Gelegenheiten, zu denen die Künstler verhindert bzw. in ihrem Aktionsradius stark eingeschränkt sind (wie in der aktuelle Corona-Pandemie), eine Alternative sein.

Oder wenn ein Künstler eine Marketingkooperation schlicht und einfach verschwitzt: Der Rapper Offset beispielsweise soll im vergangenen Jahr gerade an einem Tag nicht auffindbar gewesen sein, an dem er Content für eine Marketingkooperation mit einem millionenschweren Unternehmen produzieren sollte. Die Mutter des Musikers habe das US-Startup Genies gebeten, einen Cartoon mit ihrem Sohn zu produzieren, den diese stattdessen auf Instagram habe posten können. Diese PR-wirksame Anekdote erzählte zumindest Genies-Gründer Akash Nigam im vergangenen Jahr auf einem Event des US-Magazins Fast Company.

Geld verdienen mit dem digitalen Gucci-Jäckchen

Genies ist am Snapchat-Hauptsitz in Venice ansässig. Das ist insofern bemerkenswert, weil Genies stark an Bitmoji erinnert – jene Firma, mit der Otto-Normal-User einen digitalen Avatar von sich erstellen können, und die von Snapchat aufgekauft worden ist. Das ermöglicht auch Genies mit einer eigenen App. Prominente sollen über die Plattform aber digitale Accessoires und anderes Merchandise an ihre Fans verkaufen können, die dann möglicherweise im Rahmen von Marketingkooperationen durch große Marken co-gebrandet werden könnten – dieses Szenario malt das Unternehmen zumindest auf seiner Website aus. Zuletzt vermeldete Genies auch eine Partnerschaft mi Gucci.

Auf seiner Website stellt das Startup Genies Promis und Markenartiklern das Erschließen neuer Einnahmequellen und Reichweiten in Aussicht (Screenshot)

Sowohl Rap-Superstar Cardi B als auch Latino-Popstar J Balvin gehören zu den Nutzern – zumindest haben beide schon „Genies“-Cartoons auf Instagram gepostet. Tennis-Stars Serena Williams warb mit einem Genies-Video für eine Charity-Aktion mit der T-Shirt-Marke Bella + CanvasLaut Crunchbase hat Genies bislang 38,8 Millionen US-Dollar Funding eingesammelt. Auf seiner Website weist das Startup neben VC-Firmen wie Leerer Hippeau auch eine lange Liste an äußerst prominenten „Partnern“ auf: Scooter Braun, Kevin Lin, Offset, Musik-Magnat Quincy Jones, A$AP Rocky, Shawn Mendes, Coaching-Superstar Tony Robbins und Sportstars wie Carmelo Anthony, Russell Westbrook und Kyrie Irving.

Tanz mit dem Hologram auf Instagram

Ein weiteres Startup, das Avatare von Promis erstellt, ist das Augmented-Reality-Studio 1RIC, Entwickler der App Jadu. Mit der App können Nutzer Hologramme von Promis in ihre eigenen Videos einbetten. Damit sollen Musiker und andere Künstler ihre Reichweite erhöhen können. „Wir helfen dir, realistische, interaktive und immersive Performances zu deinen Fans und Zuhörern zu bringen“, schreibt das Startup auf seiner Website.

Von 30 Künstlern sollen bislang Hologramme erstellt worden sein, so ein Bericht von The Ringer. Für deutsche Nutzer dürften die Stars, deren digitale Abbilder aktuell in der App verfügbar sind, noch absolut unbekannt sein. Laut The Ringer hat die Rapperin Cookiee Kawaii, die mit ihrem Track „Vibe (If I Back It Up“) auf Tiktok viral gegangen war, auch ein digitales Abbild für Jadu erstellt. Aktuell ist dies noch nicht verfügbar.

Das Metaversum klopft an

Ebenfalls auf dem Markt aktiv sind Dienstleister wie Brud und The Diigitals, die vorher schon rein virtuelle Influencer wie Lil Miquela über Social Media etabliert hatten. Wir hatten bereits 2018 über Lil Miquela geschriebenseitdem ist das Phänomen enorm gewachsen. Der von Tech-Unternehmen schon lange erwartete Aufstieg Augmented- und Virtual-Reality-Plattformen könnte dafür sorgen, dass die Grenzen zwischen physischer und digitaler Welt noch weiter verschwimmen und Avatare eine noch größere Relevanz erhalten. Schließlich glauben einige hochrangige Branchenvertreter, dass die nächste Iterationsform des Internets das „Metaversum“ sein könnte.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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