Nutaku: Was und wer steckt hinter der Erotik-Gaming-Plattform mit über 150 Millionen Gamern?
Das Unternehmen verdient Millionen mit expliziten Games – und gehört zur größten Erotik-Plattform der Welt
In der Welt des Online-Gamings gibt es viele erfolgreiche Plattformen, doch kaum eine ist so umstritten und zugleich rasant gewachsen wie Nutaku. Mit über 150 Millionen Gamern hat sich die Plattform als Marktführer im Bereich der Erwachsenen-Spiele etabliert. Doch wer steckt hinter diesem Phänomen? Wie konnte Nutaku so schnell wachsen, und welche Strategien haben sie auf Erfolgskurs gebracht?
Die Spiele auf der Nutaku-Plattform heißen "Lust Goddess", "Booty Calls" oder "Harem Heroes" und damit geben sie schon gut die Richtung vor. Viele der Games sind im von japanischen Animes inspirierten Hentai-Stil: Frauen mit riesigen Augen, schmalsten Hüften, großen Busen. Das Ziel ist klar: Nutzende sollen statt auf Erotik-Seiten lieber mit einem Game in eine Welt abtauchen und da dann das finden, was sie sonst bei Pornhub & Co. suchen. Die Lust auf die Verbindung von Hentai und Games scheint groß zu sein. Hentai ist auf Pornhub 2024 der meist gesuchte Begriff. Und auch Videospiel-Titel wie Fortnite oder Overwatch tauchen immer wieder in den Bestenlisten der Suchbegriffe auf.
Vom gescheiterten Indie-Studio zur Erotik-Gaming-Plattform
Die Geschichte von Nutaku beginnt mit Super Hippo Studios, einem kleinen kanadischen Entwicklerteam, das sich ab 2014 mit klassischen Mobile- und Tower-Defense-Spielen versucht. Trotz kleinerer Erfolge in den App Stores kann sich das Startup aber nicht gegen große Titel wie Plants vs. Zombies 2 behaupten. Kurz vor der Pleite dann der Wendepunkt: Das Unternehmen wechselt in die kaum erschlossene, aber lukrative Nische der Erwachsenen-Spiele. Super Hippo wird zu Nutaku und richtet seinen Fokus voll auf den Erotik-Markt.
Erwachsenen-Spiele gibt es bereits seit den 70er-Jahren, doch durch strikte Alterskennzeichnungen und gesellschaftliche Stigmatisierung sind sie in der westlichen Gaming-Welt weitgehend in der Nische verschwunden. Oft sind Erotik-Games in Sachen Gameplay großer Müll, können nicht mit aktuellen Spieletrends mithalten. Nutaku erkennt die Marktlücke und beginnt, Spiele mit hochwertigerem Gameplay und expliziten Inhalten zu verbinden. Besonders Anime- und Hentai-Fans, die in der westlichen Gaming-Industrie oft übersehen wurden, stellen sich als perfekte Zielgruppe heraus.
Ein Steam mit mehr nackter Haut
Wie bereits beschrieben finden Gamer mit Erotik-Lust bei Nutaku jedes Spiele-Genre. Insgesamt sind über 1.000 Games verzeichnet – auf unterschiedlichen Plattformen. Manche Spiele lassen sich direkt im Browser spielen. Andere sind für Smartphones optimiert. Und wieder andere müssen auf dem PC installiert werden und kosten meist Geld. Insgesamt ähnelt das Nutaku-System dem von Plattformen wie Steam. Einige wenige Spiele sind kostenlos, der Großteil kostet ein paar Euro. Und dann gibt's da sehr sehr wenige Games, die sogar über 40 Euro kosten. Damit liegen sie im Bereich von Top-Spielen im Mainstream.
