Mc-Fit-Gründer im OMR Podcast: Vom Muskel-Aldi zum Soho House der Fitness
Rainer Schaller erklärt im OMR Podcast wie McFit dank Corona eine Million Kunden gewann und Pläne für Luxusstudios in den USA
- Anfänge auf dem Dachboden
- Vision kostenloses Studio
- „Ich möchte der Aldi der Fitnesswelt sein“
- Digitalisierungstreiber Corona
- Experience wird wichtiger
- Trendscouting in Venice Beach
- Daten gegen Fitness
- Unsere Podcast-Partner im Überblick:
- Alle Themen des Podcasts mit Rainer Schaller im Überblick:
Zum ersten Mal überhaupt ist Rainer Schaller in einem Podcast zu Gast. Es gibt also viel zu bereden mit dem McFit-Gründer, der großen Anteil daran hatte, Fitness in Deutschland vom Hobby körperfixierter Sonderlinge zu einem Breitensport zu machen.
Neben dem Blick auf die Anfänge von McFit schauen Philipp Westermeyer und Michael Trautmann – in dieser Folge Co-Host des OMR Podcast – mit Schaller auch nach vorn, auf luxuriöse Fitness-Tempel, die Schallers Firma RSG Group (das „G“ steht für „Global“) in den USA plant und das Mammutprojekt Mirai, dem gigantischen Fitness-Forschungskomplex, der in Oberhausen gebaut werden soll. Und natürlich reden sie auch über das Unvermeidliche: die Loveparade.
Die Übernahme des Techno-Events war der größte Marketing-Coup in der McFit-Geschichte. Es endete bekanntlich 2010 im Fiasko mit Massenpanik und 21 Toten. Auch wenn er persönlich nur als Zeuge befragt worden ist und der Prozess vor Kurzem ohne Urteil eingestellt wurde, haftet Schaller die Tragödie an. Im OMR Podcast erzählt er von seinem ganz persönlichen Weg, mit der Katastrophe umzugehen, die einen Schatten auf seine Erfolgsbiographie wirft.
Anfänge auf dem Dachboden
Angefangen hat Schaller in den 80er-Jahren mit einem halboffiziellen Bodybuilding-Studio auf dem Dachboden. Heute ist daraus ein global agierender Fitnesskonzern mit 300 Millionen Jahresumsatz und 5.000 Mitarbeitern geworden. Die RSG Group, wie die Dachfirma inzwischen heißt, betreibt unter mehreren Marken – neben den Discountlinien McFit und High5 die Midprice-Kette John Reed – insgesamt 300 Studios. Zusammen haben die Verticals inklusive der digitalen Plattformen, die zur RSG Group gehören, drei Millionen Mitglieder.
Neben den Studios gibt es inzwischen eigene Nahrungsergänzungsmittel, die Agentur McFit-Models, sogar ein Designerlabel gehört zur RSG Group. Kern des Unternehmens sind jedoch die Studios. Das mit über 50.000 Quadratmetern mit Abstand größte lässt Schaller ab Ende des Jahres in Oberhausen hochziehen. Nach Fertigstellung soll in dem Hightech-Fitnesszentrum mit angeschlossenen Forschungseinrichtungen, Kongressbereich und TV-Studio für den ersten globalen 24-Stunden-Fitnessender jeder im Tausch gegen seine Daten kostenlos trainieren können.
Vision kostenloses Studio
Fitness soll im The Mirai – so die offizielle Losung „vom Breitensport zum Volkssport“ werden. Scheint machbar, denn alle Studios von exklusiven Clubs bis zum Billiganbieter haben hierzulande 11,8 Millionen Mitglieder. Damit hat Fitness längst Fußball – der DFB hat 7,1 Millionen Mitglieder – als größte Sportart abgelöst. Und daran, dass Kraft- und Bewegungstraining es zu einem Breitensport gebracht hat, daran hatten Schallers Discount-Mukkibuden großen Anteil.
Wenn Schaller in dieser Ausgabe des OMR Podcasts seine Unternehmerstory nacherzählt, dann geht es also immer auch um die Entwicklung der gesamten Branche. Doch ehe Fitness zum Mainstream wurde, waren die Studios lange ein Habitat von Bodybuildern und Angehörigen des Rotlicht-Milieus. Und mittendrin der junge Rainer Schaller.
