"Weißes Gold": Wie Dagi Bee, Elyas M'Barek und Kevin Trapp den Markt für Hafermilch aufmischen wollen

Während Marktführer Oatly in der Krise steckt, wollen sich Promi-Marken Marktanteile sichern

Haferdrinks von Prominenten
(von links) Elyas M'Barek mit "Lazy Heroes", Dagi Bee mit "Owies" und Kevin Trapp mit "Mølk": Mehrere deutsche Prominente haben zuletzt eigene Haferdrinks auf den Markt gebracht (Montage: OMR)
Inhalt
  1. "Wir stehen hier gerade auf unserem Haferfeld"
  2. Der Markt für Haferdrinks wächst - aber Oatly steckt in der Krise
  3. Der Krieg in der Ukraine treibt die Haferpreise in die Höhe
  4. Etablierte Lebensmittelkonzerne lassen ihre Muskeln spielen
  5. "Es ist schwer, so einen Preiskampf mitzugehen"
  6. In Eintracht eine eigene Hafermilch produzieren
  7. "Oatly kam mit den Bestellungen nicht hinterher"
  8. Die Gastronomie als Marketingkanal

Wer heute im Supermarkt Hafermilch sucht, findet ein breites Angebot: Zwischen Marken wie Alpro, Share, Oatly, Alnatura stehen mittlerweile auch immer häufiger Produkte von Prominenten in den Regalen. Nach Bundesliga-Torhüter Kevin Trapp und Schauspieler Elyas M'Barek startet aktuell auch Youtube-Pionierin Dagi Bee eine eigene Haferdrink-Marke. OMR hat mit den drei Startups gesprochen und gibt einen Marktüberblick.

"Warum denn schon wieder eine Hafermilchmarke; es gibt doch schon Hafermilch auf dem Markt", fragt Dagmar Kazakov alias Dagi Bee in ihrem neuesten Youtube-Video, um gleich darauf selbst die Antwort zu geben: "Ja, das stimmt. Aber trotzdem wollte ich ein Zeichen setzen, weil ich persönlich einfach für mich seit Jahren schon auf Kuhmilch verzichte und einfach selber so ein großer Fan von Haferdrinks und Hafermilch war, dass ich mir einfach gedacht habe, 'Hey, das kann man doch irgendwie noch besser hinkriegen, noch nachhaltiger, irgendwie mehr aus Deutschland.'"

"Wir stehen hier gerade auf unserem Haferfeld"

Im Juni 2022 hat Dagi Bee erstmals in einem Video von ihren Plänen berichtet, einen eigenen Haferdrink (der Begriff Milch darf offiziell nur für tierische Produkte verwendet werden) auf den Markt zu bringen. Jetzt steht Owies, wie der Markenname lautet, vor dem Start und das Produkt ist erstmals über einen eigens eingerichteten Online Shop vorbestellbar. Zum Start sind drei Varianten verfügbar: Classic, Barista (aufschäumbar) und Zero (zuckerreduziert). Ab dem 2. November sollen die ersten Bestellungen die Lager verlassen.

Bei den potenziellen Kund*innen soll Owies besonders mit Regionalität punkten. Der verarbeitete Hafer wird in Deutschland angebaut; in ihrem neuesten Video besuchen Dagi Bee und ihr Mann und Mitgründer Eugen Kazakov den Bauern, der den Hafer liefert und zeigen das Feld, auf dem dieser angebaut wird. Für Marketing wolle man wenig ausgeben, da Dagi Bee mit ihrer Community als Zugpferd genutzt wird, sagt Christian Leininger, Geschäftsführer bei Owies, im Gespräch mit OMR. Im ersten Quartal 2024 soll Owies auch im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) gelistet werden.

Der Markt für Haferdrinks wächst - aber Oatly steckt in der Krise

Dort wird sich Owies dann gegenüber etablierten Marken wie Oatly, Alpro, Share und Alnatura behaupten müssen. Immerhin: Der Markt für pflanzliche Milchalternativen wächst. Nach aktuellen Zahlen von Statista stieg der Absatz in diesem Segment in Deutschland zwischen 2020 und 2023 um 85 Prozent. Milch aus Hafer, Soja, Nüssen oder Erbsen hat sich mit einem Marktanteil von 13 Prozent fest neben der klassischen Kuhmilch etabliert. Der globale Hafermilchmarkt hatte im Jahr 2021 einen Wert von 4157,6 Millionen US-Dollar. Es wird erwartet, dass er bis 2028 einen etwa doppelt so hohen Wert erreichen könnte, mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von etwa 10 Prozent.

