Travis Scott auf dem Trikot: Wie Spotify mit seinem Barça-Sponsoring neue Maßstäbe setzt

Rund um den legendären Fußball-"Clásico" zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid nutzt Spotify sein Hauptsponsoring für ein beispielloses Culture-Marketing-Playbook

FC Barclone, Spotify und Travis Scott: Ist das die Blaupause für den optimalen Mix aus Fußball, Musik und Fashion? (Fotos: Spotify)
FC Barclone, Spotify und Travis Scott: Ist das die Blaupause für den optimalen Mix aus Fußball, Musik und Fashion? (Fotos: Spotify)
Inhalt
  1. Merch-Drop, Sondertrikot, Privatkonzert
  2. "Unser bisher ehrgeizigstes Projekt"
  3. 1899 Sondertrikots für je 399,99 Euro
  4. Keine Gage, dafür aber TV-Publikum von über 500 Millionen Menschen
  5. Clásico bringt Travis Scott 40 Prozent mehr Streams
  6. Spotify stellt kulturelle Relevanz über kurzfristige Kennzahlen-Erfolge
  7. Kommt das Live-Konzert vor über 100.000 Fans im Camp Nou?

Die Sponsoring-Partnerschaft von Spotify beim FC Barcelona ist um einen prominenten Trikot-Takeover-Case reicher. Nachdem in der Vergangenheit bereits Coldplay, Drake oder die Rolling Stones zum Zuge gekommen waren, setzte der Musikstreamingdienst beim jüngsten "Clásico" zwischen den Katalanen und den "Königlichen" mit Travis Scott neue Maßstäbe. Die extra aufgelegte Merchandising-Kollektion ist in wenigen Stunden ausverkauft, in den Sozialen Medien liefen die Drähte heiß und für ausgewählte Hörer*innen gab der US-amerikanische Rap-Superstar obendrein ein exklusives Privatkonzert. OMR erklärt die Hintergründe der Kollaboration, bei der Fußball, Musik und Fashion miteinander verschmelzen.

Merch-Drop, Sondertrikot, Privatkonzert

Es ist so etwas wie eine Elefantenhochzeit beim Duell der beiden spanischen Fußball-Schwergewichte: Travis Scott und seine monatlich über 63 Millionen Hörer*innen bei Spotify machten beim Fußball-Klassiker zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid am 11. Mai gemeinsame Sache mit den gastgebenden Katalanen, die unter anderem mit ihren 141 Millionen Follower*innen bei Instagram zu den populärsten Sportclubs der Welt zählen.

Die Chronologie der Kampagne in drei Akten: Am Freitag (9. Mai) findet der Launch einer eigenen Merchandise-Kollektion des FC Barcelona mit Cactus Jack statt, wie Travis Scotts Musik-Label heißt. Tags darauf bringt Barça-Hauptsponsor Spotify den US-Künstler schließlich höchstpersönlich für ein exklusives Konzert nach Barcelona. Es ist das erste Mal, dass der Rapper in der katalanischen Hauptstadt auftritt – zu Ehren von rund 2.000 treuen Spotify-Hörer*innen und ausgewählten geladenen Gästen. Am Sonntag (11. Mai) verzichtet der Musikstreamingdienst schließlich beim weltweit beachteten Fußballduell auf seine Logopräsenz auf der Trikotbrust der Barça-Profis und überlässt stattdessen Cactus Jack die Bühne. Auch auf dem Trainingsgelände des FC Barcelona prangt das Logo des Musik-Labels großflächig, genauso wie auf 3D-Werbeteppichen neben den beiden Toren im Stadion sowie auf dem Mannschaftsbus der "Blaugrana", der im Zuge der Kampagne einen komplett neuen Anstrich bekommen hat.

"Unser bisher ehrgeizigstes Projekt"

"Die Zusammenarbeit mit Travis Scott und dem FC Barcelona ist unser bisher ehrgeizigstes Projekt", sagt Marc Hazan, Vice President, Partnerships and Marketing bei Spotify: "Eine globale Ikone, die für das größte Spiel der Welt mit uns zusammenarbeitet und live für die Fans in Barcelona auftritt – das ist die Kraft, die wir freisetzen."

Für den Musik-Streaming-Dienst war es bereits das sechste Mal, dass er die Partnerschaft mit dem FC Barcelona für Co-Kreationen mit bekannten Musiker*innen nutzt. Beim Hinspiel gegen Real Madrid in der laufenden Saison bewarb etwa die britische Erfolgsband Coldplay ihr zehntes Album "Moon Music" auf den Club-Jerseys. Auch die berühmte Zunge der Rolling Stones und der kolumbianische Künstler Karol G kamen durch Spotify bereits in den Genuss der prominenten Werbefläche, die sich der Sponsor seit dem Start der Partnerschaft in der Saison 2022/23 Medienberichten zufolge bis zu 60 Millionen Euro pro Spielzeit kosten lässt.