Einige Nutaku-Spiele haben eher beiläufig mit Erotik zu tun – wie das Puzzle-Game Booty Calls. In anderen Games geht es nochmal deutlich expliziter zu
Und die Ähnlichkeit zu Steam endet nicht bei den Kosten für einzelne Games. Nutaku fungiert wie Steam vor allem als Plattform für Spiele-Studios und einzelne Entwickler*innen, die ihre Erotik-Games so einfacher und direkter an die Zielgruppe vermarkten können als auf eigene Faust. Wer auf Nutaku ein erfolgreiches Spiel veröffentlicht, kann offenbar mit starken Umsätzen rechnen. "Die erfolgreichsten Spiele auf Nutaku verdienen eine Million Dollar pro Monat", sagt Andrey Postnikov, Senior Business Developer bei Nutaku, in einem Interview.
Wer den Durchbruch nicht schafft, probiert es hier
Die Aussicht auf solche Umsätze treibt derzeit offenbar viele Entwickler-Studios Richtung Erotik-Industrie. Nutaku-Mann Postnikov erklärt, dass einzelne Player der Branche ihre vorhandenen Spiele einfach "adultifyen" – also das bestehende Spielprinzip einfach mit Erotik-Motiven und -Szenen fluten, um dem Spiel eine zweite Karriere auf Nutaku zu verschaffen. 70 Prozent der Spiele auf Nutaku komme demnach von Entwickler-Studios, die eigentlich für Mainstream-Spiele bekannt sind. Wie Steam verdient Nutaku eine Provision an den Verkäufen der Spiele über die eigene Plattform. Und Nutaku veröffentlicht wegen seiner Vergangenheit als Games-Entwickler auch selbst noch Spiele, von denen dann 100 Prozent der Einnahmen im Unternehmen bleiben.
Insgesamt wolle das Unternehmen laut Postnikov in Zukunft zwei Entwicklungen Rechnung tragen. Auf der einen Seite schwappt der Erfolg von Free-To-Play-Games jetzt auch in den Erotik-Bereich. Das sind Spiele, die initial kostenlos sind und sich dann über In-Game-Käufe finanzieren. Prominetestes Beispiel ist der globale Erfolg Fortnite. Ein Großteil neuer Spiele soll jetzt auch auf Nutaku Free-To-Play sein. Da trifft es sich gut, dass junge Entwickler-Studios aus dem Mobile-Bereich den Wechsel zu Nutaku testen. Mobile ist Free-To-Play der große Umsatz-Garant. Zweite große Entwicklung ist KI. Die kommt bereits in einigen Nutaku-Spielen zum Einsatz – vor allem da, wo es um direkten Austausch zwischen Spieler*innen und Charakteren geht. Dating-Simulatoren mit KI-Unterstützung gehören laut Andrey Postnikov zu den erfolgreichsten Spielen auf der Plattform.
KI-Dating-Simulationen wie "Temptations AI" gehören zu den erfolgreichsten Titeln auf der Plattform
Wieso ist Nutaku so erfolgreich?
Wie hat es Nutaku aber geschafft, über 150 Millionen monatlich aktive Nutzende davon zu überzeugen, die Plattform regelmäßig zu nutzen. Drei große Faktoren hat Games-Journalistin Belinda Ercan in ihrem Youtube-Video zu Nutaku identifiziert.
Lokalisierung statt Eigenentwicklung – Statt eigene Spiele zu entwickeln, arbeitet Nutaku seit Jahren mit dem japanischen Entwickler DMM zusammen und bringt immer wieder dessen bereits erfolgreiche Hentai-Games auf den westlichen Markt. Besonders zu Beginn hatte das Unternehmen so einen stetig wachsenden Pool an Spielen zur Verfügung. Jetzt entdecken offenbar mehr und mehr unabhängige Entwickler-Studios die Möglichkeiten der Plattform.
Diversität und Inklusivität – Das Angebot umfasst nicht nur visuelle Novels, sondern auch Puzzle-, Strategie-, RPG- und sogar FPS-Games. Zudem bedient Nutaku eine breite Zielgruppe mit Inhalten für hetero-, homo- und transsexuelle Spieler*innen.