Die Preise, die Verbraucher für einen Liter Haferdrink zahlen, sind laut agrarheute.com etwa doppelt so hoch wie für einen Liter Biomilch und bis zu dreimal so hoch wie für normale Trinkmilch. Trotzdem schreibt Oatly, die vermutlich bekannteste Marke in diesem Segment, rote Zahlen. Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Verluste auf knapp 400 Millionen US-Dollar. Die Bruttomarge – also das, was nach Abzug der Produktionskosten übrig bleibt – sank auf magere 11 Prozent.

Der Krieg in der Ukraine treibt die Haferpreise in die Höhe

Oatly wurde 1994 von den Brüdern Rickard und Björn Öste gegründet; Rickard gilt als Erfinder der Hafermilch. Das Unternehmen gewann Prominente wie Rapper Jay-Z, US-Talkshow-Ikone Oprah Winfrey, Hollywood-Star Natalie Portman und Ex-Starbucks CEO Howard Schultz als Investor*innen. Im Mai 2021 ging Oatly an die Börse – und hat seit der Erstausgabe mehr als 90 Prozent an Wert verloren.

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Bis heute hat das Unternehmen es nicht geschafft, profitabel zu werden. Oatly leidet unter anderem unter den Haferpreisen, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, massiv gestiegen sind. Eine Tonne Hafer kostete im Juli 2021 im Schnitt 196 Euro, im März 2022 bereits 345 Euro. Derzeit sind die Preise für Hafer wieder rückläufig. 

Etablierte Lebensmittelkonzerne lassen ihre Muskeln spielen

Die gestiegenen Haferpreise würden sich erst Mal nur auf die Marge auswirken, sagt Noah Leidinger, Börsenexperte und Host des Podcasts "Ohne Aktien Wird Schwer". Aber bei Oatly sei in den letzten Jahren auch  das Umsatzwachstum stark gesunken. Im Jahr 2020 lag es noch bei 107 Prozent, 2021 ging es dann auf 53 Prozent und 2022 auf nur noch 12 Prozent zurück. Offenbar gibt es auch auf der Nachfrageseite einen Rückgang. 

"Das könnte generell daran liegen, dass die Nachfrage nach Haferdrinks zurückgeht, aber vor allem wird es auch daran liegen, dass die Konkurrenz viel stärker ist", sagt Leidinger. Immer mehr Anbieter steigen in das Segment ein. Und vor allem bringen große Player wie Danone, die bislang im Milchbereich aktiv waren und dort schon eine sehr gute Marktdurchdringung im LEH haben, jetzt ihre eigenen Produkte in den Markt – und das teilweise auch zu deutlich günstigeren Preisen.

"Es ist schwer, so einen Preiskampf mitzugehen"

Danone hat in den zurückliegenden fünf Jahren mehrere Hersteller pflanzlicher Milchimitate aufgekauft, angefangen mit White Wave. 2017 übernahm der französische Konzern dann Alpro und Promavel. Bis 2025 soll sein Umsatz mit pflanzlichen Produkten von zwei auf fünf Milliarden Euro steigen. "Danone kann es sich leisten, da zu investieren für mehrere Jahre, weil sie ein stabiles Kerngeschäft haben. Aber Oatly muss mit dem Hafermilchgeschäft selbst Geld verdienen und deshalb ist es für sie viel schwerer so einen Preiskampf mitzugehen" sagt Leidinger. 

Und nun kommen auch noch neue neue Produkte von Prominenten und Influencer*innen auf den Markt, die potenziell fürs Marketing weniger Geld ausgeben müssen. Kurz vor "Owies" ist die Marke "Lazy Heroes" gestartet, gegründet von Schauspieler Elyas M’Barek, "The Makers" und Stoyo-Gründer Henner Mamane. "The Makers" entwickelt seit mehreren Jahren (in der Regel für Dritte) pflanzliche Lebensmittelprodukte.

