Sandra Hunke & Co.: Jetzt kommen die Handwerk-Influencerinnen

Martin Gardt1.2.2022

Mit ihren Reichweiten werben die Influencerinnen nicht nur für Baumaschinen – auch die Arbeitgeber:innen freuen sich

Handwerks-Influencerinnen Chiara Monteton , Sandra Hunke und Julia Schäfer (v.l.)
Chiara Monteton , Sandra Hunke und Julia Schäfer (v.l.) erreichen als Handwerks-Influencerinnen Hunderttausende Menschen auf Instagram und Tiktok.
Inhalt
  1. Den Ruf aufpolieren
  2. Neue Möglichkeiten in Sachen Influencer Marketing
  3. Die Strategie funktioniert
  4. DIY-Content funktioniert auch auf Youtube
  5. Influencer:innen oder Handwerker:innen?

Influencer Marketing sieht in den Köpfen vieler immer noch so aus: Ein schöner Mensch hält Beauty-Produkte oder Klamotten von Marke XY in die Kamera und ist ganz begeistert. Die Influencer-Themenpalette ist mittlerweile aber deutlich gewachsen. Und so erreichen jetzt etwa Handwerkerinnen auf Instagram und Tiktok beachtliche Reichweiten – und das ermöglicht der Baubranche und Baufirmen auf den Kanälen aktiver zu werden. Wir haben mit Sandra Hunke, einer der größten deutschen Handwerk-Influencerinnen über das Business gesprochen.

„Mein Papa ist selbstständiger Fliesenleger und ich habe ihm schon immer über die Schulter geschaut“, sagt Sandra Hunke im Gespräch mit OMR. „Ich habe direkt nach der Schule meine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin gemacht und arbeite seit zehn Jahren in dem Job.“ Noch nicht ganz so lange ist die 29-Jährige aus Schlangen in Ostwestfalen auf Instagram und Tiktok unterwegs. Hier zeigt sie jeweils mehr als 90.000 Followern ihren Alltag – vor allem auf dem Bau. Mit ihrer Reichweite gehört Hunke zu den ganz großen Handwerks-Influencerinnen in Deutschland.

Den Ruf aufpolieren

Wer sich etwa den Instagram-Account von Sandra Hunke anschaut, bemerkt schnell einen Inhalte-Mix. Sie beschreibt sich selbst als Plumber (zu deutsch: Klempnerin), Model und Moderatorin. Deshalb ist sie zwar oft in Arbeitskleidung auf der Baustelle zu sehen, zeigt sich aber ab und an auch auf Shootings oder beim TV-Dreh. Die Idee für die Accounts hat aber am ehesten die Handwerkerin in Sandra Hunke. „Mich haben immer viele Leute gefragt, was ich so den ganzen Tag auf dem Bau mache. Deshalb wollte ich sie mitnehmen und zeigen, dass auch Frauen jede Art von Arbeit können“, erzählt sie. Oftmals erklärt sie neben den Fotos von der Baustelle, wie sie etwa einen Winkelschleifer einsetzt oder was die größten Herausforderungen des Berufs sind. Und tatsächlich fragen in den Kommentaren oftmals Follower, wie sie Geräte anwendet oder welche Produkte sie nutzt. Das führt laut Analyse-Tool Infludata zu einer Quote von 8,3 Kommentaren pro 10.000 Followern – ein hoher Wert im Influencer-Geschäft.

„Ich könnte von Instagram und dem Modeln leben. Aber ich will zeigen, dass die Klischees von der Frau auf dem Bau nicht stimmen“, so Hunke. Ihr Ziel sei es aber nicht nur, Vorurteile gegenüber Frauen in Handwerksberufen abzubauen, sondern auch wieder mehr Nachwuchs insgesamt für das Feld zu begeistern. „Meine Follower reichen von Azubis aus dem Handwerk über Männer, die sich für Maschinen interessieren, bis hin zu Frauen, die etwas lernen wollen.“ Und die Follower-Zahlen wachsen aktuell relativ stark. Zum Jahreswechsel lag Hunke noch bei knapp 73.000 Abonnent:innen auf Instagram. In einem Monat stieg die Zahl der Follower also um knapp 20.000. Die kleine Follower-Explosion liege aber nicht an vielen neuen Handwerk-Fans. Sie nahm Mitte Januar an der Vox-Sendung „Das perfekte Dinner“ teil und profitiert aktuell von der TV-Reichweite.

Neue Möglichkeiten in Sachen Influencer Marketing

Mit einer Botschafterin wie Sandra Hunke können auch Unternehmen ins Influencer Marketing einsteigen, die in dem Bereich bisher aufgrund ihrer Produkte keine Chancen gesehen haben. Sie selbst arbeitet langfristig mit Kaldewei (Bäder), Hansa (Armaturen), Grünbeck (Wasseraufbereitung) und Bosch (Baumaschinen) zusammen. „Meine Partner sind natürlich happy. Die sparen sich das Model, die Handwerkerin, die Produkte erklärt und das Foto- oder Videoshooting – das bekommen sie zum Preis von einem“, sagt Hunke. Das Geschäft mit den Partnern aus der Baubranche scheint gut zu funktionieren, sie wolle auch langfristig nicht mit klassischen Influencer-Brands zusammenarbeiten. „Ich will mit meinem Content etwas erreichen und nicht nur Geld verdienen. Deshalb werde ich nie einfach so für Beauty-Produkte werben“, so Hunke.

