Urs Kalecinski: Wie "The Miraclebear" die globale Bodybuilding-Szene und Social Media erobert

Torben Lux17.10.2024

Der deutsche Profi-Bodybuilder holt zum dritten Mal in Folge Bronze bei Mr. Olympia – die Community feiert ihn als Sieger

Ein kurzer Ausschnitt von Urs Kalecinskis Kür beim Mr. Olympia 2024 in Las Vegas.

Es ist bereits die dritte Bronze-Auszeichnung in Folge bei Mr. Olympia für Urs Kalecinski. Seit fünf Jahren ist der 26-jährige Schwabe Profi-Bodybuilder, seit vier Jahren tritt er auch beim prestigeträchtigsten Muskel-Wettkampf der Welt an. Auch wenn mit Mike Sommerfeld in diesem Jahr sogar ein weiterer deutscher Athlet auf dem zweiten Platz und damit vor ihm landete, verkörpert Kalecinski die hiesige Bodybuilding-Riege wie zuletzt nur Markus Rühl. Und das liegt auch an seinem Social-Media-Game und cleveren Kollaborationen.

Für professionelle Bodybuilder und Fans ist es das Highlight des Jahres, so etwas wie der Super Bowl für Muskeln: Beim Mr. Olympia kommen alle zwölf Monate die besten Athlet*innen zusammen und präsentieren vor einer Jury auf der Bühne, was sie sich in den Monaten zuvor antrainiert haben. In der sogenannten Posing-Kür, einer individuellen Performance, entscheidet sich dann quasi in Sekunden, wie erfolgreich das Jahr für die Sportler*innen wird. 1965 von Joe Weider ins Leben gerufen, der Jahre zuvor schon die heutige IFBB (International Federation of Bodybuilding & Fitness) gegründet hatte, hat der Mr. Olympia in den vergangenen Jahrzehnten globale Stars hervorgebracht. So hatte unter anderem auch Arnold Schwarzenegger seinen Durchbruch auf der Olympia-Bühne, insgesamt gewann der spätere Hollywood-Schauspieler und Gouverneur von Kalifornien sieben Mal den Titel.

Dass in der Branche und auch beim Mr. Olympia mit verschiedensten Substanzen für Muskelaufbau, Erholung und Entwässerung nachgeholfen wird, ist längst kein Geheimnis mehr. Vor allem in der offenen Klasse ohne Gewichtsvorgaben wurde das in den vergangenen Jahren immer wieder in Form der "Roid Guts" sichtbar: aufgeblähte Bäuche, die das Ergebnis von extrem hoher Kalorienzufuhr und gleichzeitigem Konsum großer Mengen von Steroiden und Hormonen ist. Vielleicht auch, um dieser Entwicklung etwas entgegenzuwirken und wieder eine "klassischere Ästhetik" auf den Bühnen zu zeigen, gibt es beim Mr. Olympia seit 2016 die Klasse "Classic Physique" – und in genau der ist Urs Kalecinski unterwegs.

Schnelles Wachstum von "The Miraclebear"

Nach einigen Teilnahmen sowie guten Platzierungen bis zu Siegen in Junioren- und Amateur-Wettbewerben gewinnt Urs Kalecinski 2021 seinen ersten Profi-Wettkampf und ist damit für den wenige Wochen später stattfindenden Mr. Olympia qualifiziert. Im Alter von 23 Jahren erreicht er da dann überraschend direkt den vierten Platz – und nimmt seitdem pro Jahr an mehreren Wettbewerben teil; dreimal erreicht er in diesem Zeitraum den dritten Platz bei Mr. Olympia. Und nicht nur auf den Bühnen legt "The Miraclebear", wie sich Kalecinski seit einigen Jahren nennt, einen kometenhaften Aufstieg hin. Auch seine Reichweiten bei Instagram und Youtube steigen stark.

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Vor allem auf Instagram konnte Urs Kalecinski aka "The Miraclebear" in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum hinlegen (Screenshot: infludata.com)

Bei Instagram folgen dem Profi-Bodybuilder inzwischen 1,6 Millionen Menschen. Auf der Wachstumskurve gut zu sehen: Gegen Ende der vergangenen Jahre, nach den guten Platzierungen beim Mr. Olympia, gab es für den Account von Kalecinski jeweils einen sichtbaren Push. Ganz ähnlich sieht der Verlauf für seinen Youtube-Account mit immerhin rund 400.000 Abos aus. Die regelmäßig guten Platzierungen des Sportlers auf relevanten Bühnen haben hier sicher einen wichtigen Beitrag geleistet, ein Hebel dürfte allerdings fast noch entscheidender sein, um gezielt die nischige Bodybuilding-Community zu erweitern: Kollaborationen.

Videos und Trainings-Sessions mit Stars und Influencern

Regelmäßig taucht Urs Kalecinski in den Formaten anderer Athlet*innen und Sportler*innen auf, lädt sie häufig zusätzlich auch zu sich auf seine Kanäle ein. Dazu zählen fast schon naheliegende Namen wie die deutsche Bodybuilding-Legende Markus Rühl (1,3 Millionen Aufrufe für ein Gespräch über Ernährung), der vierfache Olympia-Gewinner Jay Cutler ("Secrets für MASSIVE BRUST!") oder aktuelle Athleten wie der diesjährige Zweitplatzierte Mike Sommerfeld. Dazu kommen Namen wie der Armwrestler Leonidas Arkona, deutsche MMA-Namen wie Christian Eckerlin und Stephan Pütz oder zuletzt ein gemeinsames Video mit dem US-Internet-Phänomen und Bodybuilder Sam Sulek. Der kommt alleine auf Youtube auf über 3,7 Millionen Abos, auf Instagram folgen ihm sogar über sechs Millionen Menschen.

Den allergrößten Effekt für Kalecinskis Bekanntheit dürfte allerdings die langjährige Freundschaft zu Chris Bumstead aka Cbum haben. Der Kanadier hat vergangenes Wochenende seinen sechsten Olympia-Titel in Folge gewonnen und gilt als Maßstab der "Classic Physique". Und nebenbei folgen dem Rekordhalter auf Instagram über 25 Millionen Menschen, auf Youtube sind es knapp vier Millionen. Die reichweitenstärksten Videos auf Youtube zeigen gemeinsame Trainings, Instagram-Beiträge, in denen Cbum zu sehen sind, performen stärker als durchschnittliche Posts.

Marken-Deals und eigene Brand

Die wachsende Bekanntheit und große Reichweiten in einer sportaffinen Zielgruppe haben längst für entsprechende Partnerschaften mit verschiedenen Unternehmen gesorgt. Wie viele andere deutsche Sportler*innen ist Urs Kalecinski Partner der Supplement-Marke ESN. Über den Shop des Herstellers von Nahrungsergänzungsmitteln hat er außerdem gemeinsam mit seiner Freundin ein Kochbuch veröffentlicht. Er wirbt außerdem für die Trainings-App "GYMKY" des Fitness-Creators Sascha Huber. Und mit "Miracle Wear", angelehnt an seinen Spitznamen "The Miracle Bear", vertreibt er eigene Trainings-Klamotten.

Ganz zufrieden ist Urs Kalecinski aktuell dennoch nicht. "Athleten gehen zu so einem Wettkampf, um zu gewinnen. Das war auch die Einstellung für dieses Jahr", erklärt er im jüngsten Video auf seinem Zweit-Youtubekanal. Die Platzierung ist aber nicht alles, was dem Bodybuilder zuletzt zu schaffen gemacht hat. Im selben Video berichtet er über den immensen Druck, der durch die immer größere Erwartungshaltung an ihn entsanden sei. Zusätzlich habe es im Vorfeld des Wettkampfes einige private Schicksalsschläge gegeben, seine Motivation sei zeitweise im Keller gewesen. Mit Hilfe einer Therapeutin habe er seine Situation zwar so in den Griff bekommen, dass er am Ende zufrieden auf der Olympia-Bühne stand, seine Psyche habe trotzdem darunter gelitten. Beim kommenden Mr. Olympia, für den er dank seiner Platzierung direkt qualifiziert ist, will er auf jeden Fall teilnehmen. Jetzt folge nach fünf Jahren ohne echte Pause aber erst einmal eine längere Erholungsphase. An neuem Content auf seinen Kanälen, so Kalecinski, soll es bis dahin aber nicht mangeln. Und weil Rekordhalter Chris Bumstead nach seinem jüngsten Sieg seine Karriere beendet hat, dürften die Chancen für den ersten Sieg bei Mr. Olympia eines deutschen Athleten überhaupt gar nicht mal so schlecht stehen. "Ich will, ich werde den Olympia 2025 nach Deutschland holen", so Kalecinski.

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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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