Scheint zu klappen: Wie zwei Teenager Nachrichten erfinden und zehntausende Dollar verdienen

Martin Gardt29.8.2016

Rund um erfundene Nachrichten ist im Netz eine ganze Industrie entstanden

Hot Global News
Yaman Abuibaid (l.) und Dare Adebanjo stehen hinter Hot Global News (Foto: Yaman Abuibaid / Instagram)

Yaman Abuibaid und Dare Adebanjo aus Kanada erfinden Geschichten über Donald Trump, Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau, Drogen und Flüchtlinge – und machen damit Tausende von US-Dollar im Monat. Sie sind nicht alleine: Rund um Fake News hat sich offenbar im Netz ein eigener kleiner Wirtschaftszweig entwickelt. Als dessen Steigbügelhalter agieren Facebook und Google.

„Justin Trudeau Bans Donald Trump From Entering Canada“, so liest sich die erfolgreichste News-Story von „Hot Global News“. Das Problem: Die Geschichte ist frei erfunden – von den Teenagern Yaman Abuibaid (16) und Dare Adebanjo (19), die hinter Hot Global News stecken. 800.000 Views erreichte allein diese Geschichte auf der Seite, dazu 225.000 Likes, Shares und Kommentare bei Facebook.

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Geld verdienen steht im Mittelpunkt

Hot Global News Founder

Yaman Abuibaid (l.) und Dare Adebanjo (Quelle: Dare Adebanjo)

Seinen Anfang nimmt das Projekt Ende 2015. Abuibaid und Adebanjo versuchen zu der Zeit, mit erfundenen Promi-Geschichten Reichweiten zu erzielen, der Durchbruch kommt aber mit Politik: Im Oktober 2015 schreibt Abuibaid, dass Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau die Legalisierung von Marihuana fordere. Die Geschichte ist komplett erfunden, er schreibt sie in zehn Minuten runter und verdient am nächsten Tag über 900 US-Dollar mit Adsense-Anzeigen auf seiner Seite – mittlerweile verdienen die beiden nach eigenen Angaben teilweise 3.000 US-Dollar am Tag. Das ist der Startpunkt für den Erfolg von Hot Global News. Allein die Marihuana-Story wurde 20.000 Mal bei Facebook geliked, geshared und kommentiert. Hot Global News hat derzeit über 90.000 Facebook-Fans.

In Deutschland ist ja etwa der Postillon mit Satire-News extrem erfolgreich: über zwei Millionen Facebook-Fans, über sieben Millionen Visits pro Monat laut dem Analyste-Tool Similar Web. Anders als der deutsche Traffic-Erfolg, der klar satirische Beiträge verfasst, setzen Abuibaid und Adebanjo wohl absichtlich auf Irreführung. Hot Global News sieht wie eine typische Nachrichtenseite. Im Header und im About Us-Teil steht in winziger Schrift zwar „Satire News & Entertainment“, auf Artikelebene wird für Nutzer, die etwa von Facebook auf die Seite kommen, kaum ersichtlich, dass es sich um Fake-Storys handelt. Problematisch vor allem wegen der Themen, die sich um kanadische Politik, Flüchtlinge und Donald Trump drehen.

Hot Global News Screen

Die Startseite von Hot Global News

„Warum sollte irgend jemand solchte Geschichten wirklich für echt halten? Aber man realisiert, dass Menschen viele Dinge, die online stehen, glauben. Das nutzen wir zu unserem Vorteil“, sagt Abuibaid gegenüber Buzzfeed. Das Geheimnis eines Viralerfolges sei, den Nutzern Dinge zu erzählen, die sie hören wollen.

Hot Global News: Ein Fake-News-Imperium im Aufbau

Weil Fake-News gerade offenbar gut funktionieren, gründen die beiden mit „The National Sun“ und „The Global Sun“ zwei weitere Ableger, denen sie über die Facebook-Seite von Hot Global News Reichweite verschaffen – Themen und Aufmachung gleichen sich stark. Zusammen kommen die neuen Channel bereits auf über 36.000 Facebook-Fans. „Wir versuchen mindestens eine Million Facebook-Fans zu erreichen“, sagt Abuibaid.

Insgesamt wächst die Zahl von Fake-News-Seiten – schließlich lässt sich eine gefälschte Meldung in wenigen Minuten ins Netz stellen. Besonders im heißen US-Wahlkampf ziehen Seiten wie „National Report“ (über 27.000 Fans), „Huzlers.com“ (über 60.000 Twitter-Follower), „Empire News“ (über 20.000 Facebook-Fans), „The Daily Currant“ (über 86.000 Facebook-Fans) große Reichweiten mit Fake-News. Letzter Trend: Wer erfindet die erfolgreichste Viralgeschichte um ausgeraubte oder getötete Pokemon-Go-Spieler?

Mit falschen Meldungen echte Aufregung erzeugen

Typische Meldungen bei Hot Global News tragen Überschriften wie: „Trump to Begin Building Wall in Anticipation of Presidential Win“ oder „ISIS Hiding Bombs Inside Toy Dolls To Kill Children“. Viele werden tausendfach geteilt und in den Kommentaren streiten hunderte Menschen über erfundene Geschichten von zwei Teenagern. Besonders gefährlich wird das, wenn Minderheiten für Fake-News herhalten müssen. Hot Global News schrieb etwa über einen als Flüchtling getarnten Terroristen, der es nach Kanada geschafft hatte – auch diese Geschichte ist erfunden.

In Deutschland sorgte ein ähnlicher Fall für echte Probleme, als angeblich eine 13-jährige Russlanddeutsche von Flüchtlingen entführt und vergewaltigt wurde. Der Fall stellte sich später als Falschmeldung heraus – und trotzdem gab es Proteste der Gemeinde der Russlanddeutschen. Wer sich bei Meldungen, die er auf Facebook entdeckt, nicht sicher ist, ob sie ernst zunehmen sind, kann beim Projekt Mimikama.at vorbei schauen, wo regelmäßig Fake-Meldungen enttarnt werden.

Spielen Facebook und Google da mit?

Zwei Milliarden-Unternehmen, die im Fake-Business eine große Rolle spielen, sind – sicherlich nicht ganz freiwillig – Facebook und Google. Der eine Player sorgt für die Reichweite, der andere für die Vermarktung der Reichweite. Bei Hot Global News sind alle Bannerflächen mit Adsense-Anzeigen belegt – Google scheint bisher also nicht gegen die Taktik vorgegangen zu sein, Facebook hat es immerhin schon einmal probiert: Anfang 2015 gab Facebook bekannt, offensichtliche Falschmeldungen im Newsfeed niedriger zu bewerten und so weniger Leuten anzuzeigen. Dazu sollten Nutzer selbst Beiträge als Fake melden. Laut einer Untersuchung von Buzzfeed seien die Engagement-Zahlen zwölf großer Fake-Portale danach tatsächlich kurzzeitig gesunken, Anfang 2016 aber wieder in noch nie dagewesene Sphären gestiegen.

„Man wird Falschinformationen durch Fake-Seiten nie stoppen können. Irgend jemand wird immer Lügen erzählen“, sagt Allen Montgomery, der Betreiber der Fake-News-Seite „National Report“. Es scheint das goldene Zeitalter von Falschmeldungen zu sein – laut Buzzfeed habe das durchschnittliche Engagement (Shares + Likes + Kommentare) bei Fakemeldungen auf Facebook im Februar 2016 bei 1.304,7 gelegen.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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