Darum setzen Marken wie der Farbenhersteller Brillux auf eigene Radiosender

Florian Rinke25.3.2022

Die Deutschen hören täglich bis zu drei Stunden Radio. Das weckt auch bei Unternehmen Interesse

Radio-Suche
Quelle: Giphy
Inhalt
  1. Auch Aida und Brillux setzen auf das Thema Radio
  2. Drei Viertel der Deutschen hören täglich Radiosender
  3. Vor Dienstbeginn kann man sich bei Penny Lieder wünschen
  4. Beim SHK.Radio steigen die Zahlen seit dem Start stetig an
  5. Digital-Radiosender bieten langfristig Vermarktungspotenzial

Früher musste man mühselig Frequenzen einstellen, um den Radiosender zu wechseln. Heute geht das mit einem Klick. Digitale Radioangebote werden dadurch auch für Unternehmen interessanter – die immer häufiger auch eigene Sender betreiben. Welche Marken bereits darauf setzen und was ihnen der Kanal bringt, lest Ihr hier.

Wenn man einen Radiosender für das Sanitärhandwerk an den Start bringt, liegen Wortspiele für mögliche Rock-, Klassik- oder Schlager-Sendungen natürlich nah: „Rock’n’Rohr“, „Siphons und Sinfonien“ oder natürlich „Gas, Wasser, Schunkeln“. Der Pumpen-Hersteller Grundfos hat sich derlei Kalauer bislang allerdings verkniffen, nur beim Motto des Senders konnte man sich ein „Volles Rohr aufs Ohr“ nicht verkneifen.

Im März 2020 hatte die deutsche Tochterfirma des dänischen Unternehmens einen eigenen Radiosender gestartet: SHK.Radio. Der Sender richtet sich gezielt an Menschen aus der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche. Besonders am SHK.Radio sei, dass man das Programm abseits der klassischen Formate wie Nachrichten, Wetter und Sport komplett für Branchenkenner konzipiert habe, sagt Patrick Isermann, der sich bei Grundfos um das Marketing und den Sender kümmert: „Alle Formate und Sendungen haben einen Bezug zur Branche und unserer Zielgruppe“. Grundfos setzt dazu unter anderem auf Interviews mit Experten – und Branchen-Prominenz: Handwerks-Influencerin Sandra Hunke (die wir hier vorgestellt haben) stellt wöchentlich einen Experten vor.

Auch Aida und Brillux setzen auf das Thema Radio

Grundfos ist nicht das einzige Unternehmen, das einen eigenen Radiosender betreibt. Zuletzt kündigte auch der Farbenhersteller Brillux ein eigenes Programm an. Der Sender soll digital über DAB+ und einen Webstream empfangbar sein. Inhaltlich geht es, na klar, ums Renovieren, Sanieren und Umgestalten. Der Kreuzfahrt-Anbieter Aida, der im Oktober 2021 seinen eigenen Sender startete, verspricht hingegen mit Sendungen wie „Leinen los!“ Urlaub für Zuhause.

Eva Piorko moderiert beim AidaRadio.

Eva Piorko moderiert beim AidaRadio. Foto: Aida

Eigene Radiosender sind für Unternehmen inzwischen auch deswegen interessanter geworden, weil die Verbreitung des Standards DAB+ immer mehr zunimmt. Das digitale Radioformat ging bereits 2011 an den Start. Anfangs hatten allerdings viele Haushalte in Deutschland noch kein entsprechendes Empfangsgerät. Radiosender setzten Jahrzehnte lang auf den Standard UKW. Dieser hatte allerdings den Nachteil, dass zahlreiche Radiosender nur regional verfügbar waren. Mit DAB+ wird das Angebot hingegen digital ausgespielt und ist damit deutschlandweit verfügbar. Inzwischen haben mehr als elf Millionen der deutschlandweit rund 41 Millionen Haushalte DAB+-kompatible Empfangsgeräte.

Drei Viertel der Deutschen hören täglich Radiosender

Und gleichzeitig hält der Audio-Boom auch weiterhin an. Laut einer Studie der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben 2021 etwa 76 Prozent der Menschen in Deutschland täglich Radio gehört. Rund drei Stunden täglich verbringen die Menschen in Deutschland damit, Audioformate wie Radio oder Podcasts zu hören. Nur Fernsehen ist noch beliebter. Während der Corona-Pandemie stieg die Nutzung von Audioformaten stark an. Und während gerade jüngere Menschen häufiger zeitversetzt Inhalte konsumieren (also zum Beispiel Podcasts), hören gerade ältere Menschen tendenziell noch eher linear. Aus Sicht von Unternehmen könnte ein eigener Radiosender also vor allem dann Sinn machen, wenn man eine eher ältere Zielgruppe im Blick hat. So wie beispielsweise Aida.