Angefangen hatte alles im Jahr 2022 mit Drake, der zu diesem Zeitpunkt der erste Künstler war, der auf Spotify die magische Grenze von 50 Milliarden Streams knacken konnte. Anders als nun bei Travis Scott gab es jedoch seinerzeit im Zuge der Barça-Trikotaktion mit Drake weder eine separate Merchandising-Kollektion, noch ein Konzert, noch besuchte der Rapper das Spiel. Von dem damals aufgelegten Sondertrikot gab es auch nur 50 Exemplare, die obendrein nicht öffentlich erhältlich waren.

1899 Sondertrikots für je 399,99 Euro

Da ist nun bei der Zusammenarbeit mit Travis Scott das Produktionsvolumen deutlich größer. So gibt es ein mit dem Logo von Cactus Jack versehenes Sondertrikot in einer limitierten Stückzahl von 1899 Exemplaren (angelehnt an das Gründungsjahr des FC Barcelona) für den stolzen Preis von 399,99 Euro zu kaufen. Ebenfalls im Angebot: 1899 Exemplare des im ungewöhnlichen schwarzen Design aufgelegten Auswärtstrikots, zu einem etwas erschwinglicheren Kurs von 199,99 Euro. Für schlappe 2999,99 Euro wiederum ist als spezielle Unikat-Variante sogar noch ein Sammlerstück des Trikots mit allen Unterschriften des Teams erhältlich.

Alle Trikots sind in rasender Geschwindigkeit vergriffen und sorgen binnen weniger Stunden für einen Umsatz in Millionenhöhe. Die eigens aufgelegte mehrteilige Capsule-Kollektion mit weiteren Kleidungsstücken wie Hoodies, Caps und Shirts ist ebenfalls stark nachgefragt. In der Nacht vor dem offiziellen Launch campieren angeblich sogar einige Anhänger*innen in der Nähe des Club-Stores am Stadion, um sich exklusive Stücke zu sichern. Die Shops sowohl vom FC Barcelona als auch von Travis Scott melden in Windeseile ausverkauft.

Doch um das schnelle Geld geht es den Beteiligten an dieser Stelle gar nicht: Der FC Barcelona etwa führt seinen Anteil an den Verkaufserlösen im Rahmen der Spotify-Sondertrikot-Kampagnen an die UN-Flüchtlingshilfe ab. Was die Künstler*innen mit ihrem Anteil machen, ist derweil ihnen selbst überlassen. Die Band Coldplay beispielsweise spendete die ihr aus den Trikotverkäufen zustehende Summe ebenfalls.

Keine Gage, dafür aber TV-Publikum von über 500 Millionen Menschen

Apropos Geld: Das fließt bei den Trikot-Takeover-Kampagnen nach OMR vorliegenden Informationen auch nicht in Form von Gagen von Spotify in Richtung der ausgewählten Künstler*innen. Diese bekommen über die Aktivierung beim "Clásico" nämlich etwas viel Wertvolleres, nämlich eine gigantische Präsenz außerhalb ihrer Kern-Community.

Das Duell zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid verfolgen global bis zu 650 Millionen TV-Zuschauer*innen in über 185 Ländern. Zum Vergleich: Der Super Bowl der NFL, bei dem die auftretenden Musik-Stars ebenfalls keine Gage kassieren und obendrein wie in diesem Jahr Kendrick Lamar noch millionenschwer in ihre Bühnenshow investieren, erreicht ein TV-Publikum von weniger als 200 Millionen Zuschauer*innen – von denen rund 120 Millionen aus dem NFL-Heimatmarkt USA kommen.

Der Hype um Travis Scott in Barcelona wird zudem selbstredend umfangreich medial begleitet und schlägt sich ebenfalls in massiven Social-Media-Kennzahlen nieder. Nehmen wir beispielhaft nur mal einige der Owned Channels: Binnen einer Woche rund um den Klassiker gegen die "Königlichen" veröffentlichen die Katalanen auf ihrem Instagram-Account zwölf Reels, in denen Travis Scott, dessen Label Cactus Jack oder die gemeinsame Merchandising-Kollektion in Szene gesetzt werden. Die Ausbeute: In Summe knapp 350 Millionen und durchschnittlich über 28,5 Millionen Aufrufe sowie 21,8 Millionen verteilte Herzen und fast 80.000 Kommentare. Hinzu kommen über 270 Millionen Views auf 17 Beiträge bei Tiktok inklusive 31,9 Millionen Likes und über 180.000 Kommentare.

Clásico bringt Travis Scott 40 Prozent mehr Streams

Die hohe Aufmerksamkeit wiederum hat direkten Einfluss auf die Streaming-Zahlen bei Spotify. Noch am Tag des "Clásico" steigen diese bei Travis Scott nach Abpfiff des Spiels um über 40 Prozent. Selbst für Künstler*innen der Kategorie Scott, der bei Spotify schon fünf Songs mit Streaming-Zahlen im Milliardenbereich aufweisen kann, ist das ein ordentliches Pfund – insbesondere, weil er kurz vor dem Release seines neuen Albums "Jackboys 2" steht.

