Nervenkitzel im Recruiting: Let’s play!

OGE setzt mit einem interaktiven Recruiting-Spiel neue Maßstäbe im Ausbildungsmarketing für das Handwerk.

Drei Smartphones zeigen Spielszenen in einer düsteren Atmosphäre: Nebel, Tunnel, ein Videocall und eine junge Frau mit Zopf und Vorschlaghammer im Zentrum. Im Hintergrund: ein stilisierter Wald in Lila mit grafischen Elementen.
Ein Spiel aus der Ego-Perspektive: Monster, Portale, Gas und vier Charaktere, die bei OGE die Welt retten. Im Mittelpunkt: das Handwerk, das unsere Welt sichert. Und ich? Ich kann dazugehören – mit der passenden Ausbildung. Quelle: OGE, Grafik: OMR
Inhalt
  1. Azubis erreichen, wo sie sind
  2. Das Game: Triff deine Entscheidung
  3. Vom Skript zur lebendigen Kampagne
  4. Welt gerettet und Stellen besetzt
  5. Und was ist jetzt mit Paul?

Du sitzt nachmittags auf dem Sofa, draußen wird es langsam dunkel und du scrollst durch TikTok. Ein Video erscheint, in dem eine junge Frau davon spricht, dass sie seltsame Geräusche aus ihrem Heizkörper hört. Du denkst an deine Schwester: Marie arbeitet doch bei einem Gasnetzbetreiber und ist noch nicht zu Hause. Du rufst sie an. Die Kamera geht an, und sie ist verstört: "Schick bitte Hilfe! Sie sind überall!" Dann bricht der Call mit ihrem Schrei ab. Was tust du?

Diese Frage zieht sich durch das komplette Recruiting-Game Open Grid Europe GmbH (OGE). In Zusammenarbeit mit Strehlow Media und der auf Games spezialisierten Simo Games entstand eine digitale Bewerbungserfahrung, die sich bewusst vom klassischen Karrierevideo absetzt.

Azubis erreichen, wo sie sind

Schnell, visuell, interaktiv – die Mediennutzung junger Menschen hat sich grundlegend verändert. Was bedeutet das für die Berufsorientierung? Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) entwickelt sich der Ausbildungsmarkt vorsichtig positiv, doch allein im Jahr 2024 sind 69.400 Ausbildungsstellen unbesetzt. Gleichzeitig zeigt eine Kofa-Studie, dass 61,9 Prozent der Jugendlichen Stellenausschreibungen über soziale Medien finden. 63,5 Prozent der Unternehmen setzen bereits auf diese Kanäle – doch sind es auch die richtigen Formate und Inhalte?

Balkendiagramm zeigt die Nutzung von Social-Media-Kanälen durch Unternehmen und Jugendliche bei der Ausbildungsplatzsuche. Jugendliche nutzen vor allem Instagram (75,6 %), YouTube (46,9 %), WhatsApp (38,3 %) und TikTok (30,4 %). Unternehmen setzen dagegen am häufigsten auf Facebook (71,3 %), Instagram (57,9 %) und LinkedIn/Xing (41,0 %). TikTok wird nur von 3,6 % der Unternehmen genutzt. Quelle: Kofa

Viele Unternehmen setzen im Ausbildungsmarketing weiterhin auf Facebook und Instagram. Während Instagram die junge Zielgruppe durchaus erreicht, ist Facebook für viele Jugendliche längst irrelevant. TikTok und YouTube hingegen zählen zu den meistgenutzten Plattformen unter 14- bis 19-Jährigen – werden von Unternehmen jedoch bislang nur selten für Recruiting-Maßnahmen genutzt.

OGE sucht deshalb 2024 neue Wege, um junge Menschen auf sich aufmerksam zu machen. In Zusammenarbeit mit Simo Games und Strehlow Media ist ein Konzept entstanden, das auf Interaktion statt Information setzt: Ein kreatives Spiel-Format trifft auf eine Social-Media-Kampagne mit Performance-Fokus, das die Zielgruppe auf TikTok direkt anspricht.

