Wie Xletix dank cleverem Community-Building 200.000 Leute auf Hindernislauf-Events holt

Martin Gardt12.1.2018

Zwei Ex-McKinsey-Berater wollen im Sport-Markt Fuß fassen – mit Word-of-Mouth in der Online-Welt

Xletix Teilnehmer
Ein Teilnehmer der Xletix Challenge in Berlin (Foto: Xletix)
Inhalt
  1. Auf die Straße für erste Kunden
  2. Digitales Word-of-Mouth
  3. Plattform-Marketing skaliert
  4. Neue Events in Planung

Sportevents boomen aktuell: Marathons, Triathlons und andere Großereignisse verzeichnen Rekord-Teilnehmerzahlen. Dadurch ist aber auch eine große Konkurrenz unter den Veranstaltern entstanden. In diesen Markt ist das Berliner Startup Xletix mit seinen Team-Hindernisläufen gestoßen. Wir zeigen, wie die beiden Gründer mit Online-Marketing-Maßnahmen bestehen wollen, sie die Plattformen lokal für sich nutzen und ihr Word-of-Mouth-Prinzip in die Digital-Welt übertragen.

„Mein Co-Founder Matthias Ernst und ich waren schon immer sportbekloppt”, sagt der zweite Xletix-Gründer Jannis Bandorski zu OMR. „Ich habe nach Marathon und Triathlon neue Herausforderungen gesucht und Matthias fehlte beim Laufen der Teamsport. Also haben wir unsere Wünsche kombiniert und 2013 Xletix draus gemacht.” Das Unternehmen heißt damals noch KrassFit, 2015 nennen es die beiden um, damit das Prinzip der Team-Hindernisläufe auch international funktioniert. Noch vor der Umbenennung sind die beiden bei „Die Höhle der Löwen“. Dort sind die Investoren kritisch, weil das Konzept zu leicht kopiert werden könne und der Sportevent-Bereich zu umkämpft sei. Bandorski und Ernst machen aber weiter und wollen 2018 26 Events mit 200.000 Teilnehmern ausrichten.

Umkämpft ist der Markt aber tatsächlich. Neben den Marathons und Triathlons finden in Deutschland regelmäßig die bekannten Tough-Mudder-Events statt und erst vor Kurzem hatten wir die neue Sportveranstaltung von Cyclassics-Macher Christian Toetzke „Curox“ vorgestellt. Es bewegt sich also viel in einem heißen Markt.

Auf die Straße für erste Kunden

Jannis Bandorski Xletix

Xletix-Co-Gründer Jannis Bandorski

Als die beiden, die sich während ihrer McKinsey-Zeit kennengelernt haben, Xletix gründen, hat ihnen die Vorarbeit anderer Events extrem geholfen: „Während der Xletix-Gründung waren Hindernisläufe in den USA schon sehr erfolgreich und in Deutschland fanden auch schon erste Events statt. Was wir anders machen wollten: Teamsport-Ansatz und modernes Marketing”, sagt Bandorski. Das Xletix-Team entwickelt in der Folge Hindernisse, die vor allem im Team zu bezwingen sind. Die Hoffnung: Wenn potenzielle Teilnehmer im Team antreten müssen, suchen sie sich automatisch Mitstreiter und erhöhen so die Bekanntheit der Eventreihe.

„Unser erster Marketing-Hebel war ganz klar Word-of-Mouth. Wir haben unsere Zeit und Geld komplett in das Produkt gesteckt, damit die Leute eine wirklich gute Erfahrung haben und so Lust bekommen, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein – am besten mit einem größeren Team”, so Bandorski. Produkt heißt im Fall von Xletix: Neu gedachte Hindernisse, die nur im Team bewältigt werden können, professionelle Organisation und ausgefallene Locations. So finde in Tirol in 2.000 Meter Höhe der höchste Hindernislauf der Welt statt – das bringt Aufmerksamkeit.

„Die ersten Kunden haben wir dann fast komplett durch direkte Sales und Ansprache gewonnen. Wir standen als Gründer bei anderen Sportevents und vor Fitnessstudios und haben Flyer verteilt”, sagt Bandorski. Mit dem Versprechen von Discounts bauen sie einen ersten E-Mail-Verteiler. Zum ersten Event in der Nähe von Berlin kommen in der Folge 1.500 Teilnehmer. Erreichen die Gründer 2018 ihr Ziel, kommen in diesem Jahr im Durchschnitt über 7.600 Teilnehmer zu jeder Veranstaltung.

Digitales Word-of-Mouth

Xletix-Co-Gründer Matthias Ernst

Seit der ersten Phase stehen die Gründer nicht mehr vor Fitnessstudios, sondern versuchen das Prinzip auf die digitale Welt zu übertragen. „Unsere Online-Marketing-Strategie besteht in der Digitalisierung von Word-of-Mouth. Wir geben den Nutzern Content, damit sie den einfach teilen können”, sagt Bandorski. Direkt nach dem Event stellt das Team natürlich Fotos und Videos auf die verschiedenen Social-Kanäle, damit die Teilnehmer sich hier wiederfinden und die Inhalte sharen können. Darüber hinaus gibt’s die Option, personalisierte Fotos gegen eine Gebühr zu bekommen, was ebenfalls gut angenommen werde.  

