Wie Unternehmen Rücksicht auf den weiblichen Zyklus nehmen können

Frauen in der Menstruation: Sie kommunizieren ihre Symptome oder geben für ihre Abwesenheit eher einen anderen Grund an. Wie das besser geht, zeigt die Redaktion von "Mit Vergnügen".

Frau mit Schmerzen auf der Couch
Kein ungewöhnliches Bild: Während der Menstruation leiden Frauen häufig unter Unterleibschmerzen und müssen sich zusammenziehen. Quelle: Pexels

Viele Frauen stehen einmal im Monat vor der Herausforderung, ihre Menstruationsbeschwerden mit dem Job unter einen Hut zu bringen. Denn laut Studien leiden 63 Prozent der menstruierenden Personen unter starken Unterleibsschmerzen – an Arbeiten ist dann oft kaum zu denken. Um den Arbeitnehmerinnen unter die Arme zu greifen, können Unternehmen auf unterschiedliche Art und Weise unterstützen. Wie das geht, zeigt die Online-Redaktion von “Mit Vergnügen”. 

Ein Konzept zum zyklusorientierten Arbeiten

Das Thema hat die ehemalige Redakteurin Xenia ins Rollen gebracht. Ihr Artikel über Menstruationsbeschwerden “hat ziemlich performt”, verrät uns Nils Höfert, Geschäftsführer von “Mit Vergnügen”. Daraufhin stand fest, über weitere Schritte nachzudenken, um zyklusorientiertes Arbeiten auch in der eigenen Unternehmensphilosophie zu etablieren. Höfert beauftragte die HR mit einem Konzept. Jessica Irdem leitet dort die Geschicke. Höferts wichtigstes Anliegen: “Was können wir als Firma tun, um den Bedürfnissen unserer Mitarbeiterinnen gerechter zu werden?”

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Unterleibschmerzen, Rückenschmerzen, Durchfall: Frauen klagen während ihrer Menstruation über Probleme, die das Arbeiten erschweren.

In kurzer Zeit stand ein Maßnahmenkatalog, der Perioden-Produkte auf den Toiletten  und Notfallboxen, sogenannte “Moon-Boxen”, im Büro vorsieht, in denen Wärmflaschen, Schmerztabletten und Schokolade zu finden sind. Dass es einem nicht gut geht, kann über die Tools Slack und TimeButler mit einem Mond Emoji kenntlich gemacht werden. Welches Pensum an den "Moon Days" möglich ist, wird individuell mit dem Teamlead besprochen. 

Den Zyklus verstehen

Aber warum sind Maßnahmen für Menstruierende angebracht, wann braucht es Pausen und wann wird's kreativ? Hierfür lohnt sich ein Blick auf die vier Phasen.

Der Zyklus der Frau ist ein komplexes Konstrukt, das individuelle Symptome hervorruft. Wenn Frauen allerdings ihren eigenen Zyklus kennen und die Möglichkeit von ihrem Arbeitgeber haben, ihren Arbeitsalltag zu planen, kann das einiges erleichtern. Spontane Homeoffice-Tage können Mitarbeiterinnen durch Phasen mit einhergehenden Schmerzen helfen. Durch flexible Arbeitszeiten können Aufgaben und Termine den Zyklusphasen angepasst werden. So eignet sich die Menstruationsphase, in der viele Frauen Schmerzen im Unterleib oder auch unteren Rücken haben, zum Beispiel für leichtere Aufgaben. Oft hilft es, das Büro gegen die eigenen Vier Wände und eine Wärmflasche auszutauschen. Die Follikelphase hingegen kann für kreative Aufgaben geeignet sein. Während dieser Phase steigt der Östrogenspiegel an, was zu mehr Energie und einer verbesserten Stimmung führt. Auch die Ovulationsphase eignet sich eher für anspruchsvollere Aufgaben, da sich Frauen hier besonders sicher und selbstbewusst fühlen. In der Lutealphase ist es dann oft einfacher, wieder einen Schritt zurückzutreten – denn hier treten oft PMS-Symptome wie Reizbarkeit oder Müdigkeit auf.

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Die vier Phasen des weiblichen Zyklus.

Einen Raum für Gespräche schaffen

Warum ist zyklusorientiertes Arbeiten so wichtig? “Wir holen damit ein Thema aus der Tabu-Ecke", so der Geschäftsführer. Auch Irdem betont: “Die erste Maßnahme bestand darin, dass wir an alle kommuniziert haben, dass die Menstruation kein Tabuthema bei uns ist.” Denn durch das Konzept wird ein Raum für Menstruation eröffnet, nicht nur für die weiblichen Kolleginnen, sondern auch für die männlichen. Bei “Mit Vergnügen” wird dazu ermutigt, offen darüber zu sprechen. “Mehr aufeinander zugehen und mehr aufeinander zu hören ist uns wichtig”, sagt Höfert. Es solle keinen Unterschied zwischen körperlichen Beschwerden aufgrund der Menstruation oder anderen körperlichen oder mentalen Beschwerden geben. Egal, aus welchem Grund: Wer sich schlecht fühlt, wird gehört, versichert Head of Personal Irdem. 

Die Maßnahmen bewähren sich

Das Konzept soll das bekräftigen. Seit Oktober 2023 ist das zyklusorientierte Arbeiten fester Bestandteil des Unternehmens. Aus einem offenen Geheimnis wurde ein offizieller Rahmen – und das war Höfert wichtig. Das Konzept hat sich bewährt. Irdem verrät uns, dass die “Moon Days” vom Team gut angenommen werden. Viele Kolleginnen sind für die Möglichkeit dankbar, sich während ihrer Menstruation etwas zurückzunehmen. “Auch Mitarbeiterinnen, die es nicht nutzen, finden die Möglichkeit gut. Es gibt ihnen ein Gefühl der Wertschätzung und Sicherheit. Und das ist für uns als Unternehmen total wertvoll”, verrät uns der Geschäftsführer. Die einzige offene Frage Höferts ist daher selbstkritischer Natur: “Warum haben wir nicht früher damit begonnen?” Schließlich sorge das gute Arbeitsklima für zufriedene und motivierte Mitarbeitende und reduziere mögliche Krankheitstage. Ob das Angebot von den Kolleginnen ausgenutzt werde? "Nein, und da vertrauen wir unseren Mitarbeiterinnen voll und ganz”, so der Geschäftsführer. Die Verantwortlichen ziehen nach über einem Jahr eine positive Bilanz.

Mit ihrem Konzept zeigt das Unternehmen, wie Beruf und der weibliche Zyklus miteinander vereint werden können. Mit ihrer Social-Media-Arbeit zeigt “Mit Vergnügen”, dass das Vorhaben "kein Hexenwerk ist".  Dabei ist der Aufwand gering – in allen Belangen. 

Katharina Hebekus
Autor*In
Katharina Hebekus

Katharina ist Werkstudentin bei OMR Jobs & HR und verbringt den Großteil ihrer Arbeitszeit damit, Beiträge auf LinkedIn zu verfassen. Besonders interessieren sie alle Themen rund um New Work und Gender Equality. Neben der Leidenschaft für Marketing und Journalismus begeistert sie sich für die Meeresbiologie. Deswegen hat sie nach ihrem Abschluss in Sozialökonomie noch einmal angefangen, an der Universität Hamburg Biologie zu studieren.

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