In Eintracht eine eigene Hafermilch produzieren

Seit August 2023 "Lazy Heroes" im LEH erhältlich. Das Alleinstellungsmerkmal sei die Rezeptur und die nachhaltige Verpackung, sagt Daniel Auner, Geschäftsführer bei The Makers. Produziert werde bei einem Partner im europäischen Ausland, nahe der deutschen Grenze. Zu den Umsatzzahlen will Auner keine Angaben machen. Aber die Unternehmung sei in "The Makers" eingebettet und damit von Tag eins an profitabel.

Der unter Promi-Produkten am längsten am deutschen Markt existierende Haferdrink ist Mølk. Eintracht-Frankfurt-Torwart Kevin Trapp hat das Startup gemeinsam mit Alexander Schiffl, Guy Lamaye, Maximilian Helldörfer und Luel Mulugeta gegründet. Lamaye und Mulugeta sind Gastronomen, die in Frankfurt Cafés und Restaurants betreiben und die alle "dieselbe Liebe zu Kaffee und Lebensmitteln teilen", sagt Alexander Schiffl, Geschäftsführer bei Mølk.

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"Oatly kam mit den Bestellungen nicht hinterher"

Die Idee zu Mølk sei währed des ersten Corona Lockdows entstanden, als die Gastronomie schließen musste und Trapp kein Training und keine Spiele gehabt habe, erzählt Schiffel. Zu diesem Zeitpunkt, betont er, "stellte Oatly als Marktführer mit Abstand das beste Produkt im Markt, konnte aber nicht mehr wirklich verlässlich die Gastronomie beliefern", da sie mit den Bestellungen nicht hintergekommen seien. "Da haben meine beiden Mitgründer Guy und Luel sich mit Alternativen für Haferdrinks beschäftigt. Und dann schnell die Frage an mich gerichtet: Alex, wie schwer ist es denn eigentlich, einen Haferdrink zu machen?" 

Aus Qualitätsgründen sei die Produktion von Mølk laut Schiffl in Dänemark angesiedelt. Zwar gebe es mittlerweile viele Anbieter auf dem Markt für Haferdrinks, jedoch müsse man zwischen Markenprodukten und Private Labels unterscheiden. "Wir werden den hohen Qualitätsansprüchen in der Gastronomie gerecht mit unseren Produkten", sagt Johannes Olemotz, CFO von Mølk. "Und da gibt es nicht so viele Mitbewerber, die denselben Ansatz verfolgen."

Die Gastronomie als Marketingkanal

"Viele andere Anbieter von Haferdrinks gehen nicht in die Gastronomie und haben dort auch keine Expertise. Das unterscheidet uns von diesen Unternehmen. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass die Gastronomie Marken schafft. Erst in der Gastronomie lernt der Kunde das Produkt kennen. Da kann man noch so viele Plakate und Werbung schalten, dass die Leute dein Produkt sehen, aber sie müssen es schmecken, fühlen und dann erst kaufen sie es im Handel nach", sagt Schiffl. 

Umsatzmäßig entwickele sich das Unternehmen laut Olemotz positiv. “Wir haben ein gutes Jahr hinter uns mit über 300 Prozent Wachstum”, resümiert er. Dennoch sei das Unternehmen noch nicht profitabel. Ende des Jahres soll der Breakeven erreicht werden.  

Natürlich trage die gesamte weltwirtschaftliche Entwicklung dazu bei, dass man etwas beunruhigter ist. Doch die Krise bei Oatly und anderen Konkurrenten, denen zwischenzeitlich sogar eine Insolvenz drohte, konsolidierten den Markt und spiele ihnen mit in die Karten. "Wir sehen, dass die Konsumenten in diesem Segment mit einem kritischen Auge auf große Investoren schauen, die große Unternehmen supporten. Deshalb legen wir viel Wert darauf, unabhängig zu bleiben", betont Olemotz.

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Angela Woyciechowski
Autor*In
Angela Woyciechowski

Angela sammelte erste redaktionelle Erfahrungen als Nachrichtensprecherin beim Hochschulradio und im Rahmen von Projektassistenzen beim NDR und ZDF. Nach Tätigkeiten im Online-Marketing und freier Mitarbeit bei der Badischen Zeitung (Freiburg), ist sie seit Juli 2023 im Redaktionsteam von OMR.

Alle Artikel von Angela Woyciechowski

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