Panda.Black: Wie ein Händlerverband die Plattform für Verkäufe nach China werden will

Martin Gardt6.12.2018

Oliver Prothmann will deutschen Händlern den chinesischen Markt öffnen – und ein bisschen mitverdienen

Panda.Black
Panda.Black

Tausende chinesische Händler verkaufen über Plattformen wie Amazon oder Ebay in Deutschland Produkte direkt aus Fernost – steuerrechtlich nicht immer ganz sauber. Das Startup Panda.Black will den Spieß umdrehen und deutschen Händlern und Herstellern den Weg nach China bahnen. Dahinter steckt der Präsident vom Bundesverband Onlinehandel. Wie Oliver Prothmann das umsetzen will, welche chinesischen Plattformen er dafür einspannt und was da für Händler wirklich drin ist, lest Ihr hier.

„Panda.Black soll die digitale Brücke zwischen deutschen Händlern und dem chinesischen Markt bauen“, sagt Oliver Prothmann zu OMR. „Im April 2017 war ich das erste Mal in China und konnte sofort in allen Gesprächen und Terminen wahrnehmen, dass ein großer Bedarf an Produkten aus Deutschland besteht. Parallel dazu haben mich die Mitglieder vom Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) gefragt, wie sie denn nach China verkaufen könnten, da alle international handeln – aber eben noch nicht nach China. Daraufhin wurde Panda.Black geboren.“

Prothmann gründet eine GmbH und enthüllt Ende August 2018 das Projekt – welches sich nur an Mitglieder seines Verbands richtet (derzeit liege die Zahl der Mitglieder im dreistelligen Bereich, viele seien Marktplatzhändler). Er wolle damit eine Plattform für kleine und mittelständische Händler schaffen, denn die fehle bisher: „Natürlich kann jeder Händler versuchen, sich direkt an die chinesischen Marktplätze anzuschließen. Aber dieser Aufwand ist für die meisten Hersteller und Händler viel zu hoch. Nicht nur die gesellschaftliche Kultur, sondern auch die E-Commerce-Kultur ist eine ganz andere als in Deutschland oder Europa. Durch die Anbindung an Panda.Black bleiben dem Händler viele Kosten und Ressourcenaufwände erspart.“

Panda.Black ist vorerst Verkäufer

Panda.Black-Gründer Oliver Prothmann

Panda.Black-Gründer Oliver Prothmann

Aber wie soll das Ganze überhaupt funktionieren? „Wir starten damit, die Artikel der Hersteller und Händler unter dem Namen Panda.Black zu verkaufen. Doch in Zukunft kann jeder Hersteller und Händler selber über die Plattform Panda.Black in eigenem Namen in China verkaufen. Natürlich unterstützen wir jeden, soweit er Unterstützung benötigt“, sagt Prothmann. In der ersten Stufe tritt Panda.Black auf den chinesischen Plattformen unter der Marke als Verkäufer auf, listet die Produkte der interessierten Händler und Hersteller und kauft diese bei erfolgten Verkäufen in China direkt bei ihnen. „Wir wollen selbst lernen, was in China funktioniert. So haben wir gemerkt, dass anders als in Studien behauptet, Werkzeuge und Gartengeräte sehr gut nachgefragt werden“, so Prothmann.

Ab Mitte 2019 soll sich das Geschäftsmodell ändern: Panda.Black wird dann zu einer eigenen Plattform, die an das Shopsystem von Plentymarkets angeschlossen ist. Hersteller und Händler sollen dann Panda.Black als Kanal auswählen und ihre Produkte einstellen – und gleichzeitig anklicken, auf welchen chinesischen Plattformen sie verkaufen wollen. Dafür werde laut Prothmann eine Aufschaltgebühr fällig, sowie eine Servicegebühr je nach Aufwand rund um die Listung des Artikels. Im B2B-Bereich biete das Unternehmen darüber hinaus Kontakte zu chinesischen Firmen und die Abwicklung der Geschäfte an. Um Aufmerksamkeit zu generieren, hat Prothmann Showrooms auf verschiedenen chinesischen Messen mit deutschen B2B-Produkten eingerichtet.