Weil gleichzeitig in immer mehr Haushalten Smart Speaker wie Amazons Alexa stehen bzw. inzwischen die Mehrheit der Deutschen auch ein Smartphone hat, ergeben sich für neue Radiosender zusätzliche Chancen. In der Vergangenheit war die Auswahl des Senders oft mit einer mühseligen Suche der richtigen Frequenz verbunden. Viele Nutzer schalteten daher zuhause oder im Auto einfach die Sender an, die sie bei bestimmten Tasten an den Radios hinterlegt hatten. Heute lassen sich Sender per Sprachbefehl aufrufen oder per App einfach starten. Das schafft neue Möglichkeiten.

Vor Dienstbeginn kann man sich bei Penny Lieder wünschen

Beim Discounter Penny hat man schon vor knapp sieben Jahren auf ein eigenes Audio-Angebot gesetzt und einen Radiosender gestartet. Am 30. März 2015 ging Pennylive auf Sendung. Musik und Sendungen sind seitdem in rund 2200 Penny-Märkten zu hören. Laut einem Sprecher des Penny-Mutterkonzerns Rewe-Group erreicht der Sender damit täglich bis zu zwei Millionen Menschen. Über das Internet lässt sich der Sender allerdings auch überall anders auf der Welt hören.

Das Feedback von Kunden und Mitarbeitern sei durchweg positiv, sagt der Sprecher. Einkaufs- und Arbeitsatmosphäre würden als viel angenehmer empfunden. Mitarbeiter hätten zudem die Möglichkeit, sich vor Arbeitsbeginn während der Mitarbeiter-Morningshow Lieder zu wünschen. Für das Programm ist mit Maxfive eine österreichische Tochterfirma von Rewe zuständig. Andere Unternehmen setzen hingegen bei ihren Radiosendern auf externe Dienstleister – etwa beim SHK.Radio.

Beim SHK.Radio steigen die Zahlen seit dem Start stetig an

Bei Grundfos ist man mit dem Start des eigenen Radio-Angebots zufrieden. Die Hörer:innen-Zahlen steigen seit dem Start stetig an. 2021 hatte das SHK.Radio nach Angaben von Grundfos in Summe bereits mehr als 200.000 Hörer:innen – vom Anlagenmechaniker bis zum Installateur. Im Januar 2022 hörten erstmals mehr als 25.000 Menschen über den Webplayer, die eigens entwickelte App oder einen Streamingdienst zu.

Patrick Isermann sieht daher auch noch Potenzial. Man habe seit dem Start von SHK.Radio aufgrund der Pandemie noch keine Möglichkeit gehabt, den Sender auf Messen, Kongressen oder Branchentreffs zu bewerben. Man habe sich daher bislang auf Online-Marketing beschränken müssen, sagt Patrick Isermann: „Daher konnten wir die noch eher analoge Zielgruppe im Handwerk noch nicht ganz durchdringen“. Wie viel das Unternehmen, das 2021 knapp vier Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, für den Sender ausgibt, will Isermann nicht verraten.

Digital-Radiosender bieten langfristig Vermarktungspotenzial

Aus Marketing-Sicht bieten digitale Sender gegenüber dem früheren Standard UKW einen weiteren Vorteil: Sie sind rückkanalfähig. UKW-Sender mussten sich in der Vergangenheit darauf beschränken, ihre Hörer per Telefon zum Mitmachen aufzufordern. Hörer konnten dann Grüße ausrichten, sich Musik wünschen oder an einem Gewinnspiel teilnehmen. Beim Digitalradio sind viel mehr Dinge möglich – bis hin zu personalisierter Werbung, die man in Zukunft ausspielen könnte.

Bislang dürften eigene Radiosender für die Unternehmen jedoch eher ein Marketing-Instrument, sprich: ein Zuschussgeschäft, sein. Doch das Potenzial, Kunden und Mitarbeiter gezielt zu erreichen, ist so groß, dass viele investieren. Während die einen auf einen Branded Podcast setzen, experimentieren andere mit einem eigenen Radioprogramm – was mitunter zu verbalen Verrenkungen führt, warum nun gerade die eigene Marke und das Thema Radio zusammenpassen. So sieht der Paketdienstleister DPD Parallelen zum von ihm finanzierten DPD Drivers Radio. Beide seien, heißt es in einer Pressemitteilung zum Start des Angebots im Januar 2021, Experten im Senden und Empfangen.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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