Geschenkartikel-Laden vor dem Aus oder: Mama Westermeyer goes Instagram
Viel kleinere Geschäfte kämpfen mit den Folgen der Corona-Krise – auch Philipps Mutter Ingrid Westermeyer
- Starker Account-Name und Beschreibung sind entscheidend
- Aktuell keine Hemmungen
- Die Nachbarschaft muss es wissen
- Keine Angst vor Stories
- Fazit: Geringer Aufwand – hoffentlich hoher Ertrag
Lokale Geschäfte ohne Online-Shop leiden extrem unter den aktuellen Regelungen rund um die Corona-Pandemie. Sie müssen ihre Läden schließen und sich jetzt fragen, wie sie ihre Ware überhaupt loswerden sollen und woher der Umsatz kommen soll. So geht es auch Philipp Westermeyers Mutter Ingrid, die in Essen den Geschenkeladen „Jam Pot“ betreibt. Jetzt will Philipp ihr helfen, kurzfristig in den Verkauf über Instagram einzusteigen. Kein einfaches Unterfangen, aber wir haben das Gespräch zwischen Mutter und Sohn dokumentiert und zeigen Euch die wichtigsten Erkenntnisse, damit auch Ihr das Thema noch angehen könnt – auch Ingrid startet mit ihren 71 Jahren jetzt auf der Plattform durch.
Meine Mutter ist 71 und seit ich denken kann, hat sie einen Laden für Geschenke, Dekoration und Accessoires vom Lederetui bis zum Armreif. In über 30 Jahren habe ich alle Auf- und Abs des kleinen Geschäfts mitgemacht, bei Inventuren geholfen. Als vor Jahrzehnten mal der ganze Lagerkeller nach einem Starkregen überschwemmt war, haben wir nach der Schule den Keller trocken gelegt. Wenn irgendwo anders in der Stadt ein ähnliches Lädchen eröffnete, war meine Mutter schlecht drauf. Wenn jemand etwas geklaut hat auch. Wir haben natürlich zuhause diskutiert, ob man mal ein neues Kassensystem braucht und was jetzt bald aus dem Laden werden soll, wo sie doch 71 ist. Meine Mutter hat dazu gesagt, sie kenne eine Frau, die habe ein Geschäft für Wolle und sei über 80. Sie würde nicht mehr so viel arbeiten, aber vermutlich eines Tages tot im Laden liegen. Das sei ja eventuell auch ein Modell. Der Laden ist ein Teil ihres Lebens.
Im Januar war sie bei uns in Hamburg und hat hier wie jedes Jahr eine Messe besucht und für einige tausend Euro Osterware gekauft. Dann kam Corona, sie musste den Laden schließen und sich mit der Frage beschäftigen, ob sie ihn je wieder aufmachen kann. Vor Jahren habe ich ihr geholfen, zumindest eine einfache Website einzurichten. Vor Kurzem haben wir dann eine Video-Telefonat geführt und ich habe versucht, sie Instagram-ready zu machen. Offensichtlich ist meine Muter nicht die Einzige, die sich in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation befindet. Ich habe unseren Austausch und die ersten Schritte daher gefilmt (sie war sofort einverstanden). Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen ganz praktisch – zumindest zu sehen, dass man nicht alleine ist mit den Corona-bedingten Herausforderungen. Mein Kollege Martin Gardt aus unserem Redaktionsteam hat die ersten Schritte auf dem Weg zum Verkauf via Instagram mitgeschnitten und versucht sinnvoll zu dokumentieren:
Starker Account-Name und Beschreibung sind entscheidend
Das Ziel des Gesprächs mit Philipps Mutter ist von Anfang an, gemeinsam mit ihr einen vorzeigbaren Instagram-Account einzurichten und ihr dabei die grundlegenden Funktionen zu erklären. So soll Ingrid Westermeyer so schnell wie möglich mit einem unkomplizierten Verkauf per Instagram starten können – die Plattform soll in der Corona-Zeit ihr Schaufenster werden. Philipp und Ingrid fangen ganz von vorn an: beim Benutzernamen. Ihr findet Ingrids Geschenke-Laden Jam Pot jetzt unter jampot_essen bei Instagram. Jetzt heißt es noch, die richtige Beschreibung festlegen. Kleiner Kniff zum Start: Unter „Name“ müsst Ihr nicht nochmal nur den Namen Eures Unternehmens eintragen. Wählt hier lieber auch schon eine zusätzliche Beschreibung, wie: „Jam Pot – Geschenke in Essen“.
Beim Profilbild entscheiden sich Mutter und Sohn für ein Foto von Ingrid. Sie hatte zuerst das Logo ihres Ladens eingebunden – persönlicher ist aber doch das Gesicht der guten Seele des Geschäfts. Dann heißt es nur noch, die Webseiten-URL einzugeben und eine aussagekräftige Beschreibung festzulegen (unter Steckbrief beim Erstellen des Accounts). Ingrid besteht auf den Begriff „Tischwäsche“, also landet der gemeinsam mit Stichworten wie „Deko-Artikel“, „Geschirr“ und „Einrichtungs-Ideen“ im Steckbrief. An dieser Stelle geht es darum, dass die Nutzer schnell erkennen, für welche Produkte das Geschäft steht. Deshalb ist Ingrids erste Idee nicht optimal: „Jam Pot ist ein wirklich schöner Laden für wirklich schöne Dinge“, wollte sie in der Beschreibung eintragen – das ist zu schwammig, lieber präziser.
