Moneymaker Jake Paul: Drei Millionen US-Dollar Umsatz nur mit einem Hochzeits-Livestream

Mit welchen dubiosen Methoden der Youtube-Star seine Reichweite monetarisiert

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Inhalt
  1. 65.500 waren bereit, den Preis zu zahlen
  2. 3,2 Millionen US-Dollar Umsatz nur mit einem Stream
  3. „Die Leute wissen, dass es fake ist“
  4. Das Paar verlässt die Feier voneinander getrennt
  5. „Wir verschaffen Dir 500.000 Follower…“
  6. „…für 25.000 bis 30.000 US-Dollar“
  7. Hat das Team 10 für Alkoholmarken geworben?
  8. Mehr als 20 Millionen US-Dollar an Einnahmen pro Jahr?

Es dürfte eines der Top-5-Ereignisse im Youtube-Umfeld in diesem Jahr gewesen sein: Am Sonntagabend haben Musikerin und Youtuberin Tana Mongeau und Youtuber Jake Paul in Las Vegas geheiratet. Die Fans konnten die Trauung live im Internet verfolgen – wenn sie bereit waren, rund 50 US-Dollar dafür zu bezahlen. OMR hat recherchiert, wie viel Geld das Paar damit eingenommen hat, und mit welchen fragwürdigen Methoden Digitalstar Jake Paul seine enorme Reichweite außerdem monetarisiert – und ist dabei auf dubiose Gewinnspiele und anrüchige Sponsorings gestoßen.

19 Millionen Abonnenten hat Jake Paul auf Youtube, auf Instagram folgen ihm 12,4 Millionen User. Tana Mongeau kann 4,7 Millionen Youtube-Abonnenten und 4,6 Millionen Instagram-Abonnenten vorweisen. Jene Fans des Paars, die für den Sonntagabend angesetzte Hochzeit der beiden live im Bild mitverfolgen wollten, konnten das weder über Youtube, noch über Instagram tun. Sie mussten auf die Plattform Halogen.tv wechseln. Denn nur die erlaubte es dem „Social-Media-Superstar-Paar“ für die Nutzung des Livestreams von ihren Fans Geld zu nehmen.

65.500 waren bereit, den Preis zu zahlen

Knapp 50 US-Dollar (nach aktuellem Wechselkurs rund 45 Euro) sollten die Fans für den Livestream der Trauung zahlen. Wer nun heute einen Blick in die Halogen-App wirft, dem zeigt diese an, dass 65.500 Nutzer dazu bereit waren, dieses Geld auszugeben.

Die App Halogen weist für den kostenpflichtigen Livestream der Hochzeit aktuell insgesamt 65.500 Zuschauer aus (bearbeiteter Screenshot)

Viele von ihnen waren mit der Qualität des Streams offenbar alles andere als glücklich, wie Screenshots von Nutzerkommentaren bei Twitter zeigen. (UPDATE, 31. Juli: Das US-Klatschportal TMZ berichtet, dass Apple und Google Nutzern der Halogen-App, die sich bei den Konzernen über die Qualität des Streams beschwert haben, ihre Zahlung zurückerstattet)  

3,2 Millionen US-Dollar Umsatz nur mit einem Stream

Ob einige der Zuschauer auf ihre Beschwerden hin ihr Geld zurückerhalten haben, ist unklar. Für Halogen und das Hochzeitspaar dürfte der kostenpflichtige Stream einen Umsatz von 3,2 Millionen US-Dollar generiert haben. Möglicherweise war der Betrag sogar noch höher, da Nutzer über die App den „Creatorn“ virtuelle Münzen schenken können, die sie vorher kostenpflichtig erwerben müssen.

