Neuer Instagram-Trend: Hier holen sich Teenager jetzt Lebenstipps

Martin Gardt7.6.2018

Statt zu googeln, suchen junge Nutzer offenbar verstärkt auf Instagram nach Tipps & Tricks. Findige Instagrammer profitieren

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Ein neuer Instagram-Trend sorgt für viel Engagement und neue Follower: Teenager suchen auf der Plattform offenbar verstärkt nach Lebenstipps und Beauty-Tricks. Das nutzen Account-Betreiber, indem sie Thread-Beiträge erstellen, die in mehreren Bildern pro Post mehr oder weniger hilfreiche Hinweise geben. Warum solche Accounts gerade durch die Decke gehen und die Posts bei Instagram so viel Engagement sammeln, zeigen wir hier.

Bevor es das Internet gab, suchten Teenager in der Bravo bei Dr. Sommer nach Hinweisen, wie sie ihr Leben so gestalten sollten. Mittlerweile gibt es diese Tipps im Netz, wo lange Zeit galt: Wer nach Lebenshilfe, Tipps und Tricks sucht, fängt damit bei Google an. Seiten wie gutefrage.net oder frag-mutti.de haben so Millionen-Reichweiten aufgebaut – mittlerweile beantwortet Google Fragen mit sogenannten „Featured Snippets“ sogar direkt in den Suchergebnissen. In den letzten Jahren hat sich auch Youtube als Anlaufstelle für Tipps etabliert. Dabei geht es von Themen wie Beauty und Handwerkern bis hin zum richtigen Umgang mit Mobbern in der Schule. Jetzt könnte Instagram den beiden Plattformen bei diesem Thema aber den Rang ablaufen. Findige Account-Betreiber erzielen mit ihren Tipps in sogenannten Threads Reichweiten-Erfolge.

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Mehrere Fotos erzählen eine Story

Die beiden derzeit beliebtesten Formate auf Instagram sind sicherlich normale Foto-/Videoposts und Stories. Doch jetzt kommen die „Threads“. Das sind kurze Bild- und Video-Alben, die als ein Post auf dem Instagram-Kanal erscheinen. Die Nutzer sehen das erste Bild und können dann durch Wischen zum jeweils nächsten Inhalt gelangen. Die Account-Betreiber, die Teenager mit Tipps versorgen, machen sich diese Art des Postings zu Nutze und erklären zum Beispiel, wie man Akne los wird in einem Thread. Dazu wird meist ein „Aufmacher“-Bild mit der Themenüberschrift als erstes Bild des Threads gepostet. Die weiteren Bilder bestehen dann meist aus Screenshots von Tweets, in denen textlich die Lösung von Alltagsproblemen von Teenagern beschrieben werden.

Diese Lebenshilfen zu Themen wie Akne, Beliebtheit an der Schule, Mobbing oder Frisuren haben Thread-Accounts laut The Atlantic in den letzten sechs Monaten eine Reichweiten-Explosion verschafft – in der Zeit sind solche Accounts auf zum Teil Hunderttausende Follower angewachsen. „Die Threads bringen Bestätigung und Hilfe, weil sie alle Informationen zum Thema unter einer Überschrift sammeln“, sagt die 15-jährige Grace zu The Atlantic. Typische Thread-Accounts heißen in den USA selfcove, selfcarethreads, glowinthreads oder selfcaresis

Der Algorithmus spült neue Follower auf die Kanäle

Viele dieser Accounts posten auch einfach nur Tipp-Sammlungen anderer Selbsthilfe-Instagrammer (was ihnen viel Arbeit ersparen dürfte) und so ist eine Art Community rund um das Thread-Business entstanden. Viele der Accounts folgen sich gegenseitig und weisen offensiv darauf hin, dass sie jeden Selbsthilfe-Account zurück liken. Das erinnert an die Strategie von Instagram Pods, Gruppen, in denen sich Influencer zusammen schließen und immer wieder die neuesten Beiträge gegenseitig liken, damit der Instagram-Algorithmus die Posts in die Timelines der Nutzer spült. Ein weiterer Grund für hohes Engagement und damit eine vermutet hohe Sichtbarkeit der Threads: Teenager taggen häufig Freunde unter den Beiträgen, die sich aus ihrer Sicht für so einen Tipp interessieren könnten. Viele Nutzer wischen außerdem stets bis zum letzten Bild des Threads, das zeigt Instagrams Algorithmus, dass sich die Follower aktiv mit dem Content auseinander setzen.

