Von Jay Shetty bis Oprah Winfrey: Das große Geschäft der Motivations-Coaches

Martin Gardt6.7.2018

So verdienen Motivations-, Lebens- und Spiritualitäts-Trainer mit Online-Trainings, Podcasts, Produkten und Apps Millionen

Jay Shetty
Motivations-Guru Jay Shetty

Jay Shetty war mal Mönch, heute ist er digitaler Motivations-Coach und hat mit kurzen Clips auf Facebook über 14 Millionen Follower und Milliarden Views gesammelt. Er ist nur das Symbol für eine wahnsinnig schnell wachsende Branche rund um Motivation, Spiritualität und Meditation. Der Markt soll weltweit 3,7 Billionen Dollar Wert sein. Wir zeigen, wie Shetty und andere Motivationstrainer mit oftmals seichten Lebenstipps und passenden Produkten Millionen verdienen – auch in Deutschland.

Vor Kurzem hat die Analyse-Plattform Newswhip die erfolgreichsten Facebook-Videos der ersten Jahreshälfte von 2018 ausgewertet. Bei den Videos mit dem meisten Engagement (Likes, Kommentare, Shares) landet der Motivations-Guru Jay Shetty auf Platz 1 und 5. Sein Video „Before You Lose Someone Watch This“ hat innerhalb eines Monats auf der Plattform 89 Millionen Aufrufe, fast 260.000 Likes und mehr als 24.000 Kommentare gesammelt. Nur dieses Video wurde über 1,6 Millionen Mal geteilt. Der ehemalige Mönch hat nicht nur auf Facebook Millionen Follower, auf Instagram schauen sich knapp eine Million Abonnenten seine Mischung aus Motivations-Videos und Visual Statements an. Auf Youtube hat er knapp 800.000 Follower und kommt auf insgesamt fast 20 Millionen Video-Aufrufe.

Viral mit Motivations-Gequatsche

Shetty wächst als Sohn indischer Einwanderer in London auf und ist laut eigener Aussage schon früh von Unternehmern und CEOs wie Steve Jobs inspiriert. „Dann kam aber ein Moment, der alles verändert hat. Ein Mönch sprach an meiner Universität und mit 22 habe ich einfach entschieden, Mönch zu werden“, sagt Shetty gegenüber Entrepreneur.com. In dieser Zeit habe er sich mit dem menschlichen Verstand auseinandergesetzt. 2016 startet er dann mit Videos im Internet. „Ich wollte eine Plattform aufbauen, die es Menschen erlaubt, gesunde Diskussionen und bedeutungsvolle Gespräche zu führen“, sagt er. Erste Bekanntheit erlangt er über die Serie „Mindtrip“ auf der US-Seite der Huffington Post. Gründerin Arianna Huffington – dazu kommen wir später – ist ein großer Fan von Lebenshilfen. 

Heute ist er einer der größten Viral-Motivierer im Netz. „Die Menschen schauen meine Videos und schicken sie Freunden auf WhatsApp. Dadurch entstehen Diskussionen, weil jemand anderes das gleiche fühlt und seine Gedanken teilt“, so Shatty. Seine Videos sind alle ähnlich aufgebaut: Im Hintergrund spielt erbauliche Dudelmusik und Shetty sagt Sätze wie: „Schau 10, 15, 20 Jahre in die Zukunft und frage dich, ob es das ist, was du willst?“ Damit spricht er eine breite Masse nach Bedeutung suchender Menschen an. Viele der Facebook-Videos wurden zu Beginn von Prominenten wie dem britischen Comedian Russell Brand geteilt und bekamen dadurch noch größere Aufmerksamkeit.

Filmemacher und Speaker

Sein Geld verdient Shetty durch die Verlängerung seiner Viral-Videos in die echte Welt. Er tritt häufig als Motivations- und Konferenz-Speaker auf – unter anderem bereits bei Google, HSBC und Nasdaq. Eine US-Speaker-Seite schätzt sein Honorar auf 30.000 bis 50.000 US-Dollar pro Auftritt. Darüber hinaus platziert er Brands und Partner gegen Bezahlung in seinen Videos. Auf seiner Webseite wirbt er mit Auftragsarbeiten für National Geographic und Wipro. 