Wie viel von diesem erwirtschafteten Geld erhält das Paar? Laut der Halogen-Website erhalten die Creator, die ihren Content über die Plattform vermarkten, 80 Prozent der Netto-Einnahmen. Doch es ist durchaus denkbar, dass Paul und Mongeau keine Nutzungsgebühr zahlen mussten – dürften sie der bislang noch relativ unbekannten Plattform doch wertvolle neue Nutzer und App Installs beschert haben. Einen Tag vor der Hochzeit ist Halogen zudem sogar als Sponsor der von (Jakes Bruder) Logan Paul veranstalteten „Challenger Games“, einer Art „Schmalspur Influencer Olympiade“, aufgetreten.

„Die Leute wissen, dass es fake ist“

Unstrittig dürfte sein, dass Mongeau und Paul alleine mit dem kostenpflichtigen Livestream der Eheschließung beide jeweils mehr als eine Million US-Dollar eingenommen haben – selbst, wenn man eine eventuelle Gebühr von Halogen sowie die 500.000 US-Dollar abzieht, die die Ausrichtung der Hochzeit angeblich gekostet haben soll. Besonders pikant: Schon wochenlang vor der Hochzeit war in den US-Medien sowie der Youtuber-Szene darüber diskutiert worden, ob die Hochzeit von Mongeau und Paul echt oder nur inszeniert ist – auch weil die Beziehung der beiden erst wenige Monate alt ist.

Beide haben immer wieder beteuert, sie seien wirklich ein Paar und ineinander verliebt. Gegenüber der New York Times hatte Jake Paul im Jahr 2017 schon einmal zugegeben, dass eine frühere Beziehung zu Erika Costell (bei der offenbar auch eine Hochzeit im Raum gestanden haben soll) nur vorgespielt war. „Wir haben noch nicht mal wirklich gedatet“, so Paul. „Das ist wie Wrestling. Die Leute wissen, dass es fake ist , und es ist trotzdem eine der größten Sachen im Entertainment.“

Das Paar verlässt die Feier voneinander getrennt

Eine Journalistin von Buzzfeed war nun bei der Trauung von Mongeau und Paul dabei und beschreibt die Erfahrung in einem unterhaltsamen Bericht als eher surreal. Nach weniger als anderthalb Stunden habe das Paar voneinander getrennt die Feier verlassen. Die Buzzfeed-Reporterin habe bislang im öffentlichen Verzeichnis des entsprechenden US-Bezirkes kein Dokument über eine wirkliche Eheschließung finden können.

Dass Jake Paul in Sachen Geldverdienen offenbar relativ hemmungslos ist, hat der Youtuber schon häufiger bewiesen. Gerade aktuell veranstaltet er mit dem Team 10, einer von ihm gegründeten Gruppe an weiteren Social-Media-Stars, unter seinen größtenteils vermutlich minderjährigen Followern einen so genannten Sweepstake, eine Art Lotterie. Wer teilnehmen will, muss mit dem eigenen Instagram-Account allen Accounts folgen, denen der Instagram-Account von Team 10 folgt sowie einen Kommentar hinterlassen, in dem er zehn seiner Freunde markiert. Die Preise der Verlosung im Gesamtwert von 100.000 US-Dollar (darunter Apple-Produkte und höhere Bargeldsummen) sind auf einer eigens eingerichteten Website nachzulesen.

„Wir verschaffen Dir 500.000 Follower…“

Viele, denen der offizielle Instagram-Account von Team 10 folgt, haben möglicherweise dafür bezahlt – um über den Sweepstake Follower für den eigenen Account generieren zu können. Das legen Videos und Screenshots nahe, die Josh Pescatore bei Twitter gepostet hat. Pescatore ist ehemaliger Mitarbeiter des Youtubers Keemstar (Betreiber des reichweitenstarken Youtube-News-Channels „Drama Alert“) und entsprechend in der Youtuber-Szene gut vernetzt.

Offenbar hat Adam Quinn, Manager des Team 10, im Vorfeld des Sweepstakes unter anderem in einer Story seines persönlichen Instagram-Accounts um zahlende Kunden geworben und diesen Zuwächse von bis zu 500.000 Followern in Aussicht gestellt.