„Ich bin mit 15 Jahren schon beim Fitness hängen geblieben und habe mich verliebt in den Sport“, sagt Schaller. Deswegen sei ihm früh klar geworden: „Irgendwann muss ich da was machen.“ Doch zunächst führt sein Weg ins Geschäft der Eltern. Schaller lernt Einzelhandelskaufmann, betreibt später selbst mehrere Märkte – und nimmt wichtige Basics für sein späteres Business mit.
„Ich möchte der Aldi der Fitnesswelt sein“
„Durch den Lebensmitteleinzelhandel, in dem ich großgeworden bin, konnte ich die einzelnen Konzepte sehen. Es gab auch damals schon einen Aldi und einen Lidl“, sagt Schaller. „Aldi war immer bekannt für gute Qualität, nicht so viel Auswahl, aber das, was er anbietet, sind die Grundbedürfnisse. Das war dann auch die Idee von McFit, zu sagen: ‚Ich möchte der Aldi der Fitnesswelt sein.'“
Neben den Kenntnissen von Aufbau eines Filialen über Vertrieb bis Buchhaltung bringt Schaller ein Gespür für Marketing mit. Die Eröffnung seines ersten Fitness-Studios bewarb er mit den Worten: „Jetzt auch in Würzburg“. Das, unermüdliches Verteilen von Flyern in szenerelevanten Diskotheken, sowie ein intuitiv verständlicher Name (den Schaller nicht der beauftragten Agentur, sondern seiner damaligen Freundin verdankt) führen bald zum Erfolg. Nach zehn Jahren ist McFit Marktführer in Deutschland, einige Jahre darauf Europas größte Kette.
Digitalisierungstreiber Corona
Natürlich spielt die Corona-Krise auch im Gespräch mit Rainer Schaller eine zentrale Rolle, denn Fitnessstudios sind weltweit am stärksten von den Quarantänemaßnahmen betroffen. Während in Deutschlang selbst Kaufhäuser schon wieder einige Zeit geöffnet haben, fahren die Studios ihren Betrieb erst langsam und mit Auflagen wieder hoch.
Zugleich bietet die aktuelle Lage Gelegenheit für Experimente. Schaller sieht sein Unternehmen digital gut aufgestellt. Seit zehn Jahren böte man Online-Workouts unter dem Label Cyberrobics an, im Januar wurde das Streaming-Angebot Live Classes gelauncht und während des Lockdowns habe man „The Big Pump“ gestartet. Der tägliche, zehnstündige Livestream hätte an manchen Tagen bis zu eine Million Zuschauer gehabt, so Schaller.
Und „The Big Pump“ brachte einige Erkenntnisse. „Es reicht nicht aus, einfach nur Training zu streamen, sondern es geht darum, Infotainment zu bieten“, so Schaller. Darum habe man Prominente interviewt und Talks zu Nahrungsergänzungsmitteln – cleveres Crossmarketing – eingebunden. Schaller nennt den Stream ein „lehrreiches Experiment“, das gezeigt habe, dass klassische Fitness und Digitalisierung gut zusammengehen können. Diesen Markt wolle man nun verstärkt bearbeiten.
Experience wird wichtiger
Was wird dann aus den analogen Studios? „Ich werde häufig gefragt, ob es in Zukunft noch Fitnessstudios geben wird“, so Schaller, der davon ausgeht, dass es sie „natürlich“ noch geben wird. Allerdings prognostiziert er, dass Fitness-Anbieter künftig wie Gastronomen ihren Kunden einen viel stärken Grund geben müssen, zu ihnen ins Studio zu kommen. „Man kann mittlerweile überall auf der Welt trainieren, zu Hause, im Park, im Hotel, aber auch im Fitnessstudio“, sagt Schaller. Deshalb werde die Experience immer wichtiger. „Denn ich gehe ja nicht für die reine Nahrungsaufnahme ins Restaurant, sondern ich möchte auch ein gewisses Erlebnis haben. Genau das ist die Herausforderung für die Fitnessstudios.“
Viele Boutique-Konzepte würden schon in diese Richtung gehen, allerdings betont Schaller die Herausforderung, Nischenkonzepte und Wirtschaftlichkeit zusammenzubringen. Zugleich sieht er noch viel Raum für neue Konzepte und Anbieter. Selbst auf dem Leitmarkt Kalifornien sei erst jeder Vierte Mitglied in einem Studio. In Deutschland sind es etwa halb so viele. In China, ein Markt, auf den Schaller immer wieder schielt, sei die Branche gerade erst im Entstehen.