Aktuell keine Hemmungen
Dann geht’s ans Posten der ersten Beiträge. „Was für Fotos soll ich denn jetzt veröffentlichen?“ fragt Ingrid Westermeyer und stellt damit wohl genau die Frage, die sich so viele Instagram-Beginner stellen. Philipps Antwort: „Aktuell musst du vor allem deine Produkte zeigen.“ Das Ziel: Aus dem Instagram-Kanal von Jam Pot soll das digitale Schaufenster von Ingrid werden. „Da brauchst du jetzt auch nicht schüchtern sein. Da kannst du auch mal fünf, sechs, sieben Posts am Tag machen“, sagt der Sohn zur Mutter.
Eigentlich empfehlen wir ja eher ein bis zwei Posts pro Tag, um die Follower nicht mit zu viel Content zu beschießen und dann – wenn die Nutzer gelangweilt die Inhalte überspringen – von Instagrams Algorithmus abgestraft zu werden. Wer derzeit aber einen Account startet, um viele Produkte zu zeigen und zu verkaufen, der sollte keine Skrupel haben, viele Posts rauszuhauen. Nur so füllt sich das Schaufenster. Ganz wichtig: Wer aktuell keinen Online-Shop zur Verfügung hat, kann Instagram als Kanal nutzen (wir hatten hier ausführlich gezeigt, wie das kleine Unternehmen jetzt machen).
Schreibt außerdem unter wirklich jeden Post eines Artikels, dass die Produkte auch aktuell bestellt werden können. Im Fall von Ingrid würde sie die Ware rund um ihren Laden in Essen sogar ausliefern. Möglich ist natürlich auch, Pakete zu verschicken, oder eine Abholung im Geschäft zu vereinbaren. Wichtig: Jeder Post sollte auch Informationen dazu beinhalten, wie die Kunden Euch erreichen können. Ingrid packt deshalb ab jetzt immer ihre Telefonnummer und E-Mail-Adresse rein. Per Instagram-Direktnachricht ist sie auch erreichbar.
Die Nachbarschaft muss es wissen
Ist erstmal Content auf dem Account, ist jetzt natürlich die große Frage, wie Ingrid Westermeyer Follower gewinnen und Reichweite aufbauen kann. Als Besitzerin eines lokalen Geschäfts liegt das Bekanntmachen des Accounts bei ihrer Kundschaft und Anwohnern nahe. Das heißt: Zettel in das Schaufenster des Ladens mit dem Hinweis auf @jampot_essen hängen und direkt darauf hinweisen, dass alle Produkte im Laden dort gekauft werden können. Philipps Empfehlung: „Häng es noch in dein Auto und an jede Straßenecke.“
Für den Aufbau von Followern und Reichweite gibt es auf Instagram aber kein Geheimrezept. Ihr müsst mit Eurem Content überzeugen und aktiv auf der Plattform sein. Das heißt auch, anderen Kanälen zu folgen, die einen ähnlichen Fokus haben. Auch auf Kommentare muss Ingrid in Zukunft schnell antworten und immer zeigen, dass sie Instagram wirklich nutzt. Uns hat sie im Nachgang erzählt, dass sie auf jeden Fall voll dabei bleiben will.
Keine Angst vor Stories
Was dabei hilft, Follower zu begeistern und bei der Stange zu halten, sind täglich neue Inhalte. Und hier bietet sich das Stories-Format an. Zitat Ingrid: „Soll ich da meinen Lebenslauf eintragen?“ Nein, darum geht es bei Stories nicht. Vielmehr kann sie hier aktuelle Videos und Fotos aus ihrem Laden zeigen und zum Beispiel täglich ein Produkt vorstellen. Stories verschwinden nach 24 Stunden wieder, hier könnt Ihr und Ingrid also ruhig experimentieren. Aktuelle Empfehlung: Auch in den Stories immer wieder darauf hinweisen, dass Produkte weiter gekauft werden können. Wie angesprochen helfen auch tägliche Formate wie das Produkt des Tages.
Da Ihr in Euren Infos nur eine Webseiten-URL hinterlegen könnt, bieten sich Stories vor allem an, wenn Ihr Nutzer auf einzelne Produkte aus Eurem Sortiment auf Eurer Webseite aufmerksam machen wollt. Beim Story-Format könnt Ihr als Unternehmens-Account bei einzelnen Posts Web-Adressen hinterlegen. Wenn die Nutzer „hochwischen“, landen sie auf der angegebenen Webseite.
Fazit: Geringer Aufwand – hoffentlich hoher Ertrag
Im Video zeigen wir Euch ja nur einen kleinen Ausschnitt eines längeren Gesprächs zwischen Philipp und seiner Mutter. Nach etwa zwei Stunden hatte sie zumindest die Grundlagen verstanden und ist direkt mit Posts und Stories gestartet. Wenn jetzt auch noch Bestellungen eintrudeln, hätten sich die zwei Stunden Aufwand für die beiden extrem ausgezahlt – außer Zeit hat Ingrid nichts investieren müssen. Wir werden ihren Account weiter aufmerksam beobachten und ihr auch mal unter die Arme greifen. Wenn Ihr aus Essen seid, unterstützt Ingrid gern, schaut mal auf ihrem Account vorbei und kauft einfach mal was Schönes ein. Aktuell zählt es mehr denn je, unsere lokalen Händler zu unterstützen.
Wir planen aktuell ein kleines Projekt, mit dem wir vielen Digital-Anfängern dabei helfen wollen, eine Online-Strategie zu entwickeln. Ihr wollt Bescheid wissen, wenn das los geht? Dann meldet Euch bei unserem Newsletter an. Hier bekommt Ihr täglich Digital-Marketing-News und wir melden uns, wenn das Projekt startet. Einfach hier beim Daily anmelden.