Vom Finden zum Binden: Was Recruiting heute leistet

Wie modernes Recruiting gelingt: Vier Perspektiven vom Digital HR Summit 2025 auf Trends, Tools und wie in Zukunft Talente gewonnen werden.

Zu sehen ist eine aufgeschlagene Zeitung in der Stellenausschreibungen inseriert sind. Dort wurde ein rot markiert.
Angesichts des Fachkräftemangels müssen Unternehmen am Puls der Zeit bleiben und ihre Strategien weiterentwickeln. Wer sich an erfolgreichen Best Cases orientiert und moderne Ansätze wie schnelle Reaktionszeiten oder datenbasierte Prozesse übernimmt, hat die besten Chancen, Talente nachhaltig zu gewinnen. Quelle: Pexels – Ron Lach
Inhalt
  1. Individuell statt Generationen-Klischees
  2. Remote Hiring: So geht globale Skalierung
  3. Recruiting wächst mit
  4. KI ersetzt kein Gespür, aber viele Prozesse
  5. Recruiting-Strukturen sind wichtig und Menschlichkeit bleibt der Schlüssel

Recruiting ist längst mehr als das Besetzen offener Stellen. Es ist zur strategischen Schlüsselaufgabe geworden – getrieben vom demografischen Wandel und dem gestiegenen Anspruch, Arbeitsbedingungen schnell sowie rechtssicher zu gestalten. Während klassische Bewerbungsprozesse an Relevanz verlieren, suchen Unternehmen nach Ansätzen, die individueller und zukunftsfähiger sind.

Infobox: Definition Recruiting heute

Recruiting bezeichnet alle Maßnahmen zur Gewinnung neuer Mitarbeitenden. Klassisch umfasst es die Erstellung von Stellenausschreibungen, die Auswahl geeigneter Kanäle, das Screening von Bewerbungen und das Führen von Bewerbungsgesprächen. Doch in einer Arbeitswelt im Wandel greift diese Definition zu kurz. Moderne Recruiting-Strategien setzen früher an – bei der Sichtbarkeit als Arbeitgeber*in, der Gestaltung einer zielgruppengerechten Candidate Journey und dem Einsatz datenbasierter Entscheidungen. Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, Talente nicht nur zu finden, sondern sie zu überzeugen. Reaktionszeiten, Kommunikation auf Augenhöhe und digitale Touchpoints werden zum entscheidenden Faktor.

Warum sich Recruiting grundlegend verändert:

  • Demografie: Der Fachkräftemangel verschärft sich, vor allem durch den Ausstieg der Babyboomer-Generation.
  • Erwartungen: Bewerbende erwarten transparente Prozesse, schnelle Reaktionen und flexible Modelle.
  • Technologie: KI und Automatisierung versprechen Effizienz, stellen aber auch neue Anforderungen an Ethik und Fairness.

Fünf Speaker*innen des Digital HR Summit geben Einblicke in ihre Recruiting-Praxis – mit klaren Positionen und praxisnahen Werkzeugen, die anhand realer Fälle greifbar werden.

Individuell statt Generationen-Klischees

„Sind die jungen Menschen einfach faul?“ Mit dieser provokanten Frage beginnt Sarah Böning, Recruiting Expertin bei Talent Centric, ihren Vortrag und rechnet mit einem der hartnäckigsten Recruiting-Mythen ab: dem Generationenbashing. Für sie steht fest: „Es gibt keine faule Generation. Es gibt nur eine schlechte Passung zwischen Angebot und Erwartung.“

Sarah plädiert dafür, Recruiting nicht über Geburtsjahre zu organisieren, sondern über Lebensphasen und Bedürfnisse. Wer Zielgruppen wirklich versteht, entwickelt datenbasierte Personas und wählt Kommunikationswege, die zur jeweiligen Lebensrealität passen. In der Pflege kann das eine Kontaktaufnahme via WhatsApp sein, ergänzt durch schnelle Rückmeldungen. In der IT wiederum überzeugen transparente Einblicke in den Tech-Stack mehr als generische Benefits.

Ein Praxisbeispiel liefert sie gleich mit: Eine Persona für Pflegekräfte wurde so konkret aufgesetzt, dass daraus nicht nur eine Stellenanzeige, sondern auch eine passende Bildsprache, der Kommunikationskanal und sogar die Ansprache in Vorstellungsgesprächen abgeleitet wurden.

Ihr Appell: "Recruiting ist ein datengetriebener Kommunikationsprozess. Wer es als Formularverwaltung versteht, wird den Anschluss verlieren."

Remote Hiring: So geht globale Skalierung

NeoTaste hat sich in kurzer Zeit als führende App für Restaurant-Deals etabliert. Mit dem rasanten Wachstum und der Internationalisierung stieg auch der Bedarf an qualifizierten Fachkräften – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Felix Helm, Head of HR, beschreibt, wie NeoTaste diesen Bedarf mithilfe von Remote deckt: Die Plattform ermöglicht es, Mitarbeitende länderübergreifend einzustellen, ohne dafür eigene Niederlassungen gründen zu müssen. Remote übernimmt dabei die Rolle als „Employer of Record“ – also die formale Arbeitgeberfunktion im jeweiligen Land. Das umfasst unter anderem die rechtssichere Gestaltung der Arbeitsverhältnisse sowie die Verantwortung für lokale Gehaltsstrukturen und gesetzliche Vorgaben.