Bei Influencerinnen wie Sandra Hunke ergibt sich noch ein weiterer spannender Faktor. Sie ist bei der Badgalerie Blome in Paderborn angestellt. Der Arbeitgeber profitiert nicht nur von ihrer Arbeitsleistung, sondern auch von ihrer Reichweite. „Es kommen auch mal Kunden, die mich gesehen haben und von mir das Bad gebaut haben wollen. Aber da liegt ja nicht das Problem. Es geht vielmehr darum, neue Mitarbeiter zu finden“, so Hunke. „Ich habe meinem Arbeitgeber deshalb den Stoß gegeben, auch einen Instagram-Account einzurichten und mache dafür auch Videos. Darüber kommen dann auch mal 60 Bewerber in einem Monat rein.“

Die Strategie funktioniert

Sandra Hunke ist nicht die einzige Handwerkerin, die derzeit als Influencerin für Aufsehen sorgt. Da wäre zum Beispiel noch Chiara Monteton aus Bochum, die als „Dachdeckerin Chiara“ auf Instagram mehr als 47.000 und auf Tiktok knapp 97.000 Follower verzeichnet. Besonders auf Instagram zeigt sie den Alltag als Dachdecker-Gesellin und macht so ganz automatisch Werbung für eine Ausbildung beim Betrieb ihre Vaters „Bedachungen Monteton“. Als Influencerin wirbt Chiara Monteton darüber hinaus für Unternehmen wie Stihl, Stabila oder Rheinzink.

Und auch die Maurermeisterin Julia Schäfer steht für den Trend der Handwerker-Influencerinnen. Die 28-Jährige zählt auf Instagram sogar mehr als 333.000 Follower, auf Tiktok sind es über 370.000. Schäfer arbeitet langfristig mit Unternehmen wie Würth oder dem Maschinenhersteller Tjep zusammen. Besonders Würth setzt die Maurermeisterin als Botschafterin ein und vermarktet über ihren Instagram-Account Arbeitskleidung, Geräte oder Reinigungsmittel.

DIY-Content funktioniert auch auf Youtube

Anders als bei Instagram und Tiktok ist das Handwerks-Game auf Youtube eher männlich dominiert. Vor allem Inhalte, die Nutzende daheim selbst nachmachen können, funktionieren auf der Video-Plattform ziemlich gut. So zeigt Dirk Hobein 97.000 Abonnent:innen die besten Trockenbau-Tipps. Und Florian Heisen als „DerMaler“ (169.000 Follower), „Der Wandprofi“ Andreas Neufeld (64.000 Follower), Malermeister Andy (34.000 Follower) und „Kreativtobi“ Tobias Haubner (24.000 Follower) verzeichnen mit Videos zum Thema Malern und Streichen zum Teil Millionen Views.

Vor allem auf Youtube ergeben sich für Firmen mit der Zielgruppe Handwerk und Bau neue Chancen. Neben großen Playern wie Hornbach (256.000 Abonnent:innen) haben auch kleinere Unternehmen wie Planeo oder Adler Lacke die Power von Handwerks-Anleitungen erkannt. Selbst mit wenigen Youtube-Abonnent:innen wie im Falle von Adler Lacke (knapp 9.000) erreichen gut gemachte Anleitungen zum Teil mehrere Hunderttausend Views.

Influencer:innen oder Handwerker:innen?

Für Sandra Hunke und sicherlich auch viele andere Handwerker-Influencer:innen stellt sich am Ende nur die Frage: Warum noch auf dem Bau arbeiten, wenn die Influencer-Jobs genug Geld bringen? Hunke sagt selbst, dass sie nicht mehr unbedingt Bäder bauen müsste und trotzdem die Hälfte ihrer Arbeitszeit noch dem Handwerk widmet. „Ich sitze nicht gern, ich muss immer anpacken und Dinge selber machen“, sagt sie. Und am Ende sei der Job sicherer als jede Partnerschaft im Instagram-Kosmos.

Und am Ende sei die Botschaft, die sie so glaubwürdig erzählen kann, auch in Zukunft wichtig. „Ich sehe es als meine Verpflichtung, die Leute über den Handwerksberuf aufzuklären. Über Instagram hinaus mache ich das jetzt mit meinem Kinderbuch über Bella Baumädchen“, so Hunke. Das Kinderbuch hat sie gemeinsam mit der bekannten Autorin Britta Sabbag entworfen und gerade veröffentlicht. Jetzt kann sie – typisch für die Creator Economy – also auch ein eigenes Produkt anpreisen. Etwas überraschend ist das nur keine Baumaschine.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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