Gerade erst hatte Techcrunch darüber berichtet, wie der Instagram-Algorithmus entscheidet, welche Beiträge den Nutzern angezeigt werden. Demnach sind die drei wichtigsten Faktoren Interesse, Aktualität und frühere Interaktionen. Da Threads die Nutzer dazu bringen, mit dem Inhalt zu interagieren, sind die Faktoren 1 und 3 direkt erfüllt. Dann heißt es nur noch, Inhalte rauszuhauen und auf das Engagement zu warten. Das ist bei den Thread-Accounts zum Teil wirklich extrem stark. Der Account selfcove etwa ist erst seit Januar 2018 online, hat 160.000 Abonnenten und verzeichnet auf mehrere Posts um die 20.000 Likes. Das ist eine Like-Follower-Ratio (Like-Follower-Verhältnis) von über zehn Prozent von solchen Zahlen träumen selbst viele erfolgreiche Influencer.

Jetzt starten auch in Deutschland die ersten Instagrammer mit Thread-Accounts. Da wäre schoolhacks4u mit derzeit knapp über 2.000 Abonnenten und ordentlichem Engagement (um die 450 Likes pro Post), fresh.tipps (1.300 Abonnenten und etwa 350 Likes pro Post) oder tippsmitherz (knapp 600 Abonnenten, um die 200 Likes pro Post). Auf dem deutschen Markt ist also auch noch viel Raum für Tipp-Accounts, die mit der Thread-Strategie so ein bisschen Instagrams Algorithmus gamen.

So einfache Inhalte wie möglich

Betrieben werden die Kanäle offenbar meist von gerade dem Teenager-Alter entwachsenen jungen Frauen. The Atlantic hat zum Beispiel mit der 19-jährigen Texanerin Kimberley Webb gesprochen, die angeblich hunderte Selbsthilfe-Threads erstellt hat, die sie auf verschiedene Accounts verteilt. Ihr erfolgreichster Kanal sei in wenigen Monaten auf über 30.000 Follower gewachsen. Webb sagt, dass die erfolgreichsten Beiträge ganz rudimentäre Probleme behandeln sollten: „Wie bekomme ich neue Freunde?“ „Wie funktioniert der erste Kuss?“ usw. Eine andere Thread-Account-Betreiberin, die 20-jährige Henrietta Dwumfour sagt gegenüber The Atlantic: „Die Follower sind so jung. Sie denken, ein Stück Papier unter die Wimpern zu halten, damit der Mascara nicht auf die Klamotten fällt, sei die innovativste Idee der Welt.“

Der Kreis schließt sich offenbar bei der Suche nach neuen Tipps. Kimberley Webb schaue Youtube-Videos und breche das Gelernte dann auf kurze Texte für Instagram runter. Auf Google gebe es zu viele Fehlinformationen, sie vertraue Make-Up- und Fitness-Youtubern. Sie brauche 30 Minuten für einen Thread und erstelle die meisten, während sie sich auf ihrem Fitness-Gerät (Stairmaster) langweilt. 

Die 15-jährige Sophie sagt, dass ein Thread für sie viel einfacher zu lesen sei als Google. „Du kannst längere Infos in kleinen Häppchen lesen. Man liest nicht gleich einen ellenlangen Absatz auf einmal. Das will ja keiner.“ Andere Teenager bevorzugten demnach das Format, weil sie keine Zeit damit verschwenden müssten, nach Tipps zu suchen. Stattdessen würden ihnen Themen angezeigt, die sie interessieren – je nachdem, welchen Accounts und Interessen sie folgen. 

Monetarisierung eigentlich logische Folge

Noch monetarisieren nur wenige Thread-Instagrammer ihre Reichweite, einige schreiben aber durchaus, dass man sie wegen Promotions kontaktieren könne. Accounts wie selfcarethreads mit über 380.000 Abonnenten bewerben bereits kleinere Veranstaltungen („Psychic Reading“ – ein Hellseher-Besuch). Bei Youtube ließ sich schon in den vergangenen Jahren beobachten, wie schnell rund um Beauty-, Fitness- und Handwerker-Tipps lukrative Geschäftsmodelle für Influencer entstehen können. Wer eine Community aufbaut, die großes Vertrauen in die Lebenshilfe-Hinweise steckt, dürfte auch schnell für Werbepartner interessant werden.

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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