Trendscouting in Venice Beach
Auf Philipps Frage, ob er sich ärgere, mit McFit nicht selbst zum digitalen Pionier geworden zu sein, weil eben nicht seine Firma, sondern ein Startup als erstes ein Konzept wie Freeletics umgesetzt hat, reagiert Schaller entspannt. „Ich sehe das eher sportlich – als Wettkampf und nicht als Konkurrenz.“ Das gleiche gelte auch für Newcomer wie Peloton oder große Konzerne wie Adidas und Nike, die zunehmend auf das Thema Fitness setzen. Schaller hält einen steten Nachschub frischer Konzepte für essentiell und reist selbst regelmäßig nach Venice Beach, Fitness-Epizentrum und Trendsetter der Branche.
Nicht weit entfernt davon soll kommendes Jahr McFits US-Expansion ihren Ausgang nehmen. In LA eröffnet Anfang 2021 auf 8.000 Quadratmetern ein Luxus-Gym mit Rooftop-Swimmingpool, Restaurant eines Sternekochs und Beauty-Area. Mitte des Jahres soll San Francisco folgen, anschließend Dallas – mit einem Studio auf noch einmal fast verdoppelter Grundfläche von 15.000 Quadratmetern, was fast 36 Basketballfeldern (oder zwei Fußballfeldern) entspricht. Ein „Soho House des Fitness“, so Schaller.
Daten gegen Fitness
Baubeginn für Schallers anderes großes Projekt soll Ende des Jahres in Oberhausen sein. Dort plant der Unternehmer The Mirai, eine 120 bis 150 Millionen Euro teure Fitness-Mall, die auf 50.000 Quadratmetern ein Hightech-Studio mit Forschungseinrichtungen und Konferenzbereichen vereinen soll. Die Idee ist, dass hier Menschen kostenlos trainieren können, dafür ihre Daten zur Verfügung stellen. Die will Schaller im Zusammenarbeit mit einem großen IT-Konzern, dessen Namen er noch nicht nennen kann, zur Basis einer Datenplattform machen, die Forschung und Industrie nutzen können.
„Wir sind der weltweite Innovationsführer im Bereich Fitness-Lifestyle“, sagt Schaller. Neben den großen Neubauprojekten nennt er als Beispiele Events, wie sie in den Studios der Kette John Reed Studios stattfinden. Konzerte und DJ-Sets, die auch in andere Studios gestreamt werden. „Das Thema Digitalisierung haben wir ganz stark auf der Agenda“, sagt Schaller. Nicht zuletzt durch die Corona-Krise und die damit einhergehenden Studio-Zwangsschließungen und finanzielle Einbußen durch ausgesetzte Mitgliedsbeiträge haben gezeigt, wie wichtig auch im Fitness-Business rein digitale Geschäftsmodelle sind.
Wenn Ihr wissen wollt, warum Rainer Schaller als Jugendlicher mit einem Buch von Arnold Schwarzenegger unter dem Kopfkissen geschlafen hat, was ein Sternekoch mit den Expansionsplänen zu tun hat und wie die Corona-Krise McFit eine Million neue Mitglieder beschert hat, dann hört rein in die aktuelle Ausgabe des OMR Podcasts.
Unsere Podcast-Partner im Überblick:
Von unserem Partner Vodafone kommt diesmal ein Angebot für alle, die mobil schnell im Web unterwegs sein wollen. Vodafone Red Business Data heißt der Datentarif für Tablet und Laptop, mit dem Ihr – je nach Verfügbarkeit – im LTE- oder dem neuen 5G-Netz surfen könnt. Er ist in drei Tarifstufen erhältlich, zum Beispiel mit 4 GB Datenvolumen für nur 11 Euro im Monat. Wer keine Lust auf lange Bindungen hat, der bekommt den Tarif als auch monatlich kündbaren Data Flex.