„…für 25.000 bis 30.000 US-Dollar“

Später postete Pescatore den Screenshot einer mutmaßlichen Instagram-Direktnachricht, die Informationen über die Konditionen beinhaltet: 50 Plätze stünden zur Verfügungen; Personen-Accounts müssten 25.000 US-Dollar für eine Teilnahme zahlen, Marken- und Unternehmens-Accounts 30.000 US-Dollar. Sollte dies stimmen, würde dem Team 10 der Sweepstake 1,2 bis 1,5 Millionen US-Dollar Umsatz einbringen. Die Echtheit der Nachricht ist jedoch nicht belegt.

Zwar gehören solche „Loop Giveaways“ zum (zwar wenig seriösen, aber nicht zwangsläufig illegalen) Standardrepertoire der Maßnahmen, um auf Instagram schnell Reichweite aufzubauen. Aber zum einen macht das Team 10 es den jugendlichen Followern nicht vollkommen transparent, dass das ganze eigentlich eine Werbe-Aktion (Jake Pauls Post ist lediglich Alibi-mäßig mit dem schwammigen Hashtag „Partnered“ versehen).

Hat das Team 10 für Alkoholmarken geworben?

Zum anderen sollen über die Aktion die (wie bereits gesagt) vermutlich größtenteils minderjährigen Follower des Team 10 dazu verleitet sollen sein, auf Instagram auch Unternehmen aus der Alkohol- sowie der Tabakindustrie zu folgen. Ein Video in einem Tweet des Youtubers Sam Pepper (aktuell nur in der mobilen Twitter-App abrufbar) zeigt, dass der Instagram-Account des Team 10 am Starttag des Sweepstakes beispielsweise der Wodka-Marke Basic und dem alkoholischen Energydrink „Four Loko“) gefolgt ist. Dem Basic-Account folgt das Team 10 immer noch, dazu kommt u.a. die CBD-Marke Elixyr.

Schon in der Vergangenheit hatte Jake Paul keine Skrupel, gegenüber seinen jungen Followern für zweifelhafte Produkte zu werben. Im vergangenen Dezember drehte er ein komplettes (zumindest als Werbung deklariertes) Video über die übereinstimmenden Medienberichten zufolge von Polen aus betriebene Website „Mystery Brand“ (mittlerweile offline). Auf dieser können die Besucher gegen Bezahlung „virtuelle Pakete“ öffnen, deren Inhalt sie dann angeblich zugeschickt bekommen. Angeblich sollen neben normalen niedrigpreisigen Produkten auch hochwertige Technikgeräte und sogar Luxus-Immobilien über die Seite „verlost“ worden sein.

Mehr als 20 Millionen US-Dollar an Einnahmen pro Jahr?

Das Werbevideo sorgte in der US-Medienwelt für enorme Kritik. Nicht nur, dass über die Mystery-Brands-Website (möglicherweise ohne eine Kontrolle von außen) Glücksspiele (für minderjährige?) Besucher durchgeführt worden. Auf der Plattform Reddit sollen auch viele Nutzer davon berichtet haben, dass sie ihre versprochenen Preis nicht erhielten. Youtuber Keemstar tweetete im Zuge des kleinen Skandals, dass auch ihm angeboten worden sei, gegen eine Zahlung von 100.000 US-Dollar für Mystery Brands zu werben, er aber abgelehnt habe.

Möglicherweise sind Pauls Strategie, Events, fragwürdige Sponsorings und Paid Content auszubauen, auch Reaktion auf die Entwicklung, dass die Monetarisierung eines Youtube-Kanals über Youtubes Werbevermarktung immer schwieriger wird. Zudem soll um sein Team 10 zuletzt viel Unruhe geherrscht haben; offenbar haben mehrere Mitglieder das Team unzufrieden verlassen. Am Hungertuch aber dürfte Jake Paul vermutlich auch mittelfristig nicht so schnell nagen müssen: Das US-Magazin Forbes schätzt seine Einnahmen aus dem Jahr 2018 auf 21,5 Millionen US-Dollar.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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