„Wir haben uns nach vielen Tests auf Facebook fokussiert. Beim Aufbau der Community haben hier vor allem regionale Event-Pages geholfen, die viel Engagement bei den Nutzern ausgelöst haben”, sagt Bandorski. Auch andere Unternehmen hatten in der Vergangenheit bewiesen, wie reichweitenstark Facebook Events sein können. Besonders Behind-the-Scenes-Beiträge und die Verkündung der Hindernisse für das bestimmte Event seien klassische Posts mit hohem Engagement, so Bandorski. 

Plattform-Marketing skaliert

Seitdem es auf Facebook immer schwieriger wird, organische Reichweite zu erzielen, skaliert das Xletix-Team seine Werbeanzeigen-Strategie auf der Plattform. „Wir schauen genau drauf, welche Themen organisch gut funktionieren und pushen die Beiträge dann mit bezahlten Facebook-Kampagnen”, sagt Bandorski. „Inhaltlich laufen bei uns Geschichten gut, die den Kern des Produkts zeigen: ‘Das sind die neuen Finisher-Shirts’, ‘So sehen die neuen Hindernisse aus’ oder ‘Hier steigt der nächste Muddy Angel Run‘ [ein weiteres Xletix-Eventformat, d. Red.].”  

Dabei arbeite das Marketing-Team mit genauer Segmentierung. Eine breite Zielgruppe, die sich für Sport interessiert, bekommt im ersten Schritt Video-Ads des Events auf Facebook angezeigt. Je nach View-Länge bilde Xletix dann Nutzersegmente, die in der Folge verschiedene Creatives auf der Plattform angezeigt bekommen. Wer nur drei Sekunden schaut, bekommt laut Bandorski eher noch einmal Hindernisse oder teilnehmende Teams gezeigt, bevor in einem weiteren Schritt das nächste Event in seiner Nähe mit einem Link zum Ticketkauf beworben wird. Wer direkt ein Video bis zum Ende sieht, wird eher direkt mit einem Ticketlink angesprochen.

Die Plattform-Strategien haben zumindest auf Facebook gefruchtet. Hier hat Xletix über 124.000 Fans. Auf Instagram sind es knapp über 10.000. Youtube und Twitter habe das Team zwar getestet, dort aber nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt. Bei der Strategie über alle Plattformen hinweg ist also noch Luft nach oben.

Neue Events in Planung

Die Haupteinnahmequelle des Unternehmens sei das Ticketing. Die Preise sind jeweils nach der Distanz gestaffelt, die der Teilnehmer bewältigen will. Die Xletix-Challenge läuft über sechs, zwölf oder 18 Kilometer und kostet pro Person zwischen 49 und 119 Euro. „Wir haben uns nach nach den ersten Schritten bewusst gegen eine Discount-Strategie entschieden. Rabatte gibt es bei Xletix für zwei Leistungen: Wer früh dran ist, bekommt einen Early-Bird-Rabatt auf das Ticket und wer mit einem großen Team ins Ziel kommt, kann sich über einen Teamrabatt freuen”, sagt Bandorski. Der bereits erwähnte „Muddy Angel Run“ ist eine zweite Eventreihe des Unternehmens, die sich vor allem an reine Frauen-Teams richtet und den Spaß stärker in den Mittelpunkt rückt. Hier kosten die Tickets zwischen 39 und 49 Euro – je nach Kaufzeitpunkt.

Muddy Angel Run Xletix

Muddy-Angel-Run-Teilnehmerinnen (Foto: Xletix)

Die 26 Events werden 2018 in insgesamt sechs europäischen Ländern stattfinden: Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Niederlande und Frankreich. In Spanien scheiterte das Projekt, weil die Zielgruppe für das relativ hochpreisige Event nicht groß genug gewesen sei.

Zu den Ticketeinnahmen kommen Merchandise-Verkäufe während der Events, die aber reines Upselling seien, weil kein Online-Shop mit Fulfillment nötig ist. Derzeit erwirtschafte Xletix mit der Xletix Challenge und dem Muddy Angel Run nach eigenen Angabeneinen hohen siebenstelligen Umsatz pro Jahr. Der soll in Zukunft vor allem durch neue Ideen steigen: „Wir wollen pro Jahr ein bis zwei neue Event-Formate ausprobieren. Bisher liegt unsere Erfolgsquote bei 50 Prozent”, sagt Gründer Bandorski – zwei Sportveranstaltungs-Ideen seien in den letzten Jahren gescheitert. Die Vision bleibe in Zukunft, Menschen für Sport zu begeistern, dabei seien Hindernisse keine Pflicht. 

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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