In unserem neuen Interview-Format, in dem Philipp mit Leuten spricht, die beim OMR Festival auf der Bühne hätten stehen sollen, ist diesmal Marius Rausch zu Gast, Deutschlandchef von Xandr (bisher bekannt als App Nexus): Das Unternehmen ist eine Mischung aus Ad-Tech und Marktplatz für digitales Advertising. Als Teil von AT&T baut Xandr auch die Technologie für den Mutterkonzern, unter anderem die gerade in den USA gestartete Streaming-Plattform HBO Max, auf der ab dem kommenden Jahr auch Werbung ausgespielt werden soll. Ein Termin für den Deutschlandstart von HBO Max ist noch nicht bekannt. Wenn Ihr aber als Agentur einen Ansprechpartner zum Thema DSP braucht, oder als Medienanbieter Euer Inventar vermarkten wollt, Marius und seine Leute sind die idealen Ansprechpartner.
Das Ruhrgebiet ist nicht die erste Adresse, die einem in den Sinn kommt, wenn es um Digital-Jobs geht. Darum lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen. Denn hier, in Mühlheim an der Ruhr sitzt mit Aldi Süd einer der global erfolgreichsten Lebensmitteleinzelhandels-Konzerne. Und der will seine digitalen Aktivitäten gerade weiterentwickeln und sucht darum Talente aus dem Digital- und Tech-Bereich, die Lust haben, die IT-Infrastruktur des Unternehmens auf die nächste Stufe zu heben. Wer von Euch also fit im Umgang mit Tools wie SAP oder Salesforce ist, der sollte unbedingt einmal auschecken, welche Stellen Aldi Süd gerade zu besetzen hat.
Zum Schluss noch der Hinweis auf ein Seminar unserer Freunde von der Hamburg Media School zu einem Thema, das einen immer ereilen kann – und dann besser nicht unvorbereitet. Es geht um Shitstorms und Krisenkommunikation. Wer sich auf den Fall vorbereiten möchte, der hoffentlich nicht eintreten wird, der sollte sich am besten sofort Tickets für das Seminar am 2. und 3. Juli sichern.
Alle Themen des Podcasts mit Rainer Schaller im Überblick:
- Wie Rainer Schallers Karriere begonnen hat und wie die Fitness-Szene in den 80er-Jahren zwischen Profi-Bodybuildern und Rotlicht-Milieu ausgesehen hat (ab 7:26)
- Welche clevere Marketing-Lüge am Beginn von McFit stand (ab 13:45)
- Wieso er sich gegen Franchise und für ein Filialsystem entschieden hat, auch wenn das die Expansion bremst (ab 17:26)
- Wie Fitness als Sport sein makelhaftes Image gegenüber Fußball überwinden könnte (ab 22:47)
- Welche Boutique-Fitness-Konzepte er für am relevantesten hält (ab 30:30)
- Wie es um seine Ambitionen bestellt ist, mit McFit nach China zu gehen (ab 32:48)
- Welches Konzept hinter den Luxus-Studios steckt, mit denen McFit 2021 auf den US-Markt expandieren will (ab 35:52)
- Warum es neben McFit keine zweiten großen Player auf dem deutschen Markt gibt (ab 40:24)
- Weshalb McFit Künstler unterstützt, die mit der Fitnessszene gar nichts zu tun haben (ab 42:23)
- Welche Rolle Content und Events für McFit spielen (ab 45:30)
- Wie sich das Fitnesscenter-Projekt Mirai finanzieren soll (ab 46:51)
- Warum man bald vielleicht vor jeder Knie-OP ins Fitnessstudio gehen wird (ab 52:11)
- Welche Methode ihm hilft, mit der Loveparade-Katastrophe umzugehen (ab 54:12)
- Wie er zu Überlegungen steht, eigene Fitness-Hardware zu entwickeln oder Startups aus dem Feld zu investieren (ab 55:51)
- Welchen Corona-Effekt McFit international beobachtet und wie die Auslastung in Ländern ist, in denen Fitness-Studios bereits wieder geöffnet sind (ab 59:03)
- Wie er auf das Thema Loveparade zurückblickt (1:08:12)