So kann NeoTaste Talente dort einstellen, wo sie leben – unabhängig vom eigenen Standort. Die größte Herausforderung dabei: ein rechtssicheres und skalierbares Recruiting über Landesgrenzen hinweg.

Ein zentrales Learning aus dem Vortrag: Komplexität muss Geschwindigkeit nicht ausschließen. Bei NeoTaste vergehen vom Erstkontakt bis zur Vertragsunterschrift im Schnitt nur zwei Wochen. Das gelingt, weil die Abläufe zuvor gründlich durchdacht wurden und Verantwortlichkeiten im Recruiting klar geregelt sind. 

Recruiting wächst mit

Als Urban Sports Club gewachsen ist, musste auch das Recruiting Schritt halten. Florian Bankes erzählt, wie sein Team diesen Wandel aktiv gestaltet hat. Nicht mit hektischen Schnelllösungen, sondern mit Struktur und dem Blick auf die Bedürfnisse eines skalierenden Unternehmens.

Besonders im Tech-Bereich wurde deutlich: Generalistisches Recruiting stößt schnell an Grenzen. Also wurden gezielt neue Rollen geschaffen – etwa für Active Sourcing oder Interview-Coaching. Diese Spezialisierung brachte nicht nur Tempo, sondern auch mehr Qualität in den Auswahlprozess.

Wichtig war dabei ein konsistenter Auftritt nach außen. "Talente vergleichen uns nicht nur mit Wettbewerbern aus der Branche, sondern mit dem gesamten Markt", sagt Florian. Einheitliches Employer Branding über alle Touchpoints hinweg wurde deshalb zur Priorität.

Ein konkreter Hebel: Neue Jobtitel wie "Tech Talent Partner" sorgten intern wie extern für Klarheit – über Rolle und Entwicklungsmöglichkeiten. Das Ergebnis: schnellere Prozesse, weniger Reibung, mehr Orientierung – für alle Beteiligten.

KI ersetzt kein Gespür, aber viele Prozesse

Die klassische Bewerbermanagement-Software (ATS) stößt an ihre Grenzen, wenn Recruiting gleichzeitig schnell, individuell und fair sein soll. Gabriele Todaro und Marisa Schlösser von SmartRecruiters zeigen, wie KI-gestützte Lösungen hier ansetzen und Entlastung bringen können.

So erstellt eine KI beispielsweise auf Basis weniger Stichworte vollständige, genderneutrale Stellenausschreibungen. Andere Tools erkennen Muster bei Absagen oder No-Shows und schlagen vor, was angepasst werden kann – etwa Erinnerungen zum richtigen Zeitpunkt oder eine Umgestaltung des Interviewprozesses.

Das entlastet nicht nur operativ. Es schafft Raum für das, worauf es im Recruiting wirklich ankommt. Zeit, um Beziehungen zu potenziellen Mitarbeitenden aufzubauen. Die Möglichkeit, im Gespräch ehrlich zu beraten. Und die Ruhe, um Entscheidungen auf einer soliden Grundlage zu treffen.

Recruiting-Strukturen sind wichtig und Menschlichkeit bleibt der Schlüssel

Recruiting im Jahr 2025 stützt sich auf Daten und Technologie, bleibt dabei aber immer von menschlichem Gespür getragen. Entscheidend ist, Prozesse kontinuierlich zu hinterfragen, die Bedürfnisse der Zielgruppen ernst zu nehmen und digitale Werkzeuge gezielt dort einzusetzen, wo sie echten Mehrwert schaffen. So entsteht eine Struktur, die dem Fachkräftemangel wirksam begegnen kann.

Die vier Perspektiven vom Digital HR Summit zeigen: Es geht nicht um das eine richtige Tool oder den perfekten Funnel. Erfolgreiches Recruiting entsteht dort, wo strategisches Denken auf Empathie trifft, wo neue Rollen geschaffen werden, um Klarheit zu schaffen, und wo KI genutzt wird, um Raum für das Menschliche zu schaffen.

Recruiting wird nicht einfacher. Doch Unternehmen, die sich auf Veränderungen einlassen und ihre Haltung immer wieder hinterfragen, können nachhaltige Fortschritte erzielen.

Digital HR Summit

Falls du dich fragst, wie du künftig solch spannende Expert*innen-Einblicke nicht mehr verpasst? Der Digital HR Summit findet regelmäßig statt – an unterschiedlichen Thementagen stehen verschiedene Expert*innen vor der Kamera und geben einen kleinen Einblick in ihr Wissen oder Praxisbeispiele. Das Beste daran ist, du kannst dich kostenlos anmelden. Schau einfach mal vorbei.

Werbebanner für den Digital HR Summit vom 16. bis 24. September. Slogan: 'Inspirierende und spannende Vorträge aus dem HR-Kosmos'. Abgebildet sind vier Speaker:innen mit ihren Themen: Marcus Merheim (Employer Branding), Sarah Böning (Recruiting), Nina Pry (Retention) und Sabrina Zeplin (People Strategy). Rechts oben Logo OMR Jobs & HR, daneben ein schwarzer Stern mit der Aufschrift 'Kostenloses Ticket sichern'.


Rebecca Feucht
Autor*In
Rebecca Feucht

Rebecca ist Content & Project Manager bei OMR Jobs & HR und schreibt seit 2017 für die HR-Zielgruppe. Mit ihrer Erfahrung aus der E-Learning-Branche versteht sie, wie Wissen verständlich und praxisnah vermittelt wird. Was sie selbst nie erwartet hätte: Dass ihr das Thema Compliance dabei so sehr ans Herz wachsen würde.

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