Für Facebook Watch – die Video-Plattform des Unternehmens – hat Shetty die Serie XOXO entwickelt und produziert. Zum Teil bezahlt Facebook Kreative derzeit für die Entwicklung solcher Shows. Einige Episoden erreichen über eine Million Views, Folge zwei schafft es gar auf fast elf Millionen. 

Prominente lieben den Motivations-Hype

Jay Shetty ist nur ein Symbol für die großen Reichweiten und Umsätze, die derzeit mit den Themen Motivation, Spiritualität und Meditation verdient werden. Selbst Moderatorin und Milliardärin Oprah Winfrey ist extrem aktiv im Business. Gemeinsam mit Deeprak Chopra, der wie die ältere Version von Jay Shetty daher kommt, hat sie die „21-Day Meditation Experience“ entwickelt. Der Meditations-Kurs findet über die Webseite und eine App in regelmäßigen Abständen kostenlos statt, dient aber dazu, die Nutzer in das Shop-System von Winfrey und Choprak zu ziehen. Hier bekommen Kunden für 50 US-Dollar dann Selbsthilfe-Hörspiele wie „Creating Peace From The Inside Out: The Power of Connection“. Für 600 Dollar gibt es die komplette Meditations-Audio-Serie der beiden als Stream.

Oprah Winfrey und Deepak Chopra Shop

Der Shop von Oprah Winfrey und Deepak Chopra

Noch etwas abgehobener wirken Produkte wie eine Duftkerze für 30 US-Dollar oder ein Darm-Medikament für über 20 Dollar. Deeprak Chopra soll mit seinem Meditations-Business über 80 Millionen US-Dollar verdient haben und sorgt immer mal wieder mit abgefahrenen Produkten wie der „Meditations-Brille“ für 350 US-Dollar für Aufsehen.

Arianna Huffington sammelt Millionen ein

Die bereits angesprochene Arianna Huffington hat ebenfalls ein Unternehmen gegründet, das sich komplett Gesundheitstrends verschrieben hat. Thrive Global hat bereits 50 Millionen US-Dollar in drei Finanzierungsrunden eingesammelt – unter anderem von Lerer Hippeau Ventures, Salesforce-CEO Marc Benioff und NBA-Star Kevin Durant. 

Das Business besteht aus drei Komponenten: 1. Unternehmens-Programme, bei denen Mitarbeiter Strategien und Werkzeuge für ein gesünderes Leben an die Hand bekommen. 2. Eine Publishing-Plattform, die derzeit mit Kategorien wie „Wisdom“, „Wonder“ oder „Purpose“ daherkommt. 3. Digitale Produkte (Apps etc.), mit denen Nutzer lernen sollen, gesünder mit Technologie umzugehen. Zwei der ersten drei Produkte von Thrive Global machen wahrscheinlich für viele Nutzer Sinn: Die App Thrive schaltet das Smartphone in einen „Dumm-Modus“, der nur Notfall-Anrufe und -SMS erlaubt. ThriveAway ist eine E-Mail-App, die während einer Abwesenheit clever mit einkommenden Mails umgehen soll. Das heimliche Highlight im OMR-Büro ist allerdings das Phone Bed, eine Ladestation für Smartphones in Form eines kleinen Bettes. Nutzer sollen dadurch erinnert werden, ihr Telefon nachts auszuschalten. 

Deutsche Motivierer nutzen den Podcast-Trend

Laura Malina Seiler

Auch in Deutschland gibt es eine Vielzahl an mehr oder weniger erfolgreichen Motivations-Coaches. Einige von ihnen profitieren von der derzeit steigenden Zahl an Podcast-Hörern. Ganz vorn mit dabei ist hier sicher Laura Malina Seiler, über die wir im April schon ausführlich berichtet hatten. Seiler hat es mit einer Mischung aus Lebenstipps und Interviews mit Experten geschafft, weit über sechs Millionen Podcast-Downloads zu erreichen. Mit dem Kanal hat sie den Einstieg in einen Marketing-Funnel gebaut, der über Facebook-Gruppen und ein Buch in Online-Kursen mündet, die ihr einen Millionen-Umsatz verschaffen.