Aggressives Marketing und PR – Von viralen Werbekampagnen in Toilettenräumen bis hin zu Kooperationen mit bekannten Influencern und Erotikstars – Nutaku ließ nichts unversucht, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Virales Marketing mit schmutzigen Ideen
Den abschließenden Punkt sollten wir uns genauer anschauen. Denn Nutaku weiß, wie man sich ins Gespräch bringt. Das Unternehmen fällt immer wieder mit außergewöhnlichen Marketing-Kampagnen auf. 2018 veranstaltet Nutaku eine Kunstausstellung mit dem Titel „Hentai is Art“, bringt 2019 eine eigene Hentai-Hot-Sauce auf den Markt und verkauft im gleichen Jahr einen speziellen Erotik-Gaming-Stuhl, der in nur 48 Stunden ausverkauft ist. Kurze Zeit später kommt eine Spielekonsole in Form einer Brust auf den Markt. Zudem veranstaltet das Unternehmen immer wieder ausgefallene Wettbewerbe, darunter eine Challenge, bei der Gamer sich selbst beim Spielen filmen sollen – mit den expliziten Nebenbeschäftigungen.
Gleichzeitig kann Nutaku Millionen Spieler*innen überzeugen, weil der Markt an Erotik-Games-Plattformen nicht gerade riesig ist. Marktführer Steam zeigt 18+-Spiele nicht an, wenn Nutzende nicht in den Einstellungen aktiv werden. Und die japanische Plattform DMM ist nur in Japan aktiv und arbeitet auf internationaler Ebene mit Nutaku zusammen. Das Unternehmen bietet Spiele außerdem schon seit 2018 lokalisiert an – neben Japanisch und Englisch auch auf Deutsch, Spanisch, Französisch, Chinesisch und weiteren Sprachen. Deshalb ist Nutaku auch international erfolgreich. Laut Analyse-Tool Similar Web kommen 25 Prozent der Seitenbesucher*innen aus den USA, knapp über zehn Prozent aus Japan und etwa acht Prozent aus Deutschland – dem damit drittstärksten Markt.
Wer steckt heute hinter Nutaku?
Der große Erfolg von Nutaku ist ohne das Geld seines Besitzers aber nicht möglich. Hinter der Plattform steckt MindGeek (seit August 2023 "Aylo"), der umstrittene Gigant der Erwachsenenunterhaltung, der unter anderem Pornhub, Brazzers und viele weitere bekannte Seiten besitzt. Aylo war in der Vergangenheit immer wieder in Skandale verwickelt, unter anderem wegen der Verbreitung illegaler Inhalte. Nach massiver Kritik versucht das Unternehmen bis heute, sein Image aufzupolieren – unter anderem mit der Umbenennung in Aylo und dem Ausbau von Nutaku.
Die Mutterfirma und Nutaku profitieren auf mehreren Ebenen voneinander. Aylo nutzt Nutaku nicht nur zur Diversifizierung seines Geschäfts, sondern auch zur Datenanalyse. Laut der Datenschutzrichtlinie von Nutaku kann die Plattform Nutzerinformationen für Werbung und Analysen sammeln und auch weitergeben. Aylo kann so genau analysieren, welche Inhalte bei der besonders spannenden Erotik-Gaming-Zielgruppe ankommen und so für seine anderen Plattformen nutzen. Auch einzelne Games werden zur Verzahnung genutzt. So tauchen Pornhub-Stars immer wieder in Nutaku-Eigenproduktionen als Charaktere auf.
Und wohl wichtigster Punkt für Nutaku: Das Unternehmen kann – auch durch den Datenaustausch – sehr zielgerichtet auf den Aylo-Plattformen neue Nutzende einkaufen. So dürfte dem weiteren Wachstum der größten Erotik-Gaming-Plattform auch in Zukunft nichts im Weg stehen.