Das Game: Triff deine Entscheidung

Das Spiel wurde als interaktive Videoreihe konzipiert. Nach jeder kurzen Videosequenz treffen die User*innen über zwei bis drei Buttons eine Entscheidung, die den Verlauf des Erlebnisses beeinflusst. “Paul ist noch im Gebäude, sollten wir zurückgehen und ihn retten?”, ist zum Beispiel eine Frage, die bei vielen Nutzenden hängen bleibt. Um am Ende zur Lösung des Spieles zu kommen, steht die Frage aus, wem der drei Charakter du helfen möchtest: der Industriemechanikerin, dem Mechatroniker oder dem Elektroniker. Danach folgt je nach Wahl eine Aufgabe, die zum Alltag des jeweiligen Auszubildenden gehört. Nachdem dann gemeinsam die Welt gerettet wurde, wirst du aufgefordert ebenfalls eine Ausbildung zu machen, schließlich kann man nach einer solchen Heldentat ein gutes Wort für dich einlegen. Du musst nur noch das Kontaktformular ausfüllen.

Dunkle Waldszene in Ego-Perspektive mit Taschenlampenschein auf Büsche und Nebel. Zwei Entscheidungsbuttons im Bild: „schnell abhauen“ und „im Wald nachsehen“. Szene stammt aus einem interaktiven Spiel zur Ausbildungsorientierung bei Open Grid Europe GmbH (OGE).

Szene aus dem Recruiting-Game von OGE: Die Spielenden müssen entscheiden, ob sie fliehen oder sich der Gefahr im Wald stellen. Quelle: OGE

Vom Skript zur lebendigen Kampagne

Der Impuls kam von OGE: Auf Basis einer früheren Umsetzung trat das Unternehmen an die beiden Agenturen heran. Daraus ist ein Drehbuch entstanden, das eine spannende Geschichte mit interaktiven Entscheidungselementen verbindet. Als Drehort wurde das echte Betriebsgelände gewählt, wodurch ein authentischer Bezug zur Arbeitsrealität entsteht. Insgesamt besteht das Produktionsteam aus vier Personen von Simo Games, die sich um Konzeption, Produktion und Organisation gekümmert haben. Rund um den Dreh wurde das Team durch Kamera, Licht, Maske und Schauspieler*innen unterstützt. 

Das Ausspielen der Kampagne zum Azubi-Game hat Strehlow Media übernommen: Von Juni 2024 bis Januar 2025 ist ein Ausschnitt der Videos auf TikTok gelaufen, welche aufgerufen haben, die vollständige Version über den Browser zu nutzen. Die Plattform ist bewusst gewählt worden, um die gewünschte Altersgruppe zu erreichen. Auch offline war die Kampagne präsent: In Essen machten Plakate mit der auffälligen Domain rettet-paul.de gezielt auf die Ausbildungsplätze aufmerksam.

Eine junge Frau in Arbeitskleidung steht mit einem Vorschlaghammer über der Schulter, halb aus einem Smartphone herausragend. Im Hintergrund eine nächtlich beleuchtete Industrieanlage. Daneben der Text „Zock’ Dich zur Ausbildung!“ und ein QR-Code mit Link zur Webseite rettet-paul.de.

In Essen wurden ebenfalls Plakate eingesetzt, um vor Ort junge Menschen auf das Recruiting-Game aufmerksam zu machen. Quelle: OGE

Methodik und Didaktik

Ziel des Spiels ist es, junge Menschen über ein ihnen vertrautes Medium anzusprechen – auf TikTok, im Storyformat und mit der direkten Ansprache in der Ego-Perspektive. Die Spielende sehen die Welt durch die Kamera, wodurch sie sich aktiv einbezogen fühlen. Dazu hat sich die Kamera selbst schnell bewegt, ob es ein Blick über die Schulter ist oder das Weglaufen, wenn etwas hinter dem Protagonisten auftaucht. Auch die Entscheidungen sind aus der Ich-Perspektive heraus: Rette ich Paul?