Um das alles in die Wege zu leiten, arbeitet Prothmann in China mit zwei Agenturen zusammen. „Ohne Partner geht in China nichts – auch weil Plattformen wie JD einen chinesischen Ansprechpartner fordern. Aber es ist auch wegen der Sprachbarriere nicht so einfach, die passenden Agenturen zu finden“, sagt er. In Deutschland säßen fünf Leute insgesamt am Projekt Panda.Black.

JD, Tmall, Wechat

Panda.Black ist nach eigenen Angaben auf den chinesischen Plattformen JD und Wechat schon mit ersten Testläufen aktiv. Bei Kaola und Tmall laufen noch die Registrierungen. Das Unternehmen wolle wegen der unterschiedlichen Zielgruppen auf all diesen E-Commerce-Seiten aktiv sein. JD.com ist zum Beispiel am ehesten mit Amazon zu vergleichen. Der vormalige Elektrohändler genieße laut Prothmann viel Vertrauen und habe sehr wenig mit Fake-Produkten zu kämpfen. Kaola unterscheidet sich demgegenüber durch die Konzentration auf ausländische Ware. Bisher habe das Unternehmen vor allem selbst Produkte importiert und verkauft. Jetzt sei ganz frisch aber auch ein Marktplatz angeschlossen, auf dem Panda.Black verkaufen werde. Zwar sei Kaola ein kleinerer Player, decke aus Prothmanns Sicht aber genau die richtige Zielgruppe ab.

Wechat wiederum ist keine klassische E-Commerce-Plattform. Aus einem Messenger-Service entstanden, können Nutzer in der App mittlerweile Taxis bestellen, mit Unternehmen kommunizieren und Produkte kaufen. Für Händler funktioniert Wechat so ein bisschen wie Facebook – mitsamt Followern und dem Teilen von News zu Produkten. Hier lerne das Panda.Black-Team noch, wie Social Media in China genau funktioniere. Zu guter Letzt ist da noch Tmall. Oliver Prothmann vergleicht die Plattform mit Ebay, also einer Mischung aus kleinen und großen Händlern. Tmall gehört zum weltweit wohl bekanntesten chinesischen Konzern Alibaba. Die E-Commerce-Plattform mit dem gleichen Namen ist in China reiner B2B-Player – Tmall der größte B2C-Marktplatz des Landes mit 400 Millionen Käufern und über 50.000 Händlern.

Anderer Markt, andere Gewohnheiten

„Wir haben gemerkt, dass E-Commerce in China technisch und in der praktischen Ausführung ganz anders funktioniert. Die Rankings auf den Plattformen sind stark mit Budgets gesteuert und personalisiert. Diese und weitere Faktoren machen es für Händler extrem aufwändig, dort präsent zu sein“, sagt Prothmann. Produktsuchen seien auf den Plattformen stärker personalisiert und die Ergebnisse bei jedem Nutzer anders. Das mache die Optimierung schwer. Auch die Produktlistings funktionieren laut Prothmann ganz anders als bei Amazon und Ebay. SEO-Optimierung spiele hier gar keine Rolle, weshalb viele Produktseiten einfach aus verschiedenen Grafiken bestehen würden. Der Content und die Gestaltung für jedes Listing komme komplett vom Händler und sei deshalb deutlich aufwendiger.

JD.com Produktseite

Eine Produktseite auf JD.com. Der Content besteht fast komplett aus Grafiken.

Chinesische Kunden kaufen deutlich häufiger direkt auf ihren Smartphones ein, als europäische oder amerikanische. Über 90 Prozent der Internetnutzer in China gehen über Mobilgeräte online. Hier die richtige Strategie zu wählen und gleichzeitig im Social-Commerce-Sektor auf Wechat erfolgreich zu sein, dürfte vor allem kleine und mittelständische Unternehmen vor schwierige Aufgaben stellen.

Händler haben Lust, Hürden bleiben

Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb scheinen sie Interesse am Projekt Panda.Black zu haben. „Wir haben inzwischen eine Liste von über 50 Unternehmen, die Panda.Black nutzen wollen. Wir gehen davon aus, dass bis zum Spring Festival (chinesisches Neujahr) Anfang Februar 2019 die Testphase erfolgreich abgeschlossen ist und wir in einen Regelbetrieb mit zügigem Aufschalten der Händler beginnen“, so Oliver Prothmann gegenüber OMR.

