Dieser Werber hat mit seiner Bundesliga-Seite auf Facebook mehr Fans als die DFL selbst

Wie ein Hobbyprojekt von Raphael Brinkert durch die Decke ging

Raphael Brinkert
Raphael Brinkert hat offenbar ein Händchen für Fußball-Seiten auf Facebook (Foto: facebook.com/raphael.brinkert)

Eigentlich war das Ganze eher ein Spaßprojekt: 2011 legte Raphael Brinkert, hauptberuflich für die Werbeagentur Jung von Matt tätig, bei Facebook eine Bundesliga-Fanpage an – weil es keine offizielle gab. Heute verzeichnet die Seite 2,6 Millionen Fans und damit immer noch mehr als die offizielle Seite, die der Bundesliga-Betreiber DFL in der Zwischenzeit dann doch noch eingerichtet hat. Nicht der erste Facebook-Coup, der Brinkert gelungen ist.

„Ich hatte zur Saison 2011/12 eine Facebook-Seite, die ich für Schalke 04 angelegt hatte, an den Verein abgetreten“, so Brinkert gegenüber OMR. Der Werbeprofi und Schalke-Fan, der auf Facebook gerne auch mal Diskussionen über den Profi-Fußball anstößt (zum Beispiel zum Ärmelsponsoring in der Bundesliga), hatte die Seite im Namen des Vereins erstellt und regelmäßig mit Inhalten bespielt. Auch in diesem Fall hatte der Club keine offizielle Seite. Der vormalige PR- und Pressechef des Vereines hatte sich zuvor lange gesträubt, diese für den Verein bei Facebook einzurichten. „Der Verein sieht keinen nachweisbaren Nutzen im Web 2.0. Facebook kann nichts, was es nicht schon seit fünf Jahren gibt. Die Fans können über den vereinseigenen Newsletter Informationen bekommen und in Foren diskutieren“, so der Pressesprecher noch im Februar 2011 gegenüber Der Westen.

Schalke kauft Facebook-Seite für 50.000 Euro ab

Brinkert führte seine eigene Schalke-Seite bei Facebook zu 300.000 Fans und 325 Millionen Interaktionen. Nach dem Aussscheiden des damaligen PR-Chefs kam es auch bei Schalke zu einem Umdenken: Der Verein kaufte Brinkert die Seite für 50.000 Euro ab. Das Geld floss an zwei wohltätige Organisationen. Heute verzeichnet die Seite fast 2,9 Millionen Fans.

Raphael Brinkert hatte sich zwar von der Schalke-Seite getrennt – darauf verzichten, auf Facebook in Sachen Sport zu kommunizieren, wollte er offenbar aber doch nicht. Weil die Bundesliga zu diesem Zeitpunkt keine offizielle Seite betrieb, richtete er erneut selbst eine ein. „Die Seite entstand aus der Leidenschaft für Fußball und Social Media“, so Brinkert.

Vier Freunde für ein Facebook-Hallelujah

„Zum damaligen Zeitpunkt hatte die DFL noch keine Ambitionen, soziale Netzwerke mit Kommentarfunktion zu bedienen. So bin ich ein zweites Mal eingesprungen und habe Freunde wie Oliver Wurm, Florian Kienle oder Maik Nöcker eingeladen, mitzumachen.“ Alle drei Genannten sind in der Marketing- und Medienbranche gut vernetzt: Oliver Wurm ist Sportjournalist und entwirft selbst immer wieder innovative Medienprodukte (mehr darüber hier im OMR Podcast), Florian Kienle war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls für Jung von Matt tätig, und Maik Nöcker ist Sport-Moderator beim Fernsehsender Sky und seit einiger Zeit ebenfalls erfolgreicher Fußball-Podcaster.

Die Vierertruppe teilt das, was sie interessiert und was die Liga-Fans interessieren könnte. Das können offizielle Inhalte von Vereinen, Spielern, Medien, aber auch Fans ebenso wie eigener Content sein. „Wir haben immer mal wieder mit Spielern Chats gemacht und über unser Ökosystem mit Protagonisten aus der Branche wie Managern, Spielerberatern oder Trainern Kurz-Interviews geführt“, so Brinkert. „Das wichtigste war uns immer, die Begeisterung für den Fußball zu teilen.“

8,2 Millionen Videoviews in weniger als einem Monat

Die Texte und Auswahl der Inhalte ist weit vom Verlautbarungston offizieller Verbandspressemitteilungen entfernt. Bei den Facebook-Nutzern kommt das Angebot offenbar genau aus diesem Grund an. Die Reichweite entwickelt sich bis heute ansehnlich: 2,63 Millionen Fans folgen der Seite, die damit in der Top 10 der deutschsprachigen Sport-Seiten auf Facebook rangiert. „Die Reichweite entstand organisch. Wie bei vielen Social-Media-Seiten war es sicherlich auch die Gunst der frühen Geburt, als Facebook noch mehr Social- als Paid-Channel war und der Algorithmus dementsprechend Page-freundlicher“, räumt Brinkert ein. „Gleichzeitig ist Fußball aber natürlich auch High Interest.“

Das belegt ein vom Jung-von-Matt-Mann bei Facebook geteilter Screenshot, der zeigt, dass die Inhalte der Seite auf Facebook innerhalb eines knappen Monats 7,66 Millionen Nutzer erreicht sowie 8,2 Millionen Video Views und 4,3 Millionen Beitragsinteraktionen generiert haben.