Grundsätzlich müssen die "Clásico"-Kampagnen von Spotify in die Zeitleisten der Musiker*innen passen, wozu wiederum ein gewisses Momentum gehört. Einfach "irgendjemanden" ohne tiefere Geschichte oder Kontext auf den Trikots zu platzieren, wäre dagegen a) sehr beliebig und b) auch unglaubwürdig. Der jeweilige Act sollte nämlich idealerweise auch mit den Geschmäckern der Fanszene des FC Barcelona matchen. Praktisch, dass die Katalanen einen riesigen Content-Hub auf Spotify haben: Die offizielle Matchday-Playlist kommt auf über 600.000 "Saves" durch Nutzer*innen. Die Verantwortlichen beim Musikstreamingdienst wissen entsprechend ziemlich genau, welche Künstler*innen wieviel gehört werden und im Trend liegen.

Spotify stellt kulturelle Relevanz über kurzfristige Kennzahlen-Erfolge

Abseits von Klicks, Likes und Interaktionen geht es Spotify im Kern ohnehin jedoch um etwas anderes: kulturelle Relevanz. Und die lässt sich weniger gut in klassischen, kurzfristig angelegten Marketing-Kennzahlen bemessen. Vielmehr äußert sie sich in vielen kleinen Details gelebter Praxis. Zum Beispiel dann, wenn Travis Scott wie beim Privatkonzert in Barcelona im "Cactus Jack x Barça"-Retro-Trikot auftritt und dort im Beisein einiger Club-Legenden von Gerard Piqué bis Thierry Henry sowie Schauspieler Terry Crews und Star-Youtuber KSI zwei brandneue, bisher unveröffentlichte Tracks zum Besten gibt. Oder wenn die Bühnenshow mit Elementen aus den berühmten katalanischen Feuertänzen ("Correfocs") spielt.

Die kulturelle Einbettung der Trikot-Takeover-Kampagnen zeigt eindrücklich, wie Spotify Sportmarketing auf eine Art und Weise begreift, die über bloße Logo-Kommunikation hinausgeht. Vielmehr heißt das Zauberwort Content, sprich: Der Musik-Streaming-Dienst nimmt sich selbst als Marke zurück und stellt stattdessen Künstler*innen in den Mittelpunkt.

Dieser Gedanke findet sich auch abseits der Trikotaktionen zum "Clásico" wieder. So nutzt Spotify bei allen weiteren Barça-Heimspielen die dem schwedischen Unternehmen vertraglich zustehende Bandenwerbung in weiten Teilen dafür, Musiker*innen zu promoten – seit Vertragsstart 2022 waren es nach OMR-Informationen schon weit über 100 aus gut 50 Ländern. Insbesondere weniger bekannten Künstler*innen erhalten auf diese Weise eine riesige Plattform, die ihnen in dieser Form wohl kein anderer Musik-Streaming-Dienst bieten kann.

Kommt das Live-Konzert vor über 100.000 Fans im Camp Nou?

Momentan beschränkt sich Spotify noch auf zwei Trikot-Takeover-Aktionen pro Saison – jeweils beim Hin- und Rückspiel im "Clásico" gegen Real Madrid. Bei dieser Anzahl dürfte es vorerst auch bleiben. Denn zum einen droht ansonsten eine Verwässerung der aufwendig inszenierten Kampagnen. Zum anderen ist auch viel Taktgefühl im Umgang mit den dann doch eher klassisch geprägten Fußballfans im Umfeld von traditionsreichen Clubs wie dem FC Barcelona gefragt. Will sagen: Spotify ist gut beraten, eine gesunde Balance zwischen Entertainment und Fußballkultur zu finden. Bisher jedenfalls scheint den Schweden dieser Spagat zu gelingen.

Für künftige Aktionen mit Künstler*innen könnte das derzeit noch für einige Monate im Umbau befindliche Spotify Camp Nou sprichwörtlich neue Dimensionen eröffnen. Nach Fertigstellung wird das Barça-Stadion mit einer Kapazität von über 100.000 Sitzplätzen das größte europäische Stadion sein und Künstler*innen somit einen hochattraktiven Rahmen für einen möglichen Live-Auftritt im Rahmen eines "Clásico" bieten. Für Spotify-Manager Marc Hazan und sein Team wäre das dann ziemlich sicher ein noch ehrgeizigeres Projekt als das jüngste mit Travis Scott.

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Henning Eberhardt
Autor*In
Henning Eberhardt

Henning ist bei OMR seit Anfang 2023 für Sport- und Gaming-Inhalte zuständig. Von 2010 bis 2019 pendelte er für den Sportbusiness-Verlag SPONSORs als Redakteur zwischen Fußballstadion und Formel-1-Rennstrecke. Anschließend wechselte der waschechte Insulaner zum Marketing-Medium absatzwirtschaft in die Handelsblatt-Gruppe.

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