Didaktisch verzichtet das Game bewusst auf eine "korrekte" oder durchgestylte Sprache. Stattdessen wird auf Authentizität und Nähe gesetzt. Die Inhalte sind so aufgebaut, dass sie Aufgaben und Situationen aus den technischen Ausbildungsberufen von OGE widerspiegeln, ohne belehrend zu wirken. So setzen sich die Teilnehmenden niedrigschwellig mit der beruflichen Realität auseinander – eingebettet in ein immersives (realitätsnahes) Erlebnis. Spiel-Elemente wie alternative Spielverläufe, Entscheidungsdruck und Belohnung durch Feedback verstärken die Motivation der Spielenden, sich auf das Thema einzulassen.

Welt gerettet und Stellen besetzt

202 Bewerbungen, 4,5 Millionen Aufrufe und über 28 Tausend Klicks haben dafür gesorgt, dass im Unternehmen nahezu alle Auszubildenden-Stelle besetzt wurden. Und das sind nur die Zahlen während der Kampagnenlaufzeit. OGE ist zufrieden.

Zitat

"Wir sind stolz, dass wir mit dem Game komplett neue Wege im Recruiting eingeschlagen haben und als traditionell geprägtes Unternehmen zu einem Vorreiter in der Ansprache der Gen Z auf TikTok geworden sind. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden - durch das Game haben wir nicht nur Azubis gewonnen, sondern darüber hinaus auch einen positiven Imageeffekt bei unserer Zielgruppe."

Dr. Meike Lenz, Employer Branding und Eva Bartel, HR Business Partnerin von OGE

Besonders hervorzuheben sind die vielen positiven Rückmeldungen in der Kommentarsektion. Strehlow Media hat in der Vergangenheit oft erlebt, dass gerade auf TikTok die Kommentarspalten schnell zu einem Raum für negative Stimmen werden. Bei dieser Kampagne war es anders: Viele User*innen fanden das Spiel spannend, lobten die kreative Umsetzung und die ungewöhnliche Art der Ansprache. Insgesamt wurden über 680 Kommentare gezählt. Die Interaktion übertraf klassische Kampagnen deutlich. Dabei wurde besonders häufig nach einer Fortsetzung gefragt oder danach, wie es mit der Geschichte und Paul weitergeht. 

Und was ist jetzt mit Paul?

In den TikTok-Kommentaren herrscht die Frage vor, was nun mit Paul passiert ist. Wer es selbst herausfinden möchte: Das Spiel kann weiterhin online gespielt werden

Für alle anderen: Paul ist im Spiel der Chemielaborant, der die Lösung kennt, doch leider verschwunden ist. Doch, ACHTUNG SPOILER, leider wird nur sein Kittel mit seinen Notizen gefunden – die am Ende die Welt retten. Die Zuschauenden sind fasziniert: Hat er überlebt? Ist er übergelaufen? Ist er im Portal verschwunden? Sie wollen Informationen oder sogar eine Fortsetzung. Ob es dazu kommt, weiß wohl nur Paul. 

Rebecca Feucht
Autor*In
Rebecca Feucht

Rebecca ist Content & Project Manager bei OMR Jobs & HR und schreibt seit 2017 für die HR-Zielgruppe. Mit ihrer Erfahrung aus der E-Learning-Branche versteht sie, wie Wissen verständlich und praxisnah vermittelt wird. Was sie selbst nie erwartet hätte: Dass ihr das Thema Compliance dabei so sehr ans Herz wachsen würde.

Alle Artikel von Rebecca Feucht

Ähnliche Artikel

HR Newsletter. Updates, Wissenswertes & Termine aus den Bereichen HR, Recruiting & Employer Branding.