Einer der Händler, der da gern dabei wäre, ist Daniel Bartnick. Der startet 2012 als Seller auf dem Amazon Marketplace mit Produkten, die er im Ausland günstig ein- und auf der Plattform teurer verkaufte. Heute stellt er unter dem Label „Buchenbusch Urban Design“ selbst Lampen aus Beton her. Sein Nummer-1-Verkaufskanal ist weiterhin Amazon. „Chinesische Händler überschwemmen uns gerade“, sagt Bartnick zu OMR. Deshalb suche er nach neuen Absatzkanälen. Seine Lampen verkauft er bereits in die USA und in andere Länder, China soll mit Hilfe von Panda.Black der nächste Schritt sein.

Buchenbusch Betonlampen

Seine Betonlampen will Buchenbusch auch nach China verkaufen

„Wir bauen jetzt extra eine eigene Marke für den chinesischen Markt“, sagt sein Geschäftspartner Sebastian Sachs. In einem ersten Test sollen die Betonlampen über Panda.Black in China verkauft werden. Funktioniert das gut, soll die eigene Firma für das China-Geschäft gegründet werden. Produkte aus dem Bereich Gourmet Essen und Getränke könnten später dazu kommen.“Für chinesische Kunden ist die deutsche Brand der Faktor. Zwei Wochen Lieferzeit bringt da eher Vertrauen, dass die Produkte wirklich aus Deutschland kommen“, sagt Sachs. Für ihn und Bartnick sei das Modell Panda.Black spannend, weil sie ohne großes Risiko den Markt testen könnten und bei ausbleibendem Erfolg auch wieder abspringen könnten. Er ist Mitglied in Prothmanns Bundesverband Onlinehandel.

Ein E-Commerce-Experte, der lieber anonym bleiben möchte, glaubt daran, dass es nur bei einem kurzen Versuch bleiben dürfte. Es brauche keine Händler, um Herstellerware nach China zu verkaufen. Panda.Black besitze keine Alleinstellungsmerkmale.

Lieben Chinesen deutsche Produkte?

Für Oliver Prothmann scheinen deutsche Produkte an sich Alleinstellungsmerkmal genug zu sein. Er suche außerdem gezielt nach Nischen, die auf dem Markt unterrepräsentiert seien und gebe das an seine Verbandsmitglieder weiter. „Manche Marken sind in China ja schon stark, da wollen wir gar nicht mehr einsteigen. Wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die auf dem Markt noch gar nicht vertreten sind und wollen mit denen das Geschäft aufbauen“, fügt er hinzu. So sei ein Händler der WMF oder Fissler verkaufen wolle, kein passender Partner, weil der Hersteller selbst in China schon stark vertreten sei.

Prothmann sieht vor allem große Chancen im Kosmetik-Bereich. Chinesen seien sehr auf ihre Person und Gesundheit bedacht, gleichzeitig kämpfe das Land mit vielen Fake-Produkten bekannter Marken. Hier könnten deutsche Händler für Vertrauen sorgen. Profiwerkzeuge und Haushaltswaren seien zwei weitere Felder mit Potenzial.

Für Aufsehen sorgt auch immer wieder das Interesse der Chinesen an deutschem Milchpulver. Nach einem Skandal um verseuchtes chinesisches Milchpulver im Jahr 2008 vertrauten viele dort nur noch deutscher Markenware. Die Folge: Europäische Hersteller produzieren seit Jahren am Limit. Ein Profiteur war lange etwa das deutsche Startup Windeln.de, das aktuell über 50 Prozent seines Umsatzes im Reich der Mitte macht. Hohes Interesse bestehe laut Oliver Prothmann derzeit auch an Lamy-Füllern. Hier sei JD.com schon größter Händler auf dem chinesischen Markt. Ans Milchpulver wage er sich nicht, Lamy-Füller habe er aber zur Sicherheit schonmal ins Panda.Black-Sortiment genommen.

AlibabaChinaE-CommerceJD.com
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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