WPP kauft eine Amazon-SEO-Agentur auf – Rollt die Welle jetzt erst so richtig los?
Was der Deal für Google & die Agenturwelt bedeuten könnte
- Agentur steht für zwei Milliarden US-Dollar Amazon-Umsatz
- „Anders vorgehen, als wir es seit 50 Jahren machen“
- Ist Amazon eine Bedrohung für Google oder nicht?
- Warum auch WPP gefährdet ist
- Amazon kann doppelt kassieren
Amazon SEO und Marktplatzoptimierung ist aktuell eine der vermutlich am schnellsten wachsenden Disziplinen im Marketing. Nun hat WPP, das größte Agenturnetzwerk der Welt, eine spezialisierte Amazon-Beratung aufgekauft. Der Deal dürfte für WPP zwar vergleichsweise klein sein, ist möglicherweise aber dennoch symptomatisch für die anstehenden Veränderungen in der Marketing- und Medienwelt. OMR fasst die Keypoints zusammen und erklärt die Hintergründe. Wenn er abends ins Bett gehe und morgens aufstehe, mache ihm ein Unternehmen am meisten sorgen: Amazon. Das sagte Martin Sorrell, CEO von WPP, dem größten Agenturnetzwerk der Welt, im März bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen. Amazons Durchdringung der meisten Bereiche sei für manche beängstigend, um nicht zu sagen schreckenerregend, so Sorrell weiter.
Agentur steht für zwei Milliarden US-Dollar Amazon-Umsatz
Nicht weiter verwunderlich also, dass der WPP-Chef versuchen will, sich ein Stück von Amazons Kuchen abzuschneiden. In der vergangenen Woche hat die WPP-Agentur Possible die Amazon-Beratung Marketplace Ignition übernommen (hier die WPP-Pressemeldung dazu, hier die von Possible).
Marketplace Ignition beschäftigt nach WPP-Angaben 35 Mitarbeiter in Atlanta und an Amazons Hauptsitz in Seattle. Die Agentur berate 400 Firmen zu ihren Aktivitäten auf Amazon, die insgesamt mehr als zwei Milliarden Jahresumsatz über Amazon erwirtschaften. Zu den Kunden gehören Hallmark (größter Glückwunschkartenhersteller der USA) und Lifetime Brands (u.a. Hersteller der Kitchenaid). Zum Kaufpreis machten beide Seiten keine Angaben; das US-Branchenmedium Adweek zitierte Schätzungen von Analysten, die den Deal auf 10 bis 40 Millionen US-Dollar taxierten.
„Anders vorgehen, als wir es seit 50 Jahren machen“
Bereits beim Earnings Call im März hatte Sorrell angekündigt: „Wir sind dabei, in Seattle eine Agentur zusammenzustellen, die sich für uns speziell um das Thema Amazon kümmern soll.“ Diese Agentur soll laut Adweek Possible sein. Laut Linkedin-Firmenprofil beschäftigt diese mehr als 1.000 Mitarbeiter. Für das E-Commerce-Business ist Vizevorstand Frank Kochenash verantwortlich, der von 2003 bis 2007 auch für Amazon tätig wär. „Um auf Amazon erfolgreich zu sein, müssen eine Marke und ihre Agenturpartner anders vorgehen, als sie es seit 50 Jahren gemacht haben“, so Kochenasch gegenüber Adweek. „Egal ob man Babytragen verkauft, oder Popcorn: Wenn man nicht in Amazons Suchergebnissen auftaucht, ist man als Marke nicht glaubwürdig.“
Aus Agentursicht ist es sicherlich ratsam, früh in Expertise in Sachen Amazon zu investieren. Vor Jahren hatten die Netzwerke den rasanten Aufstieg Googles offenbar nicht in dem Maße vorhergesehen, in dem er dann erfolgte. Die Folge: Die Netzwerke mussten Know-how teuer durch die Übernahme von inhabergeführten SEM-Agenturen einkaufen.
Ist Amazon eine Bedrohung für Google oder nicht?
In der immer weiter zunehmenden Relevanz Amazons für Marken sieht WPP-CEO Sorrell eine große Bedrohung für Google. Durchaus zu Recht, fangen doch laut einer Befragung mit 2.000 Teilnehmern in den USA 55 Prozent aller Produktrecherchen mittlerweile direkt bei Amazon an. Das sind Traffic und Klicks, die Google verloren gehen, und mit denen der Suchmaschinengigant kein Geld mehr verdienen kann.
Amazon sei in Sachen Suche sicherlich eine Bedrohung für Google, so Sorrell gegenüber Bloomberg. Derzeit sind aber zumindest die Werbeeinnahmen von Amazon im Vergleich zu denen von Google sehr klein. Mehreren Schätzungen zufolge beläuft sich der Werbeumsatz von Amazon aktuell noch auf einen niedrigen einstelligen Milliarden-Betrag. Die Investment-Bank Morgan Stanley schätzt, dass sich der Werbeumsatz Amazons im Jahr 2018 auf fünf Milliarden US-Dollar belaufen könnte. Google hat demgegenüber im vergangenen Jahr 79,4 Milliarden US-Dollar mit Werbung umgesetzt, Facebook 26,9 Milliarden US-Dollar.
Warum auch WPP gefährdet ist
Dieses Verhältnis spiegelt sich auch in den Spendings von WPP: Im vergangenen Geschäftsjahr gab das Agenturnetzwerk nach eigenen Angaben für seine Kunden fünf Milliarden US-Dollar bei Google aus und 1,7 Milliarden bei Facebook. Davor dürfte WPP sich einen Teil der Spendings als Marge abgezwackt haben.
Amazon ist demgegenüber (zumindest bislang) als Media- und Werbeplattform im klassischen Sinn für Marken weniger relevant denn als Verkaufs- und Marktplatz. Pro erfolgtem Verkauf kassiert Amazon eine Provision; der Vergleich der reinen Werbeeinnahmen von Amazon, Google und Facebook ist dementsprechend eher trügerisch.
Amazon kann doppelt kassieren
Und so dürfte Amazon nicht nur für Google eine Bedrohung sein, sondern auch für WPP selbst. Denn ob sich WPP an Amazon Verkaufsprovisionen wie im Mediageschäft eine Marge wird abzwacken können, ist bislang nicht bewiesen. Wenig verwunderlich also, dass Amazon den 72-jährigen Sorrell nachts eher wachhält als seine dreijährige Tochter.
Für Amazon sind indes die Perspektiven deutlich positiver: Wenn es dem Unternehmen in Zukunft zunehmend gelingen sollte, nicht nur mit Transaktionen an sich Geld zu verdienen, sondern – durch den Verkauf von Werbung – auch mit deren Anbahnung, kann der E-Commerce-Gigant von den Marken doppelt kassieren.
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