Ihr wollt solche und ähnliche Themen mit der OMR-Community diskutieren? Dann meldet Euch in der neuen Facebook-Gruppe Digital Marketing Heads by OMR an. Über 2.000 Marketer sind schon dabei.

Ein weiterer deutscher Motivations-Coach nutzt ebenfalls seinen Podcast, um Menschen für seine Produkte zu begeistern. Christian Bischhoff liegt mit „Die Kunst, dein Ding zu machen“ auf Platz 8 der deutschen Apple-Podcast-Charts. Geld verdient der Ex-Basketball-Trainer mit Live-Seminar-Events, für die Besucher zwischen 147 und knapp 3.000 Euro (für ein Wochenende) zahlen sollen und mit seinem Online-Kurs „111 Motivationstipps“, der knapp 50 Euro kostet. Nebenher verkauft er noch CDs, unter anderem mit der Musik, die während seiner Seminare gespielt wird und die „Meisterwerk Leben-Erfolgsbox“ für fast 500 Euro. Er selbst spricht auf seiner Webseite übrigens abwechselnd von acht bis neun Millionen Podcast-Hörern – ob die Zahlen stimmen, lässt sich nicht belegen.

Bischhoff Kurs

Christian Bischhoff verkauft seinen Online-Kurs für knapp 50 Euro.

Motivations- und Meditationsapps skalieren

Auch abseits von Personen-Brands scheint das Thema extrem zu ziehen. Wir hatten vor Kurzem ja schon über die Meditations-App Calm geschrieben, deren Gründer vor einigen Jahren die „Million Dollar Homepage“ aufgebaut hatte. Nach einer Investition von über 25 Millionen US-Dollar wird der Wert des Unternehmens auf 250 Millionen Dollar taxiert. Gründer Alex Tew und sein Partner Michael Acton Smith träumen von einem Milliardenunternehmen inklusive eigener Insel für Meditations-Reisen.

Calm

Die Calm-App

Neben Calm gibt es weitere große Player in dem Bereich – vor allem Headspace tut sich hervor. Das Unternehmen hat insgesamt bereits über 75 Millionen US-Dollar an Kapital eingesammelt. Headspace wie auch Calm sind klassische Freemium-Ads: Die Nutzer laden sie kostenlos auf das Smartphone und müssen nach einer kurzen Testphase Abo-Gebühren für die Meditationsübungen zahlen. Laut Headspace wurde die App bereits über 18 Millionen Mal weltweit heruntergeladen. „Meditation ist nur der erste Akt“, sagt Ross Hoffman, Chief Business Officer bei Headspace. „Wir wollen den verständlichsten Guide für Gesundheit und Glück bauen, der von der Geburt bis zum Tod funktioniert.“

Mit der erfolgreichen App 7Mind spielt auch ein deutsches Unternehmen beim Meditations-Hype mit. Nach eigenen Angaben wurde die App der Gründer Jonas Leve, Paul Kohtes und Manuel Ronnefeldt über 500.000 Mal heruntergeladen. Auch die beiden arbeiten mit einem Abo-Modell. Nutzer zahlen zwischen fünf und zwölf Euro pro Monat oder können über eine Einmalzahlung von 150 Euro alle Meditationen auf Lebenszeit freischalten. Daneben gibt es unzählige weitere mit Namen wie Primed Mind, Ease oder Simple Habit – und einige von denen schielen schon auf die nächste Millionen-Investition.

Ihr seid richtig motiviert und wisst jetzt schon, dass Ihr Lust habt am ersten Dmexco-Abend zu tanzen? Dann sichert Euch ein Ticket für die OMR Aftershow Party am 12. September im Bootshaus Köln. Wir haben Samy Deluxe, Oli. P, Gigi D’Agostino und viele mehr auf zwei Bühnen – Drinks sind wie immer for free. Sichert Euch jetzt hier ein Ticket, bisher waren wir immer ausverkauft und Warteliste ist ja auch blöd.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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