Ticket-Verlosung sorgt für Sponsoring-Umsätze

„Das mittlerweile Monat für Monat viele Millionen Fans in Interaktion mit der Seite treten, ist eine tolle Bestätigung“, so Brinkert gegenüber OMR. Die Seite wird nicht mehr nur von seinem Freundeskreis bespielt, sondern auch von seinem Arbeitgeber: „Heute ist an der Seite das Content Team von Jung von Matt/sports beteiligt, die beruflich für Kunden wie Adidas, Tipico oder den DOSB arbeiten.“

Offenbar verdient die Agentur auch ein wenig Geld mit diesem Engagement. So ist auf der Seite ein Ticket-Gewinnspiel eingebunden, das von Hermes gesponsert wird. „Als offizieller Sponsor der DFL hat Hermes nach digitalen Formaten gesucht, Tickets für alle Spiele der 1. und 2. Bundesliga zu verlosen und gleichzeitig Aufmerksamkeit, Reichweite und Leads zu generieren.“ So sei die Idee des „Ticket Tuesday“ entstanden. Das Gewinnspiel verzeichne Gesamtreichweiten von bis zu vier Millionen Usern pro Spieltag. „Klar, dass Cases wie diese auch entsprechend vergütet werden“, so Brinkert.

17.000 Fans aus Deutschland für die offizielle Seite

Wie bei Schalke hat auch bei der Bundesliga hinsichtlich Facebook ein Umdenken stattgefunden: Die DFL hat mittlerweile eine eigene Seite eingerichtet, als „Bundesliga Official“ tituliert. Diese zielt offensichtlich stärker auf das internationale Publikum ab als auf die hiesigen Fans und postet rein englischsprachige Inhalte. Vor dem Schritt habe es Kontakte zwischen der Liga und ihm gegeben, bestätigt Brinkert: „Wir haben Gemeinsamkeiten ausgetauscht und uns verständigt, welche Abgrenzung wir zu einer offiziellen Seite der Bundesliga einhalten. So verwenden wir nicht das offizielle Logo, sondern den Spielball und zeigen in Titelbild, Informationen zur Seite und im Impressum klar und deutlich, dass es eine Seite ‚von Fans für Fans’ ist.“

Wie eine Auswertung des Social-Media-Tools Quintly zeigt, hat die offizielle Seite der DFL in puncto Fan-Zahlen recht schnell zu Brinkerts Fanseite aufgeschlossen – doch überholen konnte sie sie bislang nicht.

Fan-Entwicklung der offiziellen Bundesliga-Facebook-Seite im Vergleich mit der von Raphael Brinkert (Quelle: quintly.com)

Interessant ist, dass die offizielle Seite vor allem internationale Fans verzeichnet: Der größte Teil der Follower kommt aus Mexiko, Indonesien und den USA. Aus Deutschland folgen der Seite nur 17.000 Facebook-Nutzer.

Aus diesen Ländern stammen die meisten Fans der offiziellen Bundesliga-Facebook-Seite (Quelle: quintly.com).

Brinkert hat demgegenüber über 800.000 Fans aus Deutschland.

Aus diesen Ländern stammen die meisten Fans von Brinkerts Bundesliga-Facebook-Seite (Quelle: quintly.com).

Die Interaktionsrate ist bei der offiziellen Liga-Seite höher.

Interaktionsraten der offiziellen Bundesliga-Facebook-Seite im Vergleich mit der von Raphael Brinkert (Quelle: quintly.com)

Mehr Kommentare auf der Fan-Seite

Häufigste Interaktionsart bei der offiziellen Liga-Seite sind Likes – auf der Fan-Seite wird deutlich häufiger kommentiert. Offenbar bringen die Inhalte und deren Aufbereitung die Facebook-Nutzer eher dazu, sich zu äußern.

Interaktionsarten der offiziellen Bundesliga-Facebook-Seite im Vergleich mit der von Raphael Brinkert (Quelle: quintly.com)

Brinkert ist mit seinen Facebook-Plänen noch nicht am Ende: „Aktuell ist die Seite Freizeitspaß und Zeitvertreib in kleinen Pausen. Gemeinsam mit unserem Content-Team überlegen wir jedoch derzeit, die Seite zur kommenden Saison zu relaunchen und zu professionalisieren. Die Gedanken reichen von 24/7-Betreuung und Internationalisierung bis hin zu Live-Formaten wie Halbzeit-Shows mit Experten oder Journalisten.“

Wer mehr von Raphael Brinkert und seiner Einschätzung zur Entwicklung des Profi-Fußballs hören will, dem empfehlen wir die neue Podcast-Reihe der Kollegen von Sponsors. OMR-Chef Philipp Westermeyer war auch schon zu Gast, Weltmeister und dreifacher Champions-League-Sieger Toni Kroos ebenfalls. Reinhören!

BundesligaFacebookSocial MediaSport
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

Alle Artikel von Roland Eisenbrand

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel