New Work Chefin Petra von Strombeck: “Race zwischen Xing und Linkedin wird irrelevanter”

Im OMR Podcast spricht sie über die Zukunft von Xing, Linkedin als Konkurrenz und die Milliardenbewertung von Personio

Petra von Strombeck OMR Podcast

Als von Strombeck zu Xing kam, änderte das Hamburger Unternehmen gerade den Namen in New Work SE. Seitdem sind rund zwei Jahre vergangen und eines steht fest: Nicht nur der Name hat sich geändert. Wie New Work zur zentralen Anlaufstelle für HR-Abteilungen und Arbeitssuchende werden will, was von Strombeck von der Selbstdarstellung auf Linkedin hält und wie sie über Milliardenbewertungen einiger junger HR-Startups denkt, das verrät sie im OMR Podcast.

„Ich bin ein Grufti der Digitalszene“, sagt von Strombeck ganz zu Beginn des Podcasts über sich selbst. Sie habe eine klassische Marketing-Karriere hingelegt, ab 1999 für Tchibo den E-Commerce-Bereich aufgebaut, ging dann nach Frankreich zu einer Tochterfirma. Die letzten Jahre vor New Work habe sie Lotto24 groß gemacht; aus zehn wurden über 250 Mitarbeitende und die Bewertung war von 20 auf 250 Millionen Euro gestiegen.

Kein leichter Start im Karriere-Betrieb

Seit rund eineinhalb Jahren ist von Strombeck nun Vorstandsvorsitzende von New Work SE, dem Unternehmen, zu dem unter anderem die Karriereplattform Xing, die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu und die Entwickler-Jobbörse Honeypot gehören. Der Medienverlag Burda ist mit über 50 Prozent an New Work SE beteiligt. Xing habe schon von Anfang an mit Konkurrenzdruck zu tun gehabt, dazu sei die Pandemie gekommen, worunter das Hauptgeschäft, also das Recruiting, und auch das Event-Business litt. Dennoch sei die Plattform konstant gewachsen, im dritten Quartal 2021 etwa um rund vier Prozent mehr als im Vorjahr.

Größter Wachstumstreiber der letzten Jahre sei das B2B-Geschäft gewesen: New Work bietet Personalern gegen eine Gebühr Zugriff auf das eigene Talent-Netzwerk an. „Ich glaube, wir haben alle Personaler Deutschlands bei uns auf der Plattform“, sagt sie. Dazu kommt das sogenannte „passive Sourcing“, gemeint ist damit vor allem die Jobbörse Xing. Dort gäbe es mittlerweile rund 20 Millionen Nutzende, davon seien rund eine Millionen zahlende Kunden.

2013 kaufte Xing die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu für nur 3,6 Millionen Euro. Heute ist daraus ein drittes wichtiges Standbein für New Work geworden: Das Employer Branding. „Kununu ist ein echtes Schätzchen in unserem Portfolio“, sagt von Strombeck. Bevor jemand einen Vertrag unterschreibe, gucke er oder sie zunächst auf Kununu nach der Arbeitgeberbewertung. Was die Reviews angeht, soll Kununu jedes Jahr um rund 30 Prozent wachsen. Auf Nachfrage bestätigt von Strombeck: Kununu sei die wohl beste Akquisition gewesen, die New Work je gemacht habe.

Die Zukunft von New Work

Was den meisten Arbeitgeber:innen jetzt schon zusetzt und sich für Deutschland zu einem ernstzunehmendem volkswirtschaftlichen Problem entwickeln könnte, stellt für die New Work SE vor allem eine Chance dar: Wenn der demografische Wandel dazu führt, dass die Babyboomer in Rente gehen, also die Generation der zwischen 1950 und 1970 geborenen, entstehe auf dem Arbeitsmarkt ein immenser Fachkräftemangel. Scarcity of the Talent oder Warfare Talent sind Buzzwords aus der Personaler-Szene, die diesen drohenden Umstand beschreiben. „Das treibt total unser Kerngeschäft“, sagt von Strombeck. „Der deutsche Wirtschaftsstandort wird an Produktivität verlieren und leiden, wenn wir nicht die Lücken füllen.“

Im HR sieht von Strombeck die Zukunft von New Work. Die „Talente“, also die Jobsuchenden, hätten schon heute eine echte Auswahl an Jobs und bräuchten vor allem Orientierung, um zu verstehen, wo der richtige Arbeitsplatz für sie ist. Betrachtet man den demografischen Wandel, dürfte sich dieses Problem in den nächsten Jahrzehnten sogar noch verstärken. „Wir wollen der Marktplatz für Jobs sein, an dem kein HR vorbeikommt und für die Talente der Jobbegleiter mit dem besten Value“, erklärt sie.

Wie doll nervt Linkedin?

Seit Jahren liefern sich Linkedin und Xing ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Karrieremenschen in der DACH-Region, in letzter Zeit könnte man den Eindruck erhalten haben, Linkedin habe die Nase vorn. „Dieses Race zwischen uns und Linkedin wird für uns irrelevanter“, sagt von Strombeck. „Unsere Zukunft liegt im Bereich Jobs“, sagt sie. Damit wechsle das Unternehmen das Geschäftsfeld. Dort sind Stepstone und Indeed Marktführer.

Der Wettbewerb bleibt also dennoch hart. Das zeigt auch das junge HR-Software-Startup-Personio, das erst kürzlich eine Sechs-Milliarden-Bewertung erhielt. Eine Zahl, die auch zeigt, wie zurückhaltend die Eine-Milliarde-Bewertung der New Work SE ist, immerhin macht das Unternehmen laut Analysten im Jahr 2021 voraussichtlich 287 Millionen Euro Umsatz und 98 Millionen Euro Ebitda. „Für uns zeigt das: Wir sitzen auf dem richtigen Markt“, sagt von Strombeck. Sie sei nicht neidisch, beobachte diese Unternehmen aber mit Interesse. „Schauen wir mal, ob sich die Fantasien alle bewahrheiten“, sagt sie.

Wenn Ihr außerdem erfahren wollt, welche Vorteile von Strombeck darin sieht, eine weibliche Vorständin zu sein, welche Rolle die Xing-App künftig spielen wird und weshalb Xing noch immer eine Dividende ausschüttet, dann hört Euch unbedingt die neue Folge des OMR Podcasts an.

Die Themen des OMR Podcasts mit Petra von Strombeck im Überblick:

  • Über von Strombecks Karriereanfänge und den Start während der Pandemie (2:30)
  • Über Xings Zukunft als Jobbörse, Kununu und New Work Umsatzzahlen (9:00)
  • Linkedin, die Konkurrenz und Personios Milliardenbewertung (17:30)
  • Mitarbeiterkündigungen, Entwicklung der Nutzerzahlen, die App und der Content (25:00)
  • Nochmal Linkedin, die größten Industrien auf Xing und Gespräche übers Home Office  (31:00)
  • Der Standort Hamburg, Wachstum durch demografischen Wandel und das Verhältnis zu Branchen-Startups (35:00)
  • Wann das Wachstum erschöpft ist und weshalb New Work eine Dividende zahlt (40:00)
  • Die New Work Vision und Skalierungspotenziale (ab 46:00)
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Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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